Herr Oberstleutnant, wie hat sich die Situation dargestellt, als Sie im Feldlager in Koulikoro eintrafen?

Als ich eintraf, hatten wir bis dato im Feldlager selbst keine Corona Fälle. Der 21. September bleibt mir gut im Gedächtnis, an diesem Tag registrierten wir den ersten COVID-19Coronavirus Disease 2019 Fall bei einer zivilen Mitarbeiterin in der Rettungsstation. Mein Vorgänger sowie der Vorzimmerfeldwebel hatten Kontakt zu der Frau und mussten vorsorglich in Quarantäne. Ich war nun plötzlich Kontingentführer.
Haben Sie sich in Deutschland auf einen möglichen Ausbruch vorbereitet?

Ein Ausbruch des Coronavirus im Feldlager war für mich immer ein mögliches Szenario. Da aus Koulikoro aber bisher keine Fälle gemeldet wurden, war meine Sorge vielmehr, dass der Virus womöglich im Rahmen der Verlegung aus Deutschland eingeschleppt werden könnte. Für mich stand daher die Prävention im Vordergrund. In erster Linie bedeutete das: Kontakte meiden und während der vorgeschriebenen 14-tägigen Isolation im Hotel gesund bleiben.
Anfang Dezember wurden Sie selbst mit dem Coronavirus infiziert. Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie die Diagnose erhielten?

Die Diagnose war in der Tat erschreckend. Ich bin davon ausgegangen, dass ich alle Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln penibel eingehalten hatte. Eine Infektion war für mich eigentlich nicht vorstellbar. Als ich am 1. Dezember ein leichtes Kribbeln in der Nase verspürt habe, bin ich unmittelbar zum Truppenarzt und habe mich testen lassen. Nach der Diagnose musste ich mich zugegeben erstmal sammeln. Ab diesem Zeitpunkt gab es nur noch eine zentrale Frage, die mir viel Kopfzerbrechen bereitete: Wird der Auftrag künftig mit, oder ohne mich weitergehen?
SARSSchweres Akutes Respiratorisches Syndrom-CoV-2 positiv wird man normaler Weise repatriiert. Warum sind sie geblieben?

Ich war und bin davon überzeugt, dass ich in dieser kritischen Zeit dringend gebraucht werde. Bei meiner Entscheidung ein Sonderantrag für den Verbleib im Kontingent zu stellen, spielte mein Gesundheitszustand ebenfalls eine zentrale Rolle. Die Infektion verlief bei mir asymptomatisch. Das war eine der Grundvoraussetzungen, um im Kontingent verbleiben zu dürfen.
Hat die Infektion und ihre Zeit in der Isolation Einfluss auf ihre Entscheidungen heute?

Obwohl die Infektion mit SARSSchweres Akutes Respiratorisches Syndrom-CoV-2 bei mir glücklicher Weise asymptomatisch verlief, haben mich die spürbaren Nachwirkungen doch nachdenklich gemacht. Ich spreche seitdem deutlich häufiger Menschen an, wenn sie Hygieneregeln missachten. Da ich bis heute nicht weiß, an welchem Tag und bei wem ich mich infiziert habe, bin ich demütiger geworden. Das Wissen und die Erfahrungen versuche ich nun im Feldlager, besonders mit Führungskräften anderer Nationen, zu teilen. Es gilt, gemeinsam dafür zu sorgen, dass das Virus nicht weiter grassiert.
Wieviel Zeit kostet sie das COVID-19Coronavirus Disease 2019 Krisenmanagement?

Es macht in etwa 20 bis 50 Prozent aus. Das ist vor allem abhängig, ob deutsche Kräfte infiziert sind oder in Quarantäne müssen. Besonders die Repatriierungen erfordern eine Vielzahl an Meldungen und Koordinationsarbeit, da viele Dienststellen beteiligt sind.
Die COVID-19Coronavirus Disease 2019 Fälle im Camp sind eine Herausforderung. Woran denken Sie, wenn Sie sich schlafen legen?

Meine Gedanken sind oft bis spät in die Nacht bei den betroffenen Frauen und Männern meines Kontingents. Mein Glaube und meine militärische Erfahrung im Krisenmanagement helfen mir jedoch, dass schnell zu verarbeiten. Ich bete auch für meine erkrankten Soldaten und hoffe, dass die Erkrankung nur milde und ohne Spätfolgen verläuft. Besonders wichtig ist ja nicht nur die Eindämmung von COVID-19Coronavirus Disease 2019 hier vor Ort, sondern auch, dass unser militärischer Auftrag weitergehen muss. Das heißt, dass wir uns am Ende nicht nur auf uns selber konzentrieren können, sondern intensiv weiter daran arbeiten müssen, die malischen Streitkräfte auszubilden.