Innovation Challenge: Einblick in die Ideenschmiede
Innovation Challenge: Einblick in die Ideenschmiede
- Datum:
- Ort:
- Berlin
- Lesedauer:
- 7 MIN
An den Bundeswehr-Universitäten arbeitet man auch an der Zukunft der Bundeswehr – derzeit beispielsweise bei der aktuellen Innovation Challenge des Cyber Innovation Hubs. Wir haben mit einigen Teams über ihre Projekte gesprochen, die sie vor einer Jury präsentieren werden. Egal wie gut die Idee ist, letztlich ist dieser Pitch entscheidend.
Der Uni-Portyx zieht alle Blicke auf sich. Ein auf den ersten Blick unscheinbares rechteckiges Metallgestell mit einem fahrbaren Aufsatz, in der Mitte eine Metallplatte. Leutnant Jonas Ahl steht am dazugehörigen Laptop. Auf seinem Bildschirm erscheint die Kontur eines sitzenden Hasen. Ein kurzes Kopfnicken in Richtung seines Mitstreiters Lennart Hildebrandt und dieser setzt in die Halterung einen dicken blauen Filzstift. Dann bewegt sich der Uni-Portyx und zeichnet mit dem Stift die Hasenkontur auf die Metallplatte.
„Jedes beliebige Werkzeug lässt sich einhängen, so lassen sich verschiedenste Bauteile ausschneiden, fräsen oder, wie in der Vorführung zu sehen, aufzeichnen“, erklärt Ahl die Idee dahinter. Ahl steht kurz vor dem Masterabschluss im Studiengang Maschinenbau, Hildebrand hat das Maschinenbaustudium bereits abgeschlossen und ist jetzt wissenschaftlicher Mitarbeiter.
Beide gehören zur Helmut-Schmidt-Universität (HSU) der Bundeswehr in Hamburg. Diese und die Bundeswehr-Universität in München sind die Partner der aktuellen Smart Solutions Challenge des Cyber Innovation Hubs der Bundeswehr, CIHBwCyber Innovation Hub der Bundeswehr. Die Kooperation trägt den Namen cihxfounders. Elf Projekte werden am Mittwoch, 17. März, der Jury vorgestellt. Drei werden letztlich für den CIHBwCyber Innovation Hub der Bundeswehr Fast Track ausgewählt und weiter unterstützt.
Seit einigen Wochen trainieren die Teams für diesen großen Tag. Denn eine gute Idee braucht eine gute Präsentation. Und auch die beste Idee braucht erst einmal Unterstützer und Fürsprecher, bevor sie auf den Markt kommen kann. Der Pitch muss gelingen.
Werbung für das eigene Projekt
„Was ist eigentlich ein Pitch?“, fragte sich Leutnant Jonas Ahl, als er das Wort zum ersten Mal hörte. Ein Pitch ist die kurze, knackige und verständliche Darstellung einer Idee. Und damit Grundlage, um beispielsweise Sponsoren zu gewinnen. Dafür bietet der CIHBwCyber Innovation Hub der Bundeswehr den Teilnehmenden Trainings an. Jeder soll mit den gleichen Voraussetzungen vor die Jury treten können, betont Jan Krahn, Projektleiter der Smart Solutions Challenge.
Im Pitch-Training geht es um die Darstellung und die Wortwahl. Jedes Team muss sich eine kurze Geschichte überlegen. In dieser wird ein Problem geschildert, das nur durch ihre Erfindung beziehungsweise ihre Idee gelöst werden kann.
Ist die Story spannend und gut präsentiert, hat man die Aufmerksamkeit auf seiner Seite. Zudem sollte die Präsentation möglichst kurz, aber dennoch eindrucksvoll sein. Fachjargon sollte möglichst vermieden werden – schließlich muss auch ein Laie verstehen, worum es geht.
Wissenswertes für den Arbeitsalltag
Ziel des gesamten Projekts sei es, Intrapreneure und ihre Lösungen für Problemstellungen in der Bundeswehr zu finden, erläutert Krahn. Genauso wichtig wie die einzelne Idee ist es aber auch, den Teilnehmenden etwas mitzugeben.
