Gedenkstein aus Camp Marmal in Deutschland angekommen
Gedenkstein aus Camp Marmal in Deutschland angekommen
- Datum:
- Ort:
- Potsdam
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- 4 MIN
Ein riesiger Findling aus dem Marmal-Gebirge war das Herz des Ehrenhains für die im Einsatz verstorbenen Soldaten im deutschen Feldlager Camp Marmal in Afghanistan. Nun reiste der Gedenkstein aus Masar-i Scharif per Lufttransport nach Deutschland – eine anspruchsvolle Aufgabe für alle Beteiligten.
„Allen in Deutschland war klar, dass dieser besondere Ort des Gedenkens komplett eingepackt werden muss“, sagt Oberst Frank K.*, Director Redeployment in Camp Marmal. Im Wald der Erinnerung in Schwielowsee bei Potsdam soll der Stein wie in Afghanistan im Zentrum des nachgebauten Ehrenhains von Camp Marmal stehen. Doch dazu muss der Findling erst einmal nach Deutschland kommen.
Ein Auftrag für die Spezialpioniere
Die Aufgabe, den Gedenkstein vom Platz des bereits abgebauten Ehrenhains abzuholen und für den Transport nach Deutschland zu sichern, übernehmen die Spezialpioniere aus Husum. Sie sind für den Abzug und den Rückbau von Infrastruktur bereits vor Ort in Masar-i Scharif. „Die Herausforderung liegt darin, den Stein für den Lufttransport zu sichern – er darf nicht beschädigt werden“, erklärt Hauptmann Marco R.*, Zugführer der Spezialpioniere. Mit Hilfe eines 100-Tonnen-Kranes wird der Findling angehoben und in Folie verpackt. Dabei wird auch gleich das genaue Gewicht festgestellt – wichtig für den Lufttransport. 26,2 Tonnen zeigt die Waage des Kranes an.
Ein Schwerlasttransporter für den Gedenkstein
Am nächsten Morgen geht es weiter: Eine AN-124-Transportmaschine hat einen Schwerlasttransporter (SLT) 56 Tonnen und vier Soldaten aus dem Logistikbataillon 172 in Beelitz mitgebracht. „Franziska“ nennen die Soldaten liebevoll ihr kolossales Gefährt.
Normalerweise transportieren die Spezialisten des SLT-Zuges Panzer und anderes schweres Gerät – ein rund 27-Tonnen-Stein ist auch für sie ein Novum. Dann ist es soweit: Vorsichtig hebt der 100-Tonnen-Kran den Findling auf den Auflieger des Schwerlasttransporters. Mit Kanthölzern und Anti-Rutsch-Matten wird der Gedenkstein auf dem Auflieger in eine sichere Position gebracht. „Wir mussten ein paar Mal neu ansetzen, bis alles fest war“, sagt Hauptmann R.* Bis spät in die Nacht dauern die Sicherungsarbeiten, dann ist der Findling mit Ketten und Gurten in jede Richtung fest verzurrt.
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Wiegen, entseuchen – fertig zum Flug
Im Schritttempo fährt der SLT am nächsten Tag einmal durchs Feldlager bis zum Vorfeld des Flugplatzes. Vor dem Transport stehen noch zwei wichtige Schritte an: das Feststellen des genauen Gewichtes des kompletten SLT mit dem Gedenkstein – und die Tierseuchenprophylaxe. Dafür wird alles mit einer desinfizierenden Flüssigkeit abgespritzt. 64, 5 Tonnen bringen Zugmaschine und Auflieger mit Findling am Ende auf die Waage. Eine Menge – aber kein Problem für die Antonow-Transportmaschine, die unter Idealbedingungen bis zu 120 Tonnen tragen kann.
Abflug nach Deutschland
Am nächsten Morgen geht alles ganz schnell: Um fünf Uhr landet die AN-124, eine Stunde später sind Schwerlasttransporter und Findling in ihrem Laderaum verschwunden. Eine letzte Runde über das Flugfeld bis zur Startbahn, dann ist der Gedenkstein aus Camp Marmal auf dem Weg in seine neue Heimat nach Deutschland.
Rund neun Stunden später setzt der große Vogel wohlbehalten auf dem Flughafen Halle-Leipzig auf. Hauptfeldwebel Eric K.*, Zugführer in der 5. Kompanie des Logistikbataillons, steigt mit seinen Männern im Tropenflecktarn aus der Maschine. Der Flug verlief reibungslos und Ortszeit 15 Uhr herrschen in Leipzig erfrischende zehn Grad. „Das fühlt sich nach der Hitze in Afghanistan richtig gut an“, sagt K., während hinter ihm die Crew der Antonow mit geübten Handgriffen das Löschen der Fracht vorbereitet.
Klare Arbeitsteilung am Boden
„Da gibt es eine klare Arbeitsteilung“, erklärt der Hauptfeldwebel: „Wir fahren den SLT ins Flugzeug rein und wieder raus. Für alles andere sind die Jungs von der Besatzung mit ihrem Lademeister zuständig.“ Insbesondere das Verzurren der Fracht sei eine Aufgabe für Profis.
Kurz darauf dirigiert K. seine „Franziska“ langsam aus der Antonow. Bis alle Formalitäten geklärt sind, wird noch einige Zeit vergehen. Wegen der Überlänge und des hohen Gewichtes des Schwerlasttransports haben die Logistikexperten der Bundeswehr eine Ausnahmegenehmigung für die Fahrt nach Schwielowsee beantragt. Insofern gelten für die Truppe die gleichen Regeln wie für jeden anderen Spediteur.
Frage der Berufsehre
Im zugewiesenen Zeitfenster macht sich der Transport mit dem sorgfältig verpackten Stein schließlich auf den Weg. Und zwar mit gemächlichen 65 Kilometern pro Stunde. Für die Männer aus Beelitz wird das heute noch ein langer Abend. „Aber wir werden diesen Transport bis zum Ende begleiten“, sagt K. emotional. „Das ist eine Frage der Berufsehre.“
Gut angekommen im Wald der Erinnerung
Nach fünfeinhalb Stunden Fahrt ist es endlich soweit: Um 0:30 Uhr kommt der Findling in der Henning-von-Tresckow-Kaserne in Schwielowsee an. Dort, unweit des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, befindet sich der Wald der Erinnerung. Zu guter Letzt muss der Stein noch vom Sattelauflieger heruntergekrant werden. Das erfordert noch einmal höchste Konzentration von den Soldaten des Sanitätsregiment 1 Führungsbereich Berlin: Hat der Stein die lange Reise wirklich gut überstanden? Oder weist er Beschädigungen auf, wenn die Zurrgurte gelöst werden? Am Ende sind alle erleichtert. Der Stein steht sicher an seinem vorübergehenden Platz im Wald der Erinnerung.
Hier wird er auch endgültig seine Heimat finden, wenn der Ehrenhain aus Masar-i Scharif – so wie alle anderen Ehrenhaine aus Afghanistan – wiederaufgebaut ist. Sie dienen dem Gedenken an alle im Afghanistaneinsatz ums Leben gekommenen Kameraden. „Das ist ein wichtiger Schritt für die Erinnerungskultur der Streitkräfte und die Möglichkeit, symbolisch und emotional mit dem Afghanistaneinsatz abzuschließen“, sagt Stabsfeldwebel Michael Eichstaedt, Besucherführer im Wald der Erinnerung.
*Name zum Schutz des Soldaten abgekürzt.