Was die EUEuropäische Union-Ratspräsidentschaft für Bundeswehr und Verteidigung bedeutet

Was die EUEuropäische Union-Ratspräsidentschaft für Bundeswehr und Verteidigung bedeutet

Datum:
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21 MIN

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dek: 15:35 Unverständlich (Silienta?)
dek: Bitte Namen auf korrekte Schreibweise kontrollieren!

A - Oberstabsfeldwebel Wittich
B – Berent
C - Dr. Benedikta von Seherr-Thoß
F1 – Barbara Gantenbein
F2 – Hauptmann Matthias Lehna
F3 -Stabsunteroffizier Brünnecke

„Delta to all, Radiocheck, over“
This is Tango, over“
„Hier ist Bravo, kommen.“
Funkkreis, Podcast der Bundeswehr.

A: Es gibt Kameraden, die reden deutsch, es gibt deutsche Kameraden die reden halt französisch, aber mit Händen und Füßen klappt das in allen Dienstgradebenen.

B: Zum Beispiel in Holland, Unterschiede im Dienstgrad, sind schon wichtig, aber wir sind ein bisschen lockerer, in Frankreich sind die nicht locker.

C. Uns ist es wichtig das wir alle mitnehmen und einen Weg definieren den alle Eu-Mitgliedstaaten mitgehen wollen.

F1: Am 1. Juli hat Deutschland die EUEuropäische Union-Ratsmitgliedschaft übernommen, das ist das erste Mal seit 13 Jahren. Die EUEuropäische Union Staaten wechseln sich nämlich alle halbe Jahre ab. Weil das also etwas besonderes ist, haben wir heute auch einen besonderen Podcast, nämlich mit gleich 3 Gesprächspartnern, Sie berichten über ganz unterschiedliche Seiten dieses Themas. Meine Kollegin Jasmin Brünnecke spricht mit einem Spieß vom deutsch-französischen Versorgungsbataillon. Ich selbst, Barbara Gantenbein, spreche mit der Referatsleiterin, die im Verteidigungsministerium für die Ratspräsidentschaft zuständig ist. Und mein Kollege Hauptmann Lehna hat einen niederländischen Kompanie-Einsatzoffizier am Telefon. Der dient in einer deutsch-niederländischen Einheit und berichtet, was das im Alltag bedeutet. Matthias ich bin ganz gespannt wie dein Gesprächspartner diese europäische Zusammenarbeit erlebt.

F2: Vielen Dank Barbara. Ich hab Berent Becker in der Leitung. Er ist Soldat in einer Pionierkompanie.

B: Guten Morgen Matthias.

F2: Ja hallo Berent. Schön das du gerade Zeit hast. Sag mal, von wo telefonierst du eigentlich jetzt gerade?

B: Ich telefoniere jetzt gerade von Wezep aus. Wezep ist ein kleines Dorf, ungefähr 50 Kilometer entfernt von der deutschen-niederländischen Grenze und 80 km entfernt von Utrecht in Holland.

F2: Für alle Zuhörerinnen und Zuhörer, wie man vielleicht auch am Akzent hören kann und jetzt auch nach der Ortsbeschreibung, ist Berent Niederländer, genauer gesagt ein niederländischer Soldat der 43. mechanisierten Brigade, die Teil der 1. Panzerdivision ist. Das ist eine Besonderheit, die interessant ist Berent. Kannst du ein bisschen mehr dazu erzählen?

B: Ja genau, wir sind mit unserer ziemlich neuen Kompanie „MREC“ Multirole Engineer Company, unserer Einheit hat so Pionier Aufklärungstruppen, Advanced Search Truppen, das sind so Leute die ganz gut Sachen durchsuchen können auch bei Nacht, Search Operations machen können. Wir haben auch ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrtruppen in unserer Kompanie, da bin ich mit meiner Kompanie Teil des Panzerpionierbataillons. Unser Bataillon ist dann wieder Teil der 43. mechanisierten Brigade und unsere Brigade dann wieder Teil der 1. Panzerdivision.

