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Generalleutnant Hoppe: „Einsatzbereitschaft der Reserve ist der Schwerpunkt“

Generalleutnant Hoppe: „Einsatzbereitschaft der Reserve ist der Schwerpunkt“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
5 MIN

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Generalleutnant Andreas Hoppe ist seit dem 8. April 2024 Stellvertreter des Generalinspekteurs und damit gleichzeitig Beauftragter für Reservistenangelegenheiten der Bundeswehr. Im Interview erklärt er die Bedeutung der Reserve für die Landes- und Bündnisverteidigung angesichts der Zeitenwende.

Generalleutnant Andreas Hoppe im Porträt

Generalleutnant Andreas Hoppe sieht weiterhin einen hohen Bedarf an Reservistinnen und Reservisten.

Bundeswehr/Tom Twardy

Wie nehmen Sie die Reserve der Bundeswehr aktuell wahr, so kurz nach Ihrer Übernahme der Dienstgeschäfte als Beauftragter für Reservistenangelegenheiten der Bundeswehr?

Unsere Reserve nehme ich schon lange sehr positiv wahr. In allen meinen Verwendungen sind mir immer wieder sehr engagierte Reservistinnen und Reservisten begegnet. Aus Sicht meiner neuen Aufgabe mit breitem Blick kann ich sagen: Die Reserve ergänzt die aktiven Strukturen ganz entscheidend. Ergänzungstruppenteile, insbesondere mit Schutz- und Sicherungsaufgaben – wie beispielsweise die Heimatschutzkräfte der Bundeswehr – werden gegenwärtig aufgestellt, personell aufgefüllt und ausgestattet. Viele unserer Reservistinnen und Reservisten füllen die Vakanzen, sorgen für eine Durchhaltefähigkeit in Belastungssituationen und halten der aktiven Truppe den Rücken für Ausbildung und Einsatz frei. Mit der Zeitenwende wird der Schwerpunkt wieder auf die Aufwuchsfähigkeit der Bundeswehr zur Landes- und Bündnisverteidigung verschoben. Nun gilt es, die Reserve durch Ausbildung genau hierfür einsatzbereit zu machen und zu halten.

Welche Schwerpunkte sehen Sie für die Reservistenarbeit der nächsten Jahre?

Ich sehe den Schwerpunkt der Reservistenarbeit in der Entwicklung einer Reserve, die auf Augenhöhe mit der aktiven Truppe ihren Beitrag zur Verteidigungsfähigkeit unseres Landes und des Bündnisses leisten kann. Dazu müssen in den nächsten Jahren die Strukturen personell befüllt und mit Material ausgestattet werden. Im Anschluss steht, wie schon gesagt, die Ausbildung ganz klar im Fokus aller Anstrengungen. Damit wir das schaffen, setzen wir auch auf eine verbesserte Kommunikation – vor allem mit den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern – um optimale Voraussetzungen für das Engagement in der Reserve zu erreichen.

Haben Sie bereits Ziele, die Sie langfristig auf dem Weg zu einer einsatzbereiten Reserve verfolgen wollen?

Die Aufstellung einer schlagkräftigen Reserve ist eine Langfristaufgabe, welche durch meinen Vorgänger bereits mit großen Schritten vorangetrieben wurde. Um ein Beispiel zu nennen: Mit der Einführung der Grundbeorderung vor zweieinhalb Jahren, durch die nun grundsätzlich alle Ausscheidenden einen Dienstposten in den Strukturen der Reserve für maximal sechs Jahre zugewiesen bekommen, streben wir die personelle Einsatzbereitschaft der Reserve und somit eine zügige Aufwuchsfähigkeit bis Ende 2027 an. Darüber hinaus müssen wir alle Voraussetzungen schaffen, um notwendiges modernes Material und Gerät für die Reserve beschaffen zu können. Bei der persönlichen Ausstattung und auch bei den Handwaffen sind wir hier schon ein großes Stück vorangekommen. Jetzt müssen wir die streitkräftegemeinsamen Vorgaben und Standards für die Ausbildung unter den Zielvorstellungen von Landes- und Bündnisverteidigung entwickeln. Außerdem haben wir weiterhin viel zu tun, um die Attraktivität des Reservistendienstes weiter zu steigern. Wir wollen, dass die Menschen freiwillig bei uns üben.

Ist die Strategie der Reserve noch aktuell mit Blick auf die Zeitenwende?

