Die Flut kam mit einer Urgewalt und hinterließ eine Schneise der Verwüstung in der Region um die Kleinstadt Głuchołazy im Süden Polens. Bei der Beseitigung der Schäden helfen auch Pioniere vom Panzerpionierbataillon 4 aus Bayern. Bereits nach wenigen Tagen schaffen sie es, die Situation für die betroffene Bevölkerung in ihrem Einsatzraum deutlich zu verbessern.
Metertief hatte sich das Wasser in das beschauliche Straßendorf Bodzanów, einem Vorort der Stadt Głuchołazy, gefressen. Schlamm, Geröll und Treibgut begruben das, was nicht davon gespült wurde, unter sich. Auch die meisten Fußgänger- und Fahrzeugbrücken über den kleinen Seitenarm des Flusses Ziegenhalser Biele mitten im Dorf wurden weggerissen.
Am 15. September 2024 traf eine drei Meter hohe Flutwelle Bodzanów und flutete die Häuser teils bis unter die Decke der Erdgeschosse. Tagelang stand die Region unter Wasser. Neun Menschen kamen bei der Flutkatastrophe in Südpolen insgesamt ums Leben. Zahlreiche Gebäude sowie wichtige Infrastruktur sind zerstört oder beschädigt und tausende Menschen stehen vor existenziellen Nöten.
Es ist dieses Bild der Verwüstung, das sich dem Erkundungskommando der Pioniere des Panzerpionierbataillons 4 aus dem bayerischen Bogen am 1. Oktober bietet. Sie waren in die Region gekommen, nachdem die polnische Regierung Deutschland um Unterstützung bei der Bewältigung der Folgen der Naturkatastrophe gebeten hatte.
Einsatzbefehl für die deutschen Pioniere
Am Heimatstandort bildet derweil der Kommandeur des Bataillons, Oberstleutnant Florian Balthasar, die Taskforce Aswin, nachdem die Bundesregierung Polen Hilfe zugesichert hatte. In dieser werden die schweren Baumaschinen des Bataillons, unter anderem Bagger, Planierraupen, Schwenklader, Walzen und Kipplader, sowie knapp 100 Pioniere des Verbands für den Einsatz in Polen zusammengefasst. Nachdem das Erkundungskommando sich ein Bild vor Ort machen konnte, setzen sich die Hauptkräfte am 9. Oktober in Bewegung und erreichen das Einsatzgebiet nördlich von Głuchołazy am 10. Oktober.
Der knapp sechs Kilometer lange Einsatzraum wurde den deutschen Pionieren durch die polnischen Streitkräfte zugewiesen, die die Gesamtoperation mit dem Namen Phönix koordinieren. „Mit der ersten Kenntnisnahme über den Auftrag hatten wir Kräfte in Einsatzbereitschaft versetzt und wären jeder Zeit in der Lage gewesen, mit 80 oder 90 Prozent von dem, was jetzt hier im Einsatz ist, auch schon frühzeitiger in den Einsatzraum zu verlegen“, berichtet Oberstleutnant Balthasar.
Sichtbare Ergebnisse ab Tag eins
Ein zentrales Ziel zu Beginn des Einsatzes ist es, die Situation für die Bevölkerung schnell merklich zu verbessern. Daher beginnen die Pioniere am 11. Oktober mit den ersten Arbeiten im Ortskern von Bodzanów. In kürzester Zeit wird die Hauptstraße freigeräumt und an den Stellen, an der sie weggespült wurde, behelfsmäßig wiederhergestellt.
Zudem suchen die Pioniere den direkten Kontakt zur Bevölkerung. Sie haben polnisch sprechende Soldatinnen und Soldaten dabei, sodass sie unmittelbar auf die dringendsten Bedürfnisse der Anwohner eingehen können – sei es die Wiederherstellung von Zufahrten zu den Häusern, die Befreiung der Gärten von Schlamm und Treibgut oder die Errichtung von Fahrzeug- und Fußgängerüberwegen. Jeden Tag geht es sichtbar voran und bereits nach einer Woche Arbeit können die Pioniere die schwersten Schäden im Ortskern beheben.