„Sie lernen etwas, das ihnen auch bei der weiteren Arbeit in der Bundeswehr hilft.'' Das Pitch-Training ist dabei nur ein Element. Denn bevor man lernt, wie man eine Idee richtig präsentiert, muss diese Idee Hand und Fuß haben. Daher lernten die Intrapreneure in der Coaching-Phase, wie man seine Nutzer und Nutzerinnen wirklich kennenlernt und wie man Prototypen baut.
„So wollen wir den Kulturwandel in der Bundeswehr anfeuern und dazu beitragen, dass wir schneller und flexibler werden. Die Grundlage dafür ist ein agiles Mindset, gelebte Fehlerkultur und nutzerzentriertes Denken“, erläutert Krahn.
So wollen wir den Kulturwandel in der Bundeswehr anfeuern und dazu beitragen, dass wir schneller und flexibler werden. Die Grundlage dafür ist ein agiles Mindset, gelebte Fehlerkultur und nutzerzentriertes Denken.
Vor Ort in der HSU trifft er einige der Teams zum ersten Mal. Wegen der Corona-Pandemie laufen alle Vorbereitungen und Trainings digital ab. „Es ist toll, die Menschen mal live zu sehen. Ich bin happy.“ Auch vor die Jury treten die Intrapreneure nicht live, sondern via Videokonferenz. Die Jurorinnen und Juroren aus Militär und Wirtschaft werden im CIHBwCyber Innovation Hub der Bundeswehr in Berlin zusammenkommen – natürlich unter den geltenden Hygiene- und Abstandsbestimmungen.
Ihre Einschätzung der Projekte werden abgeben: Michael Vetter, Generalleutnant der Luftwaffe und Abteilungsleiter der Cyber- und Informationstechnik im Bundesministerium der Verteidigung, Thomas Daum, Vizeadmiral und Inspekteur Cyber- und Informationsraum, Professor Dr. Klaus Beckmann, Präsident der HSU, Martin Kaloudis, Hauptgeschäftsführer der BWI GmbHGesellschaft mit beschränkter Haftung, Vera Schneevoigt, Chief Digital Officer bei Bosch, Deepa Gautam-Nigge, Global Lead SAP Neg-Gen Ecosystem sowie Prof. Dr. Merith Niehuss, Präsidentin UniBwUniversität der Bundeswehr München.
Schafe als Landschaftspfleger in Kasernen
Marc Fette ist sich sicher, dass die Experten erst einmal schmunzeln werden, wenn sie von seinem Projekt hören: „Schafe in der Kaserne.“ Die Idee: Statt mit hohem personellen und maschinellen Aufwand die Grünflächen der Bundeswehr zu pflegen, sollen Schäfereien dafür gewonnen werden.
Das Prinzip sei bereits bekannt, räumt Fette ein, neu sei jedoch die digitale Komponente: „Eine Plattform und eine App sollen alles systematisieren. So können die Schäfer schnell und einfach Grünflächen pachten“, erklärt der Gruppenleiter für additive Fertigung und Leichtbau am Laboratorium Fertigungstechnik der HSU. Seine Mitstreiter, Eugen Musienko, Tobias Meyer und Kapitänleutnant Sascha Harting, arbeiten in seinem Team an der Uni.
Die Idee sei Fette bei einem Urlaub in den Niederlanden gekommen. Dort würden Schafe schon längst für die Landschaftspflege eingesetzt. Als aktiver Soldat war der heutige Major der Reserve in der Lüneburger Heide eingesetzt.
„Dort gibt es sehr viele große Grünflächen und mehr als 30 Heidschnucken-Herden in der Umgebung. Ich hoffe, dass wir das Projekt dort beispielsweise umsetzen können“, so der erfahrene Intrapreneur, der als Chief Operating Officer des Composite Technology Centers von Airbus arbeitet.
Die Lösung sei nachhaltig, ökonomisch und bringe für beide Seiten Vorteile. Die Wiesen würden gemäht, gedüngt und verdichtet. „Und die Tiere wären geschützt vor Passanten, Hunden und Wölfen“, betont Meyer. Zudem könnte ein Kooperationspartner weitere Erzeugnisse wie Produkte aus der Schafwolle, Fleisch und Milch vermarkten„, erklärt das Team.
