Veteranenkultur

„O Canada“: Die Geschichten der Invictus Games 2025

Es ist wieder soweit: Anderthalb Jahre nach den Invictus Games in Deutschland wird in Kanada ein neues Kapitel der Versehrtensportspiele geschrieben. Mehr als 500 Athletinnen und Athleten senden aus Vancouver eine Botschaft in die Welt: Eine schwere Verletzung bedeutet nicht das Ende aller Träume – sondern kann auch einen Neuanfang markieren.

Deutsche und kanadische Fans jublen während eines Rollstuhlbasketballspiels bei den Invictus Games

Veteranenkultur erleben

Der Startschuss für die siebten internationalen Versehrtensportspiele fällt am Samstag, den 8. Februar 2025, um 13 Uhr Ortszeit in Vancouver. Die Metropole im pazifischen Westen Kanadas wird bis 16. Februar zum Mittelpunkt des Invictus-Universums.

Die Athletinnen und Athleten der Invictus Games blicken ohne Ausnahme auf eine lange Leidenszeit zurück. Als Soldatinnen und Soldaten stellten sie sich in den Dienst ihrer Mitmenschen – und wurden bei der Ausübung ihrer Pflichten so schwer verletzt, das bleibende Einschränkungen zurückgeblieben sind.

Viele dieser heimlichen Heldinnen und Helden leiden still. Auch mangelt es ihnen oft an gesellschaftlicher Anerkennung. Für sie sind die Invictus Games gemacht: Hier treffen sie Menschen, die ihre Sorgen und Nöte kennen – und hier können sie der Welt in elf sportlichen Disziplinen von Biathlon bis Rollstuhl-Rugby zeigen, was noch immer in ihnen steckt.

Viel vorgenommen haben sich die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die Deutschland bei den Spielen vertreten. Mit intensivem Training haben sie sich auf die Invictus Games vorbereitet. Nun wollen sie die Spiele mit ihren Familien, Freunden und Kameraden aus aller Welt in vollen Zügen genießen – und bei den Wettbewerben alles geben.

Neun Tage kommt die Invictus-Gemeinde in Kanada zusammen, um den Veteraninnen und Veteranen der Streitkräfte ihre Anerkennung zu zollen. Gemeinsam wird in Vancouver und Whistler ein weiteres Kapitel in der Geschichte der Spiele geschrieben. Team Deutschland nimmt uns mit auf diese Reise. Es geht um große Siege, um große Emotionen – und um unvergessliche Erfahrungen.

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  • Vier Sportler posieren für ein Selfie vor einem Flughafengebäude mit der Aufschrift „Hannover Airport“
    Anreise

    Auf ins Abenteuer

    Endlich hat das Warten ein Ende. Die Athletinnen und Athleten von Team Deutschland steigen am Donnerstagmittag mit einer Mischung aus Vorfreude und Anspannung in den grau lackiertem Airbus A-330, der sie vom Flughafen Hannover zu den Invictus Games 2025 bringen wird. Im Schlepptau der Soldatinnen und Soldaten in ihren orange-schwarzen Trainingsanzügen folgen ihre Freunde und Familien, ihre Truppenpsychologen und Trainerinnen. Das Abenteuer kann beginnen.

    Die Anreise zu den Invictus Games führt die rund 100-köpfige Delegation aus Deutschland einmal um den halben Globus. Neun Zeitzonen, 7.900 Kilometer und zehn Stunden Flug liegen zwischen Hannover und dem pazifischen Westen Kanadas. Wenn hierzulande Zeit zum Schlafengehen ist, machen die Menschen in Vancouver gerade Mittagspause. Die Zeitverschiebung bringt jeden Biorhythmus aus dem Takt. Aber für die Invictus Games war noch nie ein Weg zu weit.

    Viele versuchen den Jetlag mit einem Nickerchen im Flugzeug zu kompensieren. Hauptmann Roman G. arbeitet lieber. Der Offizier aus dem Operativen Führungskommando der Bundeswehr ist zum ersten Mal bei den Invictus Games dabei. Zudem hat er sich von seinen Kameradinnen und Kameraden überzeugen lassen, den Socialmedia-Account von Team Deutschland zu betreuen. Auch das nebenstehende Foto am Flughafen ist eine seiner Aufnahmen. „Das ist eine ganze Menge Arbeit, aber ich mache sie echt gern“, sagt der Hauptmann, der in Vancouver im Rollstuhl-Basketball und im Schwimmen antreten wird. Darüber hinaus ist G. für den Langlauf und das Skeleton-Rodeln angemeldet.

    Die Reisegruppe landet am Donnerstagnachmittag gegen 14.30 Uhr Ortszeit an ihrem Bestimmungsort. Erschöpft vom langen Flug, aber bester Laune. Vom Flughafen geht es direkt in das Teamhotel in der Innenstadt. Später bricht Team Deutschland zu einer Runde durch die Stadt auf, um den zentralen Veranstaltungsort der diesjährigen Spiele zu erkunden: das Vancouver Convention Centre.

