Heimatschutz durch künstliche Intelligenz – die Bundeswehr auf dem Weg in die Zukunft
Heimatschutz durch künstliche Intelligenz – die Bundeswehr auf dem Weg in die Zukunft
- Datum:
- Ort:
- Berlin
- Lesedauer:
- 3 MIN
Durch Corona steht die Amtshilfe der Bundeswehr wieder besonders im Fokus. Ob bei Naturkatastrophen oder unter Terrorbedrohung: Das Aufgabenspektrum ist breit – und es wächst. Das gilt auch für die Menge an Daten und Informationen. Kann künstliche Intelligenz helfen, die Lage schneller zu überblicken, zu bewerten und so schneller zu reagieren?
Hochwasser, Waldbrände, Pandemien: Wo sind Menschenleben in Gefahr? Wo muss Infrastruktur geschützt werden? Wo werden welches Personal und welches Material wofür gebraucht? Das ist nur ein Bruchteil der Fragen, die sich dem Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr in unzähligen Einsätzen der letzten Jahre immer wieder gestellt haben.
Denn wird – wie derzeit in der Pandemiebekämpfung – das Amtshilfeersuchen einer Kommune oder eines Bundeslandes genehmigt, ist das Kommando mit Sitz in Berlin für die praktische Durchführung der Amtshilfe zuständig. Es muss die Lage schnell überblicken, um wirkungsvoll helfen zu können. Das Wichtigste für die Lageeinschätzung: aktuelle und verlässliche Informationen.
Seit Ende des ersten Quartals 2021 wird daher in der Operationszentrale des Kommandos Territoriale Aufgaben erprobt, ob und wie eine künstliche Intelligenz (KIkünstliche Intelligenz) dabei unterstützen kann: das Katastrophenwarnsystem Prometheus KIkünstliche Intelligenz.
Prometheus: verlässliche Informationen in Echtzeit
Prometheus hilft, relevante Informationen zu beschaffen und übersichtlich aufzubereiten – für eine schnellere und zielgenauere Reaktionsfähigkeit der zur Hilfeleistung eingesetzten Truppe.
Bisher werden ausgewählte offene Informationen wie Agenturmeldungen, Eilnachrichten großer Medienhäuser, Twitteraccounts der großen Polizeidirektionen und Berufsfeuerwehren sowie Verkehrs- und Wetternachrichten täglich durch Soldatinnen und Soldaten durchsucht und ausgewertet. Das kostet Zeit und Personal. Prometheus soll diese Informationsrecherche automatisieren und das Personal in der Operationszentrale von diesen Routineaufgaben entlasten.
Die Innovation: Prometheus ist lernfähig. Im Wechselspiel von Software und Anwender werden die intelligenten Algorithmen jeden Tag besser. Prometheus steigert auch die Qualität und Aktualität der Informationen. Statt nur ausgewählten Agenturen und Medienhäusern zu folgen, können nun automatisiert die Ticker aller relevanten Redaktionen und Krisenstäbe bundesweit und minutenaktuell verfolgt werden.
Am Tag werden so über 10.000 Einzelmeldungen durch Prometheus auf unter 50 relevante Meldungen heruntergebrochen. Die Datenverarbeitung findet dabei vollständig nach europäischer Datenschutzgrundverordnung statt. Das Ziel: stets ein aktuelles Lagebild zu Ereignissen und Krisenfällen in Deutschland. Damit kann noch schneller entschieden und reagiert werden – für eine wirksamere Amtshilfe.
Von der Idee zum Prototypen in wenigen Monaten
Hauptmann Christoph Brauer erkannte während seines Dienstes für das Kommando, welch einen Mehrwert ein digitales Analysesystem für eine Operationszentrale hätte. Er wandte sich mit konkreten Vorstellungen und Fakten an die Kommandoführung. Generalmajor Carsten Breuer war von der Idee überzeugt und stärkte den Ausbau des Projekts. Er ist der Auffassung: „Was auf dem Gefechtsfeld funktioniert, klappt auch bei der Digitalisierung: Führen mit Auftrag. Das heißt für mich, den eingesetzten militärischen Führer einfach mal machen lassen. In der freien Wirtschaft finden Start-ups ihren Erfolg schließlich auch ohne Stabsdienstordnung und Steuerboards.“
Der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr wurde angefragt. Er entwickelte die Ideen weiter und fand ein passendes Start-up. Das noch junge Unternehmen Traversals aus Bayern, das sich auf diese Art der Analysesysteme spezialisiert hat, bot ein System an, welches Potenzial bot.
Im kleinsten Kreis und im wöchentlichen Feedback zwischen Truppe, Projektleitung und Softwareentwicklern wurde Prometheus mit Höchstgeschwindigkeit für den Bedarf der Operationszentrale im Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr angepasst. Statt Konzepten wurde Codes geschrieben und direkt in die Anwendung und Testung gebracht. Projektmeilensteine wurden nicht in Monaten, sondern in Tagen abgearbeitet.
„Dass die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr so gut klappt, hätte ich mir anfangs nicht vorstellen können“, sagt der CEOChief Executive Officer von Traversals, Dirk Kolb. „An allen Stellen trafen wir nur auf Leute, die umsetzen wollten: von der Truppe über die Projektleitung bis hin zu den Einkäufern der BWI im Hub.“
Immer ein aktuelles Lagebild
Die Erprobungsphase in Berlin läuft noch bis Juli 2021. Nach erfolgreichem Abschluss der Projektphase muss Prometheus noch einige weitere Gremien überzeugen. Vielleicht kann es dann bald jeden Tag rund um die Uhr aufbereitete Informationen liefern.
Dadurch wären die Operationszentralen durchgehend über das aktuelle Lagebild in Deutschland informiert. Sollte es zu Krisen- oder Katastrophenfällen kommen, bei denen die Helfenden vor Ort die Bundeswehr einschalten wollen, hätte das Kommando Territoriale Aufgaben bereits eine Vielzahl relevanter Informationen zur Lagebewertung vorliegen. Damit könnte es schneller entscheiden und reagieren – für eine wirksame Amtshilfe ohne Zeitverzug.