F2: Die wiederum Teil des deutsch-niederländischen Korps ist. Hier haben wir ein Beispiel dafür. dass die Niederländer die ihre Panzereinheiten die sie haben, ihre einzigen Panzereinheiten komplett in eine deutsche Division vereinen. Das Rahmennationenkonzept dazu sieht nämlich vor, dass Fähigkeiten die einzelne Armeen von kleineren Staaten nicht haben, kombiniert mit anderen Staaten zusammengeführt werden und sich ergänzen. Und das heißt aber auch Berent für dich das du mit Deutschen zusammen übst?

B: Genau das stimmt, ja. Wir haben zum Beispiel letztes Jahr Truppenübungsplatz Klietz haben wir zusammen geübt mit Panzerbataillon 414, das ist auch ein deutsch-niederländischer Panzerbataillon weil wir in Holland, in Niederlande, eigentlich keine eigenen Panzer haben. Seit einigen Jahren. Das hat was mit Geld zu tun damals und weil natürlich Panzer, ganz wichtig sind im Gefecht haben wir doch wieder die Zusammenarbeit gesucht mit euch, mit Deutschland. Deswegen gibt es dann zum Beispiel Panzerbatallion 414 und wir haben dann auch in Klietz als Panzerpionier zusammengearbeitet bei der  Verteidigung das war da das Thema genau.

F2: Diese Zusammenarbeit gibt es nicht nur beim Heer, die ist auch bei der Marine sehr stark also jetzt in Bezug auf euch Niederländer und auch bei der Luftwaffe. Auch da gibt es verschiedene Kooperationen und Zusammenarbeiten die über ein loses Bündnis hinausgehen. Kannst du mir nochmal erzählen wie das eigentlich ist, diese Integration in der 1. Panzerdivision. Du wirst auch auf Lehrgänge geschickt, auf deutsche Lehrgänge, da habe ich dich ja unter anderem kennengelernt beim Taktiklehrgang Eins im letzten Jahr Dezember in Dresden und das ist für dich auch normal. Du bist öfter bei Lehrgängen in Deutschland. Kannst du dazu etwas sagen?

B: Ja genau mit dir waren gute 2 Wochen übrigens. Wir waren in Dresden, ich hab da viel gelernt. Das ist, glaube ich, auch ganz wichtig in dieser internationalen Zusammenarbeit, dass wir auch zusammen Lehrgänge machen, besser verstehen wie wir denken, wie wir operieren, was für euch wichtig ist, was für uns wichtig ist, dass wir einander besser verstehen, um dann besser üben zu können und letztendlich natürlich auch im Einsatz besser zu wissen wie man am besten zusammenarbeiten kann. Ich war dann damals in Dresden, aber es gibt verschiedene Kurse die wir von Holland aus, die Niederländer zusammen mit euch machen und auch das deutsche Soldaten nach Holland kommen, in die Niederlande, zum Beispiel ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehr in meiner Kompanie im Moment. Wir machen oft mit euch mit, weil das eigentlich einfacher ist. Ihr habt eigentlich auch viel Erfahrung und wenn wir das dann zusammenbringen, dann werden wir alle besser und besser und wissen besser, wie wir besser zusammenarbeiten können, genau.

F2: Genau, ja du sprichst da einen interessanten Punkt an es geht dabei nicht nur darum um zusammenführen von Kräften und Mitteln, sondern es geht ja auch um das Zusammenführen und Zusammenwachsen verschiedener Mentalitäten. Jetzt muss ich aber gestehen, es ist bei dir recht einfach gewesen. Auch in den zwei Wochen Lehrgang in Dresden war das schon sehr einfach mit dir weil wir keine Sprachbarriere hatten, man hört ja du kannst ja sehr gut Deutsch sprechen das hat ja enorm geholfen auch im zwischenmenschlichen Zusammenarbeiten. Hast du da auch andere Erfahrungen mal gemacht, auch mit anderen Partnern das heißt jetzt nicht Deutschland, sondern auch mit, weiß nicht, mit Belgien oder sonst wie. Wie empfindest du das Arbeiten auf multinationaler Ebene?