Große Dankbarkeit und hohe Motivation
„Wir sind sehr froh über die Hilfe der Bundeswehr“, sagt ein Anwohner und fügt hinzu: „Danke, vielen Dank!“ Die Dankbarkeit der Bevölkerung und das Wissen, dass die eigene Arbeit den Menschen unmittelbar hilft, sorgt für eine enorme Motivation bei den Pionieren aus Bogen. „Es ist eben ein Unterschied, ob die Männer und Frauen eine Behelfsbrücke auf einem Übungsplatz bauen, die am nächsten Tag wieder abgebaut wird, oder ob sie hier mit ihren Fähigkeiten konkret die Situation der Menschen verbessern“, so Major Sebastian W., der Chef der Bogener Pioniermaschinenkompanie.
Das bestätigt auch Oberstabsgefreiter Philip F., der als Maschinenführer mit seinem 18-Tonnen-Kettenbagger die riesigen Löcher in der Dorfstraße von Bodzanów wieder auffüllt und dabei penibel drauf achtet, keine Leitungen und Schächte zu beschädigen. „Es ist schon was anderes als auf dem Übungsplatz. Man hilft den Leuten hier. Ich hab’s in Ahrweiler auch schon mitgemacht. Man sieht einen großen Erfolg und hat viel Zuspruch von den Anwohnern“, sagt der Oberstabsgefreite.
Neben ihm haben auch viele andere Soldatinnen und Soldaten des Panzerpionierbataillons bereits nach Flutkatastrophen in Deutschland geholfen. Diese Erfahrung hilft den Pionieren jetzt enorm und sorgt zusätzlich für ein schnelles Vorankommen. Das fällt auch der polnischen Seite auf. Leutnant Beata S., die als polnische Verbindungsoffizierin den Kontakt zu den deutschen Pionieren hält, betont: „Es ist deutlich zu sehen, dass die deutschen Pioniere viel Erfahrung im Straßenbau haben. Sie haben die passende Ausrüstung, qualifizierte Bediener und sehr effiziente Führungskräfte. Die Erd- und Straßenarbeiten kommen dadurch sehr schnell voran.“
Die deutsch-polnische Kooperation funktioniert
Als Teil der polnischen Operation Phönix stehen die deutschen Soldatinnen und Soldaten im ständigen Austausch sowohl mit den polnischen Streitkräften als auch mit der zivilen Verwaltung. Täglich setzen sich die drei Parteien im Gefechtsstand der deutschen Pioniere zusammen, der im Feuerwehrhaus von Bodzanów eingerichtet wurde. Dann wird besprochen, was von wem benötigt wird und was der jeweils andere beitragen kann.
Der polnische Infrastrukturbeauftragte Przemek Szczesniak, der regelmäßig an den Treffen teilnimmt, sagt: „Die Wiederherstellung der Straßen, Wege und Brücken ermöglicht den Einwohnern, sich wieder bewegen zu können. Das hilft uns enorm. Die Menschen in der gesamten Region wissen das sehr zu schätzen.“
Doch nicht nur die polnische Seite ist zufrieden, auch die deutschen Pioniere können sich auf die schnelle Bearbeitung von Anliegen durch die Polen verlassen. „Sämtliche Herausforderungen, die es jetzt administrativ zu bewältigen gibt, sei es Verpflegung, Unterkunft, aber auch medizinische Versorgung, werden sehr schnell aufgenommen und in kürzester Zeit zu unserer Zufriedenheit gelöst“, sagt Oberstleutnant Balthasar.
Maximal acht Wochen soll der Einsatz der Bundeswehr im Hochwassergebiet im Süden Polens dauern. Ob die Panzerpioniere aus dem bayerischen Bogen die gesamte Zeit vor Ort sein werden oder sie nach vier Wochen ein anderer Verband ablöst, wird sich in der kommenden Zeit ergeben.
