Erdbebenhilfe Türkei

Zu Besuch beim Imam: Feldjäger vom mobilen Rettungszentrum sind viel unterwegs

Zu Besuch beim Imam: Feldjäger vom mobilen Rettungszentrum sind viel unterwegs

Datum:
Ort:
Türkei
Lesedauer:
3 MIN

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Die Militärpolizei als Freund und Helfer – beim humanitären Hilfseinsatz nach dem Erdbeben in der Türkei kann man diesen Satz wörtlich nehmen. Jetzt, zu Beginn des Einsatzes, sind die Feldjäger fast täglich auf Besuchstour. Sie sprechen mit Entscheidern. Sie erkunden die Region. Und sie erleben eine geradezu überwältigende Freundlichkeit. 

Zwei Soldaten stehen mit einem Mann vor einer Moschee

Eine wichtige Aufgabe der Feldjäger zu Beginn des Einsatzes im Erdbebengebiet: Sie stellen den Kontakt zur Bevölkerung her, wie hier zum Imam in Altınözü

Bundeswehr/Jana Neumann

Oberleutnant Nico* sieht etwas verblüfft aus, als der Imam ihn spontan umarmt, erwidert die Geste aber herzlich. Später sagt der Zugführer der Feldjäger, dass ihm und seinen Kameraden überall enorme Gastfreundschaft entgegengebracht wird, dies jedoch die erste Umarmung im Einsatz war. Hineingebeten werden die Männer andauernd. „Wenn wir alle Einladungen annehmen würden, würden wir wahrscheinlich zwölf Tees am Tag trinken und dreimal Mittag essen“, erzählt Nico.

Auch der Imam öffnet den Feldjägern, also den Militärpolizisten der Bundeswehr, gern seine Moschee. „Wir sind alles Brüder, egal, welchen Glauben wir haben“, übersetzt Sprachmittler Celik*. In seiner Moschee dürften auch Christen beten, erklärt der Imam weiter. In Altınözü, wo das deutsche Rettungszentrum entsteht, leben die verschiedenen Volksgruppen friedlich miteinander. Jetzt, in der Katastrophe, rücken sie noch näher zusammen.

Besuche wie der beim Imam von Altınözü gehören im Einsatz zum Tagesgeschäft der Feldjäger. Die vier Männer kommen vom Feldjägerregiment 2 aus Wilhelmshaven, Sprachmittler Celik ist eigentlich Pfleger im Bundeswehrkrankenhaus Westerstede. Für einen aus dem Team ist es der achte Einsatz, ein anderer war bei der Evakuierungsmission in Kabul dabei. Eine Naturkatastrophe wie jetzt in der Türkei hat jedoch keiner von ihnen zuvor gesehen. „Wir sind dankbar, dass wir hier helfen dürfen“, sagt Nico, und man spürt, wie ernst ihm das ist.

Eisbrecher: Tee

Jetzt, in der Anfangsphase des humanitären Hilfseinsatzes der Bundeswehr, sind die Feldjäger sehr viel unterwegs. Sie waren bereits beim Bürgermeister, im Büro des Gouverneurs, bei der Polizei, in den Notzelten des zerstörten Ortskrankenhauses und bei verschiedenen internationalen Organisationen. Kontakte herstellen und aufrecht erhalten, Netzwerke aufbauen, herausfinden, wo man, falls nötig, Unterstützung erhält und im Gegenzug selber aushelfen kann – all das ist wichtig. 

Es geht um Vertrauen und Sicherheit. Und immer wird Chai, Tee, angeboten, oft mit Keksen. „Bei der Polizei haben sie scherzhaft gesagt: Wenn man in der Türkei war, dann muss man hinterher gebräunt sein und sich ein kleines Bäuchlein angefuttert haben“, schmunzelt Nico. Inzwischen haben die Feldjäger ebenfalls Chai, Mokka und  Biskuits eingekauft, um eventuelle Besucher in ihrem Zelt im deutschen Camp angemessen bewirten zu können.

Vier Soldaten und zwei Männer sprechen miteinander in einer Moschee.

„Wir sind alles Brüder, egal, welchen Glauben wir haben“, übersetzt Sprachmittler Celik die Botschaft des Imams, der sich über den Besuch der Soldaten sehr freut

Bundeswehr/Jana Neumann

Zwischen Gastfreundschaft und Exitstrategie

Die vier Männer, drei Ermittler und ein Luftsicherheitsfeldwebel, bekommen demnächst noch zwei Kameraden zur Verstärkung. Deren Schwerpunkt ist der Personenschutz. Sie werden Besuche von Staatsgästen oder anderen hochrangigen Personen vorbereiten. Im Schwerpunkt sind die Feldjäger aber für die Sicherheit ihrer deutschen Kameraden und Kameradinnen im Camp verantwortlich. Auch dafür sind ihre Besuche hilfreich. So waren sie beispielsweise in Antakya auf dem Flughafen, um zu erkunden, ob man gegebenenfalls den Flugplatz nutzen kann.

„Wir sitzen hier so ein bisschen im Kessel“, erklärt Nico: „Im Süden und im Osten ist die syrische Grenze, im Westen ist das Mittelmeer und im Norden das Gebirge.“ Falls ein großes Nachbeben käme und das Camp geräumt werden müsste, sind die Feldjäger gefragt. 

Also sind sie die Strecken über das Gebirge abgefahren und haben sich die Seehäfen an der Mittelmeerküste angeschaut. Und sie haben in Incirlik mit den Amerikanern Verbindung aufgenommen, um herauszufinden, ob man mit Helikoptern auf deren Air Base evakuieren könnte. 

Tamam, tamam – alles okay

Normalerweise betreiben die Feldjäger im Tagesgeschäft unter anderem die MP-Station (Military Police, Militärpolizei), gehen Streife, ermitteln bei Verkehrsunfällen. Hier haben sie ganz handfest ihre Zeltunterkunft nach Anweisung der Pioniere selbst aufgebaut und ziehen gemeinsam mit der lokalen Polizei einen Maschendrahtzaun ums Camp. Das erhöht die Sicherheit. Die Militärpolizisten sind, wie der Rest des Kontingentes, unbewaffnet. 

Auch das sorgt dafür, dass die Bevölkerung sich jederzeit über ihren Besuch freut. Dank Übersetzer klappt die Verständigung prima. Und ein paar Worte Türkisch können die Männer jetzt auch schon: „Wir können uns vorstellen, wir können ja und nein, bitte und danke sagen und wir versuchen, jeden Tag mehr zu lernen.“ Tamam haben sie schon gelernt – es bedeutet soviel wie „alles okay“.

*Namen zum Schutz der Soldaten abgekürzt.

von Barbara Gantenbein

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