Transkription
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- Lesedauer:
- 15 MIN
Sprecher: Barbara Gantenbein (BGBrigadegeneral), Oberst Gunther Wedekind (GW)
Delta to all. Radiocheck. Over.
Hier ist Bravo. Kommen.
This is Tango. Over.
Funkkreis – Podcast der Bundeswehr
BGBrigadegeneral: Herzlich willkommen zum Funkkreis heute mal aus Uganda, genauer gesagt aus Entebbe. Hier ist Barbara Gantenbein aus der Redaktion der Bundeswehr. Ich sitze im UNUnited Nations Regional Service und Training Centre und bei mir ist Oberst Gunther Wedekind. Er ist nämlich der Teamleader eines ganz besonderen Lehrganges, den Deutschland hier für die Vereinten Nationen anbietet und in dem 20 Offiziere aus 15 Nationen geschult werden und Dinge lernen, die sie dann zurück mitnehmen in ihre Missionen. Erst mal herzlich willkommen beim Funkkreis und vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Herr Oberst. Und gleich die erste Frage: Was ist denn das Besondere an diesem Lehrgang?
GW: Ja, vielen Dank Frau Gantenbein für die sehr nette Begrüßung. Wir nennen diesen Lehrgang Training of the Trainers. Das sagt schon, dass wir hier welche ausbilden, die dann in weiterer Folge den Auftrag haben, an anderer Stelle ihre Kameraden auszubilden. Ich will das gleich dann auch ein bisschen noch weiter ausführen. Wir haben das 2019 zum ersten Mal durchgeführt. Wir sind also überaus glücklich, dass wir dieses Jahr wieder in diesem hervorragenden Ausbildungszentrum hier in Uganda sind, welches ja durch die UNUnited Nations auch finanziert wird, und dafür, was es für die Missionen bedeutet. Wir laden regelmäßig ein, die sogenannten fünf high risk missions, die alle hier im Raum Ostafrika weitestgehend liegen. Die können dann einfacher Weise mit UNUnited Nations-Flugzeugen hierher reisen. Und organisatorisch ist das mit dem Check-in und all diesen Dingen sehr einfach.
BGBrigadegeneral: Was ist nun das Besondere?
GW: Das Besondere ist, dass zunächst mal die Bundesrepublik Deutschland die einzige Nation ist, die dieses sogenannte In-Mission-Training und die Entsendung von In-Mission-Training-Teams den Vereinten Nationen angezeigt hat und das auch regelmäßig tut. Und dann wird eine Terminfindung gesucht und dann reist das Team an, was aus circa neun Offizieren besteht, die alle über UNUnited Nations-Erfahrung und auch langjährige Ausbildererfahrung verfügen. Dann führen wir mit dem Vorlauf und der Nachbereitung in circa zehn Tagen diese Übung durch. Im Moment sind wir in der vorbereitenden Ausbildung. Wie Sie richtig gesagt haben, haben wir aus den fünf Missionen Lehrgangsteilnehmer hier. Was wir hier wollen, ist, sie zu qualifizieren nach Rückkehr in ihre Mission, selbstständig bereits anzufangen, dort die Grundlagen zu legen, eine eigenständige, sogenannte Command Post Exercise, also eine Übung, die der Stab aus sich heraus selbst führt, aber in ihren normalen Liegenschaften. Die bleiben in ihrem normalen Kommando. Die nutzen ihre normalen Fernmeldewege, Telefonnetze und jeder sitzt idealtypisch eigentlich an seinem normalen Arbeitsplatz. Und dann wird eine Lage eingespielt, die den Stab dazu zwingt, bestimmte Maßnahmen aus einem Maßnahmenkatalog in dem sogenannten crisis response measures zu treffen. Und wir füttern das dann. Wir Insider nennen das dann, wir haben eine Storyline, wie wir uns den Übungsverlauf vorstellen, und wir steuern das dann, indem wir sogenannte incidents, Ereignisse, aus einer vorgefertigten Liste einspielen, auf die der Stab dann gezwungen wird, entsprechend zu reagieren.
