Stationierung von USUnited States-Marschflugkörpern in Deutschland
Deutschland und die USA haben vereinbart, dass ab 2026 USUnited States-Tomahawk-Marschflugkörper auf deutschem Boden zeitweise stationiert werden sollen. Diese Mittelstreckenwaffen können mit einer Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern Ziele in Russland treffen. Die Stationierung soll eine Fähigkeitslücke der Europäer schließen, die seit dem Ende des INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrages besteht.
Russland hat nuklearfähige Iskander-Raketen in der Exklave Kaliningrad stationiert. Darüber hinaus verlegt Moskau seit 2022 russische Kampfjets mit Luft-Boden-Hyperschall-Raketen vom Typ Kinchal dorthin. Zudem stationierte Moskau taktische Nuklearwaffen in Belarus. Da Russland damit Westeuropa massiv bedroht – die Flugkörper haben Reichweiten von bis zu 2.000 Kilometern – muss die NATONorth Atlantic Treaty Organization etwas dagegen unternehmen. Deutschland und die USA leisten dazu ihren Beitrag. Damit werden der russischen Bedrohung mit der geplanten Verlegung von USUnited States-Tomahawk-Marschflugkörpern ab 2026 nach Deutschland wirksame Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten entgegengesetzt. Diese dienen dem Schutz der Bundesrepublik und ihrer europäischen NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner.
Die Grundlage für diese Stationierung ist eine Übereinkunft zwischen der Bundesregierung und der USUnited States-Regierung, die beim NATONorth Atlantic Treaty Organization-Jubiläumsgipfel Mitte Juli 2024 in Washington getroffen wurde. Konkret hatte Deutschland das Angebot der USA angenommen, ab 2026 konventionelle USUnited States-Mittelstreckenwaffen zeitweise auf deutschem Boden zu stationieren. Deutschland und die USA demonstrierten damit die Entschlossenheit der NATONorth Atlantic Treaty Organization, sich gegen die zunehmende Bedrohung durch Russland zu wappnen. Neben USUnited States-Tomahawk-Marschflugkörpern geht es auch um Mehrzweckraketen vom Typ Standard Missiles (SM)-6 und neu zu entwickelnde Hyperschallraketen. Diese werden eine deutlich größere Reichweite als die derzeitigen landgestützten Systeme in Europa haben.
USA schließen Fähigkeitslücke der Europäer
Die USA schließen mit dieser geplanten Stationierung eine Fähigkeitslücke der Europäer, die derzeit noch nicht über eigene Mittelstreckenwaffen verfügen. Jedoch wollen die europäischen Partner in fünf bis sieben Jahren eigene konventionelle Mittelstreckenwaffen im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts ELSAeinsatzlandspezifische Ausbildung (European Long-Range Strike Approach) entwickelt haben. Deswegen wird die geplante Stationierung der USUnited States-Mittelstreckenwaffen als zeitweise angesehen. Verteidigungsminister Boris Pistorius mahnte beim NATONorth Atlantic Treaty Organization-Gipfel 2024:
„Wir sind selbst gefordert, solche Systeme zu entwickeln.“
Doch bis diese Systeme in Europa produziert werden könnten, werde es noch dauern. „Bis dahin unterstützen uns die Amerikaner“, so der Minister. Er sagte in Washington weiter, mit der geplanten Stationierung „holen wir das nach, was wir als Fähigkeitslücke beschreiben“.
Effektive Abschreckung nötig
Minister Pistorius wies ausdrücklich darauf hin, dass Deutschland und andere europäische Nationen in die Reichweite der in Kaliningrad stationierten russischen Waffen geraten seien. „Angesichts der neuen Bedrohungslage geht es um die Frage: Wie schrecken wir effektiv ab?“, so der Minister. Es brauche Systeme, die einem möglichen russischen Aggressor deutlich machten, dass Deutschland und die europäischen NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner in der Lage und bereit seien, sich zu verteidigen. „Jeder Schlag gegen uns wird auch beantwortet werden – und das auch konventionell“, erklärte Pistorius.
Die ab 2026 geplante Stationierung der USUnited States-Tomahawk-Mittelstreckenwaffen in Deutschland ist eine besondere Wegmarke in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Denn erstmals seit Jahrzehnten wollen die USA aufgrund der Bedrohungslage wieder zeitweise Waffensysteme nach Deutschland verlegen, die bis nach Russland reichen. Das gab es zuletzt im Kalten Krieg: Auf die Bedrohung durch sowjetische SS20-Mittelstreckenraketen reagierte die NATONorth Atlantic Treaty Organization 1979 mit ihrem Doppelbeschluss, der die Stationierung von USUnited States-Mittelstreckenraketen in Europa, zugleich aber auch Abrüstungsverhandlungen mit der Sowjetunion vorsah. Die Strategie ging auf: Beide Seiten schlossen 1987 den INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrag und rüsteten ihre Systeme ab.