    Team Deutschland wird hier am Samstagabend das erste Spiel der Invictus Games 2025 bestreiten. Wenige Stunden nach der Eröffnungsfeier geht es im Rollstuhl-Basketball gegen Gastgeber Kanada. Auch Hauptmann G. wird auf dem Feld sein. „Ich kann es kaum erwarten, bis die Spiele endlich losgehen“, sagt er, bevor er sich verabschiedet. Jetzt ist erst einmal Ausschlafen angesagt.

  • Viele Menschen auf Tribünen
    Eröffnung

    Das Leben feiern

    Auf diesen Moment haben viele Athletinnen und Athleten lange hingearbeitet. In die Farben ihrer Länder gehüllt, ziehen die 23 Teams der Invictus Games 2025 in das ausverkaufte BC Place-Stadion im Zentrum von Vancouver ein. Deutschland macht als Ausrichter der vergangenen Spiele 2023 den Anfang, Kanada als aktueller Gastgeber kommt zuletzt. Jedes Team wird von den rund 40.000 Menschen auf den Rängen gefeiert.

    Die internationale Invictus-Gemeinde ist wieder versammelt – und sie will in den nächsten neun Tagen das Leben feiern. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf der Bühne sind Angehörige der Streitkräfte, die im Dienst schwer verletzt worden sind. Manchen ist dies anzusehen: Sie sitzen im Rollstuhl oder gehen an Krücken. Andere hingegen haben seelische Verletzungen erlitten, die nicht ohne Weiteres zu erkennen sind.

    Das musikalische Begleitprogramm ist mit Stars gespickt: Coldplay-Sänger Chris Martin trägt die Invictus-Hymne zum ersten Mal öffentlich vor. Er hatte sie für die erste Ausgabe der Spiele 2014 komponiert. Die ganz in der Nähe auf Vancouver Island geborene Lokalmatadorin Nelly Furtado spielt ein Medley ihrer Hits. Publikumsliebling ist USUnited States-Entertainerin Katy Perry, die mit „Firework“ die ganze Halle inklusive der Pressetribüne zum Tanzen bringt.

    Auch der Schirmherr der Spiele gibt sich die Ehre. Prinz Harry, der Duke of Sussex, dankt zuerst den vier First Nations, die als Co-Gastgeber der Invictus Games 2025 fungieren. „Wir arbeiten Seite an Seite auf dieser Reise“, sagt er zu den Oberhäuptern der indigenen Völker, die viel zu lange Repressalien ausgesetzt und unterdrückt wurden.

    Dann wendet sich Harry an die Athletinnen und Athleten. „Die Werte, die ihr verkörpert – euer Mut, eure Widerstandskraft, eure Menschlichkeit – sind ein Vorbild für uns alle“, sagt der Schirmherr der Invictus Games. In den vergangenen zehn Jahren seien viele Menschen auf ihn zugekommen, berichtet der Herzog von Sussex. „Sie haben zu mir gesagt: Die Invictus Games hätten sie gerettet. Aber, bei allem Respekt, das stimmt nicht: Ihr wart es selbst, die ihr euch gerettet habt.“

    Die Flagge der Invictus Games wird von Angehörigen der First Nations in die Halle gebracht. Sie überreichen die Flagge an Major Achim G., den deutschen Kapitän. Dieser reicht sie weiter an den Teamkapitän des australischen Teams. So wandert die Flagge von Teamkapitän zu Teamkapitän, bis sie unter dem Jubel der Menge in der Mitte des BC Places angelangt ist. Die Invictus Games 2025 in Vancouver und Whistler haben offiziell begonnen – und ihre ganz besondere Atmosphäre ist schon bei der Eröffnungsfeier zu spüren.

  • Mehrere Spieler im Rollstuhl beim Rollstuhlbasketballspiel
    Basketball

    Dabei sein ist alles

    Die deutschen Athletinnen und Athleten sind die ersten, die nach der Eröffnungsfeier der Invictus Games 2025 wieder in ihrem Mannschaftsbus verschwinden. Noch am gleichen Abend steht für Team Deutschland das erste sportliche Highlight auf dem Programm: Im Rollstuhl-Basketball geht es gegen das Team des Gastgebers Kanada.

    Es ist das allererste Spiel der Invictus Games 2025. Die Bühne ist die größte, die die Spiele zu bieten haben: Der Centercourt im Vancouver Convention Center. Das riesige Konferenzgebäude steht direkt am Hafen der Metropole, dem wichtigsten im pazifischen Westen. Hier liegt das Nations Home, der Treffpunkt für alle Athletinnen und Athleten der Spiele. Und hier werden auch alle Hallensport-Wettbewerbe der Invictus Games ausgetragen: Sitzvolleyball, Rollstuhl-Rugby, Indoor-Rudern – und eben Rollstuhl-Basketball.

    Ehrensache, dass die gesamte deutsche Delegation geschlossen beim Auftakt dabei ist. Gut 100 Menschen schwenken Deutschlandfahnen, machen mit ihren Ratschen einen Höllenlärm und feiern jede gelungene Ballaktion. Es ist nebensächlich, ob diese einem deutschen oder einem kanadischen Spieler gelungen ist: Bei den Invictus Games geht es um das Miteinander und nicht um das Gegeneinander. Auch wenn alle Basketballerinnen und Basketballer – die Teams spielen gemischt – eine gehörige Portion sportlichen Ehrgeiz an den Tag legen.

