Kampf im Hochgebirge

Winterkampfausbildung: So bereiten sich Gebirgsjäger auf Cold Response vor

Winterkampfausbildung: So bereiten sich Gebirgsjäger auf Cold Response vor

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Gebirgsjäger kämpfen bei Frost und Schnee – das sagt sich leicht. Aber Gefechtsbereitschaft unter widrigen Witterungsbedingungen und im schweren Gelände erfordert viele Spezialkenntnisse. Denn sich im alpinen Terrain effektiv zu bewegen und dieses zum eigenen Vorteil zu nutzen, will gelernt sein. Das gilt auch für den Feuerkampf in den Bergen.

Zwei Soldaten stehen mit dem G36 im Anschlag und an den Skistöcken abgestützt im verschneiten Gelände

G36 im Anschlag mit Skistöcken. Die Stöcke bieten Halt bei der Bewegung im Gelände. Und sie gewähren auch Stabilität beim Schießen. Gebirgsjäger werden dazu ausgebildet, ihre Stöcke mit verschiedenen Anschlagsarten als Stütze zu nutzen.

Bundeswehr/Jana Neumann

„Kommen Sie. Ich führe Sie mal rum.“ Frau Major Almut Gebert, Chefin der 4./ Gebirgsjägerbataillon 232, sagt das mit weichem fränkischem Akzent. Dabei rückt sie ihre Brille zurecht, die wegen der Kälte ständig anläuft. Und schon geht es auf Skiern weiter.

Auf der Reiteralpe herrscht Kaiserwetter. Blauer Himmel, leichter Frost, ideale Bedingungen für ein Winterbiwak. Seit einigen Tagen hat sich Geberts Kompanie hier oben eingerichtet. Iglus und Schneekeller sind gebaut worden. Rund um den Platz der Gruppe sind Stellungen entstanden, die sich zumeist fast unsichtbar in die Winterlandschaft einfügen. Alles ist untereinander mit Laufwegen und Loipen verbunden.

Einen konkreten taktischen Auftrag hat die 4. Kompanie hier in den Bergen aber nicht. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf grundlegenden Fähigkeiten der Truppe im Winterkampf.

Taktisch richtig bewegen und kämpfen im alpinen Umfeld

„Einige Kompanieangehörige haben bislang noch kaum Erfahrungen beim Felddienst im Winter“, erklärt Gebert unterwegs. „Im Winterbiwak schaffen wir also Grundlagen, bei erfahreneren Kameraden wird das Wissen vertieft.“ Die Kompaniechefin selbst ist seit 2008 Gebirgsjägerin mit einem dementsprechenden Erfahrungsschatz.

Ihr ist wichtig, dass ihre Leute im Winterkampf möglichst breit ausgebildet werden. „Neben dem Kampfkrafterhalt müssen sie auch intensiv taktisch geschult werden. Dazu gehöre unter anderem der Umgang mit Skiern und Schneetrittlingen“, so Gebert. Denn wer sich im alpinen Umfeld nicht effektiv bewegen könne, sei den Kameraden keine Hilfe.

Ihre Kompanie ist ab Ende März bei der Übung Cold Response 2022 in Norwegen dabei. Dort werden die Männer und Frauen aus Bischofswiesen zeigen müssen, was sie gelernt haben. Das Wintercamp in den Alpen hilft, Routine in die Abläufe zu bekommen. 

Mehrere Soldaten in Schneeflecktarn laufen auf Skiern im verschneiten Gelände.

Nicht aus der Spur kommen: Skier verleihen den Gebirgsjägern eine hohe Beweglichkeit im verschneiten Gelände. Mit Tourenskiern gehen Abfahrt und Langlauf gleichermaßen. Schlitten dienen dem Transport von Ausrüstung oder auch Verwundeten.

