Sky-Shield-Initiative

Hüter des Himmels: Der Skyranger 30 für die mobile Luftabwehr im Nahbereich

Die Bundeswehr bekommt bis 2028 insgesamt 19 neue Flugabwehrpanzer vom Typ Skyranger 30. Das erste Exemplar soll bis Ende des Jahres zulaufen. Das Rüstungsunternehmen Rheinmetall stellte die Kombination aus einem Geschützturm mit 30-Millimeter-Kanone und einem Radpanzer Boxer nun in Zürich zum ersten Mal in Aktion vor.

Ein gepanzertes Radfahrzeug mit Turmsystem Skyranger vor einer Bergkulisse

Der Skyranger 30 ist ein Flugabwehrsystem, das in einen Geschützturm integriert wurde. Dieser kann dann auf unterschiedliche Fahrzeugtypen montiert werden. Die Bundeswehr nutzt als Trägersystem den hochmobilen Radpanzer Boxer. Der Skyranger soll Gefahren aus der Luft – zum Beispiel Drohnen, Hubschrauber und Flugzeuge – aufklären, verfolgen und natürlich auch abwehren.

Der Schwerpunkt liegt jedoch klar auf der Abwehr von unbemannten kleineren Luftfahrzeugen. Spätestens im Krieg in der Ukraine wurde deutlich: Drohnen werden in Zukunft ein wichtiger Faktor auf dem Gefechtsfeld sein. Die Bundeswehr schließt mit dem Skyranger eine militärische Fähigkeitslücke, die sich durch Ausmusterung des Flugabwehrpanzers Gepard geöffnet hat. Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr können nun wieder darauf vertrauen, bei ihren Einsätzen vor Angriffen aus der Luft geschützt zu werden.

Schutz im Nah- und Nächstbereich

Das Kernstück des Skyranger 30 ist die Revolverkanone im Kaliber 30 mal 173 Millimeter. Es handelt sich um eine angepasste Variante einer Kanone, die auch im Viggen-Kampfjet der schwedischen Streitkräfte verbaut wird. Die Kanone verschießt sogenannte Air-Burst-Munition mit einer Feuerrate von etwa 1.250 Schuss in der Minute. Der Munitionsvorrat des Skyranger liegt bei 300 Schuss.

Ein gepanzertes Radfahrzeug mit Turmsystem Skyranger steht auf asphaltierter Fläche und schießt

Effektive Luftabwehr: Mit einer Salve von 18 Schuss kann der Skyranger auch größere Ziele wie Hubschrauber aus der Luft holen. Um kleinere Ziele zu zerstören, müssen vier bis zwölf Schüsse abgegeben werden.

Rheinmetall Air Defence AG/Angela Micheletto

Zudem ist der Geschützturm mit einem Werfer für Stinger-Flugabwehrraketen bewaffnet. Die Stinger wird von der Truppe bereits als sogenannte Fliegerfaust zur Flugabwehr eingesetzt. Die Kombination aus Revolverkanone und Raketenwerfer sorgt dafür, dass Ziele auf eine Entfernung von bis zu drei Kilometern bekämpft werden können. Damit schützt der Skyranger sowohl im Nah- als auch im Nächstbereich (drei Kilometer und 1.000 Meter) vor Angriffen aus der Luft.

Neben den zwei Waffensystemen verfügt der Skyranger zusätzlich über das Schnellnebelsystem ROSYRapid Obscuring System (Rapid Obscuring System), mit dem sich das Fahrzeug im Notfall schnell vor dem Gegner verbergen kann und einem Radarsystem vom Typ Spexer 2000M, mit dem mehr als 300 Ziele gleichzeitig auch in der Bewegung erfasst werden können.

Schnelle Beschaffung

Die Entwicklung des Skyranger-Geschützturmes begann 2018, der Bundestag stimmte der Beschaffung im Februar 2024 zu. Kurz darauf schloss das Beschaffungsamt der Bundeswehr einen Rahmenvertrag mit dem Entwickler Rheinmetall. Der Rahmenvertrag sieht die Beschaffung von insgesamt bis zu 49 Skyranger 30 A3 vor. Zunächst wurden 19 Fahrzeuge für 650 Millionen Euro bestellt. In diesem Preis enthalten sind auch acht Fahrzeuge zum Nachladen des Panzers, acht Werkstattausstattungen sowie Onboard-Simulatoren, die in jedem Flugabwehrpanzer eingebaut sind, für die Ausbildung.