BGBrigadegeneral: Und diese incidents sind immer so gestaltet, dass die für jede Mission genau zugeschnitten sind, also dass sie da so oder so ähnlich tatsächlich stattfinden. könnten?
GW: Ganz genau. Unser Ehrgeiz ist missionsspezifisch, denn alle fünf Missionen haben ein völlig anderes Einsatzspektrum, eine ganz andere Gefährdungslage. Die einen haben eine maritime Komponente, die anderen haben im Mandat Wahlunterstützung, die nächsten haben protection of civilians, also den Schutz der Zivilbevölkerung. Das variiert. Wir wollen herauslocken ein Verhalten unserer Übungsteilnehmer hier aus den fünf Missionen. Die wollen wir mit sanftem Druck in eine Situation stellen, wo sie Entscheidungen treffen müssen. Wir wollen sie aber auch mit dem Selbstbewusstsein ausstatten, wenn sie nächste Woche hier nach Hause gehen, dass sie das Handwerkszeug haben und auch genug im Setzkasten, um dann zu Hause das in die Tat umzusetzen.
BGBrigadegeneral: Zu Hause ist in dem Fall natürlich in den...
GW: Missionen. Gut, dass Sie nachfragen, aber das können die auch mit nach Hause nehmen. Das nutzt ihnen auch dann später mal, wenn sie wieder hoffentlich heil in ihrem Heimatland zurück sind und den Auftrag mal bekommen, so was anzulegen. Aber das Besondere hier ist ja tatsächlich, dass alle Offiziere und Offizierinnen, die jetzt hier sind, direkt aus ihren Missionen gekommen sind und auch unmittelbar im Anschluss an das Training ja auch wieder in die Mission zurückgehen und dann noch etliche Monate weiter bleiben werden.
BGBrigadegeneral: Das ist der idealtypische Ablauf.
GW: Frau Gantenbein, da haben Sie völlig Recht, und das wünschen wir uns auch. Denn natürlich macht das vorgeschaltete Training of the Trainer nur Sinn, wenn dann die Command Post Exercise, die irgendwann ab September/Oktober stattfinden wird, wenn diese Kameraden dann auch noch vor Ort sind, also von denen vier, fünf, die von den Missionen jetzt hier sind, sollten zumindest zwei noch da sein, und die sollten auch schon die Vorarbeit geleistet haben. Was wir wollen, ist Hilfe zur Selbsthilfe. Wir leiten an. Die Durchführungsverantwortung für die Übung trägt die Mission selbst oder der jeweilige force commander mit seinem Stab. Denn das muss man auch noch wissen: Die UNUnited Nations fordert von den force headquarters zumindest eine Command Post Exercise pro Jahr. Sie müssen sich immer vor Ort klar machen. In den UNUnited Nations-Missionen dominiert das Tagesgeschäft doch schon sehr stark und wir haben in fast allen fünf großen Missionen im Moment unklare Lagen. Wir haben unschöne Bedrohungslagen und das tägliche Geschäft, neudeutsch current OPs, dominiert das Denken. Vielfach hat man gar nicht mehr die Zeit. Man kriegt die Leute auch nicht freigespielt, um die doch etwas komplexere Aufgabe einer Übungsanlage neben dem Tagesdienst hinzukriegen. Mir ist jetzt auch erst bewusst geworden im Gespräch mit den Teilnehmenden hier, dass ja der militärische Anteil nur ein kleiner Anteil eigentlich der UNUnited Nations-Operation vor Ort ist. Und dass die ja auch sich ganz intensiv austauschen müssen immer mit den zivilen Anteilen. Und viele Einflüsse aus dem zivilen Bereich sorgen ja dafür, dass die militärischen Dinge gar nicht unbedingt so umgesetzt werden können, wie sie idealerweise umgesetzt werden würden.
