Militärische Sicherheit

Verteidigungsbereitschaft beginnt am Kasernenzaun

Verteidigungsbereitschaft beginnt am Kasernenzaun

Datum:
Ort:
Zweibrücken
Lesedauer:
6 MIN

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Alarm für die Fallschirmjäger in Zweibrücken: Die Sicherheitslage hat sich verschärft. Bei der unangekündigten Übung Starke Sicherung müssen die Infanteristen jetzt zeigen, dass sie sich und ihre Kaserne schützen können. Eine Prüfungsgruppe hat dabei ein kritisches Auge auf jede Maßnahme.

Ein Soldat befestigt ein Schild mit der Aufschrift „Gefährdungsstufe Bravo“ an einer Wand

Wechsel von Alpha auf Bravo. Am Wachlokal ist angeschlagen, welche Gefährdungsstufe für den Standort vorliegt.

Bundeswehr/Kai Karsten Kupferschmitt

Der Alarmbefehl geht um 6.00 Uhr morgens im Wachlokal der Niederauerbach-Kaserne ein. Die Nachricht: Die Bedrohungslage für die Kaserne, die am Rand der Stadt Zweibrücken liegt, hat sich verschärft. Die Gefährdungsstufe steigt von Alpha auf Bravo. Der Offizier vom Wachdienst veranlasst sofort umfassendere Sicherheitsmaßnahmen. Über die telefonische Alarmkette des Standorts wird Personal aktiviert, um diese umzusetzen. Die Übung Starke Sicherung läuft an.

Kurze Zeit später sind der Kasernenkommandant, der Sicherheitsbeauftragte, der Kasernenoffizier und der Standortfeldwebel alarmiert. Sie sind verantwortlich für die militärische Sicherheit vor Ort. Obwohl es eine Übung ist, wissen sie: Die Sache ist ernst. Denn das Prüfungsteam ist bereits auf dem Weg. Die Prüfer sind Experten für die militärische Sicherheit. Sie werden sowohl die Planungen für die Absicherung des Standorts als auch deren praktische Umsetzung sehen wollen. Erschwerend kommt für die Fallschirmjäger der Niederauerbach-Kaserne hinzu: Das Regiment bereitet sich auf einen Truppenübungsplatzaufenthalt vor. Viele Gefechtsfahrzeuge sowie Ausrüstung sind bereits auf dem Weg zur Bahnverladung oder werden dafür vorbereitet.

Alarm für die 1. Kompanie

„Ich habe den Befehl bekommen, aus meiner Kompanie heraus die Männer für die Wachverstärkung sowie die notwendigen Fahrzeuge zu stellen“, erklärt der Kompanieführer der 1. Kompanie, Hauptmann Alexander M. Die Alarmierung erreicht den erfahrenen Soldaten in dem Moment, als er gerade seine Truppe auf den bevorstehenden Übungsplatzaufenthalt vorbereiten will. „Da hat es mir natürlich in die Karten gespielt, dass die gesamte Kompanie gerade in die Turnhalle eingerückt war. Ab und zu hat man Glück,“ sagt der Hauptmann lächelnd. Zügig teilt er seine Männer ein, sodass diese wenig später im Gefechtsanzug und aufmunitioniert vor dem Wachlokal antreten und vergattert werden.

In diesem Moment fährt das Prüfungsteam auf das Kasernentor zu. Ein Mitarbeiter des gewerblichen Bewachungsunternehmens, der bereits der Gefährdungsstufe angepasst mit Helm und Schutzweste ausgestattet ist, kontrolliert das Fahrzeug. Dann öffnet sich die Schranke. Jetzt wird sich zeigen, ob die zivile Wache und die Fallschirmjäger alles richtig machen.

„Eine gewerbliche Wache kann alles leisten, was eine militärische Wache im Grundbetrieb auch kann. Streifenwege laufen, Personenkontrollen durchführen, Personen notfalls aufhalten und festhalten, um sie dem Offizier vom Wachdienst zu übergeben“, erklärt Major Steve I., der Teil des gerade eingetroffenen Prüfungsteams der Übung Starke Sicherung ist. „Für Härtungsmaßnahmen, die ab der Gefährdungsstufe Bravo und anschließend Charlie sowie Delta notwendig sind, braucht es dann aber die militärische Wachverstärkung“, führt der Experte für militärische Sicherheit weiter aus.

