Gelöbnis am 20. Juli: Vergessen ist keine Option
Gelöbnis am 20. Juli: Vergessen ist keine Option
- Datum:
- Ort:
- Berlin
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Aufgelockert sind die Reihen im Stauffenberg-Saal des Verteidigungsministeriums – mit Sicherheitsabstand, so stehen sie da, die Teilnehmenden am Feierlichen Gelöbnis zum Jahrestag des Attentats vom 20. Juli 1944.
Vier Soldaten des Wachbataillons aus Berlin, fünf Vertreter der Luftwaffe aus Roth in Bayern und sechs Rekruten der Marine aus Parow bei Stralsund sind angereist. Die drei Frauen und zwölf Männer werden vor Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer das Treuebekenntnis leisten.
Lichte Reihen, starke Verbundenheit
Der historische Tag, aber auch der geschichtsträchtige Ort sind bewusst gewählt. Selbst in Pandemiezeiten – ohne Gäste und in kleinerer Besetzung – zeigt sich ihre Bedeutung. Denn am 20. Juli 1944 scheiterte das Attentat von Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seiner Mitverschwörer auf den Diktator Adolf Hitler. Ihre Befehlszentrale war der Bendlerblock – heute der Berliner Dienstsitz des Bundesministeriums der Verteidigung. Viele der Widerstandskämpfer um Stauffenberg wurden im Hof des Bendlerblocks noch in derselben Nacht erschossen. Deshalb ist dieser Ort ein Mahnmal und eine Stätte des Erinnerns.
Der militärische Widerstand gegen die NSNationalsozialismus-Diktatur ist eine Traditionslinie der Bundeswehr. Ausdruck dieser Tradition sind jedes Jahr am 20. Juli ein Feierliches Gelöbnis und eine Gedenkfeier im Hof des Gebäudes am Landwehrkanal.
„Auf diesem Fundament des 20. Juli steht die Bundeswehr, der Sie jetzt beitreten“, wendet sich die Ministerin an die zu vereidigenden Rekrutinnen und Rekruten. „Wir, die wir heute handeln, stehen in der Schuld dieser Männer und Frauen des 20. Juli.“
Ministerin Kramp-Karrenbauer spricht über die Bedeutung des Attentats für das heutige Miteinander. Sie erklärt den inneren Kampf der Widerständler und die Bedeutung des eigenen Gewissens. „Der Gehorsam findet die Grenze im Gewissen“, zieht die Ministerin die Lehre für die Rekrutinnen und Rekruten. „Richten Sie in Ihrem Denken und Handeln einen festen Platz ein für die Werte und Normen, die unser Grundgesetz definiert und verbürgt“, gibt die Verteidigungsministerin den jungen Soldaten und Soldatinnen mit auf ihren militärischen Weg.
Ein Enkel erinnert an seinen Vorfahren
Der Gedenktag begann für die Ministerin am Morgen in Plötzensee, wo sie die jährliche Veranstaltung am Mahnmal „der Opfer der Hitlerdiktatur der Jahre 1933-1945“ eröffnete. In dem ehemaligen Gefängnis in Berlin-Moabit wurden in den zwölf Jahren des Dritten Reichs fast 3.000 politische Gefangene hingerichtet. Unter den Verurteilten waren auch Mitstreiter Stauffenbergs wie Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg und Mitglieder aus dem Kreisauer Kreis wie Helmuth James Graf von Moltke.
„Ich glaube“, sagt Philipp von Schulthess, Enkel Stauffenbergs, „es ist für alle heute und später lebenden Generationen der Deutschen von zentraler befreiender Wirkung, dass es einmal diese Menschen im Widerstand gegeben hat.“ Der Ehrengast mahnt jedoch auch: „Ihr Handeln gibt uns keine Absolution für die Schuld und die Verantwortung, die wir Deutschen tragen müssen.“ Schulthess appelliert an die Zuhörerschaft: „Ein jeder von uns ist gefragt, Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen, es zu schützen und zu formen. Wir dürfen uns nicht auf Helden aus dem Off verlassen.“
Nach den Reden der Ministerin und des Berliner Regierenden Bürgermeisters Michael Müller, Ehrengast und Vorsitzender der Stiftung 20. Juli 1944, werden einzeln und im stillen Gedenken die Schleifen der Kränze gerichtet. Zu den Klängen der Trompete endet die Zeremonie im Wedding.
Gedanken nach dem Gedenken
In den aufgelockerten Reihen der Rekrutinnen und Rekruten im Saal des Ministeriums hallen die Töne des Blechbläser-Quintetts des Musikkorps der Bundeswehr wider. Die Ministerin richtet nicht nur Worte der Mahnung und Erinnerung an die jungen Männer und Frauen, sondern sie findet auch Lob und Dank für deren Entscheidung, freiwillig in der Bundeswehr zu dienen. „Dafür danke ich Ihnen von Herzen. Es gebührt Ihnen der Respekt und die Anerkennung der Bürgerinnen und Bürger, denen Sie dienen wollen.“ Dann tritt Kramp-Karrenbauer vor und gratuliert der vorgetretenen Abordnung stellvertretend für alle.
Die Rekruten und Rekrutinnen empfänden diesen Tag als Ehre und seien stolz, Teil dieser sehr kleinen Formation sein zu können, so Schütze Rick Dierker aus Roth. „Ich habe mich für 13 Jahre als Offizier verpflichtet. Diese Veranstaltung hier bedeutet mir daher viel“, sagt der Berliner. Dass sie den heutigen Tag ohne Familie und Freunde begehen müssen, fällt vielen schwer. Doch das Gefühl von Ehrfurcht und Stolz überwiegt. Auch die Stimme des jungen Offiziersanwärters Dierker ist deutlich zu vernehmen, als die Worte der Gelöbnisformel laut und klar durch den Saal schallen: „Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. So wahr mir Gott helfe.“