Die Bundeswehr betreibt in Deutschland viele Flugplätze. Der militärische Flugbetrieb muss ständig mit dem zivilen Flugverkehr koordiniert werden, um Unfälle zu vermeiden. Flugverkehrskontrolloffiziere wie Hauptmann Nils B. dirigieren die Flugzeuge sicher durch „ihren“ Luftraum: ganz egal, ob Tornado-Jagdbomber oder Urlaubsflieger.
Eigentlich wollte Hauptmann Nils B.* selbst Pilot werden. Doch der Arzt im Assessmentcenter der Bundeswehr in Köln meldete medizinische Bedenken an. „Ich wollte aber unbedingt mit Flugzeugen arbeiten und bin deshalb Fluglotse geworden“, sagt der Luftwaffenoffizier. An seinem Arbeitsplatz im Tower des Fliegerhorsts in Jagel sitzt er hoch über dem Rollfeld. Mit seinem Funkgerät steht er ständig in Kontakt mit den Pilotinnen und Piloten, die mit ihren Maschinen in seinem Teil des Himmels unterwegs sind. Seine Aufgabe ist es, das Orchester am Himmel zu dirigieren, Starts und Landungen anzuweisen und Zusammenstöße am Himmel zu verhindern.
Durch das Panoramafenster des Towers behält der Hauptmann ständig das Rollfeld des Fliegerhorsts im Blick. Mehrmals täglich sieht er, wie die Tornado-Kampfjets des Taktischen Luftwaffengeschwaders 51 „Immelmann“ zu ihren Übungs- und Patrouillenflügen aufbrechen. „Da nah dran zu sein, mit den Piloten zusammenarbeiten, die Tornados beim Abheben und beim Landen zu beobachten – das zaubert mir bis heute ein Lächeln auf das Gesicht“, sagt er.
Drei Jahre schon arbeitet B. als Flugverkehrskontrolloffizier. Bis heute habe er diese Entscheidung nicht bereut, sagt er. Nach der Grundausbildung und der Offizierausbildung an der Offizierschule der Luftwaffe studierte er zunächst Psychologie an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg. Nach dem Masterabschluss folgte die Ausbildung zum Flugverkehrskontrolloffizier. Diese dauert je nach Verfügbarkeit der Lehrgänge etwa vier Jahre und beginnt mit den Grundlagen des Flugführungsdienstes. Dabei lernen angehende Fluglotsen Luftraumstrukturen, Luftfahrzeugmuster und die Zusammenarbeit der verschiedenen Verantwortlichen in der Luftraumkontrolle.
Nach einem kurzen Lehrgang für Luftfahrtenglisch folgen dann Theorie- und Simulatorausbildungen im Wechsel. Damit bereiten sich die zukünftigen Flugverkehrskontrolloffiziere auf ihren ersten Tag im Tower beziehungsweise am Radar vor. Denn dort schließen sich die nächsten Ausbildungsabschnitte an.
Dort erwerben sie ihre Lizenzen, die sie zur Kontrolle des Luftraums befugen. Mehrere Lizenzen zur Kontrolle von Anflügen oder zur Koordinierung des Flugplatzes benötigen je nach Flugkaufkommen im Ausbildungszeitraum jeweils neun bis zwölf Monate Ausbildungszeit.
Starke Nerven sind gefragt
Wenn Tornado-Jagdbomber durch den Luftraum fliegen und gleichzeitig viele andere Flugzeuge unterwegs sind, braucht Hauptmann B. starke Nerven. „Man muss als Fluglotse sehr stressresistent sein, denn viel Flugverkehr bedeutet meistens auch viel Funkverkehr. Man muss konzentriert bleiben, den Fokus behalten und gleichzeitig mit Piloten und den anderen Lotsen sprechen. Wenn sich Flugzeuge zwischen Verantwortungsbereichen bewegen, müssen diese beispielsweise an andere Tower übergeben werden.“
In solchen Fällen gelte es, einen kühlen Kopf zu bewahren und mit ruhiger und bestimmter Stimme zu reden. Man müsse den Pilotinnen und Piloten am anderen Ende des Funkgerätes stets vermitteln, dass sie bei ihrem Fluglotsen in guten Händen seien.
Gefunkt wird übrigens durchgehend auf Englisch. „Wer Fluglotse werden will, sollte so gut Englisch sprechen, dass er auch einen Piloten mit starkem Akzent gut verstehen kann“, sagt Hauptmann B. Gleiches gelte für Situationen, in denen die Funkverbindung durch statisches Rauschen gestört werde.
