„Nachgefragt“

NATONorth Atlantic Treaty Organization-Truppenbewegungen in Europa: „Es geht um unser aller Sicherheit“

NATONorth Atlantic Treaty Organization-Truppenbewegungen in Europa: „Es geht um unser aller Sicherheit“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

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Deutschland spielt eine wichtige Rolle in der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Sicherheitsarchitektur. Die Bundesrepublik fungiert durch ihre zentrale Lage in Europa als „Drehscheibe Deutschland“ für Truppenverlegungen der NATONorth Atlantic Treaty Organization. Die Koordination übernimmt das Joint Support and Enabling Command (JSECJoint Support and Enabling Command) in Ulm. Oberst i. G. Mario Karnstedt erklärt, warum das JSECJoint Support and Enabling Command so wichtig ist. 

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Oberst im Generalstabsdienst Mario Karnstedt ist Abteilungsleiter Kommunikation beim NATONorth Atlantic Treaty Organization-Unterstützungskommando in Ulm. Er spricht mit „Nachgefragt“-Moderator Hauptmann Jan Czarnitzki über die „Drehscheibe Deutschland“.

Das transatlantische Verteidigungsbündnis hatte seine Kräfte an den osteuropäischen Bündnisgrenzen nach dem russischen Überfall auf die Ukraine verstärkt. „Die NATONorth Atlantic Treaty Organization ist verteidigungsbereit. Sie hat ihre Pläne angepasst, sie hat ihre Strukturen überprüft, sie übt regelmäßig“, sagt Oberst Mario Karnstedt vom NATONorth Atlantic Treaty Organization-Unterstützungskommando in Ulm. „Wir als Joint Support Enabling Command unterstützen dies mit der Verlegemöglichkeit für die Kräfte. Und wir tun dies von der Westgrenze des Bündnisgebietes bis an die Ostgrenze des Bündnisgebietes, vom Norden bis in den Süden.“

Das JSECJoint Support and Enabling Command liegt aus gutem Grund in Deutschland: Die Bundesrepublik liegt im Zentrum des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnisgebietes und fungiert daher bei nahezu allen größeren Truppenbewegungen als Drehscheibe für Personal und Material. Soldatinnen und Soldaten aus 25 NATONorth Atlantic Treaty Organization-Nationen arbeiten in Ulm zusammen. Es gehe darum, die Verstärkung der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Truppen und damit auch ihre Durchhaltefähigkeit im Verteidigungsfall sicherzustellen, so Karnstedt zu Hauptmann Jan Czarnitzki, dem „Nachgefragt“-Moderator.

Wenn das JSECJoint Support and Enabling Command aktiv wird, geht es um die Verlegung großer Truppenkörper. „Da sprechen wir über Dimensionen von hundert- bis dreihunderttausend Soldatinnen und Soldaten mit ihrem Material quer durch das Bündnisgebiet“, so der Oberst. Ein typisches Beispiel sei die Großübung Steadfast Defender 24 in der ersten Jahreshälfte, bei der die NATONorth Atlantic Treaty Organization die Abwehr eines Angriffes auf Europa geübt hatte. „Bis zu 90.000 Soldaten haben sich über den europäischen Kontinent bewegt: Das ist die Größenordnung, über die wir reden“, sagt Karnstedt.

Truppentransporte durch das NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnisgebiet

Das JSECJoint Support and Enabling Command greife bei Truppenverlegungen auf ein sogenanntes Reinforcement-and-Sustainment-Netzwerk mit Haupt-, Neben- und Alternativrouten durch das Bündnisgebiet zurück, so Karnstedt. „Wir nutzen für Übungszwecke, aber auch für Verlegungen von Kräften bereits dieses Netzwerk.“ Im Verteidigungsfall könne es ganz oder teilweise aktiviert werden, um die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Truppen dorthin zu bringen, wo sie gebraucht werden. „Wir wissen, wo eine Hauptbedrohung derzeit für die NATONorth Atlantic Treaty Organization herkommt“, sagt der Oberst mit Blick auf Russland.

Insgesamt gehe es im JSECJoint Support and Enabling Command darum, einen reibungslosen, länderübergreifenden Truppentransport sicherzustellen. „Wir arbeiten mit 32 alliierten Nationen zusammen, und das sind souveräne Staaten“, sagt Karnstedt. „Jeder hat seine eigene Rechtlichkeit, jeder hat seine eigenen Prozesse. Die gilt es zu beachten, wenn sie über große Distanzen große Kräfte verlegen.“ Schließlich führe ein militärischer Verband immer auch Waffen, Munition und schweres Gerät mit sich, so der Oberst.

Neben Grenzregularien seien auch infrastrukturelle Herausforderungen zu bewältigen, so Karnstedt. „Die Planungen der NATONorth Atlantic Treaty Organization sind angepasst, und daraus leiten sich Erfordernisse ab. Das bedeutet, diese Infrastruktur muss in Schuss sein. Straßen müssen intakt sein, Brücken müssen intakt sein, Schienennetze müssen intakt sein, Häfen müssen verfügbar sein.“ Dabei verlasse man sich auf die Zusagen der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Mitgliedstaaten, so der Oberst. Jeder Alliierte trage das bei, was er zu leisten imstande sei. „Da gibt es natürlich Länder mit größeren Beiträgen und andere mit kleineren Beiträgen. Aber jeder Beitrag zählt, und eine Kette ist immer nur so stark wie das schwächste Glied“, so Karnstedt.

Dauerhafter Marschkorridor durch Europa geplant

Drei Glieder dieser Kette – die Niederlande, Polen und Deutschland – planen, in einem Pilotprojekt einen dauerhaften NATONorth Atlantic Treaty Organization-Marschkorridor durch Europa einzurichten, berichtet der Oberst. „Das sehen wir als NATONorth Atlantic Treaty Organization natürlich sehr gerne. Weil dies zum Inhalt hat, die ganzen prozeduralen Schritte zu vereinheitlichen, die Infrastruktur in Schuss zu halten, damit wir damit arbeiten können und die Kräfte im Fall eines Falles schnell verlegen können.“

Karnstedt warb um Verständnis, falls es wegen Truppenbewegungen durch Deutschland zu Unannehmlichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger komme: „Die Bevölkerung muss natürlich wissen und muss auch akzeptieren: Dinge, die nicht geübt werden, können später nicht klappen.“ Das Üben der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Truppen sei kein Selbstzweck, sondern schiere Notwendigkeit, so der dienstälteste deutsche Offizier beim JSECJoint Support and Enabling Command in Ulm: „Es geht darum, dann für den Ernstfall, wenn alles sitzen soll, dass alles auch funktioniert. Es geht um unser aller Sicherheit.“

von Timo Kather

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