Ernst-Reinhard Beck: „...einer der schwärzesten Monate in der Geschichte der Bundeswehr.”

Ernst-Reinhard Beck: „...einer der schwärzesten Monate in der Geschichte der Bundeswehr.”

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Wie hat das Gefechtsjahr 2010 in Afghanistan die Bundeswehr verändert?

Der April 2010 war einer der schwärzesten Monate in der Geschichte der Bundeswehr: Bei schweren Gefechten bei Isa Khel und Baghlan sind sieben Gefallene und 16 Verwundete zu beklagen. Bis heute gilt das Karfreitagsgefecht als Wendepunkt des Einsatzes. Aus dem „Stabilisierungseinsatz“ war endgültig ein „Kampfeinsatz“ geworden, für den in Politik und Medien auch das bislang verpönte Wort „Krieg“ hoffähig wurde. In der Folge erhielt die Truppe Artillerie, Panzerabwehr-Raketen und zusätzliche Schützenpanzer.

Hat sich Ihre Haltung gegenüber der Mandatierung des damaligen Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan geändert, als die ersten deutschen Soldaten in Särgen zurückkamen?

Bereits nach dem Sprengstoffanschlag auf den Bundeswehr-Bus in Kabul 2003 musste jedem klar sein, wie gefährlich die Afghanistanmission sein würde. Deshalb hat das Jahr 2010 meine Einstellung nicht grundsätzlich verändert, wohl aber mich darin bestärkt, der Verbesserung von Ausrüstung und Schutz unserer Soldaten Priorität einzuräumen. Auch rückten Fragen der Einsatzversorgung und die PTBSPosttraumatische Belastungsstörung-Problematik stärker in den Fokus.

Ernst-Reinhard Beck im Porträt

Ernst-Reinhard Beck war Obmann der CDUChristlich Demokratische Union/CSUChristlich-Soziale Union-Bundestagsfraktion im Verteidigungsausschuss.

Bundeswehr/Torsten Kraatz

Wie hatten Sie ursprünglich bei Mandatierung des Einsatzes abgestimmt – und aus welchen Gründen?

Als erstmals in den Bundestag gewählter Abgeordneter war ich im Herbst 2002 erstmalig mit der Verlängerung des ISAFInternational Security Assistance Force- und OEFOperation Enduring Freedom (Operation Enduring Freedom)-Mandats befasst. Obgleich Mitglied einer Oppositionsfraktion stimmte ich für das Mandat – wie übrigens die überwältigende Mehrheit des Bundestages. Unter dem Eindruck von 9/11 waren für mich die anhaltende Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus sowie die Bündnissolidarität mit den USA gewichtige Gründe für ein deutsches Engagement. Zudem machte der sogenannte „Petersbergprozess“ Hoffnung auf eine Stabilisierung und einen friedlichen Aufbau dieses kriegszerstörten Landes.

Ist es auch heute noch notwendig, Deutschlands Sicherheit am Hindukusch zu verteidigen?

Die Formel des damaligen Verteidigungsministers Struck von der Verteidigung unserer Sicherheit am Hindukusch fand ich zu Beginn einleuchtend. Nach 18 Jahren, großen Opfern, vielen Enttäuschungen überzeugt die Formel nicht mehr. Dennoch gilt auch für die Zukunft, dass die Verteidigung unserer Sicherheit nicht erst an den bundesdeutschen Grenzen beginnt und damit die vorausschauende Gefahrenabwehr im Bündnis Auftrag einer verantwortungsvollen Politik bleibt. Für eine nüchterne Bilanz ist es möglicherweise noch zu früh. Dennoch stelle ich fest, dass unser Afghanistan-Engagement wichtige Ziele nicht erreicht hat.


Die Fragen stellte Jörg Fleischer.