Omid Nouripour: „Ich hatte vorher und nachher dem Einsatz zugestimmt.”

Omid Nouripour: „Ich hatte vorher und nachher dem Einsatz zugestimmt.”

Lesedauer:
2 MIN

Wie hat das Gefechtsjahr 2010 in Afghanistan die Bundeswehr verändert?

Das Karfreitagsgefecht von 2010 zählt unumstritten zu den dunkelsten Tagen der Bundeswehrgeschichte. Spätestens danach war das verharmlosende Gerede vom „Stabilisierungseinsatz“ vorbei. Was die Soldaten vor Ort seit 2001 wussten, war nun auch in der Führung des Verteidigungsministeriums angekommen. In Afghanistan herrscht Krieg und dieser forderte auch in der Bundeswehr zahlreiche Opfer. Die Schwere des Gefechts und der Verluste wirkt bis heute in die Bundeswehr, aber auch in die Politik hinein.

Hat sich Ihre Haltung gegenüber der Mandatierung des damaligen Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan geändert, als die ersten deutschen Soldaten in Särgen zurückkamen?

Ich hatte vorher und nachher dem Einsatz zugestimmt. Dass die Verluste an Leben zunahmen, brachte eher die Frage nach Fehlern und Versäumnissen auf. Beispielsweise bedurfte es einer besseren Professionalisierung des Beschaffungswesens der Bundeswehr sowie bessere Ausrüstung für Soldatinnen und Soldaten.

Omid Nouripour im Porträt

Omid Nouripour war Obmann der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen im Verteidigungsausschuss.

imago/Jens Jeske

Wie hatten Sie ursprünglich bei Mandatierung des Einsatzes abgestimmt – und aus welchen Gründen?

er Afghanistan-Einsatz war und ist meines Erachtens notwendig, weil die Sicherheit im Land fragil ist und weil die internationale Gemeinschaft um Unterstützung gebeten hat. Mit diesem Einsatz verbunden war das Versprechen, die Bürgerinnen und Bürger Afghanistans nicht alleine zu lassen, das Land auf seinem Weg zu mehr Stabilität und Freiheit zu begleiten. Gleichwohl kann er auch nur ein Teil eines Lösungsansatzes für die Probleme in Afghanistan sein.

Ist es auch heute noch notwendig, Deutschlands Sicherheit am Hindukusch zu verteidigen?

Der Zerfall der Staatlichkeit in Afghanistan würde heute wie auch damals in Europa spürbar werden. Deshalb ist es sinnvoll zu helfen, damit der Staatsaufbau in Afghanistan vorankommt. Dazu gehört auch die Befähigung der afghanischen Polizei und der Streitkräfte, inklusiv, selbstständig und effizient für Sicherheit zu sorgen. Diese Mission im Grundsatz zu verteidigen heißt aber keinesfalls, ihr unkritisch gegenüberzustehen. Die politische Strategie, auch in Anbetracht der sich verändernden Verhältnisse in Afghanistan durch einen möglichen Rückzug der Vereinigten Staaten, muss deutlicher sein und eine systematische Evaluation des Einsatzes ist nach wie vor zwingend notwendig.

Die Fragen stellte Jörg Fleischer.