B: Im Grunde genommen ist es natürlich sehr gut, dass wir hier zusammen arbeiten, aber man sieht schon, höhere Offiziere die können meistens ziemlich gut Englisch oder Fremdsprache. Aber auf taktischer Ebene, wo es eigentlich drauf ankommt, dann sieht man natürlich doch oft, das haben wir zum Beispiel in Mali oft gesehen, da haben wir oft viel zusammengearbeitet mit den Franzosen, das ist natürlich schwierig. Ich kann nicht so gut französisch, die meisten meiner Einheit auch nicht und die Franzosen können auch oft nicht so gut Englisch. Dann merkt man schon schnell das Kommunikation schwierig wird. Aber auf Gruppenebene oder Zugebene, Kompanie auch Bataillon glaube ich, dann funktioniert das schon einigermaßen. Brigade wahrscheinlich auch, aber so Soldaten da ist es natürlich schwierig das die dann auch zusammen arbeiten.

F2: Das ist eine wichtige Sache die du ansprichst soweit ich das große und ganze Konzept verstanden habe ist ja auch nicht die Absicht, dass man bis in die Gruppenebene hinein eine multinationale Vermischung haben möchte und dass es dann im taktischen Klein-Klein da zu Problemen kommt, sondern wir bleiben ja auch auf der Ebene Verbände, Brigade jetzt in dem Fall bei dir aufwärts und davon gibt es ja sehr viele Beispiele. Es gibt ja auch im multinationalen Korps Nord-Ost in Stettin die Integration der 41. Panzergrenadierbrigade mit der 10. Panzerbrigade polnisch und da gibt es ja viele Beispiele. Ich zum Beispiel habe auf einer multinationalen simulierten Divisionsgefechtsübung in Grafenwöhr letztes Jahr mit Tschechen zusammengearbeitet, die dann auf der Divisionsstabsebene auch ihre Verbindungsoffiziere abgestellt haben und da muss ich schon gestehen, das klappte erstaunlich gut. Es ist auf jeden Fall erfreulich, wie bei dir jetzt einen Fall zu haben, dass man eine sehr schnelle Verständigung hat, weil die Sprachbarriere weg ist.

B: Nicht nur Sprache, nicht nur military position making process was natürlich in Holland schon ein bisschen anders ist zum Beispiel, sogar in Holland Unterschiede Dienstgrad sind schon wichtig, aber wir sind da vielleicht ein bisschen lockerer. In Frankreich sind die nicht locker, in Amerika sind die auch nicht so locker. Ich hab schon erlebt in Afghanistan sehen  die, wie ich dann mit einem Soldaten einfach ein bisschen quatsche und rede und die gucken mich dann an und denken „Was macht dieser Offizier, was macht der überhaupt?“ Das ist nicht normal für die Amerikaner und auch dort sieht man Unterschiede, kulturelle Unterschiede, wie man dann so zusammenarbeitet.

F2: Das stimmt, ja das ist ein wichtiger Punkt. Deswegen wird ja auch die Zusammenarbeit vertieft, indem man unter anderem die Offiziere mindestens gegenseitig in die Länder schickt zu den Lehrgängen wie es bei dir ja auch der Fall war und so wie es die Bundeswehr ja auch macht. Und diese binationalen Programme gibt es ja zu Hauf. Ich zum Beispiel hatte bei einem Einzelkämpferlehrgang auch einen Niederländer, der sich mit mir 4 Wochen durch die deutschen Mittelgebirge gequält hat und das schweißt zusammen. Das kann ich garantieren.

B: Genau.

F2: Vielen Dank Berent für deine Zeit gerade und für das Gespräch. Was steht bei dir als nächstes an?

B: Wir haben heute eine Besprechung für eine Übung am Ende des Jahres Iron Wolf in Litauen wo wir mit unseren ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkräften zusammen mit deutschen

ABCAtomar, Biologisch, Chemisch- Abwehrkräften diese Übung mitmachen. Das passt zum Thema, das ist eigentlich ganz schön. Das ist eigentlich das, was wir gleich machen. Eine Besprechung über das, was wir da machen können, mit wie vielen Leuten wir dahin gehen und auch wie wir zum Beispiel in unseren Funksystemen, wie wir damit kompatibel werden um mit euch da überhaupt funken zu können.

