Nachgefragt

Gibt es eine atomare Bedrohung durch Russland?

Gibt es eine atomare Bedrohung durch Russland?

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

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Seit Ausbruch des Ukrainekrieges droht Präsident Wladimir Putin immer wieder mit dem Einsatz von Atomwaffen. Viele Menschen sorgen sich darüber, was passieren würde, wenn das Realität würde. Solche Bedrohungen zu analysieren und mit ihnen umzugehen, ist Aufgabe der Angehörigen der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkräfte der Bundeswehr. Der Kommandeur des ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkommandos, Oberst Stephan Saalow, spricht darüber in ,,Nachgefragt''.

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Oberst Saalow ist Kommandeur des ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkommandos der Bundeswehr in Bruchsal. In dieser Woche schildert er, inwiefern er eine nukleare, biologische und chemische Bedrohung durch Russland für möglich hält.

„Wir sollten uns Sorgen machen. Russland droht fast täglich mit dem Einsatz von Nuklearwaffen. Aber Sorgenmachen allein reicht nicht. Wir müssen auch Maßnahmen treffen, um dieser Besorgnis Herr zu werden“, fasst Saalow in dieser ,,Nachgefragt''-Folge zusammen. Die Bundeswehr hat keine atomaren, biologischen oder chemischen Waffen. Doch die Folgen eines Einsatzes dieser Waffen zu vermindern, ist das Spezialgebiet der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkräfte. Oberst Saalow ist Kommandeur des ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkommandos in Bruchsal, das die Truppe führt.

Gefahr allgegenwärtig

„Wir müssen jederzeit den Einsatz von ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Waffen mitdenken und unsere Soldatinnen und Soldaten darauf vorbereiten, indem wir sie trainieren, ein entsprechendes Verhalten in der Situation an den Tag zu legen“, ergänzt Saalow. Auch die Bedrohung durch chemische und biologische Kampfstoffe sei nach wie vor allgegenwärtig. 

Seit Ende des Kalten Krieges gebe es zwar nicht mehr so viele biologische und chemische Waffen, allerdings zeige der Fall Skripal, dass Nervenkampfstoffe als Attentatswaffe genutzt würden. Der ehemalige russische Geheimagent und Überläufer wurde 2018 in England mit dem Wirkstoff Nowitschok vergiftet und überlebte nur knapp. ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Waffen könnten also auch zukünftig eine Bedrohung sein, so Oberst Saalow.  

ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Waffen: Atomar, Biologisch, Chemisch

Die verheerende Wirkung von Atomwaffen auf Mensch und Umwelt steht außer Frage. Doch auch biologische und chemische Kampfstoffe können dramatische Auswirkungen haben, selbst in kleinsten Mengen. Ihre Herstellung ist zudem vergleichsweise einfach und billig. Zu Biowaffen gehören beispielsweise Krankheitserreger und verschiedene Gifte. Zu chemischen Waffen zählen unter anderem Nerven-, Lungen- oder Psychokampfstoffe. 

Gute Ausrüstung, gute Ausbildung und gutes Material

Angesichts dieser Gefahren spielt laut Saalow der Schutz durch die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkräfte eine entscheidende Rolle. Die Bundeswehr sei konzeptionell hervorragend vorbereitet. Sie habe eine gute Ausrüstung, eine gute Ausbildung und gutes Material, so der Oberst.

Und dies gilt nicht nur für die besonders ausgebildeten Soldatinnen und Soldaten aus der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Truppe. Jede Soldatin und jeder Soldat der Bundeswehr ist in den Grundlagen der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehr ausgebildet und kann auf Material wie die Schutzmaske, einen Schutzanzug oder sogenannte Autoinjektoren zurückgreifen. Die Autoinjektoren sind Spritzen, die sich die Soldatinnen und Soldaten setzen können, um sich eine Art Gegengift bei dem Einsatz von chemischen oder biologischen Kampfstoffen verabreichen zu können. 

Während Russland weitestgehend seine biologischen und chemischen Kampfstoffe vernichtet habe, sei ein Einsatz von Nuklearwaffen immer noch möglich, so Saalow. Bei einer existenziellen Bedrohung Russlands behalte sich die Nation vor, atomare Waffen gegen Feinde und Gegner einzusetzen. Dabei gäbe es einen Grundsatz, den Russland verfolge: „Eskalieren, um zu deeskalieren – also durch den Einsatz von Nuklearwaffen den Gegner an den Verhandlungstisch zwingen“, fasst Saalow die russische Strategie zusammen. 

Taktische und strategische Atombomben

Dabei unterscheide man zwischen dem Einsatz von taktischen und strategischen Atombomben. Eine strategische Nuklearwaffe solle als Bedrohung oder Drohkulisse eingesetzt werden: breitflächig und als typisches Vernichtungsszenario. Eine taktische atomare Waffe hingegen sei ein Wirkmittel für das Gefechtsfeld mit den Mechanismen einer Atombombe. Das bedeute, dass in einem bestimmten Radius Gebiete zerstört würden und auch der nukleare Fallout als Bedrohung eingesetzt werden könne, so Saalow. 

Die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkräfte, die zur Streitkräftebasis der Bundeswehr gehören, sind für diese Szenarien ausgebildet. „Sie bewerten den Einsatz taktischer Nuklearwaffen und geben dann Empfehlungen ab“, erklärt der Oberst. Dabei gehe es um Fragen, die das Ausmaß der Zerstörung beträfen und darum, ob die eigenen Soldatinnen und Soldaten noch länger in betroffenen Gebieten operieren könnten. 

Die Bundeswehr unterstützt aber auch die ukrainischen Soldatinnen und Soldaten in der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehr-Ausbildung und hat bereits Material unter anderem zur Dekontamination an die Ukraine abgegeben. Über die Inhalte der Ausbildung und welche Möglichkeiten es zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands vor nuklearen Waffen gäbe, dazu äußert sich Saalow ebenfalls in dieser ,,Nachgefragt''-Folge. 

von Janet Watson

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