    Mehrere Personen mit Deutschlandfahnen und in der Mitte Generalinspekteur Carsten Breuer

    Bundeswehrfamilie: Generalinspekteur Carsten Breuer diskutiert mit den wohl jüngsten Fans von Team Deutschland über den Matchplan beim Rollstuhl-Basketball. Breuer war nach Vancouver gereist, um seine Soldatinnen und Soldaten zu unterstützen.

    Bundeswehr/Jana Neumann

    Janine S. hält es kaum auf ihrem Sitz am Spielfeldrand. Im Stehen feuert sie Team Deutschland an. Besonders viel Applaus bekommt der Spieler mit der Nummer 11: Das ist Oberstabsgefreiter Philipp S., ihr Mann. „Ich bin sehr, sehr stolz auf ihn“, sagt Janine S., während er auf dem Platz um jeden Rebound kämpft.

    Ihre ersten Eindrücke von den Spielen seien durchweg positiv, sagt S. „Es ist alles sehr spannend hier. Wir sind eine tolle Truppe und halten gut zusammen“, ist  sie glücklich und meint damit sowohl Team Deutschland als auch die Freunde und Familien, die zur Unterstützung mitgefahren sind. „Ich bin gespannt, was uns noch erwartet“, sagt S. am Abend des ersten Tages der Invictus Games 2025. Die kommenden acht Tage werden es zeigen.

  • Eine Person in einem Rollstuhl zeigt mit einem Curlingstock auf einen Curling-Steine auf der Eisbahn
    Curling

    Nur gemeinsam sind sie stark

    Es geht um Zentimeter: Frau Hauptfeldwebel Ulrike Z. rückt ihren Rollstuhl zurecht, nimmt den Curlingstock in beide Hände und visiert den Zielkreis auf der anderen Seite der 45 Meter langen Eisbahn an. Ihr Kamerad im Rollstuhl hinter ihr packt jenen von Z., damit dieser im entscheidenden Moment nicht verrutschen kann. Sie holt noch einmal tief Luft, dann verpasst sie dem 18 Kilogramm schweren Curling-Stein einen ordentlichen Stoß. Das Spielgerät saust über das Eis, trifft den dort liegenden Stein der britischen Mannschaft und befördert ihn aus dem Zielkreis. Der Stein von Z. bleibt innerhalb des Zielkreises liegen: Volltreffer!

    Es ist der zweite Tag der Invictus Games 2025 in Vancouver. Gestern wurde auf der Eröffnungszeremonie gefeiert, heute steht der Wettbewerb im Rollstuhl-Curling auf dem Programm. Frühmorgens hatten sich Z. und ihre drei Mitspielenden auf dem Weg ins Hillcrest Recreation Centre gemacht. Die Freizeitstätte bietet Indoor-Tennisplätze, ein Schwimmbad und eine Schlittschuhbahn – sowie eine Anlage, die in Deutschland ziemlich selten zu finden ist: Eine Halle, die speziell für den Präzisionssport Curling gebaut wurde.

    Curling wird auch als Schach auf dem Eis bezeichnet. Das hat seinen Grund: Um erfolgreich zu sein, müssen alle vier Mitglieder eines Teams jeden Spielzug genau aufeinander abstimmen. Es geht um Taktik, um Konzentration und darum, eine Lösung auf die Aktionen der Gegenseite zu finden. Außerdem braucht es eine Menge an Fingerspitzengefühl: Wird die Stärke eines Stoßes nicht ganz genau dosiert, landet der Curling-Stein im Spielfeldaus.

    „Ich hätte nicht gedacht, dass das so viel Spaß macht“, sagt Ulrike Z., nachdem sie ihren Rollstuhl von der Eisbahn gelenkt hat. „Man muss sich auf den Punkt konzentrieren, um den Stein gut zu platzieren.“ Genau wie ihre drei Teamkameraden hatte Z. noch nie Curling gespielt, bevor das Training für die Invictus Games 2025 anfing. Zum ersten Mal in der Geschichte der Spiele steht auch Wintersport auf dem Programm, Z. hatte die Qual der Wahl. „Skifahren geht bei mir körperlich nicht und Skeleton-Rodeln kam für mich beim besten Willen nicht in Frage.“ Frau Hauptfeldwebel entschied sich also für das Rollstuhl-Curling – und sollte es nicht bereuen.

    Ulrike Z. ist zum ersten Mal bei den Invictus Games dabei, obwohl sie schon viele Jahre im Programm der Gruppe Sporttherapie für Einsatzgeschädigte der Bundeswehr ist. Wegen einer Erkrankung in der Familie hätte sie beinahe auch die Spiele in Vancouver verpasst. „Es stand wirklich Spitz auf Knopf“, sagt Z. dazu. Erst kurz vor dem Aufbruch des deutschen Teams war klar, dass ihre Familie und sie mit nach Kanada fliegen würden. „Ich bin so dankbar, dass ich dabei sein darf“, sagt Frau Hauptfeldwebel. „Ich werde jeden Moment der Spiele genießen.“

  • Ein Sportler bäuchlings auf einem Schlitten liegend erreicht das Ziel im Eiskanal und wird von Publikum bejubelt
    Skeleton

    Dem Schicksal die Stirn bieten

    Die Kurven der Rennstrecke heißen „Kalter Schauer“ oder „Donnervogel.“ Diese Namen lassen erahnen, was die Athletinnen und Athleten der Invictus Games beim Skeleton-Rodeln im Whistler Sliding Centre erwartet. Nur mit einem Integralhelm geschützt, stürzen sie sich kopfüber in den Eiskanal einer der schnellsten Bob-Bahnen der Welt. Bäuchlings geht es mit knapp 100 Stundenkilometern hinab Richtung Ziel.

