„Nachgefragt“

Lage in Nahost: „Die strategische Balance hat sich zugunsten Israels verändert“

Lage in Nahost: „Die strategische Balance hat sich zugunsten Israels verändert“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Im Gazastreifen, in Libanon und gegen Ziele in Jemen: Israel kämpft aktuell an mehreren Fronten. Auch der Iran ist involviert, die Situation hoch dynamisch. Der sicherheitspolitische Experte Carlo Masala ordnet bei „Nachgefragt“ die aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten ein.

Passen Sie jetzt Ihre Datenschutzeinstellungen an, um dieses Video zu sehen

Carlo Masala ist Professor für internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München. Mit „Nachgefragt“-Moderator Hauptmann Jan Czarnitzki spricht der Sicherheitsexperte über die aktuelle Lage im Nahen Osten und die Strategie Israels.

„Israel befindet sich eigentlich in einem Dreieinhalbfrontenkrieg und steht möglicherweise kurz davor, noch eine vierte Front zu haben“, führt Masala aus. Der Professor für internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München erklärt, dass es nicht nur israelische Schläge gegen die Stellungen der Hisbollah im Libanon, sondern auch in Syrien gebe. Neben dem Libanon, Gaza und Jemen müsse also in Teilen auch Syrien in diesem Konflikt mitbetrachtet werden, denn auch von den Hisbollah-Stellungen dort werde die israelische Sicherheit potenziell bedroht, so Masala weiter. 

Zusätzlich stehe nach den jüngsten Raketenangriffen des Irans auf Israel die Frage nach einer möglichen israelischen Reaktion darauf im Raum. Masala betont gegenüber „Nachgefragt“-Moderator Hauptmann Jan Czarnitzki: „Die aktuelle Lage ist sehr angespannt.“

Der Kampf gegen die Hamas dauert an

Im Gazastreifen sei die Hamas noch nicht geschlagen, so Masala. Sie sei zwar militärisch geschwächt, aber immer noch operationsfähig. „Das sehen wir, weil es noch immer Gefechte gibt — auch im Norden Gazas, wo die ganze Operation hier angefangen hat“, betont der Sicherheitsexperte. Israel habe der Hamas aber ihr militärisches Potenzial fast vollumfänglich genommen.

Im Kampf gegen die Hisbollah habe sich Israel nun auch für eine begrenzte Bodenoffensive in Libanon entschieden und Truppen entsendet. Die Zahl der dort operierenden Soldaten wachse, doch bislang vermeide Israel es, noch größere Operationen in seinem nördlichen Nachbarstaat durchzuführen, erklärt Masala. Im Libanon eine Sicherheitszone zu schaffen, zu halten oder vielleicht sogar den ganzen Libanon zu besetzen, würde die israelischen Streitkräfte aber überfordern, meint der Sicherheitsexperte. Es sei das Ziel Israels, „dass die im Norden lebende Bevölkerung Israels wieder in den Norden zurückkommt.“ Man rede über 70.000 bis 80.000 Personen, die seit dem 8. Oktober 2023 von dort evakuiert worden seien, so Masala.  

Geringe Chance, die Hisbollah vollständig zu zerstören

Im Libanon sei die Hisbollah nicht nur eine terroristische Organisation, sondern auch eine politische Kraft, sagt Masala weiter. Die Eliminierung einer politischen Kraft hänge im Wesentlichen davon ab, dass es politische Pläne gebe, um diese Kraft aus dem politischen System des Libanons herauszudrängen. „Das gibt es alles momentan nicht“, meint der Professor für internationale Politik. „Israel kann die Hisbollah nachhaltig schwächen, aber zerstören wird sie sie nicht können.“ Mit der Eliminierung von Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah habe sich die strategische Balance aber wieder zugunsten Israels verschoben, meint Masala.

Gegenüber Iran hat Israel drei Optionen

Für eine Reaktion auf den Raketenangriff des Iran Anfang Oktober habe Israel laut Masala drei Optionen: Israel könne versuchen, die iranischen Nuklearanlagen außer Gefecht zu setzen, die ölverarbeitenden Anlagen des Irans zu bombardieren oder gegen die Hauptquartiere der Islamischen Revolutionsgarden und gegen die reguläre iranische Armee vorzugehen. „Die Frage ist, welche sie ziehen werden, ob sie alle drei ziehen werden oder nur zwei aus diesen drei Optionen“, so der Sicherheitsexperte.

Eine Operation mit dem Fokus auf militärische Ziele hält Masala momentan für am wahrscheinlichsten. Mögliche Ziele seien hier zum Beispiel Flugplätze der iranischen Luftwaffe oder Abschussvorrichtungen und Lagerstätten für ballistische Raketen. Mit Blick auf eine mögliche weitere Eskalation sei aber auch Vorsicht geboten: „Die Israelis müssen immer bei alldem bedenken, wie der Iran reagiert“, so Masala.

Mit USUnited States-Unterstützung kann Israel durchhalten

Israel befinde sich laut Masala in einer bedrohlichen Situation. Das kleine Land kämpfe gegen viele Widersacher gleichzeitig. Der Sicherheitsexperte erklärt aber auch: „Die israelische Armee ist mit Abstand die modernste und technologisch am besten entwickelteste Armee in dieser Region.“ So lange die USA Verbündeter Israels seien und Israel mit den entsprechenden Waffen und ausreichend Munition unterstützten, könne Israel diesen Mehrfrontenkrieg langfristig durchhalten. „Und das ist bei aller Problematik, die alle diese Operationen nach sich ziehen, schon mal ein Erfolg der Israelis“, betont Masala.

von Arthur Galbraith

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Weitere Folgen