Elke Hoff: „Ich hatte dem Einsatzmandat zumeist zugestimmt.”

Elke Hoff: „Ich hatte dem Einsatzmandat zumeist zugestimmt.”

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Wie hat das Gefechtsjahr 2010 in Afghanistan die Bundeswehr verändert?

Die Bundeswehr konnte sich auch damals nur insoweit verändern, wie es die Verantwortlichen auf allen Entscheidungsebenen zuließen und wie weit sie zum Umdenken bereit waren. Durch die Gefechtserfahrungen insgesamt war die Truppe sicher reifer und fokussierter geworden, aber damals wurde auch deutlich, dass sich eine Zweiteilung innerhalb der Strukturen zu entwickeln drohte: in diejenigen mit und ohne Gefechtserfahrung. Das führte zwangsläufig zu unterschiedlichen Wahrnehmungen dessen, was zur Erfüllung des Auftrages in der Truppe und was lediglich für die Alltagsabläufe abseits des Kampfgebietes notwendig war.

Hat sich Ihre Haltung gegenüber der Mandatierung des damaligen Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan geändert, als die ersten deutschen Soldaten in Särgen zurückkamen?

Meine Haltung gegenüber der Mandatierung des Afghanistan-Einsatzes hatte sich im Grundsatz nicht geändert. Geändert hatte sich jedoch meine Haltung gegenüber den notwendigen, den Einsatz begleitenden Maßnahmen und Gesetzen für die Beschaffung einsatzbezogener Ausrüstung und vor allem gegenüber der Sorge für physisch und psychisch verwundete Soldaten und deren Familien. Da geschah viel zu wenig und alles lief zu zäh und uneinsichtig. Verbesserungen wurden zum Gegenstand eines harten Ringens zwischen Parlament und Ministerium.              

Elke Hoff im Porträt

Elke Hoff war Obfrau der FDPFreie Demokratische Partei-Bundestagsfraktion im Verteidigungsausschuss.

dpa/Karlheinz Schindler

Wie hatten Sie ursprünglich bei Mandatierung des Einsatzes abgestimmt – und aus welchen Gründen?

Ich hatte dem Einsatzmandat zumeist zugestimmt. Ich hielt es für notwendig, dass die wiedervereinigte Bundesrepublik Deutschland ihre Bündnisfähigkeit innerhalb der NATO unter Beweis stellte und dadurch zumindest einen gewissen Einfluss auf den Verlauf, die Durchführung und mögliche ungewollte Eskalationen des Krieges in Afghanistan nehmen konnte.

Ist es auch heute noch notwendig, Deutschlands Sicherheit am Hindukusch zu verteidigen?

Dem Satz, dass Deutschlands Sicherheit auch am Hindukusch verteidigt wird, konnte ich nie wirklich folgen. Durch meine vielen Besuche aller Regionalkommandos in Afghanistan sowie der Nachbarländer Pakistan und Iran zeigte sich mir zum Teil ein völlig anderes Bild. Ich war sehr schnell ernüchtert über die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten des Westens in Afghanistan. Da waren die politisch und militärisch unterschiedlichen nationalen Ansätze der Bündnispartner, die zum Teil rosigen und durch die eigene Kultur geprägten Pläne und Erwartungen von NGOsNon-governmental organization und da war das chaotische Durcheinander von Allianzen, Feindschaften, persönlichen Bereicherungsabsichten und unerfüllbaren Hoffnungen in Afghanistan selbst. Aber dieses Thema ist viel zu komplex für eine kurze Antwort. Deshalb will ich es dabei bewenden lassen. Es gab sicherlich eine temporäre Bedrohungslage durch die Präsenz von al-Qaida, aber der Einsatz selbst hat im Laufe der Zeit so viele Strategiewechsel erlebt, dass er irgendwann drohte, zu einem politischen und militärischen Selbstzweck zu werden. Wird der Einsatz jetzt beendet, bricht sicher so manches politische Kartenhaus der Vergangenheit zusammen, aber Entscheidungen werden letztendlich immer aus der jeweiligen Situation heraus getroffen und Dinge ändern sich. Ich wünschte mir, dass es in Afghanistan endlich so etwas wie einen nationalen Versöhnungsprozess gibt ohne Einmischung von außen. Aber das bleibt wohl ein frommer Wunsch.

Die Fragen stellte Jörg Fleischer.