Kameradenhilfe für Diensthunde

Erste Hilfe für Diensthunde im Auslandseinsatz

Erste Hilfe für Diensthunde im Auslandseinsatz

Ort:
Ulmen
Lesedauer:
4 MIN

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Nicht nur Soldatinnen und Soldaten, auch Diensthunde können im Auslandeinsatz verletzt und verwundet werden. An der Schule für Diensthundewesen der Bundeswehr werden Hundeführer zum Ersthelfer Hund ausgebildet, damit sie ihren Vierbeiner im Notfall versorgen können. 

Ein Diensthund steht zwischen den Beinen eines Soldaten, der diesen an der Leine hält

Diensthunde sind unentbehrliche Helfer der Truppe im Auslandseinsatz

Bundeswehr/Johanna Hagn

Ob bei den Feldjägern oder im Objektschutz der Luftwaffe, bei den Pionieren oder im Kommando Spezialkräfte: Diensthunde werden in vielen Bereichen der Truppe eingesetzt. Zum Suchen und Aufspüren, zum Bewachen, Schützen und Zugreifen.

Doch ein Diensthund ist viel mehr als die Summe seiner Fähigkeiten. Für Hundeführerin und -führer ist er ein Kamerad auf vier Pfoten. Entsprechend wichtig ist ihnen das Wohlergehen ihres Diensthundes. Nicht nur in der Heimat, sondern auch und gerade im Auslandseinsatz. 

Wie die Soldatinnen und Soldaten werden auch Diensthunde geimpft und erhalten Prophylaxe-Medikation, um sie im Auslandseinsatz vor Krankheiten zu schützen. Erkrankt oder verletzt sich ein Hund auf einer Mission, wird er im Feldlager von bundeswehreigener Tierärztin oder -arzt behandelt und, wenn notwendig, auch operiert. 

Ersthelfer K9: Kameradenhilfe für den Diensthund

Doch was geschieht, wenn der Diensthund auf einer Patrouille medizinische Hilfe benötigt, eventuell weit entfernt vom Camp? Auf diese Situation bereitet der Lehrgang K9, Combat First Responder, an der Schule für das Diensthundewesen der Bundeswehr in Ulmen vor. K9 steht als Abkürzung für das englische „canine“, auf Deutsch „den Hund betreffend“, und beschreibt in der Regel polizeiliche oder militärische Einheiten mit Diensthunden. Ein Combat First Responder leistet als Ersthelfer medizinische Kameradenhilfe im Einsatz und in Gefechtssituationen. 

Stabsveterinär Markus P.* sagt: „Jeder Hundeführer sollte in der Lage sein, seinem verletzten Diensthund zu helfen. Lebenserhaltende Maßnahmen haben dabei oberste Priorität.“ Diese sei jedoch nur im Auslandseinsatz zulässig – und nur, wenn weder Tierärztin noch Tierarzt vor Ort ist. „Es geht ausschließlich um Ersthilfe im Notfall“, betont P. 

Ein Soldat legt einen Venenzugang bei seiner Diensthündin. Ein weiterer Soldat hält das Bein der Hündin fest.

Konzentriert legt Oberstabsgefreiter Andreas B.* einen Venenzugang bei seiner Diensthündin Arya – im Notfall eine lebensrettende Maßnahme und Voraussetzung für jede weitere tiermedizinische Behandlung

Bundeswehr/Jana Neumann

Der Lehrgang gliedert sich in zwei Teile: ein Onlinemodul sowie einen fünftägigen Lehrgang an der Schule für Diensthundewesen der Bundeswehr mit Theorie und Praxis. Im praktischen Teil üben die Diensthundeführer die Ersthilfe auf dem Gefechtsfeld bis zum Abtransport.

Der Fokus liegt auf der Versorgung militärischer Verletzungsmuster – vom Gehörtrauma bis zur Schussverletzung – und Schockbehandlung. „Die Soldatinnen und Soldaten müssen nicht nur erkennen können, dass ihr Diensthund unter Schock steht. Sie müssen auch wissen, wie sie welches Schockgeschehen bekämpfen können“, erklärt P. 

