2022 bis heute: Krieg in Europa – Zeitenwende für die Bundeswehr

Russlands Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 setzte die Welt unter Schock. Nach vielen Jahren des Friedens wird in Europa nun wieder Krieg geführt. EUEuropäische Union und NATONorth Atlantic Treaty Organization schlossen ihre Reihen, um den Abwehrkampf der Ukraine zu unterstützen – und verstärkten die eigene Landes- und Bündnisverteidigung, um den Aggressor aus Russland abzuschrecken.

Ein Soldat kniet mit Waffe im Wald. Im Hintergrund laufen Soldaten mit roten Flaggen.

Gemeinsam stark

Der Krieg in der Ukraine markiert den Ausgangspunkt einer Zeitenwende in den Streitkräften. Die russische Aggression zeigt, wie wichtig militärische Schlagkraft für die Abschreckung potenzieller Gegner ist. Die Bundeswehr konzentriert sich wieder auf Landes- und Bündnisverteidigung an der Seite ihrer Alliierten – und unterstützt den Abwehrkampf der Ukraine mit Ausbildung, Ausrüstung und finanziellen Hilfen.

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  • Zwei ukrainische Soldaten bedienen das Flugabwehrsystem Patriot.
    Februar 2022

    Angriff auf die Ukraine

    Der völkerrechtswidrige Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 erschütterte die Sicherheitsstruktur Europas. Fast 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs wird auf europäischem Boden wieder ein konventioneller Angriffskrieg geführt.

    Zeitenwende

    Die Staaten Europas und die USA solidarisierten sich mit der angegriffenen Ukraine und versprachen umfangreiche Unterstützung. Olaf Scholz verkündete am 27. Februar 2022 unter dem Eindruck des Krieges in Osteuropa eine sicherheitspolitische Zeitenwende für Deutschland und die Bundeswehr. Mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro soll die jahrzehntelange Unterfinanzierung der Streitkräfte beendet und die Bundeswehr für die neue Bedrohungslage gerüstet werden.

    Ein deutscher Soldat steht neben zwei litauischen Soldaten im Schnee, sie unterhalten sich.

    Deutschland und Litauen arbeiten beim Schutz der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke im Baltikum eng zusammen. Truppen beider Länder trainieren gemeinsam, einen Angriff der russischen Streitkräfte abzuwehren – so bei der Übung „Griffin Lightning“ im März 2023.

    Bundeswehr/André Forkert

    Stärkung der Ostflanke

    Deutschland und seine Partner in der EUEuropäische Union und der NATONorth Atlantic Treaty Organization beschlossen auch, die Schutzmaßnahmen an der Ostgrenze Europas deutlich zu verstärken. So soll Russland von einem Angriff auf das Bündnisgebiet abgeschreckt werden. Die Truppen der Bundeswehr im Rahmen der Enhanced Forward Presence (EFP) der NATONorth Atlantic Treaty Organization im Baltikum wurden deutlich verstärkt. Deutschland beteiligte sich auch mit eigenen Kräften an den Enhanced Vigilance Activities (EVA) in den osteuropäischen Ländern.

    Unterstützung der Ukraine

    Nach dem Angriff Russlands sicherten Deutschland und viele Verbündete der Ukraine finanzielle und militärische Unterstützung zu. Deutschland hat seitdem unter anderem Flugabwehrsysteme wie Gepard, PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target und IRIS-TInfra-Red Imaging System–Tail/Thrust Vector-Controlled geliefert. Auch Kampfpanzer Leopard 1 und 2 sowie Schützenpanzer Marder wurden an die ukrainischen Streitkräfte abgegeben. Die Ausbildung der Panzerbesatzungen an den neuen Waffensystemen wurde mit Hilfe der Bundeswehr gestemmt. Ukrainische Soldatinnen und Soldaten wurden kamen dazu nach Deutschland und wurden hier ausgebildet.

  • Mehrere Soldaten steigen über die Heckrampe in das Transportflugzeug A400M am Flughafen Gao.
    Mai 2023

    Abzug aus Mali

    Die Bundeswehr beteiligt sich seit 2013 an der Stabilisierung des westafrikanischen Landes Mali. Im Norden des Landes hatten islamistische Gruppen den Aufstand geprobt, was zu einer Destabilisierung der gesamten Sahel-Region führte. Die Regierung in der Hauptstadt Bamako bat die internationale Staatengemeinschaft um Hilfe, um Mali wieder zu stabilisieren.

    Frankreich und seine afrikanischen Verbündeten bekämpften die Separatisten im Rahmen der „Operation Serval“ erfolgreich. Im Anschluss wurden die europäische Trainingsmission zur Ausbildung malischer Sicherheitskräfte (EUTMEuropean Union Training Mission Mali) sowie eine Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen für Mali (MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali) gestartet. Die Bundeswehr beteiligte sich an beiden Missionen.

     Redeployment: Lufttransportumschlagzug

    Die Bundeswehr zieht geordnet aus Mali ab. Das bedeutet auch, dass Gerät und Material nach Deutschland zurückgeführt werden müssen. Dieses Redeployment soll bis Ende 2023 abgeschlossen sein. Dann endet der Einsatz der Bundeswehr in Mali.

