Nachgefragt

„Bewusst werden medizinische Einrichtungen angegriffen“

„Bewusst werden medizinische Einrichtungen angegriffen“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
3 MIN

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Im Krieg sterben Menschen, und viele mehr werden verwundet. Aufgabe von Sanitätern und Ärztinnen ist, so viele Leben zu retten wie möglich. Wie das militärische Sanitätswesen funktioniert und warum Russland offenbar auch Krankenhäuser angreift, erklärt der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in „Nachgefragt“.

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Generaloberstabsarzt Dr. Ulrich Baumgärtner ist Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Im Gespräch mit „Nachgefragt“-Moderatorin Kapitänleutnant Nana Ehlers spricht er über die medizinische Versorgung an den Fronten des Ukrainekriegs.

Kriege wie der in der Ukraine brächten auch kriegstypische Verletzungen mit sich, sagt Generaloberstabsarzt Dr. Ulrich Baumgärtner. „Das bedeutet, dass wir mit einem ziemlich hohen Prozentsatz mit Schädel-Hirn-Gesichtsverletzungen, mit Kopfverletzungen zu rechnen haben. Eine weitere Kategorie sind Arme und Beine.“ Häufig handele es sich um komplexe Verletzungen, die eine langwierige Behandlung erforderten, so der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr zu „Nachgefragt“-Moderatorin Kapitänleutnant Nana Ehlers. 

An der Front zählt jede Minute

An einer Schautafel demonstriert der oberste deutsche Militärarzt, wie die Rettung Verletzter und Verwundeter in der Bundeswehr funktioniert. Bei einer Verwundung an der Front müssten zunächst die Kameraden vor Ort erste Hilfe leisten: „Ganz schnell nach der Verwundung, in den ersten zehn Minuten.“ 

Anschließend werde der Patient von Sanitätern zur nächsten Rettungsstation gebracht, wo er stabilisiert werde. Danach gehe es weiter in ein Rettungszentrum. „Dort werden die ersten wirklich dringenden chirurgischen Maßnahmen durchgeführt, so dass zum Beispiel innere Blutungen gestoppt werden.“ Für weitere Behandlungen und Operationen komme der Patient ins Einsatzlazarett, so Baumgärtner.  Nach der Rückkehr in die Heimat werde dann in Krankenhäusern der Bundeswehr, aber auch zivilen Einrichtungen weiterversorgt. 

Angriffe auf Lazarette als Angriffe auf die Moral

Mit Sorge beobachte er, dass es seitens der russischen Streitkräfte offenbar zu gezielten Attacken auf medizinische Einrichtungen komme. Das Rote Kreuz – weltweit Schutzzeichen für sanitätsdienstliche Einrichtungen – werde ignoriert. „Im Gegenteil, man hat den Eindruck, dass ganz bewusst militärische wie auch zivile sanitätsdienstliche medizinische Einrichtungen und Kapazitäten angegriffen und ausgeschaltet werden.“ Ziel sei mutmaßlich, die Moral der ukrainischen Truppen zu untergraben.

Die ukrainischen Sanitäterinnen und Sanitäter seien ihrer schwierigen Aufgabe an der Front aber dennoch gewachsen, ist sich der Generaloberstabsarzt sicher. „Der Sanitätsdienst dort ist ja nicht erst seit Februar im Krieg, sondern schon seit 2014. Das beobachten wir ja auch, dass sie eben diese besonderen Herausforderungen einer Behandlung von Kriegsverletzungen schon seit vielen, vielen Jahren täglich haben und täglich meistern.“ 

Kapazitätsaufwuchs für den Bündnisfall notwendig

Der Sanitätsdienst sei wie andere Teilstreitkräfte der Bundeswehr auch in den letzten Jahrzehnten auf kleinere Einsätze im internationalen Krisenmanagement ausgerichtet worden, so Baumgärtner. Aber: „Wir haben im Sanitätsdienst der Bundeswehr als einer der wenigen Sanitätsdienste in Europa und in der NATONorth Atlantic Treaty Organization tatsächlich eine gesamte Bandbreite an Fähigkeiten erhalten, die wir brauchen, um eine Rettungskette in allen Facetten darstellen zu können.“

Allerdings würden diese Kapazitäten im Bündnis- oder Verteidigungsfall mengenmäßig nicht reichen, sagt Baumgärtner. Um zum Beispiel die medizinische Versorgung einer Division sicherstellen zu können, müsse nachgebessert werden. „Wir brauchen im Prinzip in fast der gesamten Bandbreite des Sanitätsdienstes einen deutlichen Aufwuchs der Kapazitäten, um das überhaupt bewältigen zu können.“

von Timo Kather

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