Entsprechend den Vorgaben hat sich das Bild am Haupttor der Niederauerbach-Kaserne auch verändert. Neben der gewerblichen Wache stehen dort nun Fallschirmjäger im Gefechtsanzug und überprüfen die ankommenden Personen und Fahrzeuge, die in den militärischen Sicherheitsbereich wollen.

„Wir sind kurze Reaktionszeiten gewohnt“

Während sich das Prüfungsteam vom Kasernenkommandanten und seinem Sicherheitsbeauftragten in die aktuelle Lage, die bisher ergriffenen Maßnahmen sowie das Absicherungskonzept für die Liegenschaft einweisen lässt, macht sich eine Gruppe Fallschirmjäger in ihren Gefechtsfahrzeugen abmarschbereit. Wenige Minuten später rauschen das leichtgepanzerte Fahrzeug vom Typ Mungo und ein Geländewagen Wolf aus dem Kasernentor. „Ich muss nicht nur die Wache hier in der Kaserne verstärken, sondern auch die Soldaten zur Absicherung des Bundeswehrdienstleistungszentrums in der Stadt abstellen“, erläutert Hauptmann M. die Situation.

Kann sich eine Dienststelle der Bundeswehr nämlich aus personellen Gründen nicht selbst schützen, müssen dieses andere übernehmen. Im Fall des Standorts in Zweibrücken gewährleisten die Fallschirmjäger den Schutz des vor allem mit zivilen Mitarbeitenden besetzten Dienstleistungszentrums. Dass das geschieht, sei ein besonders wichtiger Prüfungspunkt im Rahmen dieser Starken Sicherung, wie ein Prüfer anmerkt.

Am Kasernentor stehen Soldaten Wache auf der Zufahrtsstraße, am Pförtnerhäuschen und an der Schranke

Gefährdungsstufe Bravo: Die militärische Wachverstärkung unterstützt die gewerbliche Wache am Haupttor.

Bundeswehr/Kai Karsten Kupferschmitt
Zwei Militärfahrzeuge fahren auf einer Straße durch eine geöffnete Schranke aus dem Kasernentor

Eine Gruppe Fallschirmjäger ist auf dem Weg, um das nahegelegene Bundeswehrdienstleistungszentrum abzusichern.

Bundeswehr/Kai Karsten Kupferschmitt

Damit am Tor, den Nebenzufahrten und auf den Streifenwegen entsprechende Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden können, müssen diese schon im Voraus geplant sein. „Das Absicherungskonzept muss so geschrieben sein, dass jeder beliebige Soldat es bei Alarmierung aus dem Schrank nehmen und umsetzen kann“, betont Major I. vom Prüfungsteam. Zudem müssen alle Maßnahmen von den Verantwortlichen für die militärische Sicherheit, zuvorderst dem Kasernenkommandanten, koordiniert und der Lage entsprechend angepasst werden.

Am Standort Zweibrücken ist Oberstleutnant Thomas Krüger Kasernenkommandant. „Für uns kam die Alarmierung buchstäblich aus dem Kalten heraus. Aber das ist nicht schlecht. Wir Fallschirmjäger sind es gewohnt, kurze Reaktionszeiten zu haben und das Beste mit den zur Verfügung stehenden Mitteln in der zur Verfügung stehenden Zeit zu erreichen“, so Krüger, der gleichzeitig Stellvertretender Regimentskommandeur ist.

Stacheldraht und Beton – Durchbruch unmöglich

Dass die Fallschirmjäger mit schnellen Lageänderungen umgehen können, beweisen sie kurz darauf. Um 14.00 Uhr geht ein weiterer Alarmbefehl in der Niederauerbach-Kaserne ein. Die Gefährdungsstufe hat sich auf Charlie erhöht. Das passiert, wenn das militärische Nachrichtenwesen der Bundeswehr konkretere Informationen zur Gefährdungslage hat und beispielsweise die Art der Bedrohung und den Ort besser eingrenzen kann. Die Rede ist nun von einem möglichen Sprengstoffanschlag.

Der Kompanieführer der 1. Kompanie, Hauptmann M., wird daraufhin in die Besprechung des Stabes gerufen. Einige Zeit später rollen Gabelstapler mit tonnenschweren Betonpollern Richtung Haupttor. Etwa 20 Soldatinnen und Soldaten beginnen damit, Stacheldrahtrollen auszupacken und diese großflächig zu verlegen. Mitten im scheinbaren Chaos steht Hauptmann M. und koordiniert alles. Zudem tauchen Hundeführer mit ihren vierbeinigen Kameraden auf und beginnen, einfahrende Fahrzeuge und das Gepäck von Fußgängern abzusuchen. „Wir bauen hier einen Checkpoint auf und gemäß der Lage ist ein Sprengstoffanschlag möglich, weshalb wir auch die Hunde dazu geholt haben“, erklärt Hauptmann M. die Situation.

