65 Jahre Bundeswehr: Mensch im Mittelpunkt

Soldaten unterschiedlicher Epochen haben unterschiedliche Dinge erlebt. Ob „Kalter Krieger“, Einsatzveteran oder eine der ersten Frauen an der Waffe – wir lassen sie ihre persönliche Geschichte erzählen.

Mehrere Soldaten maschieren mit Ausrüstung im felsigen Gelände

Der Mensch als zentrale Größe in der Bundeswehr

In der Bundeswehr gilt das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform: Es orientiert sich am Wertekanon der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland und ist die Basis für den Umgang mit Menschen in den deutschen Streitkräften – im Spannungsfeld bürgerlicher Freiheit und militärischer Pflichten.

Ein Soldat mit Ausrüstung im Gelände

Angehende Fernspäher lernen Tarnen und Täuschen auf dem Truppenübungsplatz Storkow

Bundeswehr/Jana Neumann

Der Mensch ist die zentrale Größe in der Bundeswehr. Denn der Soldat, die Soldatin steht in letzter Konsequenz mit seinem, mit ihrem Leben für die Grundwerte unserer Verfassung ein. Das macht die Menschen der Bundeswehr so besonders, den Soldatenberuf so einzigartig. Das Konzept der Inneren Führung ist die Basis für den Umgang mit und unter den Menschen in den Streitkräften der Bundesrepublik.

Die Innere Führung orientiert sich am Leitbild des Staatsbürgers in Uniform, das im Zuge der Wiederbewaffnung Westdeutschlands bereits vor Gründung der Bundeswehr entworfen worden war. Denn nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs stellte sich in der jungen Bundesrepublik Deutschland die Frage nach der Legitimität des Militärs überhaupt. Konnte man, nach all dem, was geschehen war, überhaupt noch Soldat sein?

Deutsche Soldaten treten für den Frieden ein

Die legitime Aufgabe des deutschen Soldaten konnte es zukünftig also ausschließlich sein, den Frieden zu sichern und die Bundesrepublik zu verteidigen. Wie der frühere Bundespräsident Gustav Heinemann später dazu sagte: „Der Frieden ist der Ernstfall.“

Innere Führung ist mehr als ein Konzept

Hinter der Inneren Führung steckt deshalb mehr als ein bloßes Konzept, Menschen zu führen. Es drückt vielmehr das Selbstverständnis des Soldaten aus und liegt im Spannungsfeld zwischen den individuellen Rechten des freien Bürgers und den militärischen Pflichten eines Soldaten.

Die Grundsätze dazu basieren auf Ausarbeitungen des Amtes Blank, dem Vorläufer des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVgBundesministerium der Verteidigung). Im Wesentlichen gelten diese Grundsätze unverändert. Dazu gehört: Soldatinnen und Soldaten sollen in Gesellschaft und Staat integriert sein. Es gibt gesetzliche Grenzen bei Befehl und Gehorsam. Das Prinzip „Führen mit Auftrag“ lässt Freiheiten bei der Ausführung eines Befehls zu. Bundeswehr-Angehörige dürfen ihr Wahlrecht wahrnehmen und ihre Meinung äußern.

Steter Wandel

In den 65 Jahren ihres Bestehens hat sich die Bundeswehr immer mehr den gesellschaftlichen Entwicklungen angepasst: Hatte es sich anfangs um eine reine Männerdomäne gehandelt, zogen bald auch erste Frauen in die Kasernen ein. Anfang Februar 1975 stimmte das Bundeskabinett unter Kanzler Helmut Schmidt dem Vorschlag des damaligen Verteidigungsministers Georg Leber zu, Ärztinnen und Apothekerinnen als Sanitätsoffiziere in die Bundeswehr zu aufzunehmen.

Im darauffolgenden Oktober war es dann soweit: Nachdem Wehrdisziplinarordnung und Soldatengesetz geändert worden waren, konnten die ersten fünf Sanitätsoffiziers-Anwärterinnen ihren Dienst antreten. Seit 2001 sind alle Laufbahnen der Bundeswehr uneingeschränkt für Frauen geöffnet.

Eigenes Handeln überprüfen

Das Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten gewährleistet, dass niemand aus Gründen von Gender oder Konfession benachteiligt wird. In dem Zusammenhang unterzeichnete die Bundeswehr bereits vor acht Jahren die Charta der Vielfalt. Im BMVgBundesministerium der Verteidigung wurde zudem im April 2015 das Stabselement Chancengerechtigkeit installiert und knapp ein Jahr später um die Bereiche Vielfalt und Inklusion ergänzt.

Eine Studie zur historischen Aufarbeitung der Diskriminierung homosexueller Soldaten zwischen 1955 und 2000 veröffentlichte das BMVgBundesministerium der Verteidigung im vergangenen September 2020. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer entschuldigte sich für die in jenen Jahren vorgefallenen Diskriminierungen und kündigte finanzielle Entschädigung der betroffenen Soldaten an.

von Carsten Borgmeier

Videoserie: Männer der ersten Stunde

An dieser Stelle blicken Männer der ersten Stunde aus Heer und Marine auf ihre Dienstzeit bei der Truppe zurück.

Interviewreihe: Meine ganz persönliche Geschichte

An dieser Stelle erzählen ganz unterschiedliche Menschen ihre Geschichten und berichten über ihre Erfahrungen mit und in der Bundeswehr.

Frauen: Seit 1975 in der Bundeswehr

Die Männerdomäne Bundeswehr ist Geschichte: Frauen im Dienst an der Waffe gehören zur Truppe dazu. Der Weg zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Bundeswehr war jedoch lang. Zwar wurde die Bundeswehr bereits 1955 gegründet. Doch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verbot es, Frauen an der Waffe einzusetzen. Erst im Jahr 1975 wurden Soldatinnen im Sanitätsdienst zugelassen. 1991 öffnete sich auch der Militärmusikdienst für Frauen.

Das bahnbrechende Urteil, dass Frauen in allen Bereichen der Bundeswehr dienen dürfen, fällte im Jahr 2000 der Europäische Gerichtshof. Zu verdanken war das Tanja Kreil, die sich 1996 als Soldatin beworben hatte und eine Absage aufgrund ihres Geschlechts nicht akzeptierte. Zwar trat Kreil letztlich den Dienst nicht an. Sie ebnete aber den Weg für Frauen wie Diana Herbstreuth, die seit dem Jahr 2001 Dienst an der Waffe leisten können.

Aktuell machen Frauen 12,5 Prozent der Truppe aus. Im zivilen Bereich sind es rund 38 Prozent.

Vielfalt in der Bundeswehr

Die Bundeswehr ist vielfältiger geworden. Frauen, Männer, Menschen mit Migrationshintergrund, Trans- und Homosexuelle, Menschen mit Behinderung, Ältere und Jüngere sind wertvoller Teil der Streitkräfte. Sie füllen die Truppe mit Leben, stehen für die Vielfalt der Bundeswehr und stärken ihre Bindung an die – vielfältige – Gesellschaft.