BGBrigadegeneral: Aber da ich glaube, viele Zuhörerinnen und Zuhörer wünschen sich jetzt auch mal ein plastisches Beispiel. Sie hatten mir schon im Vorgespräch erzählt, was im Kongo geübt wurde. Können Sie das bitte noch mal schildern?
GW: Ja, also bei MONUSCOMission de l’Organisation des Nations Unies en République Démocratique du Congo, das ist die UNUnited Nations-Mission im Kongo. Das ist, glaube ich, derzeit die zweitgrößte. Diese Mission ist ja auch räumlich aufgeteilt. Ein Sitz ist in Kinshasa in der Hauptstadt und eine Außenstelle, die aber immer größer geworden ist, liegt in Goma. Das ist am Lake Kivu, an der Grenze zu Ruanda. Und dort befindet sich ein Vulkangebiet mit mehreren großen Vulkanen, unter anderem dem Nyiragongo. Dieser böse Bube bricht häufig aus. Letztmalig vor etwa anderthalb Jahren, nämlich im März 2021. Das Spezifische an diesem Vulkan ist, dass die Lava extrem schnell fließend ist. Ist jetzt nicht, wie wir es kennen, wie beim Ätna oder dass sie kaugummiartig den Berg runterläuft, sondern die läuft bis zu 30 Kilometer pro Stunde. Und wenn Sie jetzt sehen, dass der Mount Nyiragongo von Goma so neun Kilometer weg ist, wird Ihnen klar, wie kurz die Reaktionszeit ist. Der wird seismisch überwacht, der muss auch jetzt nicht jeden Tag ausbrechen. Aber er ist eben schon mehrfach ausgebrochen. Und ist für die Stadt Goma, die wie viele Städte in Afrika unreguliert gewachsen ist, mittlerweile ist Goma eine Millionenstadt, originär nur 200.000, eine massive Bedrohung. Und im März 21 brach der eben aus und die Mission musste leider feststellen, dass sie auf diesen Ausbruch nicht vorbereitet war. Hier muss man dann sehr schnell sagen, wie Sie richtigerweise in Ihrem vorherigen Einsatz gesagt haben, das ist dann sofort die Missionsaufgabe, wie Sie richtig angemerkt haben. Das Militär ist nur ein kleiner Teil, personalmäßig der größte Anteil in fast allen Missionen, aber wir sind eben nur eine Capability von vielen. Daneben gibt es Human Rights, es gibt die Polizei, es gibt World Food Programme, die ganzen UNUnited Nations-Organisationen. Wir haben aber die Manpower und wir haben natürlich auch die Fähigkeiten und Fertigkeiten und das wird auch von uns erwartet, in Krisenregionen schnell mit guten Lösungen vor Ort zu sein, bei der Verkehrslenkung, bei der Evakuierung und bei der Flüchtlingssteuerung. Dort erwartet man von den militärischen Kräften natürlich schnelle Hilfe und wir haben den Auftrag natürlich, unser eigenes Personal zu schützen. Das ist bei einem Vulkanausbruch sicherlich schwierig und entsprechend auch Protection of Civilians. Denn leider, leider ist es oft so, dass diese Schwächemomente, die durch so eine Naturkatastrophe entstehen, durch organisierte Kriminalität sofort ausgenutzt werden. Die einen fliehen aus ihren Häusern und die anderen kommen hinterher und plündern und brandschatzen. Und diese sehr eklige Art ist natürlich schwer zu beherrschen. Wir haben dort ..... die Mission selbst war sehr selbstkritisch. Die hatten natürlich einen umfangreichen Erfahrungsbericht, hat sehr viele Deficiencies, also Fehlentwicklungen, festgestellt, hatten sich ins Stammbuch geschrieben, das nun zu korrigieren und hatten in einer Folge uns dann eingeladen. Und wir haben im Prinzip dieses Szenario noch mal wiederholt und haben eingeübt, um zu verbessern, wie wir reagieren könnten auf so etwas. Und dabei wird eben sehr schnell klar, da ist die Force eben nur ein Spieler, sie brauchen das ganze Portfolio der UNUnited Nations, weil das ja gleichzeitig gleich alle betrifft. Und ein Vulkanausbruch, das ist auch sofort eine Meldung an den Sicherheitsrat oder zum UNUnited Nations-Generalsekretär, das nimmt ja gleich eine Dimension an mit Hunderttausenden von Flüchtlingen. Also die Gemengelage ist sehr speziell. War eine tolle Übung zum guten Schluss. Das muss aber jetzt