    Auch wenn die Schwerkraft dafür sorgt, dass die Athletinnen und Athleten nicht aus der Bahn getragen werden: Diese Mutprobe ist nichts für schwache Nerven. Wer sie besteht, wird sich wohl ein Leben lang an sie erinnern. Auch deshalb haben sich zehn der 20 Athletinnen und Athleten von Team Deutschland entschieden, sich dem kalkulierbaren Risiko des Skeleton-Rodelns zu stellen.

    Es ist der dritte Tag der Invictus Games 2025. Nach dem Auftakt in Vancouver zieht es die Invictus-Gemeinde nun zum Wintersport nach Whistler. Die Anfahrt über den Sea-to-Sky-Highway ist eine Attraktion für sich. Die Strecke führt durch unberührte Natur bergauf: Zur linken das Meer, zur rechten die Berge. Nach zwei Stunden ist das weltberühmte Wintersportgebiet erreicht. 

    Prinz Harry steht auf einer Bühne an einem Pult und spricht zu Publikum

    „Lasst uns Whistler übernehmen!“: Prinz Harry fordert die Invictus-Gemeinde im Wintersport-Paradies zum Mitfeiern auf. Sekunden später donnern zwei F-18 Hornet-Kampfjets der kanadischen Luftwaffe im Tiefflug über die Menge.

    Bundeswehr/Jana Neumann

    Acht Grad Minus hat es hier oben, doch der strahlende Sonnenschein lässt die Kälte vergessen. Hauptfeldwebel Dorian Z. geht als Erster für Deutschland an den Start. Jubel brandet auf, als er die Strecke hinabrast. Den Körper lang ausgestreckt, das Kinn nur wenige Zentimeter über dem Eis, schießt er durch die steilen Kurven. Nur etwa 30 Sekunden dauert seine Fahrt, bevor er unter dem Applaus der Zuschauenden vom Rodel steigt.

    Fünf Minuten später hat sich der Hauptfeldwebel wieder halbwegs gesammelt. „Du siehst absolut nichts außer dem Eis. Hörst nur das Adrenalin in den Ohren rauschen und die Fans mit den Kuhglocken bimmeln“, beschreibt er seine Wahrnehmungen während der Fahrt. „Ich bin so froh, dass ich das erleben durfte. Fallschirmspringen ist gar nichts dagegen.“ Dann greift Z. nach seinem Telefon. Er will seiner Frau schreiben, dass er gut im Ziel angekommen ist.

  • Eine Sportlerin fährt Skilanglauf bei den Invictus Games in Kanada
    Langlauf

    Zurück in der Spur

    Diese Frau kämpft. Gegen ihre laufende Nase, gegen die Zeit im Langlauf-Wettbewerb der Invictus Games, vor allem aber gegen ihre Verletzungen aus zwölf Auslandseinsätzen für die Bundeswehr. Entschlossen pflügt Frau Oberfeldarzt Kerstin B. mit ihren Skiern durch die Loipe, vorbei an den applaudierenden Zuschauenden. Ihre Skistöcke graben sich in den Schnee, verleihen ihr zusätzlichen Schwung. Als eine Anhöhe in Sicht kommt, wechselt sie mühelos in einen anderen Schritt. Sie überwindet die Steigung und ist kurz darauf zwischen den verschneiten Bäumen verschwunden.

    Bevor B. für die Spiele in Kanada nominiert wurde, war sie mehr als 30 Jahre nicht mehr Langlaufen gewesen. Beim Wintertrainingslager des deutschen Teams im Dezember in Sonthofen wurde ihr Interesse für die Sportart aufs Neue geweckt. Im Januar fuhr sie viermal mit ihrer Tochter ins Erzgebirge, um an ihrer Technik zu feilen. Und das zahlt sich jetzt, beim Rennen im Olympischen Park von Whistler, ganz offensichtlich aus.

    Was Kerstin B. bei ihren Einsätzen auf dem Balkan und in Afghanistan erleben musste, hat tiefe Narben in ihrer Seele hinterlassen. „Bis 1999 war ich ein völlig normaler Mensch“, sagt sie nach ihrem Rennen. „Doch dann ist mir mein Leben völlig entglitten.“ Sie entwickelte Konzentrations- und Schlafstörungen, bekam Gedächtnisprobleme. Schließlich war sie kaum noch in der Lage, sich um ihr Leben zu kümmern, geriet in finanzielle Schwierigkeiten. „Über die Jahre wurde das immer mehr“, sagt die Sanitätsoffizierin.