F2: Vielen Dank Berent.

B: Danke Matthias, tschüss.

F2. Von der Truppenebende der deutsch-niederländischen Zusammenarbeit übergebe ich an die ministerielle Ebene. Barbara wie schaut es bei dir aus?

F1: Danke Matthias. Ich habe jetzt Dr. Benedikta von Seherr-Thoß am Telefon. Sie leitet das Referat, das im Verteidigungsministerium für die Ratspräsidentschaft zuständig ist und sie erklärt, was die Übernahme der EUEuropäische Union-Ratspräsidentschaft politisch für uns bedeutet. Guten Tag Frau Dr. von Seherr-Thoß.

C: Hallo, ich grüße sie.

F1: Ich grüße sie auch. Ich bin froh, dass sie Zeit haben für uns heute. Können sie mir denn bitte mal erzählen welche Chancen sind denn für Deutschland und auch für das Verteidigungsministerium mit der deutschen EUEuropäische Union-Ratspräsidentschaft verbunden?

C: Ja sehr gerne. Die Ratspräsidentschaft ist natürlich für jedes Land, das sie inne hat, eine riesige Chance sich gestaltend einzubringen und wichtige Politikbereiche voranzubringen, die EUEuropäische Union insgesamt voran zu bringen und das ist genau das, was wir auch tun wollen. Die Erwartung in Deutschland war natürlich schon vor der COVID-Krise riesig groß. Das liegt zum einem daran, dass Deutschland natürlich ein Land ist – stärkste Wirtschaftskraft in Europa mit viel politischem Gewicht – gleichzeitig sind wir auch der erste große Mitgliedsstaat seit 2014 der die Ratspräsidentschaft innehatte und insofern gibt es in uns viele Hoffnung, dass wir bestimmte Themen vorantreiben und mit der COVID-Krise ist, sind die Erwartungen natürlich noch viel größer geworden. COVID hat, und das wissen wir ja alle, nicht nur unser Leben sondern auch die Ratspräsidentschaft auf den Kopf gestellt und eine völlig neue Ausgangslage geschaffen und ja ich glaube insgesamt geht es natürlich für uns darum, dass wir uns erstmal der Krisenbewältigung widmen. Da geht es viel um den Bereich Gesundheit aber es geht auch um die Frage wie können wir Europa aus der Krise heraus führen. Alle haben sicherlich das Stichwort Wiederaufbau-Fond gehört. Das ist natürlich der wirtschaftliche Bereich. Aber insgesamt wird es darum gehen, dass wir Europa zurück in eine gute Post-COVID-Zukunft führen und das ist auch das, was das Verteidigungsministerium und unsere Ministerin sich vorgenommen hat.

F1: Und welche Ziele hat die Verteidigungsministerin jetzt im Bereich Sicherheit und Verteidigung?

B: Also im Bereich Sicherheit und Verteidigung ist es ganz wichtig, dass wir ein resilientes  Europa haben, das heißt ein Europa, das widerstandsfähig ist, das reaktionsfähig ist und ein Europa, das sich nach einer Krise auch schnell wieder erholen kann. Insgesamt wünschen wir uns ein Europa, das als globaler Stabilitätsanker fungiert. So müssen wir uns entsprechend aufstellen.

F1: Können sie mir ein oder zwei konkrete Vorhaben nennen?

B: Ja gerne. Also widerstandsfähig und reaktionsfähig ist man natürlich nur, wenn man genau weiß, wie man dann auf die bestimmten Gefahren und Herausforderungen reagieren muss und so ist eins unserer Vorhaben der so genannte strategische Kompass. Das bedeutet, wir wollen uns gemeinsam mit unseren europäischen Partner überlegen wie wir uns strategisch ausrichten, also was wollen wir als Europäer können, was wollen wir vielleicht auch nicht können. Wie wollen wir mit unseren Partnern zusammenarbeiten? Da ist natürlich die NATONorth Atlantic Treaty Organization ganz, ganz wichtig. Und wir wollen diesen Prozess starten mit einer Bedrohungsanalyse. Das ist etwas, das es im EUEuropäische Union-Kontext in der Form noch nie gab. Also einen 360-Grad-Blick in die Welt werfen und schauen, was sind die Herausforderungen und Bedrohungen vor der wir in der EUEuropäische Union stehen und wie können wir denen begegnen.

