Von der Lagekarte zum digitalen Lage-Update

Von der Lagekarte zum digitalen Lage-Update

Ort:
Strausberg
Lesedauer:
4 MIN

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Das Heer hat in den vergangenen 65 Jahren einen steten Wandel der Technik und Waffen sowie der dafür notwendigen Fähigkeiten und des Führungsverhaltens erlebt. Die Digitalisierung landbasierter Operationen markiert nun das Ziel. Es ist die Messlatte für kommende militärische Operationen.

Schwarz-Weiß-Foto: Mehrere Kampfpanzer M 48 im Gelände bei einer Übung

Heute wie vor 65 Jahren: Der Kampf bleibt...

Bundeswehr/Thomas Höpker
Ein Kampfpanzer Leopard fährt im Gelände und wirbelt Staub auf

... das Umfeld wird digital.

Bundeswehr/Andrea Bienert

Mit dem Smartphone zum Ausflugsziel navigiert, auf dem Weg dorthin schnell noch Freunde eingeladen und schon die ersten Fotos auf der Strecke gepostet. Dann noch per Klick für Freunde einen neuen Treffpunkt am Lieblingslokal organisiert. Das hat jeder von uns schon mal gemacht, es ist die ganz private Digitalisierung. Informationen sehr schnell verarbeiten, mit anderen teilen, um Daten gemeinsam nutzbar zu machen. Genauso läuft auch die Digitalisierung in der Bundeswehr und im Heer. Gefechte werden durch Schnelligkeit, Reichweite und Waffenwirkung entschieden. Das schnelle Austauschen von Informationen ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Ein schneller, digitaler Datenaustausch schafft einen lebenswichtigen Vorsprung. Vor 65 Jahren sah das noch anders aus.

Vom analogen Bleistift und Papier

Der 12. November 1955 gilt als Gründungstag der Bundeswehr und gleichzeitig des Heeres. Theodor Blank, als erster Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland vereidigt, stellte in der ehemaligen Bonner Ermekeilkaserne zunächst 101 Freiwillige in den Dienst der Bundeswehr. 1956 wurden erste Truppenteile der Bundeswehr, sieben Lehrkompanien in Andernach, für das Heer aufgestellt. Der Aufbau von zunächst zwölf Truppenschulen des Heeres begann am 1. Juli 1956.

Von Anfang an war das Heer stark an die Strukturen der NATONorth Atlantic Treaty Organization angelehnt. Auf der Höhe der Zeit bestimmten damals Magnetbänder, Lochkarten, Schreibmaschinen sowie die handgeschriebene Meldung und analoger Sprechfunk die Grundlagen der Führungskultur sowie das Führungsverständnis auf dem „Gefechtsacker“. Das Geburtsdatum der Fernmeldetruppe geht dabei auf den 11. Januar 1956 zurück. Für die Fernmeldetruppenteile entstanden fünf Divisionsfernmeldebataillone sowie zwei Brigadefernmeldekompanien. Folgend hat sich das Heer in zahlreichen Reformen an die sich stetig wandelnden außen- und sicherheitspolitischen Veränderungen angepasst.

Zwei Soldaten stehen vor einem sehr großen Bildschirm mit militärischer Lagekarte.

Der Weg zur Digitalisierung war geprägt von praktikablen Zwischenlösungen wie etwa dem Gefechtsstandkonzept des Panzergrenadierbataillons 33.

Bundeswehr/Marco Dorow

50 Jahre plus: Digital, ja…aber

Über Jahrzehnte hinweg haben sich die Soldatinnen und Soldaten in zahlreichen nationalen Hilfseinsätzen wie auch mandatierten Auslandseinsätzen bewährt. Gute Ausbildung und Vertrauen in Ausrüstung und Ausstattung waren der Garant dafür. Der Grundsatz „kämpfen zu können“ ist seit jeher die Leitlinie des Heeres. Dazu ist international das Heer angesehener Treiber der multinationalen Kooperationen.

