PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target-Schießen auf Kreta

Bodengebundene Luftverteidigung: Vorbereitung für den Ernstfall

Bodengebundene Luftverteidigung: Vorbereitung für den Ernstfall

Datum:
Ort:
Kreta
Lesedauer:
4 MIN

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Die aktuelle politische Lage hat gezeigt, wie gefragt die bodengebundene Luftverteidigung derzeit ist“, sagt Oberst Jörg Sievers. Er ist Kommodore des Flugabwehrraketengeschwaders 1 in Husum und deutscher Befehlshaber bei der multinationalen Schießübung auf Kreta. Er erklärt, was sich durch den Ukrainekrieg verändert hat.

Soldat im Porträt

Kommodore Oberst Jörg Sievers ist mittlerweile zum zwölften Mal beim taktischen Schießen auf der Insel Kreta gewesen. Angefangen hat er 1996 als Feuerleitoffizier. Seitdem hat er unterschiedliche Funktionen durchlaufen.

Bundeswehr/Lars Koch

Mit welchem Wort würden Sie ganz persönlich das PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target-Waffensystem beschreiben?

„Schutz“ ist das Wort, das das Waffensystem am treffendsten beschreibt. Wir bieten durch den Einsatz dieses Systems Schutz gegen gegnerische Flugzeuge, Hubschrauber, Marschflugkörper und taktisch-ballistische Raketen. Dadurch sind wir in der Lage, zivile Schutzobjekte wie Stadtzentren, Ballungsgebiete oder auch kritische Infrastruktur wie Hafenanlagen, Kraftwerke oder Flugplätze gegen Bedrohungen aus der Luft zu verteidigen.

Welche Nationen sind aktuell bei der Übung Spartan Arrow 2022 auf Kreta und was sind die Herausforderungen im multinationalen Verbund?

Dieses Jahr sind insgesamt drei Nationen an der Einsatzübung auf der Insel Kreta beteiligt: Niederlande, Norwegen und Deutschland. Wir als Deutsche stellen vor Ort das Hauptkontingent des Personals und den Großteil des Materials. Darüber hinaus sind erstmalig norwegische Soldatinnen und Soldaten mit ihrem Waffensystem NASAMS (Norwegian Advanced Surface-to-Air Missile System für norwegisches Flugabwehrraketensystem, Anm. d. Red.) dabei. Unsere niederländischen Kameradinnen und Kameraden bilden den kleinsten Anteil an der Gesamtstärke des Kontingentes. Sie werden als vollwertige Crews in unseren Waffensystemen eingesetzt und werden den scharfen Schuss mit deutschem Gerät absolvieren. 

Hat sich angesichts der Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine etwas verändert?

Mithilfe der hier auf Kreta nutzbaren Drohnen, die uns als einsatznahe Zieldarstellung dienen, wurde uns bereits in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl an realistischen Bedrohungsmöglichkeiten geboten. Vor dem Hintergrund der Qualifizierung und Zertifizierung unseres Personals, das den Feuerkampf gegen Luftfahrzeuge und taktische Lenkflugkörper führt, wird das Bedrohungsszenario auf der Insel Kreta regelmäßig an die neuesten Bedrohungen angepasst. So wird ein hoher, möglichst einsatznaher Ausbildungsstand erzielt. Aktuelle Erkenntnisse aus dem Ukrainekrieg werden darüber hinaus im Rahmen des Waffensystemtrainings in den Heimatstandorten sowie der Einsatzvorbereitung des Personals angewendet.

Wie trägt das Waffensystem zur Landes- und Bündnisverteidigung bei?

Das Flugabwehrraketengeschwader 1 und seine Einheiten sind fester Bestandteil der schnellen NATO-Eingreiftruppe. Jedes Jahr bereiten wir diese Einheiten für den Ernstfall vor. Das setzt eine lange, umfangreiche und persönliche Einsatzvorbereitung voraus. Unsere Einsatzbereitschaft ist durchgängig auf einem hohen Stand und wir arbeiten beständig daran, sie weiter auszubauen. Die aktuelle politische Lage hat gezeigt, wie gefragt die Kräfte der bodengebundenen Luftverteidigung sind. Wir sind uns dieser wichtigen Rolle bewusst, um im Ernstfall – auch sehr kurzfristig – da zu sein, wo Schutz vor Bedrohungen aus der Luft benötigt wird.

Wieso heißt es eigentlich „taktisches“ Schießen?

Die Phase des taktischen Schießens ist nur ein Übungsabschnitt von vielen in der Schießkampagne. Bereits in Deutschland wird die Vorbereitung der Systeme für den Seetransport und die strategische Verlegung in den Einsatzraum geübt und durch die NATO zertifiziert. Die Soldatinnen und Soldaten übernehmen ihr Gerät dann wieder auf der Insel Kreta. Ab hier vertiefen wir Prozeduren und Abläufe, um gemeinsame Abholpunkte zu schaffen, vor allem für unsere multinationalen Partner. Danach beginnt der taktische Anteil mit den Waffensystemen vor Ort. Von der Verlegung der Systeme in ihre Feuerpositionen, der Erzeugung eines realitätsnahen Bekämpfungsszenarios mit Zieldarstellungen von taktischen Lenkflugkörpern und Luftfahrzeugen bis hin zum scharfen Schuss: Der gesamte Ablauf entspricht dem taktischen Einsatz der Waffensysteme in einer realen Bedrohungssituation oder einem Konflikt.

Erschrecken Sie sich noch beim scharfen PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target-Schuss oder gewöhnt man sich daran?

Der scharfe Schuss mit dem Waffensystem ist jedes Mal aufs Neue beeindruckend. Auch als jemand, der schon oft in den unterschiedlichsten Funktionen an einem taktischen Schießen teilgenommen hat, habe ich immer wieder die positive Anspannung vor dem scharfen Schuss, auch wenn ich nicht mehr selber in der Feuerleitkabine den Feuerbefehl geben kann. Von dieser Anspannung kann sich vermutlich kein „FlaRaker“ freimachen, wenn man mal beim scharfen Schuss dabei gewesen ist.

Herr Oberst, was für ein Resümee ziehen Sie aus der Übung Spartan Arrow 2022?

Ich bin stolz auf die gezeigten Leistungen der Frauen und Männer. Ein Übungsplatzaufenthalt ist äußerst vielschichtig, vergleichbar mit einem Uhrwerk. Es greifen viele kleine und große Rädchen ineinander, um das Gesamtkonstrukt zum Laufen zu bringen. Das ist uns allen mit Bravour gelungen. Besonders stolz bin ich auf die Zusammenarbeit mit unseren norwegischen Kameradinnen und Kameraden, die zum ersten Mal den scharfen Schuss auf der Insel Kreta unter Führung des deutschen Gefechtsstands geübt haben. Das war ein weiterer wichtiger Meilenstein für die Zusammenarbeit im Rahmen der VJTFVery High Readiness Joint Task Force 2023.

von Lara Weyland

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