F1: Das stelle ich mir jetzt ziemlich kompliziert vor. Wir haben ja nur ein halbes Jahr Zeit, also für so eine komplexe Geschichte. Kriegen wir das in der Kürze der Zeit hin?

B: Ja das ist absolut berechtigt und ich glaube so muss man auch die Ratspräsidentschaft als etwas verstehen wo man in den 6 Monaten dieser Ratspräsidentschaft im Grunde genommen nur noch die Früchte erntet dessen was man in den Monaten, wenn nicht sogar Jahren davor gesät hat. Und das was wir tatsächlich abschließen wollen in den 6 Monaten unserer Ratspräsidentschaft das ist der erste Schritt nämlich die Bedrohungsanalyse, die ich gerade erwähnt habe und anschließend steigen wir in einen Dialog mit allen Mitgliedstaaten ein und entwickeln diese strategische Grundlage, die erst in der französischen Ratspräsidentschaft Anfang 2022 abgeschlossen wird.

F1: Also denkt man wirklich sehr, sehr langfristig. Sie hatten eben ja auch die Folgen der Pandemie, wir müssen diese ja auch weiterhin bewältigen, erwähnt. Gibt es da auch ein konkretes Vorhaben?

B: Ja, wir schauen natürlich auch was können wir unmittelbar machen. Das was ich als Erstes erwähnt habe war ja sozusagen langfristig gedacht, aber wir wollen natürlich auch unmittelbar bei der Bewältigung der Pandemie helfen und wenn ich sage wir wollen unsere resilienter aufstellen, dann natürlich auch in diesem Bereich. Da haben wir uns ein Projekt überlegt was, einem PESCOPermanent Structured Cooperation-Projekt entspringt und da geht es um einen Beitrag der Sanitätsdienste zur Bewältigung von Pandemien. Wir wollen wichtiges Sanitätsmaterial bevorraten und an unterschiedlichen Orten in Europa lagern, sodass es dann im Krisenfall schnell zu den Partnern geschickt werden kann in Europa aber auch in den Einsätzen die es brauchen.

A: Sie haben eben die Einsätze mit erwähnt. Das wäre meine nächste Frage gewesen. Wo stehen wir denn mit unseren Missionen und Operationen im Moment?

B: Ja also das ist natürlich ein Bereich, auf den wir ganz genau schauen, weil wir auch sehen, dass COVID noch mehr, klar Pandemie kennt keine Grenzen und besonders fragile Regionen geraten noch mehr unter Druck, bestehende Krisen und Konflikte drohen sich zu verschärfen. Und deswegen ist es uns natürlich ganz wichtig, dass wir weiterhin unserer Verantwortung vor Ort gerecht werden. Wir haben ja unsere Ausbildung pausieren müssen in den EUEuropäische Union-Trainingsmissionen. Wir hatten vor 10 Tagen ein Treffen der EUEuropäische Union- Verteidigungsminister, da wurde entschieden, dass wir das jetzt sobald wie möglich wieder hochfahren. Natürlich immer in Absprache mit unseren EUEuropäische Union-Partnern und mit den Gastländern. Aber insgesamt wissen wir, wenn ich jetzt mal die Sahel-Region als Beispiel nehme,  dass es ganz wichtig ist, dass wir sichtbar und vor Ort bleiben. Und deswegen werden wir auch den EUEuropäische Union-Ausbildungseinsatz erweitern auf die G5-Sahel und schauen, dass wir die lokalen Streitkräfte noch effektiver unterstützen können.

F1: Auch das ist ja eigentlich so ein bisschen noch aktuelles Krisenmanagement, also was sie eben erwähnten, auf die G5 das auszuweiten. Gibt es denn irgendwas in Bezug auf das aktuelle Krisenmanagement, das wir in den letzten Monaten gelernt haben und das wir jetzt mitnehmen als Zielsetzung auch für die Ratspräsidentschaft?