verstetigt werden, denn wir haben bei der Bundeswehr den alten Spruch: Was nicht geübt wird, klappt nicht. Und wie an vielen dieser Goldkörner ist natürlich auch an diesem Spruch etwas dran. Ein guter Force Commander, und das sind die ja alle, kann nie zufrieden sein mit dem Ausbildungsstand seiner Leute. Es gibt immer etwas zu optimieren, sei es im Ausbildungsstand der ihm unterstellten Soldaten oder an Strukturen und Verfahren, und wir stellen eben nur durch stetes Üben fest. Das ist die einzige Möglichkeit, die wir haben, weil wir ja nicht mal eben den Vulkan ausbrechen lassen können. Wir müssen mit Annahmen leben. Nur so können wir selbstkritisch dann überprüfen, ob das, was wir im Rezepteschrank haben, auch im konkreten Anwendungsfall dann tauglich ist.
BGBrigadegeneral: Was sind also die größten Knackpunkte? Ist es die Kommunikation oder wo hängt es dann am meisten?
GW: Ich habe ja nun Erfahrung von dieser Command Post Excercise im Kongo, aber auch fast 14 Monate bei UNMISSUnited Nations Mission in South Sudan dort allerdings nur für den Bereich der Militärbeobachter. Es ist wie so oft ein kommunikatives Problem. Es ist aber kein kommunikatives Problem, weil die Technik nicht funktioniert, sondern es ist leider ein kommunikatives Problem, weil Menschen nicht richtig miteinander sprechen. Entweder haben sie nicht den gleichen Zeichenvorrat. Das heißt, sie verstehen sich schlicht nicht, weil jeder heute spezifische Abkürzungen und und und und Sprachen entwickelt. Es liegt aber auch mitunter in den Missionen an der fehlenden Wertschätzung und auch bestimmten Distanzhaltung zwischen dem Zivilen, dem Militärischen und der Polizei. Ich habe das in UNMISSUnited Nations Mission in South Sudan 13 Monate sehr bedauernd bemerkt. Es gibt doch noch immer Berührungsängste, obwohl wir ja alle Teil der gleichen Mission sind. Manchmal duldet man uns eher, als dass man uns liebt. Man braucht uns und das sogenannte sichere Umfeld für die Arbeit der anderen UNUnited Nations-Entities, so nennen die sich also World Food Programme. Humanitarian aid ist sicherzustellen. Dafür braucht man uns. Man braucht unsere sogenannte force protection. Man liebt uns aber nicht in jedem Fall. Das sage ich aus meiner Erfahrung ganz klar. Da ist bei vielen noch immer eine latente Distanz zum Militär. Mit der Polizei ist es etwas einfacher, weil die ja eher als ziviles Äquivalent gesehen wird. Also das habe ich deutlich gespürt und daran müssen wir arbeiten, das darf so nicht sein. Wir sind ja eigentlich nur ein enabler. Also jemand, der es möglich macht, dass andere sogenannte pillars oder entities der UNUnited Nations hoffentlich erfolgreich ihre Arbeit umsetzen können. Das heißt, wir begleiten in Konvois World Food Programme, wir unterstützen und überwachen CIMICMultinational Civil-Military Cooperation Command-Projekte, also zivil-militärische Zusammenarbeit, Wiederaufbauhilfe. Wir ermöglichen durch die Schaffung des sicheren Umfelds, dass, nachdem sexuelle Gewalt gegen Frauen und Kinder ein Hauptmerkmal dieser ganzen UNUnited Nations-Missionen heute ist, dass dort dann im Nachgang die Frauen und Kinder betreut werden können. Und dann schaffen wir den Kordon, in dem dann überwiegend dann auch weibliche Militärbeobachter wieder arbeiten können. Denn meine Erfahrung zeigt auch, wenn einer Frau etwas derartig Widerwärtiges widerfährt, die offenbart sich keinem Mann in dem Gespräch. Wenn überhaupt, dann einem weiblichen Militärbeobachter. Und da kann ich gleich noch eine Lanze brechen Wir brauchen mehr weibliche Militärbeobachter. Wir sind da dran. Jetzt in Zusammenarbeit auch mit dem Ministerium. Wir erfüllen im Moment gerade so die Quoten, aber es wäre ganz gut, wenn wir da noch ein paar mehr hätten. Umso schöner, dass hier in dem Lehrgang ja drei weibliche Teilnehmende sind aus drei Kontinenten, wenn ich es richtig sehe.