Spannend wird es auch, wenn die Tornadopilotinnen und -piloten Anflüge und Notverfahren üben. „Jeder Pilot hat da seine Vorstellungen und da können auch gerne mal drei gleichzeitig kommen“, sagt Hauptmann B. Die Pilotinnen und Piloten müssen eine gewisse Anzahl an Landungen und Anflügen pro Jahr mit verschiedenen Anflugverfahren durchführen. Wenn sie ihre Aufträge erhalten, werden ihnen auch immer die Verfahren mitgeteilt, die sie bei der Landung durchführen müssen. Ein Präzisionsanflugverfahren beispielsweise erfordert, dass ein einzelner Flugverkehrskontrolloffizier den Piloten bis zur Landung mündlich anweist. Dieser Fluglotse ist dann nur damit beschäftigt und kann andere Anflüge nicht koordinieren.
Neben der Stressresistenz müsse ein Flugverkehrskontrolloffizier auch eine ausgeprägte Fähigkeit zum räumlichen Denken besitzen, so Hauptmann B. Die Darstellungen auf dem Radarbildschirm müssen den Pilotinnen und Piloten so vermittelt werden, dass diese damit auch unmittelbar etwas anfangen können.
„Bei allen Anweisungen, die ich den Piloten gebe, versetze ich mich in deren Perspektive. Wenn ich sage, er solle nach rechts abdrehen, muss ich auch verstehen, was das räumlich bedeutet.“ Nur so kann der militärische Fluglotse die Flugsicherheit sowohl der militärischen als auch der zivilen Flugzeuge gewährleisten.
Wie wird man Fluglotse bei der Bundeswehr?
Wer Flugverkehrskontrolloffizierin oder -offizier werden will und ein Abitur vorweisen kann, kann sich bei einem der Karrierecenter der Bundeswehr bewerben. Auch mit einem Realschulabschluss ist es möglich Flugverkehrskontrolloffizier zu werden, wenn man sich über die Feldwebellaufbahn zur Laufbahn der Offiziere im militärischen Fachdienst qualifiziert.
Potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten werden dann für ein Auswahlverfahren in das Assessmentcenter für Führungskräfte der Bundeswehr eingeladen. Wer sich durchsetzt, kann dann mit der militärischen Grundausbildung die Offizierlaufbahn beginnen.
Die Ausbildung zum Fluglotsen in der Bundeswehr
Lehrgang / Verwendung
Inhalt
Dauer
Ort
Grundausbildung
Allgemeinmilitärische Grundfertigkeiten
3 Monate
Germersheim
Offizierausbildung
Grundlagen der militärischen Luftfahrt und Luftoperationen
3 Monate
Fürstenfeldbruck
Studium
Je nach Studienfach – bei Hauptmann B.: Psychologie
4 Jahre
Hamburg, aber München ist auch möglich
Ausbildung zum Flugverkehrskontrolloffizier
Flugverkehrsenglisch, Grundlagen des Flugführungsdienstes, Simulatorausbildungen, Flugverkehrskontrolllizenzen
4 Jahre
Jagel
Interview mit Hauptmann Nils B.
Was ist das Beste an Ihrem Job?
Es ist eine geniale Möglichkeit, den militärischen Flugbetrieb zu erleben und mit Pilotinnen und Piloten aus aller Welt zu arbeiten. Alle um mich herum sind hochprofessionell und haben richtig Lust auf ihren Job. In so einem Umfeld zu arbeiten, macht mich glücklich.
Wenn Sie gewusst hätten, dass Sie Flugverkehrskontrolloffizier werden: Was hätten Sie anders gemacht?
Ich glaube, ich hätte in der Schule besser in Physik und Mathematik aufgepasst. Dann hätte ich ein besseres Verständnis für Geschwindigkeiten, Aerodynamik und Navigation gehabt. Aber das ist nichts, was man sich nicht auch in der Ausbildung aneignen kann. Gerne hätte ich vorab noch ein bisschen mehr in den Pilotenberuf hineingeschnuppert. Ein paar Flugstunden genommen, den Segelflugschein gemacht. Dann hätte ich mich noch besser in das jeweilige Cockpit hineinversetzen können.
Warum haben Sie sich für eine militärische Laufbahn entschieden?
Die Bundeswehr ist ein attraktiver Arbeitgeber mit vielen Verwendungsmöglichkeiten. Als Offizier kann ich fachlich arbeiten und gleichzeitig Verantwortung für andere übernehmen. Außerdem ist es aufregend, bei den Streitkräften zu arbeiten.
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