B: Ja genau, Solidarität ist ein ganz, ganz wichtiges Stichwort. Das haben wir gelernt. Das geht natürlich weit über den Bereich Sicherheit und Verteidigung hinaus. Das ist ja die große Diskussion gewesen, die wir am Anfang hatten und Deutschland hat sowieso einen sehr inklusiven Ansatz in seiner Politik, das heißt uns ist es wichtig, dass wir alle mitnehmen. Dass wir Ziele definieren und einen Weg definieren, den alle EUEuropäische Union-Mitgliedstaaten mitgehen wollen und gerade bei der Solidarität ist es wichtig, die Partner die einen bestimmten Bedarf haben, sei es jetzt unmittelbar im Bereich der Pandemie zum Beispiel wichtiges medizinisches Material, aber es geht auch um Transportleistung, es geht auch um Unterstützung der nationalen Strukturen, wenn man da einen Bedarf hat, dass man direkt unterstützen kann in der Krise.

F1: Klingt wunderbar und das klingt auch so, als würden ganz viele Dinge, die wir in den letzten Jahren und vielleicht sogar Jahrzehnten schon angestoßen und voran getrieben haben jetzt zusammen geführt und im nächsten halben Jahr dann auch nochmal extra Früchte tragen. Herzlichen Dank Frau Dr. von Seherr-Thoß.

B: Ganz herzlichen Dank.

F1: Nachdem wir jetzt einen Überblick über die politische Bedeutung der EUEuropäische Union- Ratspräsidentschaft haben gehen wir auf die deutsch-französische Arbeitsebene und damit zu unserem nächsten Gesprächspartner. Den hat Stabsunteroffizier Brünnecke.

F3: Hi, ja genau ich spreche mit Oberstabsfeldwebel Wittich aus Donaueschingen. Herr Oberstabsfeldwebel was ist das Besondere an ihrer Position?

A: Ich bin der Kompaniefeldwebel der dritten Kompanie des deutsch-französischen Versorgungsbataillons. Eine rein deutsche Kompanie, eingebettet in einen bi-nationalen Verband.

F3: Welche Berührungspunkte haben sie denn da im Alltag mit nicht-deutschen Kollegen?

A: Also mit nicht-deutschen Kameraden im Alltag, wir sind leicht disloziert, der Haupttruppenteil also mit den französischen Kameraden befindet sich in Müllheim und wir sind ungefähr 110 Kilometer entfernt in Donaueschingen, im Dienstbetrieb in Donaueschingen eher seltener, das kommt dann immer bei Besprechungen, Übungen …da kommt das wesentlich stärker zum Tragen.

F3: Was wird denn gesprochen? Französisch, Deutsch oder Englisch?

A: Die offizielle Amtssprache, Befehls-Kommandosprache ist englisch. Wird aber Deutsch wie auch französisch gesprochen. Man muss sich vorstellen, wir sind an der französischen Grenze stationiert, wir haben deutsche Kameraden, die in allen Dienstgradgruppen sehr gut Französisch können. Sie werden dann herangezogen und auf der anderen Seite sind französische Kameraden, die an in der Nähe zur deutschen Grenze wohnen und die dann auch einigermaßen deutsch sprechen.

F3: Mussten Sie dann extra auch für Ihren Job französisch lernen?

A: In der Ausbildung ist das vorgesehen, dass man die Sprache dementsprechend erlernt, aber bis jetzt kam es noch nicht dazu. Aber wie gesagt, die Amtssprache offiziell ist Englisch.

F3: Wie ist Ihr Weg persönlich? Wie kamen Sie zu einer deutsch-französischen Einheit?

A: 1992 bin ich ja ganz normal als Wehrpflichtiger zur Bundeswehr gegangen. Hab dann vier Jahre abgeleistet in Thüringen, Bad Salzungen, als Unteroffizier und mit dem Laufbahnwechsel in die Reihen der Portepee Unteroffiziere und mit Bestehen der Lehrgänge erfolgte dann 1996 die Versetzung in die IDFIndirect Fire Brigade.

F3: Dann sind Sie ja schon richtig lange da.

A: Ja ist eine Weile.

F3: Wow!