Nachhaltig und gut fürs Image
Im Fokus stehe die Nachhaltigkeit, was sich auch positiv auf das Bundeswehr-Image in der Öffentlichkeit auswirken könnte. „Wir hatten schon mit einigen Schäfern Kontakt. Sie sind begeistert von der Idee“, berichtet Musienko.
Wenn sich das Prinzip bewährt, könnte die Idee auch auf kommunale und staatliche Grünflächen übertragen werden. „Wir hoffen, mit der anfänglich witzigen Idee vor der Jury zu überzeugen. Wenn nicht, dann werden wir das Projekt dennoch weiterverfolgen“, so Teamleiter Fette.
Effizienz steht im Mittelpunkt des Projekts von Thomas Krohnfuß. Er ist Mitarbeiter im Rechenzentrum der HSU und studiert berufsbegleitend Medieninformatik. Zeitmanagement ist für ihn elementar. Wie viel Zeit Studierende für was aufbringen und ob das zielführend ist, wollen er und sein Kommilitone Pascal Betke mit dem Study Time Tracker – einem Zeitmanagementsystem für Studierende – herausfinden.
„Man lernt heute viel von Zuhause oder von der Stube aus, beispielsweise mit den digitalen Angeboten der Universitätsbibliothek. Aber man sich auch schnell in Google-Recherchen verlieren oder lässt sich vom Handy ablenken. Dabei geht viel Zeit verloren“, erklärt Krohnfuß den Hintergrund seiner Idee.
Daher sollen über eine Website der Stundenplan und die Dauer für die Arbeit an einzelnen Modulen und Aufgaben erfasst werden. Das würde dann die Universität pseudonymisiert auswerten. Durch die gesammelten Daten lassen sich Rückschlüsse ziehen, welcher Aufwand effizient ist, wo Prozesse optimiert werden können.
Auch die Universität profitiert davon. „So lassen sich Studienabbrecher eher erkennen. Und wo die Lehre angepasst werden sollte.“ Bisher gibt es einen Prototyp für die Homepage. Später sollen noch weitere Daten erfasst werden, über Smart Watches beispielsweise. „So lässt sich unter anderem in Vorlesungen erkennen, wie konzentriert die Studierenden sind oder wo besonders viele abschalten.“
Ein Generator für perfekt abgestimmte Tarnmuster
Mit der Tarnung von Soldaten, Fahrzeugen und Geräten befasst sich Moritz Sümmermann. Der Oberstabsgefreite der Reserve absolvierte seinen Wehrdienst beim Fallschirmjägerbataillon 263 in Zweibrücken. Der Gedanke zu dem Tarnmustergenerator sei ihm bereits vor ein paar Jahren während der Übungen in der 5. Kompanie des Gebirgsaufklärerbataillons 230 gekommen, wo er seit 2015 beordert ist.
Im Zuge der Smart Solutions Challenge hat er jetzt eine Software entwickelt, die ein perfekt an die Umgebung angepasstes Tarnmuster generiert. „Wenn man vorher weiß, wo die Soldatinnen und Soldaten im Einsatz sein werden, lädt man ein Bild der Umgebung in das Programm und es wird ein perfektes Tarnmuster für diese Gegebenheiten erstellt“, erklärt der Softwareentwickler.
Natürlich sei es schwer, das als Uniform umzusetzen. Aber es könnten auch Folien für Fahrzeuge damit bedruckt werden. „Tarndecken oder -planen damit zu bedrucken, das wäre das Einfachste“, sagt Sümmermann und betont: „Das soll keine Konkurrenz zum Flecktarn sein, sondern eine Ergänzung.“ Diese biete sich zum Beispiel für felsiges oder arides Gelände an, „da dort keine oder kaum Pflanzen wachsen, die als natürliche Tarnung verwendet werden könnten. Auch der unterirdische Versteckbau ist dort nicht möglich“, erläutert Sümmermann.
Er hofft darauf, bei der Jury mit seiner Idee punkten zu können. Er fühle sich durch die Trainings gut vorbereitet. Zu Beginn der Challenge hatte ich eine halbfertige Software. Jetzt habe ich ein Produkt und weiß, wie ich es präsentieren muss.“