Der INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrag
Der INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces, Nuklearkräfte mittlerer Reichweite) sollte sicherstellen, dass alle landgestützten ballistischen Raketen und Marschflugkörper mit kürzerer Reichweite von 500 bis 1.000 Kilometern sowie mit einer mittleren Reichweite von 1.000 bis 5.500 Kilometern binnen drei Jahren abgeschafft werden. Zudem verbot der Vertrag Produktion und Tests neuer Waffen dieser Kategorie.
Russland brach den INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrag, indem es einen neuen landgestützten, nuklearfähigen Marschflugkörper mittlerer Reichweite vom Typ 9M729 (NATONorth Atlantic Treaty Organization-Codename: SSC-8) entwickelte und die russischen Streitkräfte damit ausrüstete. Die USA und die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner, mit dabei auch Deutschland, appellierten an Moskau, den Bruch des Vertrags rückgängig zu machen – ohne Erfolg. Da Russland den Vertrag nicht einhielt, kündigten ihn die USA am 1. Februar 2019. Moskau blieben danach sechs Monate Zeit, durch Abrüstung den INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrag zu retten. Doch nichts passierte. Mit Ablauf der Kündigungsfrist lief daher der INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrag am 2. August 2019 aus. Dafür trägt Russland aus Sicht der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner die alleinige Verantwortung: Sie betonten ihre uneingeschränkte Unterstützung für die von den USA getroffene Entscheidung, den INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrag zu kündigen.
Stationierung ab 2026 knüpft an die Geschichte an
Der Abschluss des INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrags war nur möglich, weil die Allianz mit dem NATONorth Atlantic Treaty Organization-Doppelbeschluss gegenüber dem Warschauer Pakt glaubhaft demonstrieren konnte, dass eine Konfrontation für beide Seiten katastrophal enden würde. Daher sei Rüstungskontrolle der beste Weg zum Erhalt des Weltfriedens. In diesem Kontext glaubwürdiger Abschreckung und Dialogbereitschaft des Westens steht nunmehr – Jahrzehnte später – die geplante Stationierung von USUnited States-Mittelstreckenwaffen ab 2026 in Deutschland.
Q&A zum Thema:
Deutschland und die USA haben vereinbart, dass ab 2026 zeitweise USUnited States-Marschflugkörper vom Typ Tomahawk und weitere USUnited States-Mittelstreckenwaffen auf deutschem Boden stationiert werden sollen. Deutschland nahm dieses Angebot der USA an. Das wird gemacht, weil Russland Deutschland und weitere westeuropäische Länder mit seinen Mittelstreckenwaffen bedroht. Diese Waffen können deutsche Städte treffen. Umgekehrt können die amerikanischen Mittelstreckenwaffen mit einer Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern Ziele in Russland erreichen. So soll Russland vor einem Angriff auf Deutschland wirksam abgeschreckt werden. Deutschland eignet sich für die Stationierung besonders gut, weil es eine zentrale Lage in Westeuropa hat.
Die Europäer brauchen die USUnited States-amerikanischen Mittelstreckenwaffen, weil sie noch keine eigenen Fähigkeiten dieser Art haben. Deshalb werden sie von den USA zeitweise unterstützt. Die USA schließen damit eine Fähigkeitslücke der Europäer. Diese wollen in fünf bis sieben Jahren eigene Mittelstreckenwaffen entwickelt haben. Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte: „Wir sind selbst gefordert, solche Systeme zu entwickeln.“
Die Aufstellung der USUnited States-Tomahawk- und weiterer USUnited States-Mittelstreckenwaffen in Deutschland ist etwas Besonderes, weil sie erstmals seit dem Ende der Konfrontation zwischen der NATONorth Atlantic Treaty Organization und dem Warschauer Pakt wieder nötig geworden ist. Damals standen ab 1983 schon einmal USUnited States-amerikanische Mittelstreckenwaffen in der Bundesrepublik und in anderen europäischen Ländern, weil die Sowjetunion seinerseits Westeuropa mit ihren Mittelstreckenraketen bedrohte. Doch als sich die USA und die Sowjetunion 1987 auf die Abrüstung dieser Waffen einigten, wurden sie abgebaut. Der Kalte Krieg ging zu Ende. Seit dem Fall der Berliner Mauer, der friedlichen Wiedervereinigung beider deutscher Staaten und dem Ende des Warschauer Pakts in den 1990er-Jahren rechnete über viele Jahre hinweg niemand mehr damit, dass Russland jemals wieder Deutschland und Europa bedrohen würde. Doch seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist Europa insgesamt wieder bedroht. Deshalb ist die Aufstellung der USUnited States-Tomahawks und weiterer USUnited States-Mittelstreckenwaffen in Deutschland wieder nötig geworden.
Bis 2026 muss noch viel geplant und organisiert werden. Deshalb kann jetzt noch nicht gesagt werden, wie viel Tomahawks wo in Deutschland stationiert werden.
Sie sollen mit konventionellen Sprengköpfen bestückt sein.