A: Seit 96, genau. Ein Jahr Unterbrechung, da war ich in der SKBStreitkräftebasis beheimatet und danach ging es auf meinen jetzigen Dienstposten.

F3: Dann kann ich mir vorstellen, haben Sie einiges an Erfahrung in der Zusammenarbeit auch. Was ist denn da Ihr Gefühl, was ist positiv bei der Zusammenarbeit multinational beziehungsweise binational?

A: Das gegenseitige Lernen. Muss man einfach so sagen. Jede Armee hat in einigen Bereichen eigene Verfahrensabläufe und die kann man dann im binationalen Verband als Gewinn für beide Seiten auch zusammenführen.

F3: Haben Sie da ein Beispiel?

A: Ein Beispiel wäre jetzt die Gefechtsausbildung. Eine gemeinsame Gefechtsausbildung, dann gemeinsam schießen. Unser Standardgewehr ist das G36. Der französische Soldat schießt mit dem Famas und um in der Übung eine Ausbildung zu haben werden dann einfach, sag ich jetzt so, die Waffen getauscht. Wir schießen mit den französischen Waffen, die französischen Kameraden mit den Deutschen, so lernen wir voneinander.

F3: Herr Oberstabsfeldwebel, was macht das Leben bei Ihnen einfacher? Haben Sie da ein Beispiel für? Gibt es irgendwas, was in der binationalen Einheit dann vereinheitlicht wurde?

A: Vereinheitlicht, ja, es gibt Schnittpunkte. Jetzt mal ein Beispiel: die zweite Kompanie, das ist unsere Transportkompanie, ebenfalls binational aufgestellt, bis auf Zugebene und haben natürlich Fahrzeuge, Lastkraftwagen, und dazu gehören Container, wo das Material welches zu transportieren war verpackt wird. Und diesen Container, ich möchte es mal einfach beschreiben, ist es egal ob er auf einen französischen LKW verlastet oder auf einen deutschen verlastet ist. Er passt auf beiden. Und das macht es relativ einfach.

F3: Was sind denn dann so die negativen Aspekte? Gibt es Barrieren?

A: Wir haben es eben kurz angesprochen, Barrieren, die Sprache in den vielerlei Hinsicht. Englisch ist eigentlich das Offizielle. Es gibt Kameraden die Reden deutsch. Es gibt Kameraden, deutsche Kameraden, die reden französischer aber mit Händen und Füßen klappt es in allen Dienstgradebene. Also die Verständigung, dass funktioniert. Es dauert halt manchmal etwas länger und wenn es halt wie gesagt zu sehr ins Detail geht, dann brauchen die eine Befehlsausgabe oder organisatorischen Gründen, dann zieht man sich einen dazu der dann in der jeweilige Sprache der anderen Nationen spricht.

F3: Ja, kommt man da so manchmal an seine Grenzen, könnte ich mir vorstellen. Die Deutschen, die gelten ja als besonders geradlinig, als pünktlich, als: „wir haben ganz viele Regeln“. Haben Sie so das Gefühl die Deutschen und die Franzosen haben andere Lebensweisen?

A: Lebensweisen, also die französische Lebensweisen, ich sage mal ist etwas lockerer als die deutsche aber man passt sich an. Also man kennt die Gepflogenheiten der jeweilig anderen Nationen und dann passt man sich an und das funktioniert wirklich.

F3: Ja? Können Sie da mal aus dem Nähkästchen erzählen, so als Beispiel wo vielleicht die Franzosen sich mal über die deutschen aufregen und die Deutschen vielleicht mal über den Franzosen, weil sie immer zu spät kommen oder irgendwie sowas?

A: Also wie gesagt, Sie haben es ja grade schon angesprochen. Der eine Punkt ist halt die Pünktlichkeit. Ja, wenn ein deutscher Soldat sagt, wir fahren um 13 Uhr dann sitzt er eine viertel Stunde vorher auf seinem Fahrzeug, als ein Beispiel, aber wie ich sag, man passt sich dann an. Das hat dann auch der französische Kamerad verstanden und dann funktioniert es ganz gut.

F3: *lacht* Gibt es in dieser binationalen Zusammenarbeit Dinge, die Sie verbessern würden, gerne würden oder die man verbessert hat?