Bundeswehr/Jana Neumann

Skier als bevorzugtes Fortbewegungsmittel

„Ohne Skier und Schneetrittlinge könnten wir im Schnee unseren Auftrag nicht erfüllen“, sagt Gebert. „Und nicht jede oder jeder Neue kommt als passionierter Skifahrer zu uns. Aber wir haben gute Ausbilder.“ An einem Hang hundert Meter voraus sind Gebirgsjäger ihrer Kompanie gerade auf Skiern unterwegs. Aus der Bewegung gehen die Frauen und Männer in eine taktische Formation. Das G36 wandert vom Rücken in den Anschlag über gekreuzten Skistöcken. „Wir bilden dazu aus, die Stöcke mit verschiedenen Anschlagsarten als Stütze zu nutzen“, sagt Gebert. „Das bietet Stabilität beim Schießen.“ Befehle wehen herüber, Schüsse krachen. Dann geht die Gruppe überschlagend und unter gegenseitiger Deckung wieder zurück. Gebert schaut genau hin. Es sieht aus, als mache sie sich im Geist Notizen. Das nächste Debriefing kommt gewiss.

Neben dem Personal kommt es auch auf das Material an. Die Tourenskier der Gebirgstruppe sind Allrounder. Bei dieser Kombination aus Langlauf- und Abfahrtsskiern genügen ein paar Handgriffe an der Bindung, um von Abfahrt auf Langlauf umzustellen. Frau Major macht es vor: Klick. Für die Abfahrt wird der Stiefel fixiert. Klack.

Beim Streckemachen im Gelände gewährt die Bindung den erforderlichen Bewegungsspielraum. Gelaufen wird klassischer Stil, und zwar idealerweise in der Spur des Vordermannes. Das ist kräftesparender. Die Unterseite der Skier kann mit sogenannten Steigfellen versehen werden. Deren Struktur verhindert ein Abrutschen und hilft den Gebirgsjägern, wenn sie Steigungen bewältigen müssen. Bergab werden die Steigfelle wieder entfernt.

Lastenschlitten zum Transport von Ausrüstung

Falls möglich, lassen sich die Gebirgsjäger bei größeren Entfernungen gern von Fahrzeugen an Seilen ziehen. Das sogenannte Skijöring schont die Kräfte. Welches Fahrzeug verwendet wird, ist dabei im Grunde egal. Ein Skidoo oder ein Hägglunds: Alles ist recht. Zusätzliche Ausrüstung, Waffen und Verpflegung müssen von der Truppe selbstständig mitgeführt werden. Dazu sind zerlegbare Lastenschlitten wie der UT 2000 das Mittel der Wahl. Diese Schlitten werden mit speziellen Geschirren bewegt. Der Umgang damit gehört ebenfalls zur Spezialgrundausbildung.

Eine Alternative zu den Skiern sind Schneetrittlinge, also spezielle Schneeschuhe. Die bieten eine größere Auflagefläche als die Kampfstiefel und ermöglichen so das Begehen von Schneeschichten. „Wer schon mal versucht hat, durch Tiefschnee zu waten, weiß, warum wir die haben“, sagt Gebert lächelnd. Spikes an der Unterseite der Trittlinge und eine Steighilfe vorn bieten außerdem zusätzlichen Halt beim Aufstieg und auf Eisflächen. 

Zwei Soldaten hocken mit Fernglas und Maschinengewehr MG5 in Stellung im Schnee

Improvisiertes Dreibein: Die Gebirgsjäger verwenden auch in der Natur gefundene Materialien. Die müssen sie nicht mühsam den Berg hochschleppen. Ein paar Stöcke als Dreibein für das MG5 tun es auch.

Bundeswehr/Jana Neumann

Ausbildungsschwerpunkt: Stellungsbau in den Bergen

Auf ihrer Tour ist der Kompaniechefin schließlich auch noch der Stellungsbau unter winterlichen Verhältnissen wichtig. „Jede Gruppe hat an ihrem Platz die Voraussetzungen für die Verteidigung zu schaffen. Dabei müssen die örtlichen Gegebenheiten mit einbezogen werden.“

Gebirgsjäger lernen, brauchbare Stellungen im Schnee anzulegen. Besonders hoch verdichteter Schnee kann dabei sogar als Deckung genutzt werden. Und aus ein paar Stöcken entsteht ein passables improvisiertes Dreibein für das MG5.

„Aber in erster Linie geht es darum, selbst gutes Sichtfeld zu haben und dabei für einen Gegner schwer auszumachen zu sein. Tarnen und täuschen.“ Die persönliche Ausrüstung hilft dabei auch, denn das Tarnmuster der Winterbekleidung lässt die Soldatinnen und Soldaten mit der Umgebung verschmelzen. „Erste Liga“, sagt Gebert dazu.

von Markus Tiedke

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