Nachgefragt

„Eine militärische Evakuierungsoperation fordert die ganze Bundeswehr“

„Eine militärische Evakuierungsoperation fordert die ganze Bundeswehr“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
5 MIN

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Einer der drei Großverbände des Heeres ist auf militärische Evakuierungsoperationen spezialisiert: Die Division Schnelle Kräfte, kurz DSKDivision Schnelle Kräfte. Wenn in einer Krisenregion die Gewalt eskaliert, werden Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland und befreundeten Nationen in Sicherheit gebracht. DSKDivision Schnelle Kräfte-Kommandeur Generalmajor Dirk Faust erklärt den Ablauf.

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Generalmajor Dirk Faust ist Kommandeur der Division Schnelle Kräfte der Bundeswehr. Der Verband ist auf Luftlande- und militärische Evakuierungsoperationen spezialisiert. Mit Frau Hauptmann Janet Watson von „Nachgefragt“ spricht er über den Ablauf.

„Bei uns ist all das vereint, was leicht und schnell ist“, sagt Generalmajor Dirk Faust. Er ist Kommandeur der Division Schnelle Kräfte der Bundeswehr mit rund 18.000 Soldatinnen und Soldaten. Spezialisiert ist Fausts „DSKDivision Schnelle Kräfte“ auf militärische Evakuierungsoperationen rund um den Globus. „Ich habe Fallschirmjäger, ich habe Gebirgsjäger, ich habe das Kommando Spezialkräfte“, zählt er auf. Ein Hubschrauberkommando mit Kampf- und Transporthubschraubern und eine Brigade Fallschirmjäger aus den Niederlanden kämen noch dazu.

Die Bundeswehr führte militärische Evakuierungsoperationen zuletzt im Februar 2023 im Sudan und im August 2021 in Afghanistan durch. Dabei wurden mehrere tausend Menschen gerettet. Zuletzt hatten die Streitkräfte eine Evakuierung aus dem Libanon vorbereitet, falls sich der Krieg im Gazastreifen auf die ganze Region ausbreiten würde. Glücklicherweise musste die Division Schnelle Kräfte im Libanon nicht in Aktion treten.

Erste Kräfte in 48 Stunden marschbereit

„Eine militärische Evakuierungsoperation fordert die ganze Bundeswehr“, sagt Generalmajor Faust. „Das ist eine streitkräftegemeinsame Aufgabe.“ Die Division Schnelle Kräfte stelle dabei zum einen die Hauptkräfte des Heeres, zum anderen fungiere sie als Leitkommando für einen solchen Einsatz. Denn zunächst müssten sich die eingeteilten Kräfte in Deutschland sammeln, um dann in den Einsatz zu fliegen.

„Hier hat die Division eine entscheidende koordinierende Rolle, dass Personal und Material gesteuert zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind“, erklärt Faust. Mitgenommen werde „alles quer durch die Bundeswehr, was man auch nur im Entferntesten in einer solchen Evakuierungsoperation gebrauchen könnte.“ Da nahezu jede Evakuierungsoperation unter Zeitdruck stattfinde, müssten die ersten Kräfte innerhalb von 48 Stunden abflugbereit sein.

Der Evakuierungsverband verlege im Idealfall in ein Gastland in der Nähe des Einsatzgebietes, so der DSKDivision Schnelle Kräfte-Kommandeur. „Und in diesem Gastland bauen wir dann eine vorgeschobene Basis auf. Das Personal, was wir brauchen, das Material, die Fahrzeuge, die Munition, die Verpflegung – all das ist in dieser Einsatzbasis im Gastland zusammengeführt.“ Auch werde ein Gefechtsstand eingerichtet, um die Operation zu führen. Anschließend hielten sich Truppen für ihren Einsatz bereit.

Unterschieden werde zwischen militärischen und diplomatischen Evakuierungen, so Faust – im letzteren Fall unterstütze die Bundeswehr das Auswärtige Amt lediglich mit Transportkapazitäten. „Die Abholung ist dadurch gekennzeichnet, dass in dem Land, aus dem ich die Menschen abhole, es eine relativ stabile Sicherheitslage gibt. Es gibt funktionierende Flughäfen oder auch Seehäfen.“ Welche Menschen evakuiert würden, werde vom Auswärtigen Amt festgelegt. „Dann fliegen wir rein – das Ganze ist unbewaffnet und auch nicht mandatierungspflichtig – und transportieren die Menschen einfach aus diesem Land heraus.“

Schnell oder robust? Die Lage vor Ort entscheidet

Bei Gefahr im Verzug werden hingegen bewaffnete militärische Evakuierungsoperationen durchgeführt. Dabei werde zwischen schnellen und robusten Einsätzen unterschieden, so der Generalmajor. Bei schnellen Einsätzen gehe es direkt ins Zielland, wo die zu Evakuierenden schon versammelt seien. „Beim Flugzeug geht die Heckrampe auf, Fallschirmjäger steigen aus, dazu kommen dann Feldjäger, die eine Registrierung vornehmen, die Menschen steigen in das Flugzeug, die militärischen Kräfte steigen auch wieder ein, die Klappe geht zu und wir fliegen wieder raus“, so Faust zum Ablauf.

Ein robuster Ansatz werde gewählt, wenn die Sicherheitslage im Einsatzland schwer abzuschätzen sei. „Ich wähle mehr Kräfte, ich habe eine stärkere Bewaffnung bis hin zu kleinen Gefechtsfahrzeugen. Ich habe gegebenenfalls Fahrzeuge dabei, um zu Evakuierende zu transportieren“, skizziert Faust die Unterschiede.

Ein Evakuierungsverband müsse immer auf das Schlimmste vorbereitet sein, so der DSKDivision Schnelle Kräfte-Kommandeur. So habe man sich im Fall des Sudans für einen robusten Einsatzverband entschieden. „Es war nie klar: Wie verhalten sich die kämpfenden Parteien im Sudan?“, sagt Faust. „Wir hatten alles dabei, um uns auch gegen feindliche Panzer verteidigen zu können.“ Genau wie in Afghanistan seien auch für den Sudan zudem Kräfte des Kommandos Spezialkräfte mitgenommen worden, um Schutzbedürftige im Zweifelsfall auch aus Geisellagen befreien zu können.

Jede Evakuierungsoperation sei anders, so Faust – und für viele Soldatinnen und Soldaten des Evakuierungsverbandes auch psychisch belastend. Die Einsätze würden sich aber auszahlen. „Wenn Sie diese Menschen in einem sicheren Umfeld aus dem Flieger aussteigen sehen und Sie schauen in die Gesichter, dann ist das schon sehr bewegend“, sagt der Kommandeur der Division Schnelle Kräfte der Bundeswehr. „Dann wissen Sie auch ganz genau, warum sich so etwas lohnt. Selbst, wenn es nur eine Person gewesen wäre.“ 

von Timo Kather

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