Nachgefragt

„Sie standen im Gefecht von Beginn an, und sie sind erfolgreich“

„Sie standen im Gefecht von Beginn an, und sie sind erfolgreich“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
3 MIN

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Die ostukrainische Region Luhansk ist nahezu vollständig in der Hand Russlands. Nach wochenlangen Kämpfen gaben die ukrainischen Streitkräfte ihre Stellungen auf und zogen sich auf neue Positionen zurück. Eine zentrale Rolle im Kriegsgeschehen spielt die russische Artillerie. Können Waffensysteme wie die Panzerhaubitze 2000 das Blatt wenden?

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In ,,Nachgefragt'' spricht Oberst Dietmar Felber (r.), Leiter Artillerieschule Bundeswehr, über die Ausbildung ukrainischer Artilleristen an der Panzerhaubitze 2000 und die Bedeutung der Artillerie im Ukrainekrieg. Hauptmann Hannes Lembke moderiert.

Mehrere Panzerhaubitzen 2000 der Bundeswehr und der Niederlande sind mittlerweile in der Ostukraine im Einsatz. Sie könnten den Krieg zwar nicht entscheiden, so Oberst Dietmar Felber. „Aber da, wo sie regional eingesetzt sind, werden sie durch ihre Reichweite, durch ihre Kampfkraft, durch ihre taktischen Fähigkeiten und auch durch moderne Munition den Gefechtswert der ukrainischen Streitkräfte erhöhen.“

Vollgas bei der Artillerie-Ausbildung

Felber hatte an seiner Artillerieschule ukrainische Soldatinnen und Soldaten an der Panzerhaubitze ausgebildet. „Wir haben Vollgas gegeben“, so der Oberst. Zehn bis zwölf Stunden am Tag, sieben Tage die Woche sei geübt worden. Von Vorteil sei gewesen, dass die ukrainischen Artilleristen Fronterfahrung mitgebracht hätten. „Die haben hervorragende Zeiten hingelegt mit guter Trefferlage“, so der Artillerie-Offizier. „Nach dem Artillerieschießen konnten wir uns in die Augen schauen und sagen: Das passt. Sie können die Panzerhaubitze unter schwierigen Bedingungen im Gefecht einsetzen.“ 

Qualitäten, die nach der Rückkehr in die Ukraine sofort gefordert waren. Die in Idar-Oberstein geschulten Artilleristen wurden mit ihren neuen Waffensystemen direkt eingesetzt. „Wir haben Verbindungen in dieses Bataillon. Sie standen im Gefecht von Beginn an, und sie sind erfolgreich im Gefecht“, so Felber. „Das gibt einem schon ein Gefühl der Zufriedenheit und vor allem des Stolzes.“

Artillerie verursacht das Gros der Verluste

In den Kriegen der letzten hundert Jahre seien die weitreichenden Waffensysteme der Artillerie für 60 bis 80 Prozent der menschlichen Verluste verantwortlich gewesen, sagte Felber. „Und das sehen wir auch heute in der Ukraine: Dass sich die Kriegsführung derzeit stark abstützt auf Artilleriegefechte.“ 

Unterschiede gebe es aber in der Gefechtsführung der russischen und der ukrainischen Artillerie. In der ersten Kriegsphase hätte die russische Artillerie vor allem direkte Feuerunterstützung für Bodentruppen geleistet, so der Oberst. Das habe sich geändert. „Im Donbass arbeiten sie sehr entlang ihrer Doktrin: Die Artillerie erobert und die Infanterie besetzt. Die russische Artillerie bekämpft Geländeabschnitte mit dem Ziel, jeden Widerstand auszuschalten.“ Bis zu 60.000 Artilleriegeschosse am Tag würden ohne Unterschied auf zivile wie militärische Ziele abgefeuert. „Das verursacht natürlich unendliches Leid.“ 

Die ukrainische Artillerie sei von Anfang zahlenmäßig unterlegen gewesen. „Daher setzen sie ihre Artillerie sehr zielgerichtet ein: mit einer Zielaufklärung und einer Zielpriorisierung gegen militärische Ziele.“ Die Art der artilleristischen Kriegsführung ähnele der, die auch bei der Bundeswehr gelehrt werde. „Sie machen das sehr geschickt, auch in der Feuerstellung. Sie sind beweglich, sie sind dynamisch, sodass das russische Gegenfeuer die Artilleriegeschütze so schnell nicht erreichen kann.“

Munitionsnachschub der Ukraine stockt

Ein großes Problem für die ukrainischen Streitkräfte sei aber, dass ihre Vorräte an Artilleriegeschossen zur Neige gingen. Nachschub bleibe aus, weil viele Munitionsfabriken mittlerweile zerstört worden seien. „Das bedeutet, dass die ukrainische Artillerie zwingend mit Munition unterstützt werden muss.“ Von der NATONorth Atlantic Treaty Organization werde überwiegend Geschützmunition im Standardkaliber 155 Millimeter genutzt. „Die Folgerung ist, dass natürlich auch die Waffensysteme, die diese Munition verschießen, mitgeliefert werden müssen.“ Wie die Panzerhaubitze 2000, die das Standardkaliber ebenfalls verwendet. 

von Timo Kather

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