Oberstleutnant Balthasar über den Einsatz im Hochwassergebiet
Herr Oberstleutnant Balthasar, welchen Auftrag haben Sie und ihre knapp 100 Pioniere hier im Hochwassergebiet in Polen?
Wir haben hier den Auftrag, die polnische Bevölkerung und die polnischen Streitkräften bei der Bewältigung der Hochwasserkatastrophe aus dem September dieses Jahres zu unterstützen.
Was konnten Sie hier in den ersten fünf Tagen erreichen, seitdem Sie mit voller Stärke vor Ort sind?
Wir haben damit begonnen, die Straßen behelfsmäßig instand zu setzen. Wir sind derzeit bei einem Gesamtvolumen von circa 300 Metern, wo Schlammpisten wieder zu wirklich befestigten Straßen gemacht wurden. Wir haben mit Behelfsbrücken Fußgängern wieder die Möglichkeit gegeben, über das Gewässer zu kommen, und so faktisch zwei Ortsteile wieder miteinander verbunden. Und wir haben mehreren Anwohnern geholfen, ihre Gärten von Treibgut, Schlamm und anderem so freizuräumen, dass da wieder einigermaßen normales Leben ermöglicht werden kann.
Inwieweit stimmen die Arbeiten hier in Polen mit dem eigentlichen Auftrag Ihres Verbands als Panzerpionierbataillon der 10. Panzerdivision überein?
Die Aufgaben, die wir hier erledigen, insbesondere im Bereich der behelfsmäßigen Instandsetzung von Verkehrsinfrastruktur, deckt sich in großen Teilen damit, was wir als Divisionspionierbataillon der 10. Panzerdivision im Verteidigungsfall auch im rückwärtigen Raum der Division zu leisten hätten.
Könnten Sie da noch mal genauer drauf eingehen?
Wenn wir zum Beispiel zerstörte Straßeninfrastruktur haben, die für die Sicherstellung der Versorgung der Division relevant ist, und der Nachschub nicht mehr rollt, dann ist es die Aufgabe meines Bataillons, diese Schäden in kürzester Zeit so zu beheben, dass die Versorgung wieder stattfinden kann. Und auch wenn die Schäden hier in Polen durch die Flut hervorgerufen worden sind, so ist die Aufgabe vergleichbar und hat auch einen Mehrwert für die Maschinenbediener sowie die Zugführer, die hier den konkreten Einsatz der Maschinen planen.
Wie bewerten Sie die Einsatzbereitschaft Ihrer Soldatinnen und Soldaten sowie Ihres Materials vor dem Hintergrund der kurzen Alarmierungszeit?
Mit der ersten Kenntnisnahme über den Auftrag hatten wir Kräfte in Einsatzbereitschaft versetzt und wären jeder Zeit in der Lage gewesen mit 80 oder 90 Prozent von dem, was jetzt hier im Einsatz ist, auch schon Frühzeitiger in den Einsatzraum zu verlegen. Das heißt, die Einsatzbereitschaft des Personals steht in gar keiner Weise infrage. Die Materiallage wird zunehmend auch bei mir im Bataillon besser. Und für diesen Auftrag wäre ich so aufgestellt gewesen, dass ich das ebenfalls in noch kürzerer Zeit hätte bewerkstelligen können.
Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit der polnischen Seite – sowohl zivil als auch militärisch?
Mit beiden Seiten hervorragend. Zum einen erfahren wir hier eine große Gastfreundschaft durch die Bevölkerung vor Ort. Das zeigt sich insbesondere durch viele Gespräche, aber auch durch Versorgung mit Kaffee, Kuchen und Essen an den Einsatzstellen. Zum anderen ist die Zusammenarbeit mit den polnischen Streitkräften sehr professionell und kameradschaftlich. Sämtliche Herausforderungen, die es jetzt administrativ zu bewältigen gibt, sei es Verpflegung, Unterkunft, aber auch medizinische Versorgung, werden sehr schnell aufgenommen und in kürzester Zeit zu unserer Zufriedenheit gelöst.
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