    Als Kerstin B. für die Bundeswehr im Ausland diente, war ihre Krankheit noch nahezu unbekannt. Es waren andere Zeiten. 2013 wurde bei ihr eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. In das Programm der Gruppe Sporttherapie in Warendorf wurde sie 2017 aufgenommen. Seitdem geht es für B. wieder aufwärts. Wenn auch in kleinen Schritten. „Die Gruppe Sporttherapie hat mich hierhergebracht“, sagt sie und lässt den Blick über den strahlenden blauen Himmel und die schneebedeckten Berge von Whistler schweifen. „Dafür bin ich unheimlich dankbar.“

    Ein Sportler mit Goldmedaille und Deutschlandfahne bei den Invictus Games in Kanada

    Gold für Deutschland: Leutnant Niklas K. bei der Siegerehrung im Olympischen Park von Whistler. K. wurde dank seiner Treffsicherheit Erster im Biathlon. Kurz zuvor hatte Oberstabsgefreiter Philipp S. die Bronzemedaille im Langlauf gewonnen.

    Bundeswehr/Jana Neumann

    Zwei ihrer Kameraden gewinnen später die ersten Medaillen für Deutschland. Einmal im Langlauf, einmal im Biathlon. Natürlich ist auch Kerstin B. unter den Gratulanten und feiert die glücklichen Gewinner. „Wir sind schon eine sehr gute Truppe“, sagt sie und nimmt ihre Tochter in den Arm, die mit nach Kanada gekommen ist. „Für mich schließt sich hier ein Kreis. Ich genieße es wirklich sehr“, sagt Frau Oberfeldarzt und kann ihre Rührung nur mit Mühe verbergen. Kerstin B. ist zurück in der Spur.

  • Eine Person fährt mit Skiern einen verschneiten Hang hinunter
    Ski Alpin

    Wer wagt, gewinnt

    Die Sonne strahlt – und die Menschen in Whistler tun es auch. In dem Wintersportort herrscht schon am frühen Vormittag Après-Ski-Stimmung. Musik dröhnt aus den Boxen, Skitouristen strömen in Scharen zu den Liften. Sie wollen zu den Pisten oberhalb der Stadt: nach Whistler Mountain und nach Blackcomb.

    Bei den Invictus Games 2025 stehen die Wettbewerbe im Ski Alpin auf dem Programm – Snowboard und Abfahrtslauf. Zum ersten Mal in der Geschichte der Spiele treten die einsatzversehrten Athletinnen und Athleten auch in einer Reihe von Wintersportarten an, und die Skiwettbewerbe sind ohne Frage ihr Höhepunkt. Ob auf einem Brett oder auf zweien: Es gilt, so schnell wie möglich hinab ins Tal zu rasen.

    Team Deutschland schickt sieben Athleten ins Rennen. Hauptfeldwebel Daniel D. wagt sich als Erster. In Windeseile hat er die markierte Strecke mit den zwölf Toren bewältigt. „Das fühlte sich ja fast an wie Slalom“, sagt D. nach seiner Ankunft im Ziel. „Das hatte ich so nicht erwartet.“ Spaß habe es trotzdem gemacht, so der Hauptfeldwebel.

    Auch Stabsunteroffizier Simon K. wird überrascht – aber nicht von der Streckenführung, sondern von einem Prominenten. Als er zu seinem Rennen starten will, steht plötzlich Prinz Harry vor ihm. „Er hat mir eine gute Fahrt und viel Spaß gewünscht“, sagt der Athlet, als er wieder unten ist. Simon K. nimmt den Herzog von Sussex beim Wort – und genießt jeden Moment seiner Abfahrt. „Hier zwischen den Fans anzukommen: Das war einfach nur großartig.“

    Ein Mann auf Skiern und eine Frau küssen sich.

    Verliebt, verlobt und bald verheiratet: Hauptmann Michael W. machte seiner Partnerin Bärbel F. in Whistler einen Heiratsantrag. Das Paar kennt sich seit der Schule und ist seit zwölf Jahren zusammen.

    Bundeswehr/Jana Neumann

    Die größte Überraschung hält der Tag aber für Bärbel F. bereit. Sie ist als Unterstützung für ihren Freund mit nach Kanada gereist. Kurz vor seinem Rennen hatte Hauptmann Michael W. seiner Freundin einen Umschlag mit einer kurzen, aber bedeutsamen Frage zugesteckt: „Willst Du mich heiraten – ja oder nein?“

    Bärbel F. überlegt nicht lange. Als ihr Freund das Ziel erreicht, stürmt sie über den Schnee auf ihn zu, schließt ihn fest in die Arme und gibt ihm die Antwort, die er so gerne hören wollte. Ein Kameramann bekommt das mit und hält die Szene fest. Sie wird live auf einen riesigen Bildschirm übertragen.

    Als die Menschenmenge am Fuß von Whistler Mountain die Aufnahme sieht, bricht spontaner Jubel aus – und das Paar kann sich vor Gratulanten kaum noch retten. „Eigentlich wollte ich das gar nicht so an die große Glocke hängen“, sagt Hauptmann W. etwas verlegen. Aber so, wie es jetzt ist, scheint es für ihn auch ganz in Ordnung zu sein.
     

