Nachgefragt

Generalinspekteur: Abgegebene Waffensysteme werden zügig ersetzt

Generalinspekteur: Abgegebene Waffensysteme werden zügig ersetzt

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
5 MIN

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Deutschland unterstützt den Abwehrkampf der Ukraine gegen Russland seit einem Jahr. Gleichzeitig stellen sich die Bundeswehr und ihre Verbündeten zur Abschreckung neu auf. General Eberhard Zorn ist als Generalinspekteur der Bundeswehr für die Umsetzung der „Zeitenwende“ zuständig. Was hat sich seit Ausbruch des Krieges in den Streitkräften verändert?

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General Zorn ist seit April 2018 Generalinspekteur der Bundeswehr und damit ranghöchster Soldat Deutschlands. In Nachgefragt spricht Zorn mit Moderator Hauptmann Hannes Lembke darüber, wie der Krieg in der Ukraine die Bundeswehr verändert hat.

Direkt nach Kriegsausbruch sei vieles unternommen worden, um das NATONorth Atlantic Treaty Organization-Territorium zu schützen und starke Präsenz in Osteuropa zu zeigen, sagt General Eberhard Zorn zu Nachgefragt-Moderator Hauptmann Hannes Lembke. Die Bodentruppen im Baltikum seien ebenso verstärkt worden wie die Patrouillen im NATONorth Atlantic Treaty Organization-Luftraum in Osteuropa. Gleiches gelte für die Aufklärung sowie für den Schutz der Ostsee durch die Marine. „Darüber hinaus hat die Truppe zu Hause ihre Alarmbereitschaftsstufen entsprechend angepasst – wir sind in Teilbereichen in einer Reaktionszeit zwischen drei und sieben Tagen –, und weitere Truppenteile halten sich bereit“, so der Generalinspekteur der Bundeswehr. 

Deutschland hatte sich nach der russischen Vollinvasion in der Ukraine zusammen mit seinen Partnern an die Seite des angegriffenen Landes gestellt. Die Ukraine wird mit Geld, Ausrüstung und Waffensystemen aus Deutschland unterstützt. Manche Bürgerinnen und Bürger fürchten nun, dass Deutschland selbst zum Ziel russischer Aggressionen werden könnte.
 
„Ich verstehe die Sorge der Bevölkerung“, sagt Generalinspekteur Zorn dazu. Russland verhalte sich aber diesbezüglich ruhig. „Ich kann definitiv sagen, dass wir zurzeit gar keine Anzeichen haben, dass die russischen Streitkräfte in irgendeiner Form NATONorth Atlantic Treaty Organization-Territorium oder NATONorth Atlantic Treaty Organization-Länder angreifen wollen. Es gibt dazu keine Vorbereitungen, die wir erkennen.“ Allerdings gebe es eine latente Bedrohung durch russische Raketensysteme an den Grenzen Osteuropas. Jedoch: „Das war schon vor dem Ukrainekrieg so, und das ist unverändert“, betont Zorn.

Bessere Luftverteidigung für Deutschland

Deutschland habe eine Fähigkeitslücke bei der Luftverteidigung, räumt der Generalinspekteur ein. Die PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target-Staffeln der Luftwaffe böten zwar Schutz gegen ballistische Angriffe aus mittleren Distanzen, der Schutz gegen Angriffe aus nahen oder aus weiten Distanzen hingegen müsse verbessert werden. „Hier werden wir jetzt nun – auch mit Blick auf das Sondervermögen – die wesentlichen Projekte vorantreiben, um hier in der Zukunft besser zu sein“, kündigt der ranghöchste Soldat der Bundeswehr an. 

Die Regierung hatte der Bundeswehr nach Kriegsbeginn ein Sondervermögen in Höhe von rund 100 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um schnell wichtige Beschaffungsprojekte angehen zu können. Man habe sich dabei im Schwerpunkt auf die Verbesserung der persönlichen Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten sowie auf die Digitalisierung der Streitkräfte fokussiert, so der Generalinspekteur. 

Fokus auf persönlicher Ausrüstung und Digitaltechnik

Die Beschaffung moderner persönlicher Ausrüstung habe man so um sechs Jahre vorziehen können. “Das heißt, wir werden eine Vollausstattung mit persönlicher Ausrüstung, mit Schutzausrüstung, mit den persönlichen Funkgeräten für die Soldaten und mit Nachtsichtgeräten hinbekommen bis ins Jahr 2025 hinein.“ Auch bei der Digitalisierung der Bundeswehr gehe es voran: „Auch hier laufen jetzt seit diesem Jahr die ersten Geräte zu, vieles davon aus deutscher Produktion. Und wir werden hier auch innerhalb der nächsten zwei Jahren zu deutlichen Verbesserungen kommen.“ Ziel sei die vollständige Vernetzung der Streitkräfte mit digitaler Technik.

Um sich gegen die russischen Streitkräfte zur Wehr zu setzen, hatte die Ukraine auch immer wieder Waffensysteme aus Deutschland gefordert. Zunächst waren Flugabwehrkanonenpanzer Gepard, dann auch Panzerhaubitzen 2000 geliefert worden. Beide Systeme kommen mit Erfolg in der Ukraine zum Einsatz. Ende März sollen dann auch Leopard 2A6-Kampfpanzer und Marder-Schützenpanzer abgegeben werden. 

Balance zwischen Ukraine-Hilfe und eigenem Bedarf wahren

Kritiker meinen, dass die Lieferung von Waffensystemen an die Ukraine zu langsam und nur in geringen Stückzahlen erfolge. Doch NATONorth Atlantic Treaty Organization-Verpflichtungen, Ausbildungsbedarfe der Truppe und die Wünsche der Ukraine müssten miteinander in Einklang gebracht werden, wirbt Zorn um Verständnis. „Für mich als Generalinspekteur ist natürlich wichtig, diese Balance immer wieder zu sehen: Nämlich die eigene Einsatzbereitschaft und die eigene materielle Ausstattung im Auge zu haben, auf der anderen Seite aber die strategische Notwendigkeit zu erfüllen, Material an die Ukraine zu liefern.“ Dies gelte besonders für Waffensysteme, die nicht aus Industrievorräten, sondern aus den Beständen der Bundeswehr abgegeben würden – wie den Kampfpanzer Leopard 2 und die Panzerhaubitze 2000.

In beiden Fällen arbeite man an der Nachbeschaffung der Waffensysteme, so Zorn. Die abgegebenen Leopard 2A6 werde man durch die modernste Variante Leopard 2A7 ersetzen – in anderthalb bis zwei Jahren würden die neuen Kettenfahrzeuge bei der Truppe sein. Etwas länger werde es bei den Panzerhaubitzen dauern, kündigt der General an: „Hier ist der Auslieferungszeitraum mit zwei bis drei Jahren anvisiert.“ Noch im Laufe des Quartals – also bis Ende März – sollten die entsprechenden Beschaffungsverträge unterschrieben werden, so der Generalinspekteur.

Zudem werde künftig wieder Munition für den Flugabwehrkanonenpanzer Gepard in Deutschland hergestellt. Rund 300.000 Schuss Gepard-Munition sollen produziert werden, um den Abwehrkampf der Ukraine zu unterstützen.

von Timo Kather

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