Breaching: Neue Häuserkampf-Anlage in Klietz eingeweiht
Kräfte der Bundeswehr müssen auch dann blitzschnell in ein Gebäude eindringen können, wenn dieses verriegelt und verrammelt ist. Dafür nutzen sie schwere Rammen oder Sprengstoff. Trainieren können sie dieses „Breaching“ an einer neuen Anlage auf dem Übungsplatz Klietz.
Es ist ein kalter, regnerischer Morgen auf dem Truppenübungsplatz Klietz. In den Pfützen auf einer kleinen Freifläche sammelt sich der Regen. Im Zwielicht fällt ein nahe gelegener unscheinbarer Betonrohbau kaum auf. Doch genau der ist das Ziel eines Trupps Soldaten, der sich dem Gebäude zügig nähert.
Es sind Kampfschwimmer in Gefechtsausrüstung, Spezialisten für besonders heikle Operationen zu Wasser, aber auch an Land. Sie müssen schnell und lautlos agieren. Nur mit Handzeichen und leisen Kommandos koordinieren sie ihr Vorgehen. Am Gebäude angelangt, platzieren sie unter gegenseitiger Sicherung an einer Eingangstür eine kleine Sprengladung. Schnell treten sie von der Tür zurück, dann zuckt ein Lichtblitz und eine Explosion zerreißt die Stille. Das Wenige, was von der Tür noch übrig ist, landet im Raum dahinter.
Die geplante Eindringstelle ist jetzt vorhanden. Die schwer bewaffneten Kampfschwimmer dringen ins Gebäude ein. Im Ernstfall würden sie jetzt erst richtig loslegen und beispielsweise das Gebäude freikämpfen. Doch ein Kommando bremst sie aus: „Übungsende! Kurze Nachbesprechung vor dem Haus!“ Der Ausbilder ist zufrieden. Kleinigkeiten werden beim nächsten Durchgang noch verbessert.
Breaching – eine Bresche schlagen
Auch wenn man es ihm nicht ansieht: Der unscheinbare Rohbau, an dem die Kampfschwimmer trainiert haben, ist brandneu und bislang in der Bundeswehr einmalig. Major Dennis C.*, der Kommandant der Truppenübungsplatz-Kommandantur Klietz, erklärt den Zweck der Anlage: „Zugangssprengungen durch Wände, Decken, Türen und Fenster können hier an 20 Sprengstellen geübt werden.“ Denn insbesondere Spezialkräfte wie die Kampfschwimmer müssen blitzschnell Türen, Fenster oder sogar Wände öffnen können, um beispielsweise Zielpersonen festzusetzen.
Bei einem solchen „Breaching“ verschaffen sich die Soldaten und Soldatinnen Zutritt mit Sprengstoff oder Rammen. Realitätsnah trainieren können sie das seit kurzem am „Breaching-Haus“ auf dem Truppenübungsplatz Klietz, der teils in Brandenburg, teils in Sachsen-Anhalt liegt. Im Januar wurde die neue Übungsanlage fertiggestellt. Ihr Clou: „Die einzelnen Elemente wie zum Beispiel Wände können schnell getauscht werden – das verlängert die eigentliche Ausbildungszeit für die übende Truppe“, erklärt Übungsplatzkommandant Dennis C.
Lückenlose Logistik für dynamische Szenarien
Möglich macht dies eine umfangreiche Logistik vor Ort. In unmittelbarer Nähe lagern Türen, Fenster und ganze Wandelemente. Geschultes Fachpersonal kann sie mittels spezieller Technik schnell austauschen. So sind mehrere Sprengungen und Übungsdurchgänge hintereinander möglich: Erst wird die Wand des Hauses aufgesprengt, dann beispielsweise die Tür eines Raumes aufgebrochen. Dynamische Übungsszenarien entstehen, die die Truppe unmittelbar hintereinander abarbeiten muss.
Ein nahe gelegener Beobachtungsbunker ermöglicht es zudem Zuschauern, das Geschehen direkt, aber dennoch gut geschützt zu verfolgen oder zu beaufsichtigen. Major Dennis C. ergänzt: „Außerdem können auch taktische Elemente wie die Erkundung und das Annähern an das Objekt trainiert werden.“
Vom Potenzial der neuen Anlage sind auch die Kampfschwimmer überzeugt – sie werden bald wieder in Klietz trainieren. Aber auch die Pionierschule der Bundeswehr und das Fallschirmjägerregiment 31 werden demnächst in Klietz zu Gast sein.
Die Kampfschwimmer gehören zu den Spezialkräften der Bundeswehr. Kapitänleutnant Frank F.* ist einer der Teamführer. Zusammen mit seiner Truppe trainierte er in Klietz an einer neuen Orts- und Häuserkampfanlage. Hier erzählt er, was im Feld zählt: Kameradschaft, Vertrauen und Leistung.
*Namen zum Schutz der Soldaten abgekürzt.
5 Fragen an Frank F.
Kapitänleutnant, Teamführer
Worauf kommt es beim Orts- und Häuserkampf an?
Orts- und Häuserkampf ist extrem anspruchsvoll. Da dürfen keine Fehler passieren. Jeder muss wissen, was zu tun ist. Man muss sich auf seine Teamkameraden verlassen können. Alle haben dieselbe Ausbildung durchlaufen, alle sind auf dem gleichen Stand, jeder kennt seine Funktion innerhalb des Teams. Wir trainieren solche Szenarien regelmäßig – man muss das frisch halten.
Welche Vorteile bietet die neue Breaching-Anlage in Klietz?
Wir können jetzt kompakt in einem Gebäude alles abbilden: Wir können Zugänge sprengen, wir können unser Werkzeug nutzen, egal, ob an einer Wand, einer Tür oder einem Fenster. Alles ist an einem Ort – das ist ein großer Vorteil. Unser Anspruch ist, beim Eindringen in ein Gebäude so wenig Begleitschäden wie möglich zu verursachen. Das ist besonders für die Rettung von Geiseln von großer Bedeutung – wir wollen sie schließlich unversehrt rausholen.