Selbstverständlich müssen wir auch die Strategie der Reserve vor dem Hintergrund der Entwicklungen der letzten Jahre anpassen. Das wird zu meinen ersten Aufgaben im Amt gehören. In der aktuellen Strategie aus dem Jahr 2019 wurde zum Beispiel das sogenannte Freiwilligkeitsprinzip festgelegt. Momentan wird daher kein Reservist und keine Reservistin zu einem Reservistendienst im Grundbetrieb verpflichtend herangezogen, obwohl die gesetzlichen Grundlagen zur Dienstpflicht nach wie vor Bestand haben. Ich sehe jedoch Gesprächsbedarf beim Freiwilligkeitsprinzip – aber auch bei Fragen zur Grundbeorderung, der Kräfteordnung innerhalb der Reserve, dem Feldersatz, der Aufwuchsfähigkeit und der Ausbildung. Aber die Strategie der Reserve steht ja nicht allein da. Zunächst müssen noch einige nationale und NATO-Dokumente angepasst werden. Daher rechne ich mit der Herausgabe einer neuen Fassung nicht vor Ende 2025.

Wie bewerten Sie die Entwicklung der Heimatschutzkräfte der Bundeswehr?

Der Aufbau der Heimatschutzkräfte der Bundeswehr ist in vollem Gange und der richtige Weg, um resiliente Strukturen in Deutschland zu schaffen. Die ersten Regimenter und zusätzliche Heimatschutzkompanien sind bereits aufgestellt. Auch hier liegt der Fokus in der kommenden Zeit auf Personal, Material und Ausbildung. Durch die regional aufgestellten Ausbildungskompanien des Heimatschutzes wird das bereits professionell vorangetrieben. Das Ziel ist, dass wir in 2025 bereits eine Anfangsbefähigung für mögliche Einsätze hergestellt haben.

Verteidigungspolitische Richtlinien
Für den unmittelbaren personellen Aufwuchs, die Einsatzbereitschaft und die Durchhaltefähigkeit wird das aktive Personal im gesamten Aufgabenspektrum durch die Reserve verstärkt. Perspektivisch sind dazu alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Einplanung für die Reserve weiter zu erhöhen. Neben ihrem elementaren Beitrag zur Auftragserfüllung fördert die Reserve zudem die Integration der Bundeswehr in die Gesellschaft.

Wird die Umstrukturierung der Bundeswehr Auswirkungen auf die Reserve haben?

Selbstverständlich betreffen die anstehenden Veränderungen auch die Reserve. Das wird aber nicht zu einem „Weniger“ an Reserve führen. Der hohe Bedarf an Reservistinnen und Reservisten bleibt nach wie vor bestehen. Die aktuellen Ereignisse in der Ukraine zeigen uns sehr deutlich, dass die Reserve mehr denn je mitgedacht und weiterentwickelt werden muss. Bei jeder Reform und jeder Strukturänderung muss Reserve mitgedacht werden.

Welche Rolle spielen die unbeorderten Reservistinnen und Reservisten, die also nicht fest einer Truppe oder Dienststelle zugeordnet sind?

Ein besonderes Ziel ist es natürlich, aus den hunderttausenden Dienstleistungspflichtigen so viele Reservistinnen und Reservisten wie möglich für eine Beorderung zu gewinnen. Hierbei muss man wissen, dass es für ungedientes und unbeordertes Personal ausgesprochen attraktive Einstiegsmöglichkeiten in eine Reservelaufbahn gibt. So besteht zum Beispiel die Möglichkeit, sich gerade bei hoher fachlicher Qualifikation für eine weitere Laufbahn als Reserveunteroffizier und Reserveoffizier eine im Zivilleben erworbene Vorausbildung anerkennen zu lassen und mit höherem Dienstgrad einzusteigen. Darüber hinaus sind die Unbeorderten an vielen Stellen engagierte Mittler für die Reserve in unserer Gesellschaft – es sind häufig Reservistinnen und Reservisten, die in der Gesellschaft die Bundeswehr repräsentieren. Dazu leistet auch der Verband der Reservisten der deutschen Bundeswehr einen sehr bedeutenden Beitrag.

Herr General, zum Abschluss: Welche Botschaft möchten Sie den Reservistinnen und Reservisten sowie allen an der Reserve interessierten Menschen mit auf den Weg geben?

Ich möchte meinen herzlichen Dank an diejenigen richten, welche sich bisher unermüdlich für unsere Streitkräfte engagieren, sei es als Reservistin und Reservist, sei es als Arbeitgeberin und Arbeitgeber oder als Familienangehörige, welche auf ihre Angehörigen eine gewisse Zeit verzichten, um deren Dienst zu ermöglichen. Sie alle leisten einen unverzichtbaren Beitrag. Sofern Sie noch mit dem Gedanken spielen, sich selbst einbringen zu wollen: Lassen Sie sich darauf ein. Lassen Sie sich bei ihrem zuständigen Karrierecenter beraten. Es gibt viele Möglichkeiten für ein Engagement in der Reserve. Ihre Expertise wird benötigt! Ich freue mich, die künftige Entwicklung der Reserve mitzugestalten. In diesen herausfordernden Zeiten will ich mich mit meiner ganzen Kraft für eine einsatzbereite Reserve einbringen.

von Redaktion der Bundeswehr 

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