Damit dauerte der Prozess von der Entwicklung zur ersten Lieferung des Gerätes nicht einmal sechs Jahre. Ähnliche Projekte dauerten in der Vergangenheit deutlich länger – das im Juli 2022 beschlossene Gesetz zur Beschleunigung der Beschaffungsprozesse in den Streitkräften zahlt sich also aus.

Europa arbeitet an gemeinsamer Flugabwehr

Die Bundeswehr wird noch dieses Jahr den ersten Skyranger erhalten. Bis 2028 sollen weitere 18 Fahrzeuge geliefert werden. Damit schließt die Bundeswehr eine wichtige Fähigkeitslücke. Die Beschaffung der neuen Defensivwaffe ist Teil der „European Sky Shield Initiative“ (ESSIEuropean Sky Shield Initiative) für eine flächendeckende Flugabwehr in Europa. Insgesamt nehmen 19 europäische Staaten an dem Programm teil. Neben der Bundeswehr engagieren sich beispielsweise die belgischen, britischen und niederländischen Streitkräfte in dem Projekt.

Skyranger Demonstration Days 2024

Am 18. September durften die ersten Angehörigen der Bundeswehr den auf einem Boxer verbauten Skyranger 30 bei den Skyranger Demonstration Days 2024 der Firma Rheinmetall kennenlernen. Das erste Mal wurde während dieses Events mit dem Skyranger 30 vor Publikum scharf geschossen. Aus dem Bundesministerium der Verteidigung, dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr sowie aus dem Kommando Heer waren dafür Vertreterinnen und Vertreter in die Schweiz gereist. Ihr Ziel: das neu beschaffte mobile Abwehrsystem anzusehen und sich einen ersten Eindruck von dessen Fähigkeiten zu verschaffen.

3 Fragen an Oberstleutnant Carsten B.

Ein Soldat im Porträt

Oberstleutnant Carsten B. ist im Kommando Heer für die Truppenausbildung zuständig – und damit auch für die Ausbildung am Skyranger 30. Er reiste nach Zürich, um den neuen Flugabwehrpanzer der Bundeswehr erstmals in Aktion zu erleben.

Bundeswehr/Tom Twardy

Unter ihnen war auch Oberstleutnant Carsten B.* vom Kommando Heer. Er ist für die Ausbildungsplanung der zukünftigen Flugabwehrsoldaten am Skyranger 30 zuständig und begleitete eine Gruppe von ihnen zur Waffenschau nach Zürich.

*Name zum Schutz abgekürzt.

Ist es das erste Mal für Sie, dass Sie den Skyranger 30 im scharfen Schuss gesehen haben?

Oberstleutnant Carsten B.

Das ist für so ziemlich alle, die hier angereist sind, das erste Mal. Natürlich konnten wir uns bereits Videos zu der Wirkweise des Geschützturms ansehen. Aber live vor Ort zu sein, wenn das System in Aktion tritt das ist für uns alle neu.

Sie haben sieben Soldatinnen und Soldaten mitgebracht, die als erste Bundeswehrangehörige am Skyranger 30 ausgebildet werden. Wie läuft die Ausbildung ab?

Oberstleutnant Carsten B.

Als Nächstes geht es für die Kameradinnen und Kameraden nach Todendorf. Dort werden sie einen Sonderlehrgang zur Luftraumverteidigung und Luftraumortung absolvieren. Dieser Lehrgang macht die Soldatinnen und Soldaten fit für ihren Dienst in der Flugabwehr und wird voraussichtlich drei Wochen in Anspruch nehmen. Im Anschluss folgen dann Ausbildungen am Radar und am Boxer, sodass sie ab Februar 2025 die sogenannte Nachweisführung mit dem Skyranger durchführen können.

Wie lange dauert die Nachweisführung und worum geht es?

Oberstleutnant Carsten B.

In erster Linie ist die Nachweisführung für die Soldatinnen und Soldaten Knöpfchenkunde. Sie werden für etwas mehr als ein Jahr mit dem Gerät auf Tuchfühlung gehen und den Skyranger während dieser Zeit in- und auswendig kennenlernen. Neben der Ausbildung mit und am Gerät sollen die Soldatinnen und Soldaten in erster Linie Berichte zur Bedien- und Nutzerfreundlichkeit des Skyrangers schreiben sowie eine Qualitätsüberprüfung durchführen. Diese sollen der Industrie dann helfen, das System für die Bundeswehr zu verbessern.

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