A: Was man verbessert hat, in der Corona Zeit, dass eine Besprechung, aufgrund der Corona Lage, dass man da nicht körperlich beisammen, sondern nur über Telefonkonferenzen oder Videokonferenzen Besprechungen stattfinden lässt. Das beste Beispiel funktioniert, das beide das gleiche Equipment zur Hand haben.

F3: Jetzt waren Sie ja sicherlich in den Jahrzehnten bei der Bundeswehr ein paar mal im Einsatz. Gehen Sie dann auch mit dem französischen Kollegen zusammen in den Einsatz oder bleibt das dann rein Ihre deutschen Kollegen und dann in Kosovo, in Afghanistan, wo waren Sie denn überall schon?

A: Im Einsatz war ich jetzt sechs mal ungefähr. Ich war in Bosnien, zwei in Afghanistan, drei mal im Kosovo und zuletzt jetzt 2018 im Rahmen der Mission EFP in Litauen. Die Einsatz Gestellung selber, also das Paket was entsendet wird ist immer rein national. Ja also genau, dass ist dann rein national und die binationale oder dann in den Einsätzen die multinationale Zusammenarbeit kommen dann erst in jeweiligen Einsatzgebiet zum tragen. In der Mission in Litauen, da ist eine Rotation, die alle sechs Monate gewechselt wird und da ist dann 2018 auch ein französischer Kampfverband implementiert worden und dadurch dass wir aus dem Dienstalltag alle diesen Umgang kennen und weiß, wie man sich auf binationaler Ebene bewegt haben wir es da natürlich wesentlich einfacher die Kommunikation aufzubauen, wie funktioniert das jetzt genau.

F3: Ist das definitiv einer der Vorteile in einer binationalen, einem binationalen Umfeld zu arbeiten?

A: Ja! In den Auslandseinsätzen, wie gesagt, wenn man es gewohnt ist, mit anderen Nation zusammenzuarbeiten, mit den Franzosen, man tut sich wesentlich einfacher und das ist für uns nichts Neues.

F3: Wie war für Sie persönlich der Einsatz in Litauen, mit soviel anderen Nationen?

A: Ich fand es hochinteressant. Wir waren in Rukla stationiert, eine relativ kleine Liegenschaft und man hatte ständig Berührungspunkte untereinander, ob das in der Truppenküche war, ob das auf den gemeinsamen Übungen war, ob das im Dienstbetrieb war, also die logistische Basis dieser Battlegroup war leicht ausgebettet, 1,5 km von der Unterkunft entfernt und dort war dann alles. Ich bin Logistiker, alles an Logistik war dort vertreten, was die jeweiligen Nationen dementsprechend dann dabei hatten. In einer gemeinsamen großen Halle, dort waren die Instandsetzer, die haben in einer Halle instandgesetzt gemeinsam mit den  Holländern, den Franzosen, Kroaten et cetera.

F3: Was konnten Sie für sich denn da so mitnehmen, lernt man von den anderen Nationen?Sicherlich oder?

A: Na selbstverständlich, man lernt sehr viel von denen und die lernen auch von uns. Wir hatten auch Spezialisten dabei, als ein Beispiel ein holländischer Panzer ging Defekt, wir hatten jetzt kein Mechaniker, es handelte sich um einen Leopard, das gleiche Gerät, was auch die Deutschen benutzen und wir hatten den Mechaniker dafür mit und dann haben die beiden Nationen, die Deutschen und die Holländer, halt dieses Fahrzeug zusammen repariert.

F3: Oberstabsfeldwebel, vielen vielen Dank für das nette Gespräch.

A: Ich danke Ihnen ebenfalls für das Gespräch, wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute und in der heutigen Zeit, bleiben Sie gesund!

F3: Ja machen Sie es gut! Tschüss! Das war unser Podcast „EUEuropäische Union-Ratspräsidentschaft“, weitere Informationen dazu finden Sie auf bmvg.de. Den Podcast der Bundeswehr hören Sie auch auf YouTube Instagram oder deezer. Wir melden uns ab aus dem Funkkreis bis nächste Woche!


Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.