Auf Patrouille rund um Gao – unterwegs mit den Feldjägern aus Camp Castor
Auf Patrouille rund um Gao – unterwegs mit den Feldjägern aus Camp Castor
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Zu den Aufgaben der deutschen Feldjägerkompanie in Mali gehören auch regelmäßig Patrouillen außerhalb von Camp Castor. Dabei geht es darum, Präsenz im Raum zu zeigen und die Objektschützer des deutschen Einsatzkontingentes zu unterstützen. Eine solche Patrouille muss natürlich gut vorbereitet werden.
„Unser Auftrag ist es, im Raum Gao Präsenz zu zeigen“, erläutert Frau Hauptmann Yella S.* bei der Befehlsausgabe am Vortag vor den Soldatinnen und Soldaten ihrer Patrouille. „Dazu werden wir in vier Phasen insgesamt zwei Observation Points anfahren und vor Ort beobachten.“ Für die Besatzungen der geschützten Fahrzeuge der Patrouille ist der Auftrag Routine. Dennoch schreiben alle aufmerksam mit.
Gut 15 Minuten dauert es, bis sämtliche Punkte von der Reihenfolge der Fahrzeuge über das Verhalten bei einem möglichen Hinterhalt bis hin zur Menge des mitzuführenden Wassers geklärt sind. „Noch Fragen? Dann sehen wir uns morgen früh, da gebe ich euch auch noch einmal ein letztes Update.“
Maskottchen als Glücksbringer
Kurz nach acht am nächsten Morgen brennt die Sonne bereits erbarmungslos vom wolkenlosen Himmel. Die Temperatur liegt schon jetzt bei über 30 Grad im Schatten – kein Vergnügen für die mit Schutzwesten, Trinkrucksack, Munition und Waffen beladenen Soldatinnen und Soldaten. Aber Sicherheit ist wichtiger als Komfort.
Kurzes Sammeln für ein letztes Lageupdate durch die Patrouillenführerin. Ein Stabsfeldwebel verstaut ein kleines Stoffschweinchen in seiner Brusttasche. „Das ist mein Glücksbringer, meine Frau daheim hat den gleichen.“ Jeder sitzt auf seinem Fahrzeug auf, verstaut so gut es geht seine persönliche Ausrüstung in den vollgestopften Fächern.
Das Funkgerät meldet sich mit einem kurzen Statikrauschen: „Zwo an alle, alle Teile Marsch.“ Los geht’s.
Sand, Dornbüsche, Reifenspuren: Im Niemandsland
Nach nur wenigen Minuten verschwinden die Befestigungen des Feldlagers im Rückspiegel. Der Kraftfahrer steuert das rund zehn Tonnen schwere geschützte Fahrzeug vom Typ Eagle V vorsichtig über die schnell schlechter werdende Schotterstraße. Hinter ihm hält der Bediener der Fernlenkbaren Leichten Waffenstation (FLWFernbedienbare Leichte Waffenstation) die Umgebung über die stabilisierte Optik seines Maschinengewehrs auf dem Fahrzeugdach im Blick.
Den schwierigsten Job hat der Fahrzeugkommandant neben dem Fahrer: Er muss nicht nur sein eigenes Fahrzeug führen. Das fährt heute als erstes. Damit ist er auch für die Orientierung der ganzen Patrouille zuständig. Keine leichte Aufgabe, denn draußen sieht alles gleich aus. „Das ist einfach ein Niemandsland, ich sehe nichts, an dem ich mich orientieren kann“, flucht der Fahrzeugkommandant.
Soweit das Auge reicht, wechseln sich Dornbüsche, Sand und dazwischen Reifenspuren in alle Richtungen in der flachen Landschaft ab. Ohne Hilfsmittel wie satellitengestützte Navigationssysteme wäre eine Orientierung nahezu unmöglich. Aber auch so ist es nicht einfach, der vorher festgelegten Patrouillenstrecke zu folgen.
Halt am Observation Point
Einige Zeit später nähern sich die Fahrzeuge einem der beiden Beobachtungspunkte. Der liegt auf einem Hügel mit Blick auf die nahe Nigerbrücke und bringt seine ganz eigene Herausforderung mit: Die karge Hügelkuppe ist mit spitzen, harten Steinen übersäht. „Ich verringere den Reifendruck“, kündigt Kraftfahrer Hauptfeldwebel Peer J.* an. Über die Reifendruckregelanlage des Eagle geht das sogar während der Fahrt.
Der niedrigere Luftdruck verringert das Risiko eines Reifenschadens deutlich. Oben angekommen, fahren die geschützten Fahrzeuge in vorher festgelegte Sicherungspositionen. Als nächstes wird die Umgebung nach Sprengfallen untersucht. Erst dann können die Soldatinnen und Soldaten absitzen. Die Lage des Beobachtungspunkts ermöglicht einen weiten Blick über den Niger bis hin zur Brücke.
Der Gegner ist unsichtbar
„Das ist die einzige feste Überquerungsmöglichkeit im Umkreis von mindestens 600 Kilometern“, erklärt Frau Hauptmann Yella S. Entlang des Flusses weiden zahllose Rinder und Pferde, Fischerboote liegen am Ufer gegenüber. Die Szenerie wirkt beinahe idyllisch. Wäre da nicht der Checkpoint der malischen Armee gewesen, den die Patrouille kurze Zeit vorher passiert hat. Wenige Tage zuvor war er nachts von Terroristen angegriffen worden. Ein ausgebrannter Radpanzer am Straßenrand zeugt noch von der Attacke.
Vom Observation Point ist heute nichts Auffälliges festzustellen. Nach kurzer Beobachtung geht es zu den Fahrzeugen, der Weg zurück ins Camp Castor wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Dieses Mal bleibt es ruhig und alle erreichen das Feldlager ohne Zwischenfälle. Dass das nicht selbstverständlich ist, zeigt ein Angriff auf eine schwedische MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali-Patrouille nur einen Tag später.
Nach der Rückkehr ins Camp Castor gibt es noch eine knappe Abschlussbesprechung in der MP-Station. „Jeder spricht kurz an, was gut und was schlecht gelaufen ist“, legt Patrouillenführerin Yella S.* fest. Danach werden noch die Fahrzeuge nachbereitet. Dann ist die Patrouille beendet. Routine für die Feldjäger im Camp Castor – und trotzdem kein Alltag.
*Name zum Schutz der Truppe abgekürzt.