„Alle werden vom Sog der Spiele ergriffen”
„Alle werden vom Sog der Spiele ergriffen”
- Datum:
- Ort:
- Düsseldorf
- Lesedauer:
- 4 MIN
Soldatinnen und Soldaten, Fans aus der halben Welt, aber auch viele Bürgerinnen und Bürger aus Düsseldorf: Sie alle zieht es zu den Invictus Games auf das Veranstaltungsgelände an der Merkur-Spiel-Arena. Was macht die Spiele für die Menschen so attraktiv? Wir haben die Besucherinnen und Besucher gefragt.
30 Grad plus: Schon am Sonntagmittag steigt die Temperatur an der Merkur-Spiel-Arena bis an die Grenze des Erträglichen. Der Volksfeststimmung auf dem Invictus-Games-Gelände schadet die Hitze aber ebenso wenig wie der Motivation der Athletinnen und Athleten, die ihren ersten Wettkampftag haben. In der Arena liefern sich die Rollstuhl-Rugbyteams hitzige Duelle, die kleine Kampfbahn neben dem Stadion gehört den Leichtathletinnen und -athleten und in der Halle werden Gewichte gestemmt. Schon am frühen Morgen strömen Zuschauende in Scharen auf das Gelände, um den Sportlerinnen und Sportlern Tribut zu zollen – und um einen ganz besonderen Ausflug an einem der letzten schönen Sommertage zu verbringen.
Gute Freundschaften pflegen
Drei Männer haben sich in die relative Kühle der Arena geflüchtet, um sich die Rugbymatches anzuschauen: Oberstleutnant Marc T.*, Hauptmann Matthias T.* und Hauptmann a. D.außer Dienst Christoph H.* dienten im selben Luftwaffenverband, vor zwölf Jahren gingen sie gemeinsam in den Einsatz nach Afghanistan. Das schweißte zusammen. „Unsere Freundschaft ist aus dienstlichen Notwendigkeiten entstanden“, flachst Matthias T. Seit ihrem Auslandseinsatz sieht sich das Trio einmal im Jahr für ein Wochenende wieder: „Wir unternehmen etwas Schönes, gehen gut essen und trinken und wärmen die Geschichten von früher wieder auf.“
Dieses Jahr fiel die Wahl auf die Invictus Games. „Wir sind alle drei Veteranen und begeisterte Sportler. Da mussten wir nicht lange überlegen, als die Spiele nach Deutschland kamen“, sagt Marc T. Der Urlaub war schnell eingereicht, schon am Freitag trafen sich die Männer in Düsseldorf. „Wir wollten unbedingt mal an der längsten Theke der Welt sitzen“, so ihr Tenor. Samstag ging es tagsüber per Roller auf Stadtbesichtigung, abends zur Eröffnungszeremonie der Invictus Games. „Das war einfach nur sensationell, ich hatte echt Gänsehaut“, sagt Christoph H. Es sei wichtig, versehrten Kameradinnen und Kameraden Unterstützung zu geben. „Uns hätte es im Einsatz ja auch treffen können. Gott sei Dank ist nichts passiert.“
Die Stimmung genießen
Familie H.* aus Düsseldorf hingegen lässt sich von der sengenden Sonne nicht davon abhalten, an den Ständen im Invictus Games Village entlang zu schlendern. Die H.s – Mutter Sandra, Vater Paul und Sohn Max – haben sich spontan entschieden, den Sonntag bei den Invictus Games zu verbringen. „Eine Freundin hatte mir Karten für die Eröffnungszeremonie geschenkt. Diese war einfach nur schön, sehr emotional. Da dachten wir uns: Schauen wir uns mal die Wettkämpfe an und genießen den freien Tag“, sagt Sandra H.*
Vater Paul und Sohn Max pflichten ihr bei. „Die Stimmung hier ist völlig ungezwungen. Die Leute kommen aus den unterschiedlichsten Ländern und sind alle total gut drauf.“ Familie H. kann sich vorstellen, am kommenden Wochenende noch einmal bei den Invictus Games vorbeizuschauen. „Vielleicht ist es ja dann auch nicht mehr ganz so heiß.“
Den Truppen Respekt erweisen
Bratt E.*, seine Mutter Gillian* und ihre Freundin Kathy G.* bekämpfen die Mittagshitze mit kühlen Getränken. Das tut auch not – alle drei sind von Kopf bis Fuß in die Farben des „Union Jack“ gehüllt. Die Engländer sind beinharte Invictus-Games-Fans und reisen für die Spiele um die ganze Welt. Kathy lernten sie bei den Spielen in Toronto in Kanada kennen. „Wir versuchen, zu jeden Invictus Games zu fahren“, sagt Kathy G. „Sie sind einzigartig. Und sie sind inklusiv. Menschen aller Hautfarben, eingeschränkte und nicht eingeschränkte Menschen kommen zusammen und alle werden vom Sog der Spiele ergriffen.“
„Und wir sind sehr stolz auf unsere Truppen“, ergänzt Bratt E. und erntet ein zustimmendes Nicken von den Frauen. Sechs Jahre habe er in der britischen Armee gedient, später habe er noch einmal drei Jahre für eine private Sicherheitsfirma im Irak gearbeitet. Er habe in dieser Zeit viel Gewalt erlebt, sagt er. Ins Detail geht er nicht. „Seitdem bin ich nicht mehr besonders leicht zu begeistern. Bei den Invictus Games habe ich meine Emotionen wiedergefunden. Hier kann ich mich endlich wieder normal fühlen.“
Das Trio wird die gesamte nächste Woche in Düsseldorf bleiben, um mit der Invictus-Gemeinde zu feiern. „Düsseldorf hat uns bestens empfangen und die Eröffnungszeremonie war absolute Spitze. Als die ukrainische Delegation eingelaufen ist, ist die ganze Halle aufgesprungen“, sagt Gillian E. Auch dass der Eintritt zu den Wettkämpfen diesmal kostenfrei sei, sei eine tolle Idee. „So können wir auch mal einige Sportarten sehen, die wir sonst ausgelassen hätten.“
*Namen zum Schutz der Personen abgekürzt.