  • Zwei Personen in Trachtenkleidung gehen einen Weg entlang. Rechts und Links stehen jubelnde Menschen.
    First Nations

    Zeit heilt Wunden

    Sie sind ein zentraler Teil dieser Spiele: Jeder Wettbewerb bei den Invictus Games 2025 in Vancouver und Whistler wird von Angehörigen der vier First Nations eröffnet, die in diesem Teil von British-Columbia leben. Mit Trommeln und Gesang erbitten sie den Segen der Natur, um die Athletinnen und Athleten der Versehrtenspiele auf die Herausforderungen eines neuen Wettbewerbstages einzustimmen. Auch die Sieger der Wettbewerbe werden von Vertretern der Squamish, der Lil´Wat, der Musqueam und der Tsleil-Waututh in traditionellen Trachten geehrt.

    Die indigenen Völker Kanadas blicken auf eine lange, aber auch leidvolle Geschichte zurück. Sie waren die Verlierer der Kolonialisierung Nordamerikas. Die kanadische Regierung versuchte mehr als ein Jahrhundert lang, die Kultur und die Lebensweise der nur ein paar tausend Menschen zählenden Völker auszulöschen. Sie wurden ihren Familien entrissen, durften ihre Sprachen nicht mehr sprechen und ihre Religion nicht mehr ausüben.

    „Es gab eine Zeit, in der die Regierung Kanadas uns nicht das sein lassen wollte, was wir sind“, sagt Jay N. vom Squamish Lil´Wat Cultural Centre in Whistler. Er ist ein Wanderer zwischen den Welten. Ein Vermittler zwischen der westlich geprägten kanadischen Gesellschaft und den First Nations, die ihre Traditionen im Einklang mit der Natur pflegen. Wer N. zuhört, erhält Einblicke in eine Lebensart, die Menschen ohne indigenen Hintergrund ansonsten verschlossen bleibt.

    Ein Mann im Porträt

    Jay N. ist Angehöriger des Volkes der Squamish und arbeitet als Besucherführer im Squamish Lil´Wat Cultural Centre in Whistler. Dort ermöglicht er Besucherinnen und Besuchern einen Einblick in die Kultur der indigenen Völker British-Columbias.

    Bundeswehr/Jana Neumann

    Die Zeiten der Unterdrückung sind inzwischen vorbei. Kanada hat eine andere Sicht auf seine indigenen Bürgerinnen und Bürger gewonnen. „Es gibt eine großartige Erneuerung der Kultur unserer Ahnen“, sagt N. Kinder lernen die Sprachen ihrer Ahnen schon in der Vorschule. Eine eigene Schriftsprache wurde entwickelt, um die bisher nur mündlich überlieferten Traditionen zu bewahren.

    Die Beteiligung der vier bei Vancouver und Whistler ansässigen First Nations an den Invictus Games 2025 ist ein weiterer Schritt auf diesem Weg der Versöhnung. „Vergangenheit ist Vergangenheit“, sagt N. dazu. Nun könne nach vorne geblickt werden. Er sei überzeugt, dass alle Völker friedlich miteinander leben könnten, sagt der Squamish. „Denn am Ende sind wir alle nur Menschen.“

  • Zwei Sportler am Schwimmbeckenrand geben sich ein High Five
    Schwimmen

    Alles mitnehmen

    Stabsunteroffizier Simon K. ist in seinem Element. Und dieses Element ist das Wasser. Ein Lächeln umspielt seine Lippen, als er Seite an Seite mit Stabsfeldwebel Ralf O. ans Becken tritt. Er reißt die Arme nach oben, fordert die Fans auf der Tribüne zum Anfeuern auf. Als die Athleten ihre Positionen für das Rennen im Rückenschwimmen einnehmen, senkt sich Stille über die Halle. Das Startsignal ertönt, die beiden Soldaten katapultieren sich rückwärts in die Fluten. Jubel brandet auf. Er ebbt nicht ab, bis auch der letzte Schwimmende auf der anderen Seite des Beckens angeschlagen hat.

    Die Invictus-Gemeinde hat für die Schwimmwettbewerbe der Invictus Games 2025 die Halle der Universität von British-Columbia im Westen von Vancouver in Beschlag genommen. Den ganzen Tag über werden Rennen ausgetragen: Die Vorläufe am Vormittag und am frühen Nachmittag, die Finalläufe in den Abendstunden. Alle paar Minuten ertönt das Signal für ein neues Rennen. O. tritt im Brust- und Rückenschwimmen an, K. darüber hinaus noch zwei Mal im Freistil über 50 und 100 Meter. „Ich nehme heute alles mit“, sagt der Stabsunteroffizier nach dem Rennen. „Wenn ich ins Wasser springe, gehe ich aufs Ganze. Das Schwimmen liegt mir einfach im Blut.“

    Eva Högl sitzt zwischen deutschen Fans auf einer Tribüne

    Eva Högl unter den deutschen Fans auf der Tribüne des UBC Aquatic Centre: Die Wehrbeauftragte des Bundestags war nach Kanada gereist, um die deutschen Athletinnen und Athleten bei den Schwimmwettbewerben der Invictus Games 2025 anzufeuern.

