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Die Bundeswehr erleben – als Oberleutnant ehrenhalber

Die Bundeswehr erleben – als Oberleutnant ehrenhalber

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
3 MIN

Manager auf der Hindernisbahn? Unternehmerinnen im Schützenpanzer? Die Bundeswehr öffnet ungedienten zivilen Entscheiderinnen und Entscheidern ihre Tore, damit diese die Truppe kennenlernen. Sogar Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat dafür schon seinen Terminkalender freigeräumt.

Zwei Soldaten schießen im Gelände mit dem Gewehr G36

Zivile Führungskräfte können den Soldatenberuf bei einer „Dienstlichen Veranstaltung zur Information“ kennenlernen. Unter anderem wird auch mit dem Sturmgewehr G36 geschossen (Symbolfoto).

Bundeswehr/Carl Schulze

Özdemir tauschte bereits im April Anzug und Krawatte gegen Feldanzug und Barett, um die Truppe in Aktion zu erleben – und selbst mitzumachen. Die Streitkräftebasis, ein Organisationsbereich der Bundeswehr, hatte ihn zu einer „Dienstlichen Veranstaltung zur Information“ eingeladen.

Die Streitkräfte stellen sich vor

Eine solche „InfoDVag“ – so die offizielle Abkürzung – soll zivile Entscheider für die Belange der Streitkräfte sensibilisieren. Für den Spitzenpolitiker war es schon die zweite Veranstaltung dieser Art. Özdemir lernte in vier Tagen unter anderem die Arbeit der Logistiker, der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Truppen und der Feldjäger der Bundeswehr kennen und durfte in einem Geländewagen einen Hindernisparcours abfahren. „Eine großartige Erfahrung“ sei das gewesen, sagte Özdemir, dem für die Dauer der InfoDVag der Dienstgrad eines Oberleutnants verliehen worden war.

Der Begriff der Dienstlichen Veranstaltung (DVag) kommt eigentlich aus dem Reservistenwesen. Nach Paragraf 81 des Soldatengesetzes dient sie der Ausbildung und Fortbildung von Reservistinnen und Reservisten, also meist ehemaligen aktiven Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Eine DVag dauert für gewöhnlich ein bis drei Tage, mit An- und Abreise können es fünf Tage werden. Die Teilnahme ist freiwillig.

Für ungediente Zivilisten gibt es die Sonderform der InfoDVags. Die Erlaubnis des Verteidigungsministeriums vorausgesetzt, können sie für diese Zeit den Soldatenstatus samt dem Dienstgrad Oberleutnant verliehen bekommen – wie im Fall des Landwirtschaftsministers geschehen.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir in Uniform grüßt den Inspekteur der Streitkräftebasis

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir grüßt den Inspekteur der Streitkräftebasis, Generalleutnant Martin Schelleis. Der Minister hatte den General während seines Schnupperkurses bei der Bundeswehr getroffen.

Bundeswehr/Kai-Axel Döpke

Die Streitkräftebasis etwa bietet zweimal im Jahr InfoDVags für Zivilisten an. Die Veranstaltungen richten sich an Führungskräfte aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und öffentlichem Dienst. Medienschaffende mit sicherheitspolitischem Schwerpunkt und „herausragende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens“ – also Prominente – können sich ebenfalls anmelden.

Auch das Heer verschafft Politikern und anderen zivilen Entscheidungsträgern mit seinen InfoDVags einen Eindruck von den Landstreitkräften. Durch einen Mix aus praxisnaher Ausbildung und der Vermittlung sicherheitspolitischer Hintergründe sollen die Teilnehmenden als Multiplikatoren für die Bundeswehr gewonnen werden. Die Infanterieschule des Heeres und die Panzertruppenschule des Heeres bieten solche Schnupperkurse für Zivilisten an. Luftwaffe, Marine, Sanitätsdienst und der Organisationsbereich Cyber- und Informationsraum laden ebenfalls regelmäßig zu InfoDVags ein.

Es wird scharf geschossen

Den Teilnehmenden wird ein kontrastreiches Programm geboten. Sie lernen nicht nur Inhalte aus der Grundausbildung der Bundeswehr kennen, sondern sie erhalten auch eine Einweisung in die Standardhandwaffen der Soldatinnen und Soldaten, das Sturmgewehr G36 und die Pistole P8 – inklusive scharfem Schuss. Geschlafen wird in der Kaserne, gespeist in der Truppenküche.

Darüber hinaus erhalten die Teilnehmenden einen Einblick in die Aufgaben, die militärischen Fähigkeiten und das Gerät der Teilstreitkraft, die die InfoDVag ausrichtet. Beim Sanitätsdienst konnte beispielsweise ein A400M-Transportflugzeug besichtigt werden, dass zu einer fliegenden Intensivstation umgebaut wurde.  Das Heer hingegen nimmt seine zivilen Gäste mit auf eine Ausfahrt im Kampfpanzer Leopard 2, im Schützenpanzer Puma oder dem Transportpanzer Fuchs.

Wer bei einer InfoDVag mitmachen will, muss jünger als 65 Jahre und grundsätzlich dienstfähig sein. Eine frühere Kriegsdienstverweigerung ist zunächst ein Ausschlusskriterium. Diese kann aber im Vorfeld zurückgenommen werden.

Mehr zum Mitmachen

InfoDVags sind einem begrenzten Personenkreis vorbehalten. Doch natürlich können sich alle Bürgerinnen und Bürger über die Arbeit der Bundeswehr informieren: Zum Beispiel am bundesweiten Tag der Bundeswehr, der jedes Jahr im Frühsommer stattfindet und stets viele zehntausend Menschen anzieht. Voraussichtlich am 8. Juni 2024 wird es wieder so weit sein.

Junge Menschen können ihre Leistungsgrenzen bei den BwOlympix an der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf austesten. Am Zukunftstag können sie sich in ganz Deutschland über berufliche Perspektiven in den Streitkräften informieren. Wer sich länger in den Dienst seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger stellen möchte, kann sich zum Beispiel für den freiwilligen Wehrdienst im Heimatschutz verpflichten oder Reservist beziehungsweise Reservistin werden.

von Timo Kather

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