Erdbebenhilfe Türkei

Das Rettungszentrum Altınözü ist in Betrieb

Das Rettungszentrum Altınözü ist in Betrieb

Datum:
Ort:
Türkei
Lesedauer:
3 MIN

Das deutsche Rettungszentrum der Mission HumHi TUR (Humanitäre Hilfeleistung Türkei) hat in Altınözü in der Erdbebenregion Hatay seinen Betrieb aufgenommen. Um die Bevölkerung bestmöglich zu versorgen, ist die mobile Sanitätseinrichtung speziell ausgestattet. Auch türkisches Personal ist im Einsatz.

Zwei Soldaten unterhalten sich mit einer Person. Hinter ihnen stehen Behandlungszelte.

Oberfeldarzt B. (2. v. l.) steht im engen Kontakt mit dem Klinikchef von Altınözü (1. v. r.), der seine Patienten nur noch notdürftig behandeln kann

Bundeswehr/Patrick Enssle

Das in der Türkei eingesetzte Luftlanderettungszentrum, auch als „Role 2 E“ bezeichnet, ist eine mobile Sanitätseinrichtung. In der Vergangenheit kamen die Rettungszentren unter anderem in Mali und nach dem Tsunami in Thailand zum Einsatz. Nach der Erstversorgung finden hier die anschließende ambulante, chirurgische und intensivmedizinische Versorgung statt. Um bestmöglich auf die Bedürfnisse der Menschen vor Ort einzugehen, ist geplant, das Rettungszentrum um weitere allgemeinmedizinische, infektiologische sowie internistische Fähigkeiten zu erweitern. Der humanitäre Hilfseinsatz wird teilweise vom Bund sowie der Europäischen Union finanziert.

Offen für jede Hilfe

Im Rettungszentrum in der Türkei können täglich rund 100 bis 200 Patienten ambulant behandelt werden. Dazu kommen die notfallchirurgische Versorgung sowie die intensivmedizinische Überwachung. „Komplexe Brüche oder lebensbedrohliche Blutungen können zwar stabilisiert werden, für die abschließende Versorgung müssen die Verletzten jedoch an die nächsthöhere Behandlungsebene überführt werden“, sagt der Leiter des Rettungszentrums, Oberfeldarzt Dr. B.*

Insgesamt stehen 25 Pflegebetten bereit, in denen die Patientinnen und Patienten in der Regel für ein bis zwei Tage überwacht und gepflegt werden. Im Rettungszentrum werden alle Hilfsbedürftigen behandelt. „Wir stehen jedem offen, der unsere medizinische Hilfe benötigt“, sagt der Oberfeldarzt.

Unermüdlicher Einsatz

Rund 140 Soldatinnen und Soldaten gehören dem Kontingent an. Damit sich die rund 90 medizinischen Fachkräfte um die Versorgung und Pflege der Patienten kümmern können, sind viele weitere Fachkräfte unter anderem in die Bereitstellung von Unterbringung, Verpflegung und Informationstechnik eingebunden.

Zur medizinischen Versorgung gehören im Notfall auch die Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen und lebensrettende chirurgische Eingriffe sowie die Überwachung von Patientinnen und Patienten nach Operationen. Ab 9 Uhr morgens ist das Rettungszentrum geöffnet. Über die Dauer von zwei Monaten soll dort täglich behandelt werden, im Notfall auch nachts, ein reguläres Schichtsystem gibt es nicht – Extrembelastung für das Personal.

„Wir werden alles tun, unsere Frauen und Männer so gut es geht zu schonen, aber die Rahmenbedingungen werden dem Personal das Höchste abverlangen“, sagt Dr. B. Die Bundeswehr weicht damit bewusst von ihren bisherigen Rotationsprinzip ab, denn der Türkei soll so schnell und effektiv wie möglich geholfen werden.

Ein Soldat bedient eine Medikamentenpumpe

Behandlung und Pflege erfolgen im Rettungszentrum nach deutschen Standards

Bundeswehr/Patrick Enssle
Mehrere Arzneiflaschen stehen auf einem Tisch mit weiteren medizinischem Material

Die Vorräte der Apotheke des Rettungszentrum reichen für mehrere Wochen

Bundeswehr/Patrick Enssle

Aufbau des Rettungszentrums

Das Luftlanderettungszentrum besteht aus einem modularen System aufblasbarer Zelte, das nach Bedarf erweitert werden kann. Die aktuelle Konfiguration besteht aus 13 klimatisierten und witterungsbeständigen Segmenten. Das zeltgestützte System ermöglicht selbst in der von Nachbeben gefährdeten Region einen sicheren Betrieb. Behandlung und Pflege entsprechen dem deutschen Standard. Die angeschlossene Apotheke verfügt über ausreichend Vorräte, um über mehrere Wochen Medikamente ausgeben zu können.

Deutsch-türkische Kooperation

Auf Initiative der Türkei wird das Rettungszentrum gemeinsam mit zivilen türkischen Ärztinnen und Ärzten sowie Assistenzpersonal betrieben. Die Bundeswehr stellt Fachärztinnen und Ärzte aus den Bereichen Anästhesie, Chirurgie und Allgemeinmedizin sowie Innere Medizin, die türkische Seite unterstützt beispielsweise mit einem Kinderarzt. Ebenfalls erhält das Rettungszentrum Unterstützung von der staatlichen türkischen Rettungsorganisation UMKE, die bei der Steuerung der Patientinnen und Patienten aus den umliegenden Behandlungseinrichtungen hilft. So etwa aus dem rund einen Kilometer entfernten einsturzgefährdeten Ortskrankenhaus in Altınözü, in dem aktuell nur noch eingeschränkt in Zelten behandelt wird.

Einsatzbereit in 72 Stunden

Die Module eines Rettungszentrums, wie es in der Türkei jetzt seine Arbeit aufgenommen hat, werden im Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst aus Leer in Ostfriesland für den unmittelbaren Transport zum Flughafen kommissioniert vorgehalten und dort auf Luftfrachtplatten umgelagert. Im Bedarfsfall können sie innerhalb kürzester Zeit per Transportflugzeug an den Einsatzort transportiert werden.

Die Grundkonfiguration eines Rettungszentrums ist rund 100 Tonnen schwer und verfügt über eine notfallmedizinische, chirurgische sowie eine Diagnostik-Ausstattung. Innerhalb von acht Stunden ist es voll einsatzfähig. Das deutlich umfangreichere Rettungszentrum in Altınözü liegt bei einem Gesamtgewicht von deutlich über 130 Tonnen. Die Einsatzfähigkeit wurde innerhalb von 72 Stunden erreicht.

*Name zum Schutz des Soldaten abgekürzt.

von Patrick Enssle

Mehr zum Thema