Über die Jahre entstanden hochmoderne Gefechtsstandkonzepte. Ein Vorreiter war das Panzergrenadierbataillon 33. Mit der Ausstattung und Arbeitsweise eines Gefechtsstandes eines Kampftruppenbataillons war Hauptmann Maximilian Kohl bestens vertraut. Der Kampftruppenoffizier und Grenadier weiß um die Führungsstruktur der Kampftruppe. „Wir sind auf einem guten Stand“, blickt er zurück. Allein mit dem Führungs- und Informationssystem Heer etwa könne man Lageinformationen und Meldewesen digital umsetzen. Und doch würden generell die in den deutschen Streitkräften eingesetzten Führungsmittel an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gelangen. Mit Blick in die Zukunft und dem Fokus auf eine schnelle und präzise Operationsführung müsse eine zeitgemäße Digitalisierung Einzug halten. „Wir dürfen aber bei aller Digitalisierung auf unser Backup, unsere Handkarte, nicht verzichten“, dies seien wichtige Rückfalloptionen, so der Grenadier. Doch eine noch stärkere Digitalisierung sei ein nicht aufzuhaltender und zeitgemäßer Schritt.

Startschuss Digitalisierung

Um im 21. Jahrhundert mit der stetig fortschreitenden Digitalisierung Schritt zu halten, stellte sich das Heer entschlossen dieser Herausforderung. Am 6. Dezember 2018 fiel an der Offizierschule des Heeres in Dresden der offizielle Startschuss für die Digitalisierung der Landstreitkräfte. Damit habe das Heer die Startlinie zum Erreichen des Plans HEER überschritten, erklärte der damalige Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Jörg Vollmer. Der Plan HEER ist ein strategischer Gesamtplan, mit dem die größte Teilstreitkraft der Bundeswehr gleich mehrere Ziele anvisiert.

Im Vordergrund stand dabei zunächst die Aufstellung von Test- und Versuchsstrukturen zum Testen und Erproben von digitalen Technologien. Mit dem neuen Battle Management System wird das Heer digital. Das Ziel: Mithilfe vernetzter Technik wird es möglich sein, auf dem Gefechtsfeld blitzschnelle und richtige Entscheidungen treffen zu können. Dem dient ein aktuelles Lagebild, individuell angepasst an die Bedürfnisse des Bedieners, vom Soldaten auf dem Gefechtsfeld bis hin zum Führungspersonal in der Operationszentrale. Ziel des Plans HEER im Jahr 2032 sind drei modern ausgestattete und digitalisierte Divisionen. Der Plan HEER ist somit die anspruchsvollste und weitreichendste Veränderung im Heer.

Ein Soldat im Rotlicht sitzt vor einem Laptop im Gefechtsstandfahrzeug Boxer

Künftig werden Soldaten die Lageentwicklung auf einer digitalen Karte einsehen und direkt einpflegen.

Bundeswehr/Marco Dorow

Fahrzeuge werden umgerüstet, Personal geschult

Digitalisierung im Heer meint die digitale Verknüpfung aller Fahrzeuge und Soldaten im Gefecht. Die Digitalisierung läuft, sie ist ein notwendiger Prozess. Parallel zu allen anderen Aufträgen fordert sie die Truppe täglich aufs Neue. Im Heer treibt der Chief Digital Officer Heer, Oberst Frank Pieper, die Digitalisierung voran. Neueste Funkgeräte und neueste Anzeigegeräte in den Fahrzeugen bis hin zur digitalen Ausstattung der abgesessen kämpfenden Soldaten werden entwickelt und beschafft. Fahrzeuge werden umgerüstet, Personal geschult und die Abläufe drum herum angepasst. Diese Arbeiten, beispielsweise das Umrüsten aller 27.000 Gefechtsfahrzeuge des Heeres, werden mehrere Jahre dauern. Die Entwicklung der neuen digitalen Technik und die Ausstattung der Truppe erfolgt schrittweise.

Ein bedeutender Zwischenschritt zur Erfüllung des Plans HEER ist die Wegmarke Very High Readiness Joint Task (VJTFVery High Readiness Joint Task Force) Force 2023. Die Panzerbrigade 37 wird die erste gemäß Plan HEER definierte Standardbrigade neuer Qualität sein und 2023 Teil der Schnellen Eingreiftruppe der NATONorth Atlantic Treaty Organization. Seit Kurzem läuft dafür die Einrüstung der Fahrzeuge mit dem neuen digitalen Führungsinformationssystem der Landstreitkräfte. Trotz dieses Schwerpunktauftrags bleibt die Digitalisierung des ganzen Heeres nicht stehen. In vielen kleinen Schritten werden die Gefechtsführung, die Ausrüstung und der tägliche Dienst den Schritt von einer analogen in eine digitale Welt vollziehen – und mit ihnen die Soldaten.

von René Hinz

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Als das Heer noch analog war