Kenne Deinen Hund: Normalwerte als Startpunkt

Am Beginn des Lehrgangs steht eine klinische Allgemeinuntersuchung, bei der die Vitalwerte des Diensthundes überprüft werden. Die Hundeführenden untersuchen dabei ihre eigenen Diensthunde gemeinsam mit dem Tierarzt. Puls, Atmung und Temperatur werden geprüft, die Schleimhäute untersucht und die Lymphknoten ertastet.  

P. erläutert: „Jeder Hund ist anders. Normwerte können schwanken.“ So könne der Ruhepuls bei 80 bis 100 Schlägen pro Minute liegen, die Atmung bei 15 bis 30 Atemzügen pro Minute. „Nur wenn ich die Werte meines gesunden Hundes im Ruhezustand kenn, kann ich im Notfall Abweichungen schnell feststellen,“ so P. 

Lebensgroßer Hunde-Dummy für lebensrettende Übungen

Im zweiten Praxisteil lernen die Lehrgangsteilnehmenden, ihren Diensthund im Notfall zu versorgen. Dabei kommt ein lebensgroßer Hunde-Dummy zum Einsatz, dessen Vitalfunktionen per Fernbedienung gesteuert werden können, um eine Verbesserung oder Verschlechterung des Zustandes zu simulieren. P. betont: „Alle invasiven Maßnahmen, die über einen Nadelstich hinausgehen, üben die Lehrgangsteilnehmer ausschließlich am Dummy.“ Dazu zählen Intubieren, Luftröhrenschnitt und künstliche Beatmung, Thoraxpunktion bei kollabierter Lunge sowie die Behandlung offener Frakturen und von Schussverletzungen.

Wenige Übungen werden – nach mehrfachem Üben am Dummy – auch am eigenen Hund wiederholt. Die Wichtigste davon: einen Venenzugang am Vorderbein legen. Der Stabsveterinär erklärt: „Über einen sogenannten Venenverweilkatheter werden im Notfall überlebenswichtige Medikamente und Infusionen eingegeben.“  Bei einem Schockgeschehen im fortgeschrittenen Stadium könne dieser Zugang nur noch schwer gelegt werden. Daher sei das rechtzeitige Legen des Zugangs durch den Hundeführer im Zweifel lebensrettend für den Diensthund.

Oberstabsgefreiter Andreas B.* ist erleichtert, als ihm das Legen des Zugangs bei seiner Malinoishündin Arya auf Anhieb gelingt: „Natürlich ist man am Anfang unsicher. Aber es ist wie beim normalen Ersthelfer: üben, üben, üben. Mir gibt der CFR-Lehrgang die Sicherheit, dass ich im Notfall helfen kann, bis der Tierarzt kommt.“

Ein Soldat öffnet das Maul eines Hunde-Dummy, um diesen zu intubieren

Einsatznah und unter Zeitdruck: Am Dummy übt ein Soldat das Intubieren des verletzten „Diensthundes“

Bundeswehr/Jana Neumann
Ein Soldat und ein Polizist knien in einem dunklen Tunnel vor einem schwer verletzten Hunde-Dummy und legen eine Infusion

Offene Wunde: Der Dummy liegt schwer verletzt in einem engen Tunnel. Um den Kreislauf des „Diensthundes“ zu stabilisieren, bereitet der Hundeführer eine Infusion vor.

Bundeswehr/Jana Neumann

Für den Einsatz gibt Stabsveterinär P. den Teilnehmenden noch einen wichtigen Rat mit auf den Weg: „Beobachten Sie Ihren Hund genau und überprüfen Sie Ihr Urteil über seinen Zustand. Immer wieder.“ Denn: „Diensthunde haben ausgeprägte Fähigkeiten zur Kompensation. Dadurch erscheint manche Verletzung geringer als sie tatsächlich ist. Sie halten durch, bis sie nicht mehr können.“ Die enge Bindung vieler Einsatzsoldatinnen und -soldaten an ihre Diensthunde sei hier von Vorteil, so P.: „Sie merken, wenn sich ihr Hund plötzlich anders verhält.“

*Namen zum Schutz abgekürzt.

von Simona Boyer

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