BGBrigadegeneral: Ja genau, in Europa, Asien und Afrika. Das ist natürlich eine Superquote. 3/20, wenn wir das hinkriegen würden, dann wäre das natürlich super.
GW: Wenn ich es richtig erinnere, Frau Gantenbein, erfüllen wir......Insgesamt liegt die Frauenquote bei der UNUnited Nations bei sieben bis neun. Das ist wenig. Bei den Militärbeobachtern dann bei UNMISSUnited Nations Mission in South Sudan liegt sie bei 25. Da lagen wir weit drüber. Dort haben wir sehr viele. Die sind ja auch speziell geschult und qualifiziert. Aber wir brauchen sicherlich da noch eine Reserve und auch anteilig mehr Frauen insgesamt, weil, wie gesagt, die Hauptopfer all der Dinge in UNUnited Nations-Missionen sind Frauen und Kinder. Die Männer kämpfen im Busch, sind mit ihren Jugendbanden unterwegs, mit ihren Milizen oder sind Viehhirten oder Farmer und sind meistens weg von der Familie. Die Last der Haushaltsführung und ungeschützt verbleiben das Weghalten von Ausbildung und Erziehung, der Zugang zu Schulen. All diese Dilemmata treffen überwiegend Frauen und Kinder. Und derer nehmen sich die UNUnited Nations, das wissen sie in ihren Programmen, aber auch in besonderer Weise an, also sehr viele Aktionen. Deshalb möchte ich das noch mal bestärken, was Sie eingangs sagten. Der militärische Anteil ist tatsächlich nur kleiner. Wenn man genau hinguckt, stellt man fest, dass die UNUnited Nations sehr viel mehr Macht in Hilfe zu Sozialpolitik, ökonomischer Entwicklung, Sozialentwicklung und neuerdings auch Umweltpolitik haben. Denn wie wir alle wissen, in Somalia hat es an die drei Jahre hintereinander nicht geregnet.
BGBrigadegeneral: Das sind Fluchtursachen.
GW: Natürlich. Fluchtursachen führen wieder zu Krisenlagen. Das heißt, wir müssen auch uns weiter aufstellen und erkennen, wenn dort nicht geholfen wird, haben wir dort möglicherweise die nächste größere Displaced-Persons-Ansammlung, wo die UNUnited Nations dann reaktiv wieder tätig werden müssen. Wir müssen unseren Sicherheitsbegriff, was das angeht, dann auch erweitern. Absolut. Ich komme noch mal auf das Thema Kommunikation zurück. Was mir ja auch aufgefallen ist, ist, dass es jetzt auch in diesem Lehrgang so komplett unterschiedliche Herkünfte, unterschiedliche Herangehensweisen gibt, auch, wie man Probleme löst, Probleme bewältigt. Aber ich habe auch gesehen in den einzelnen Räumen, wenn die Nationen dann zusammenarbeiten, dass da sehr schnell ein Konsens gefunden wird, dass die sehr gut interagieren.