    Bundeswehr/Jana Neumann

    Auch Stabsfeldwebel O. ist seit seiner Kindheit ein leidenschaftlicher Schwimmer. „Sobald der Startschuss ertönt, macht man einfach sein Ding“, sagt er und schnappt sich ein Handtuch. „Man hört nur noch das Gebrüll der Menge und genießt das Gefühl der Schwerelosigkeit.“ Schwimmen sei für ihn die beste Therapie, so der einsatzversehrte Soldat. Im Wasser zu sein, sei einfach nur schön.

    Vor allem, wenn wie bei den Invictus Games vor Freunden, Fans und einem internationalen Publikum geschwommen wird. „Das Adrenalin habe ich total unterschätzt“, sagt K., während er sich abtrocknet. So im Mittelpunkt zu stehen, sei ein berauschendes Gefühl. Heute könne er wieder mit den Menschen feiern, sagt der Stabsunteroffizier – lange Zeit sei das nicht so gewesen. „Diese Erfahrung kann mir keiner mehr nehmen. Auch wenn das Becken von Rennen zu Rennen gefühlt immer länger wird.“

  • Deutsche und ukrainische Sportler spielen Sitzvolleyball in einer Halle
    Volleyball

    Aller Ehren wert

    Sie schenken sich nichts. Das Turnier im Sitz-Volleyball ist der letzte Teamwettbewerb der Invictus Games 2025, und sowohl Team Deutschland als auch Team Ukraine wollen zu den Besten gehören. Bestens ist auf jeden Fall die Stimmung im Vancouver Convention Centre, dem Schauplatz des Duells. Beide Länder haben Fans in Kompaniestärke mitgebracht. Fahnen werden geschwenkt und Schals in den Landesfarben präsentiert. Die „Deutschland! Deutschland!“-Rufe der einen Seite werden von den ukrainischen Fans umgehend mit eigenen Gesängen beantwortet.

    Auf dem Platz geht es hoch her. Wer 21 Punkte erzielt, gewinnt den Satz – wer zwei Sätze gewinnt, holt sich den Sieg. Die Deutschen machen Druck, doch die Ukrainer kämpfen wie die Löwen. Je länger der Satz dauert, desto länger werden die Ballwechsel. Es wird geblockt, gepritscht und geschmettert. Jeder Punktgewinn wird mit den Kameraden gefeiert. Aber am Ende behält die Ukraine die Oberhand. 15:21, 16:21 heißt es aus deutscher Sicht. Alle haben sich wacker geschlagen. Die Spieler treffen sich zum Handschlag am Netz. Glückwünsche und Umarmungen werden getauscht. Dann stellen sich die Teams für ein gemeinsames Erinnerungsfoto auf. Auch wenn es einen Sieger und einen Verlierer geben muss – am Ende haben alle gewonnen.

    Ein Sportler im Porträt

    Simon S. ist einer von 2.000 Volunteers der Invictus Games 2025. Er betreut als freiwilliger Helfer die Familien der Athletinnen und Athleten von Team Deutschland. Der ITInformationstechnik-Berater stammt aus der Nähe von Karlsruhe und lebt seit 2019 in Vancouver.

    Bundeswehr/Jana Neumann

    „Wir haben ihnen Paroli geboten und mit Stolz verloren“, fasst Hauptfeldwebel Andreas R. das Match zusammen. Einsatzveteran R. wird in ein paar Wochen nach 32 Jahren als Soldat aus der Bundeswehr ausscheiden. Dieses Spiel wird er nie vergessen. „Das Match war für mich die emotionalste Geschichte der Spiele“ sagt er. „Die Kameradschaft mit den Ukrainern ist mit Worten kaum zu beschreiben. Gegen sie anzutreten, war für mich als Soldat ein absolutes Highlight.“ Ein weiteres Highlight der Invictus Games 2025 wartet am nächsten Tag auf den Hauptfeldwebel: Dann wird R. beim Indoor-Rudern seinen allerletzten Wettbewerb bei den Versehrtenspielen bestreiten.

  • Ein Sportler auf einer Rudermaschine
    Rudern

    Über die eigenen Grenzen gehen

    Es ist ein Tollhaus, anders ist es nicht zu beschreiben. Die Lautstärke am Center Court im Vancouver Convention Center ist ohrenbetäubend. Die Tribünen ringsum sind voller Menschen. Die Invictus-Gemeinde macht Stimmung, als gäbe es kein Morgen mehr. Ein bisschen stimmt das ja auch: Es ist der neunte und letzte Tag der Invictus Games 2025, am nächsten Tag ist alles vorbei. Dann werden sich die Athletinnen und Athleten, die Fans und Familien aus 23 Ländern zerstreuen – bis die Spiele in ihre nächste Runde gehen.

    Aber so weit ist es jetzt noch nicht. Ein letzter Wettbewerb steht auf dem Programm, und das ist das Indoor-Rudern. Der Sport ist einer der beliebtesten und härtesten jeder Invictus Games. Jeweils 20 Athletinnen und Athletinnen treten gleichzeitig auf ihren Rudermaschinen zu einem Rennen an. Gegen die Zeit und gegen sich selbst.

    Jubelnde Fans im Publikum

    Die Invictus-Gemeinde macht die Spiele für die Athletinnen und Athleten zum unvergesslichen Erlebnis. Ihre unermüdliche Unterstützung spornt die Versehrten nicht nur zu sportlichen Höchstleistungen an, sondern hilft ihnen auch in schweren Zeiten.