Wenig später ist alles aufgebaut. Ankommende Fahrzeuge fahren nun in die Fahrzeugschleuse ein, wo sie genau untersucht werden. Ein ungewohntes Bild für die zivilen Lieferanten. Aber auch ankommende Soldatinnen und Soldaten staunen, dass ihr Fahrzeug abgespiegelt und von Hunden abgesucht wird. Denn es wäre im Ernstfall nicht auszuschließen, dass Haftladungen oder andere Sprengsätze ohne Wissen der Fahrzeugbesatzung außerhalb der Kasernenzäune am Fahrzeug angebracht werden.

  • An einer Checkpoint geht ein Soldat mit seinem Hund an der Leine um ein Militärfahrzeug herum

    Auf der Suche nach Sprengstoff nutzen die Fallschirmjäger ihre Diensthunde. Bis zu 19 verschiedene Sorten Sprengstoff erkennen die vierbeinigen Kameraden.

    Bundeswehr/Kai Karsten Kupferschmitt
  • Zwei Soldaten durchsuchen ein Auto auf einer Straße

    „Motor aus. Aussteigen und Kofferraum auf.“ Jeder Winkel des Autos wird auf verbotene Gegenstände untersucht.

    Bundeswehr/Kai Karsten Kupferschmitt
  • Soldaten durchsuchen ein Fahrzeug bei Dunkelheit. Scheinwerfer leuchten. Ein Soldat steht Wache.

    Mobile Scheinwerfer erhellen die Fahrzeugschleuse. Die Wachsoldaten nutzen Restlichtverstärker auf ihren Streifengängen. Nichts bleibt verborgen.

    Bundeswehr

Mit Einbruch der Dunkelheit bauen die Fallschirmjäger Flutlichtscheinwerfer auf, die das Treiben am Haupttor ausleuchten. Im Gegenlicht der Scheinwerfer kaum zu erkennen, wacht über allem ein Maschinengewehrschütze mit seinem MG5 und sichert seine Kameradinnen und Kameraden bei der Fahrzeugkontrolle. Zudem sind zur Bekämpfung von Drohnen tragbare Abwehrsysteme wie die HP 47 bereitgelegt.

Jeder muss sich selbst sichern können

Die Prüfungskommission ist zufrieden mit den Maßnahmen, die die Fallschirmjäger am Haupttor der Niederauerbach-Kaserne getroffen haben. Eine letzte Prüfung fehlt aber noch. Denn es sind nicht nur Personen und Fahrzeuge, die in eine Kaserne kommen. Auch Pakete und Briefe für hunderte Soldatinnen und Soldaten treffen täglich am Standort ein. Eine potenzielle Gefahrenquelle. Von Sprengstoff bis hin zu giftigen Substanzen können die Sendungen alles enthalten. Daher reagiert auch die Poststelle des Standorts auf die erhöhte Gefahr. Das Personal arbeitet mit großer Aufmerksamkeit und in Schutzanzügen die eingehende Post ab. Ein weiterer Punkt, den das Prüfungsteam auf ihrer Checkliste abhaken kann.

Die Prüfung wird als bestanden bewertet“, berichtet Major I. im Laufe des Tages nach der Alarmierung. Erleichterung bei den Fallschirmjägern. Sie können sich nun wieder voll und ganz auf ihren Truppenübungsplatzaufenthalt vorbereiten.

Der Kasernenkommandant, Oberstleutnant Krüger, zieht grundsätzlich ein positives Fazit: „Die Übung Starke Sicherung erhöht das Bewusstsein für das Thema militärische Sicherheit. Das hat man den Soldatinnen und Soldaten angemerkt.“ Zudem seien durch die Übung neue Reize und Impulse gesetzt worden, so Krüger weiter. „Meiner Erfahrung nach lernt man nirgends so schnell dazu wie bei Übungen unter realen Bedingungen oder im Einsatz“, fügt er hinzu. Abschließend resümiert der Kasernenkommandant: „Wir müssen unseren Standort selbst sichern können, auch wenn wir nebenbei noch andere Aufträge oder Einsätze haben. Dass wir das können, haben wir gezeigt. Fakt ist: Die Landes- und Bündnisverteidigung beginnt hier am Kasernenzaun.“

von Ole Henckel

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