Der Roboter aus dem Hobbykeller
Der Roboter aus dem Hobbykeller
- Datum:
- Ort:
- Dresden
- Lesedauer:
- 3 MIN
Maschinengewehrfeuer hallt durch das Wäldchen am Rande der Offizierschule des Heeres in Dresden. Auf einem Hügel blitzt Mündungsfeuer auf. Kurz danach weht Nebel über den Hang. Was aussieht wie der Angriff einer Infanteriegruppe, ist in Wirklichkeit ein Test von Projekt Gereon – einem modularen Täuschkörper-Roboter.
Gereon kann über einen Lautsprecher und ein Rohr mit LED-Lichtern Maschinengewehrfeuer optisch und akustisch simulieren. Eine Nebelmaschine sorgt für Rauch. Zwei Kameras zeigen dem Bediener die Umgebung des Roboters, der mit seinen vier einzeln aufgehängten großen Gummireifen auch im Unterholz zurechtkommt.
Der Kopf hinter Gereon und gleichzeitig Projektleiter ist Oberleutnant Marc Wietfeld. „Die Idee hatte ich, als ich vor Jahren als Hauptgefreiter bei einem Häuserkampflehrgang in Hammelburg Feinddarsteller war.“ Den ganzen Tag in einer Hausruine stehen, um alle paar Stunden seine Kameraden mit Platzpatronen zu beschießen – das musste auch anders gehen.
Entstehung im Bastelkeller
Das Besondere an Gereon: Der kleine Roboter, der an ein Modellauto erinnert, besteht ausschließlich aus marktverfügbarer oder aus selbst hergestellter Technik. Das Gehäuse stammt aus einem 3D-Drucker der Universität der Bundeswehr München. „Unser Ziel ist es, mit den Kosten pro Roboter unter 10.000 Euro zu bleiben – im Moment sind wir etwa bei 4.000 Euro Materialkosten“, sagt Wietfeld. „Der ganze Prototyp ist bei mir im Keller und später zusammen mit Kameraden auf Stube entstanden.“
Was als Hobbyprojekt des 31-Jährigen während seines Management- und Medienstudiums in München begann, ist inzwischen ein von der Universität der Bundeswehr München gefördertes Innovationsvorhaben. Ziel: Ein für Ausbildung und Einsatz nutzbares System. Zukünftig sollen Dutzende Gereons im Schwarm ferngesteuert oder autonom die Anwesenheit eigener Kräfte simulieren sowie den Gegner verwirren und täuschen.
Stetige Weiterentwicklung
So weit ist Projekt Gereon aber noch nicht. Marc Wietfeld und sein Team entwickeln den Roboter stetig weiter. „Zuletzt ist die funkreichweitenunabhängige Fernlenkbarkeit hinzugekommen“, erklärt der Oberleutnant. Statt wie bisher über ein Tablet aus der unmittelbaren Umgebung lässt sich Gereon nun auch aus größerer Entfernung steuern. Als nächster Schritt soll ein laserbasierter LiDAR-Scanner (light detection and ranging, also lasergestützte Entfernungsmessung) die Autonomie des Roboters erhöhen. „Zurzeit bedeutet Autonomie für uns: Er fährt nicht gegen Bäume und fällt nicht in Gräben.“
Wegen des modularen Aufbaus ist das Hinzufügen neuer Fähigkeiten vergleichsweise einfach. Aktuell arbeiten Wietfeld und sein Team an der Integration eines Lasers. „Die Idee ist, dass Gereon etwa feindliche Panzer anlasert und damit den Sensoren des Fahrzeugs vortäuscht, es würde von einer Panzerabwehrwaffe erfasst.“
Nach jeder Veränderung an Roboter oder Software muss alles auf Funktion getestet werden. „Wenn wir jetzt merken, etwas funktioniert nicht wie geplant, freuen wir uns. Es ist besser, wir merken es jetzt, als wenn schon 1.000 Stück produziert sind.“
Ein größerer Bruder?
Ob Gereon wirklich in die Massenproduktion geht, ist noch offen. Oberleutnant Wietfeld und sein Team schreckt das nicht ab – im Gegenteil. Nach Tests mit der Truppe hat der junge Offizier bereits eine Idee für eine größere, schnellere Variante seiner Erfindung. Nach Abschluss seiner Ausbildung an der Offizierschule des Heeres in Dresden geht es für ihn weiter an die Infanterieschule in Hammelburg. Gereon kommt natürlich mit – Wietfeld hat bereits Pläne für eine Testserie dort. Aus der Infanterie stammt im Übrigen auch der Name des kleinen Roboters: Gereon ist der Schutzheilige der Soldaten.