    Bundeswehr/Jana Neumann

    In einer beziehungsweise in vier Minuten muss so viel Strecke gemacht werden wie möglich. Kraft, Technik und Hingabe werden gebraucht, um beim Indoor-Rudern zu bestehen. Wer bereit ist, über die eigenen Grenzen hinauszugehen und den berühmten Extra-Meter zu machen, hat die besten Chancen auf Erfolg. Manch ein Athlet verausgabt sich so sehr, dass er beim Verlassen des Center Courts gestützt werden muss.

    Über die Hälfte der Athletinnen und Athleten von Team Deutschland hat sich für den Wettbewerb gemeldet. Wenn sie der Stadionsprecher mit der Durchsage „Ready. Set. Attention“ zum Bereitmachen auffordert und unmittelbar danach das Startsignal ertönt, gibt es kein Halten mehr. Weder auf den Ruderbänken noch auf den Tribünen.

    „Es ist einfach nur krass“, sagt Oberstabsgefreiter Ben R. kurz nach seinem Minutenrennen, das er unter den Augen von Prinz Harry und Kanadas Premierminister Justin Trudeau absolviert hat. Er sei völlig im Tunnel gewesen, berichtet er. „Meine Frau stand direkt vor mir, aber du siehst nicht weiter als zwei Meter.“ Sobald sich sein Blick geklärt hat, schließt er sie sofort in die Arme. Der Oberstabsgefreite ist mit seiner Leistung sichtlich zufrieden, auch wenn er bei seinem Lauf im Mittelfeld landete. „Schau dich um, was hier für eine Stimmung ist. Das Licht, die Atmosphäre, die Menschen: Wir sind alle eine Familie.“

  • Sportler verschiedener Nationen stehen mit ihren Landesflaggen auf einer Bühne und werden bejubelt
    Abschlusszeremonie

    Das Vermächtnis leben

    Das große Finale der Invictus Games 2025 startet um 18 Uhr in der Rogers Arena in der Innenstadt. Sonst trägt hier das Eishockeyteam der Vancouver Canucks seine Heimspiele aus. Heute Abend gehört das Stadion der internationalen Invictus-Gemeinde. Mehr als 10.000 Menschen sind gekommen. Viele tragen die gelben Anoraks der Volunteers, der freiwilligen Helfer der Spiele. Aber auch Tausende Bürgerinnen und Bürger von Vancouver haben sich Tickets für das Ereignis organisiert. Musikalisch begleitet wird es vom Countrysänger Jelly Roll, dem singenden Ehepaar The War and Treaty und den kanadischen Gute-Laune-Rockern Barenaked Ladies.

    Die Ehrenplätze in der Mitte der Halle gehören den mehr als 500 Athletinnen und Athleten aus 23 Ländern, die sich in den vergangenen neun Tagen nicht nur beim Sport verausgabt haben. Bei den Invictus Games wurde gekämpft und gefeiert, gewonnen und verloren, geweint und gelacht. Gemeinsam mit ihren Familien und ihren Freunden haben die Einsatzversehrten ein neues Kapitel der Invictus-Geschichte geschrieben. Nun geben sie ihr Vermächtnis an die nächste Generation von Athletinnen und Athleten weiter. Diese werden 2027 in Birmingham in Großbritannien bei den dann achten Invictus Games ihrerseits Geschichte schreiben.

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    Sie waren Sieger, noch bevor sie zum Wettkampf angetreten sind: Dabei gewesen zu sein bei den Invictus Games 2025 in Kanada hieß für alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen, ihre Schmerzen, ihre Traumata und ihre Ängste besiegt zu haben.

    Wie wichtig die Spiele für das Gastgeberland Kanada sind, beweist die Anwesenheit von Justin Trudeau. Die Invictus Games seien mehr als nur ein sportlicher Wettbewerb, so der kanadische Premierminister. „Jeder Einzelne von euch ist eine Inspiration für uns alle“, sagt Trudeau zu den Athletinnen und Athleten. Seinem Heimatland als Soldat zu dienen, sei eine der nobelsten Arten des Engagements, so der Premier. „Ihr setzt euch für die Werte ein, die wir alle teilen. Wir alle stehen an eurer Seite.“

    Auch der Schirmherr der Spiele ergreift noch einmal das Wort. Prinz Harry hat die gesamten Spiele an der Seite der Athletinnen und Athleten verbracht. Nun bedankt er sich bei Kanada und den First Nations für ihre Gastfreundschaft und bei den Familien der Einsatzversehrten für die Unterstützung, die sie ihren Liebsten auch in schweren Zeiten geben. Im Leben gehe es um Integrität, um Leidenschaft und um Mut, so Harry. Alle drei Dinge hätten die Athletinnen und Athleten bewiesen. „Ihr gebt uns Hoffnung, ihr macht die Welt zu einem besseren Platz. Ihr seid ein Vorbild für uns alle“, sagt er. Solange Einsatzversehrte um Respekt und Anerkennung kämpfen müssten, solange werde es die Invictus Games geben, schließt der Herzog von Sussex. Das Vermächtnis lebt.