    Bundeswehr/Jana Neumann

    Für die EUTMEuropean Union Training Mission-Mission gingen zwischen Oktober 2013 und Mai 2023 insgesamt 4.100 deutsche Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr nach Mali. In zehn Jahren wurden rund 16.000 malische Sicherheitskräfte ausgebildet, damit sie den Kampf gegen die islamistischen Gruppen aus eigener Kraft führen können. An der MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali-Stabilisierungsmission waren bislang sogar 24.5000 Blauhelme aus Deutschland beteiligt. Sie unterstützten die UNUnited Nations-Truppe im Land mit Transport- und Aufklärungsfähigkeiten.

    Die Sicherheitslage in Mali verschlechterte sich ab 2020 zusehends. Die demokratisch gewählte Regierung Malis wurde im August 2020 durch einen Militärputsch aus dem Amt gedrängt. Die neuen Machthaber erschwerten den internationalen Truppen im Land ihre Arbeit – zum Beispiel durch den Entzug von Flugrechten – und wandten sich stattdessen der Söldnerorganisation Wagner aus Russland zu. Infolgedessen entschieden sich sowohl die Europäische Union als auch die Vereinten Nationen, ihre Truppen aus Mali abzuziehen.

  • Ein Panzer befindet sich in einem Wald voller Qualm, während zwei Soldaten aus dem Ausguck schauen.
    Juni 2023

    Brigade für Litauen

    Um das Abschreckungspotenzial der NATONorth Atlantic Treaty Organization gegenüber Russland zu verstärken, verkündeten Verteidigungsminister Boris Pistorius und Generalinspekteur General Carsten Breuer am 28. Juni 2023 die Stationierung einer Brigade der Bundeswehr in Litauen. Die Besonderheit dabei ist, dass diese Brigade dauerhaft dortbleiben soll. Eine dauerhafte Stationierung eines derart großen Kampfverbandes im Ausland hat es bei der Bundeswehr bisher nicht gegeben.

    Brigaden sind in der Lage, selbstständig größere Militäroperationen durchzuführen. Sie besitzen alle militärischen Fähigkeiten, um auf sich selbst gestellt unabhängig kämpfen und durchhalten zu können: von den Logistiktruppen über Fernmeldeeinheiten bis zu den eigentlichen Kampftruppen.

    Drei Soldaten und ein Mann in Zivil mit Helm und Warnweste schauen auf ausgedruckte Baupläne

    Generalleutnant Gunter Schneider lässt sich den Bau der Kaserne erläutern. Die Baustelle gilt als Muster für eine mögliche Liegenschaft für die Truppe der künftigen Brigade der Bundeswehr in Litauen.

    Bundeswehr

    Die Planungen für die Stationierung der deutschen Truppen in Litauen laufen bereits auf Hochtouren. Bis Ende des 2023 wird festgelegt, wo die Bundeswehr Quartier beziehen soll und wann die Soldatinnen und Soldaten nach Litauen gehen werden. 2024 wird ein militärisches Vorkommando nach Litauen verlegen, um den weiteren Aufbau der Brigade zu begleiten. Um den Brigadestab werden die Truppenteile mit der entstehenden Infrastruktur Stück für Stück aufwachsen.

  • Zwei Soldaten stehen sich mit militärischem Gruß gegenüber
    Oktober 2024

    Dienstantritt und Aufstellungsstab in Litauen

    Im April 2024 hatten die ersten 21 Soldaten des Vorkommandos der Brigade ihren Dienst in Litauen angetreten. Das Vorkommando ist bereits Geschichte, denn im Oktober 2024 ist eine weitere Wegmarke erreicht worden: Ein neuer Abschnitt beginnt mit dem Dienstantritt des künftigen Kommandeurs, Brigadegeneral Christoph Huber, in Litauen und dem Wechsel vom Vorkommando zum Aufstellungsstab.

    Nächstes Etappenziel wird die offizielle Indienststellung der Brigade im Frühjahr 2025 mit einem feierlichen Aufstellungsappell sein. Die ersten Kräfte der Stabs- und Versorgungskompanie, der Fernmeldekompanie, des Sanitätsdienstes und der Feldjäger sowie erste Elemente des Logistikbataillons werden an den Übergangsstandorten Nemenčinė und Rokantiškės stationiert werden, bis die gesamte Infrastruktur fertig gestellt ist. Dafür unternimmt Litauen große Anstrengungen.

    Ein Soldat mit Barett im Porträt

    General Huber: „Wir werden hier in Litauen Seite an Seite mit unseren litauischen Verbündeten, Seite an Seite mit weiteren Alliierten, falls erforderlich, die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke verteidigen.“

    Bundeswehr/Jana Neumann

    Ziel ist es, dass die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr gemäß Fahrplan der Roadmap nach Litauen verlegen können. Die volle Einsatzbereitschaft der Brigade soll bis 2027 hergestellt sein. So wird die Panzerbrigade 45 für Abschreckung und Verteidigung an der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke sorgen. Noch in 2024 soll die taktische Ausbildung des Aufstellungsstabes, des künftigen Brigadestabes, starten. Erste Ausbildungsvorhaben sind für Dezember 2024 vorgesehen.

    „Am Ende des Tages wird Deutschland eine kriegstüchtige Brigade hier in Litauen bereitstellen, die in der Lage ist, dieses Land zu verteidigen“, ist sich Brigadegeneral Huber im Interview mit der Redaktion der Bundeswehr anlässlich seines Dienstantrittes in Litauen sicher.