BGBrigadegeneral: Wie ist sie so aus Ihrer Sicht, diese internationale Zusammenarbeit? Wie stark muss genau diese Interaktion und dieses einander Zuhören auch geübt werden und wie wichtig ist das auch in diesem Lehrgang?
GW: Ja, vielen Dank, dass Sie das fragen. Das ist ein Beweggrund. Ich habe eine ganze Reihe Einsätze. Ich bin ja nun auch schon etwas länger Soldat und und spät noch zur UNOUnited Nations Organization gekommen und habe mich dann bereiterklärt, dabei UNMISSUnited Nations Mission in South Sudan die Aufgabe zu übernehmen. Ich bin zurückgekommen und habe allen meinen Freunden und meiner Familie gesagt: Das war der befriedigendste Einsatz von allen bis jetzt, weil es gerade so ist. Bei UNMISSUnited Nations Mission in South Sudan waren es 58 verschiedene Nationen an Truppenstellern. Selbst auch NATONorth Atlantic Treaty Organization-Einsätze sind heute komplex. ISAFInternational Security Assistance Force oder Resolute Support zum Schluss waren ja mit den ganzen Unterstützungsaktionen auch so viele. Aber das Beeindruckende und mich doch wirklich auch positiv Stimmende war, wie wir da miteinander umgegangen sind. Und auch Sie haben es ja hier jetzt gestern Abend gesehen. Da sitzt der Amerikaner neben dem Chinesen und die unterhalten sich angeregt und der Südkoreaner spricht dann da und dann haben wir die aus Ghana und wir haben die gesamte Bandbreite.
BGBrigadegeneral: Nepal ist ja auch, das wissen auch vielleicht viele Zuhörer gar nicht, heute der Haupttruppensteller.
GW: Also Bangladesch, Nepal, Indien, Ghana, Ruanda und China sind heute die, die 80 Prozent der Truppensteller sind. Bei der UNUnited Nations heißt das troop contributing countries, die das Wesentliche ausmachen heute. Insgesamt, was die Nationen dort an Personal bereitstellen: alle Achtung! Und das Schöne ist eben die hohe Politik. Und die können wir beide nicht verleugnen. Das Weltpolitische und die Antagonismen, die diskutiere ich nicht weg. Die spielen aber bei peacekeeping operations auf der persönlichen Ebene keine Rolle. Super, jetzt ging hier eben die Tür auf. Ich glaube, wir müssen den Raum räumen. Die nächste Übung findet hier statt.
BGBrigadegeneral: Ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen. Ich habe aber noch eine allerletzte Frage: Warum bietet Deutschland den Vereinten Nationen diesen ganz speziellen Lehrgang an?
GW: Ja, ich glaube erst mal, weil wir gut in Ausbildung sind. Wir haben wirklich eine Befähigung. Wir sind jetzt kein klassischer Truppensteller. Deutschland will aber doch trotzdem klarmachen: Wir sind da. Wir unterstützen die UNUnited Nations nach besten Kräften und wir haben jetzt hier ein Alleinstellungsmerkmal, was, soweit ich informiert bin, noch keine andere Nation macht und sagt: Wir bieten euch hier so ein IMTIn-Mission Training-Team an, das hat die und die Fähigkeiten und das ist im Moment einzigartig. Ich finde das toll. Das ist kosteneffektiv, da kann man ganz offen drüber sprechen. Ich kann jetzt nach zweimaliger Erfahrung sagen, das ist good value for money, um es mal so zu sagen. Wunderbar. Und für beide Seiten eine gute Möglichkeit, einmal für Deutschland den Rückhalt für die Vereinten Nationen darzustellen und für die Feldmission eine wirklich gute Leistung zu bekommen, die wir dort anbieten. Also eine nachhaltige Investition in die UNUnited Nations und auch die Ausbildung der Offiziere und Offizierinnen.
BGBrigadegeneral: Ganz herzlichen Dank, Herr Oberst. Danke. Und ich melde mich ab aus dem Funkkreis. Das wars für heute. Tschüss.