Rainer Arnold: „Ich habe dem Einsatz von Anfang an zugestimmt...“

Rainer Arnold: „Ich habe dem Einsatz von Anfang an zugestimmt...“

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Wie hat das Gefechtsjahr 2010 in Afghanistan die Bundeswehr verändert?

Zunächst ist die Wahrnehmung in der deutschen Gesellschaft und der Politik gegenüber dem Einsatz und den Gefahren für die Soldaten in der Wirklichkeit angekommen. Dies war für die Soldaten wichtig. Aber auch innerhalb der Bundeswehr gab es einen schwierigen und manchmal schmerzhaften Prozess, die vermeintlich veränderte Identität der Streitkräfte zu formulieren. Trotz der verständlichen eigenen Wahrnehmung im Krieg zu sein und dabei aber mit besonderer Vorsicht mit engen Einsatzregeln operieren zu müssen, erzeugte in der Truppe einen besonderen Erklärungsbedarf. Gleichzeitig bekam die Truppe Artillerie, Panzer-Abwehr-Raketen und zusätzliche Schützenpanzer. Das war nicht nur militärisch geboten, sondern auch zur Stärkung des Vertrauens in die politische und militärische Führung hilfreich. Der ganze Prozess führte in der Bundeswehr und in der Politik zu einer Vergewisserung: Natürlich müssen Streitkräfte, wenn nötig, kämpfen können. Zusätzlich übernehmen Soldaten aber auch andere komplexe und zur Konfliktbewältigung unabdingbare Aufgaben. So sind sie auch Konfliktschlichter, Ordnungshüter, humanitäre Helfer, militärische Ausbilder und politische Berater.

Hat sich Ihre Haltung gegenüber der Mandatierung des damaligen Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan geändert, als die ersten deutschen Soldaten in Särgen zurückkamen?

Die Obleute des Verteidigungsausschusses sind zusammen mit dem Verteidigungsminister kurz nach den Karfreitagsgefechten zu Gesprächen mit Soldaten nach Kundus gereist und auf dem Rückflug erreichte uns im Hubschrauber in Termes die traurige Nachricht, dass soeben in Baghlan wieder vier Soldaten gestorben sind. Wenn die Eindrücke so dicht sind, ist das nochmals anders, als Nachrichten in Berlin zu verarbeiten. Die Frage, ob der eingeschlagene Weg noch verantwortbar ist, wurde noch drängender und die Debatten in der Fraktion wurden mit großer Ernsthaftigkeit geführt. Am Ende haben wir uns dafür entschieden, den Einsatz parlamentarisch in allen zivilen und militärischen Fragen noch enger zu begleiten.

Rainer Arnold im Porträt

Rainer Arnold war Obmann der SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands-Bundestagsfraktion im Verteidigungsausschuss.

dpa/Michael Kappeler

Wie hatten Sie ursprünglich bei Mandatierung des Einsatzes abgestimmt – und aus welchen Gründen?

Ich habe dem Einsatz von Anfang an zugestimmt, obwohl ich durchaus Zweifel an der Vorgehensweise hatte. Dabei wiegt für mich auch die politische Frage, dass Deutschland sich im engen Schulterschluss mit den befreundeten Staaten und als verlässlicher Partner in den internationalen Organisationen bewegen muss, besonders schwer.

Ist es auch heute noch notwendig, Deutschlands Sicherheit am Hindukusch zu verteidigen?

Das Zitat von Peter Struck entstand nach einer Journalistenfrage, ob die Neuausrichtung der Bundeswehr nach Grundgesetzartikel 87a noch gedeckt sei. „Deutschland wird AUCH am Hindukusch verteidigt“, lautete seine knappe Antwort. Die seitherige Entwicklung hin zu einer Welt, die in allzu vielen Regionen aus den Fugen geraten ist, zeigt leider deutlich, dass unsere Sicherheit, Stabilität und unsere wohlverstandenen wirtschaftlichen Interessen durch Konflikte und den Zerfall der Ordnung auch außerhalb Europas bedroht werden. Allerdings gilt dabei ein umfassender Sicherheitsbegriff mit dem Ansatz der vernetzten Sicherheit und demnach gibt es auch für viele Szenarien nicht in erster Linie nur den militärischen Lösungsansatz.

Die Fragen stellte Barbara Gantenbein.

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