Invictus Games: Besuch im Trainingslager

Invictus Games: Besuch im Trainingslager

Datum:
Lesedauer:
27 MIN

Sprecher: Redakteurin Amina Vieth (AV), Marcin Staniszewski (MS), Andreas Rückewoldt (AR)

Delta to all. Radiocheck. Over.
Hier ist Bravo. Kommen.
This is Tango. Over.
Funkkreis – Podcast der Bundeswehr

AV: Willkommen zu einer neuen Folge Funkkreis, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Heute mal nicht im Studio, sondern heute sind wir ganz woanders. Und zwar in der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf. Hier begleiten wir die Athleten für die Invictus Games 2022 in Den Haag, die im April stattfinden werden in ihrem Trainingslager. Heute haben wir direkt hier dabei den Teamkapitän Marcin Staniszewski mit Spitznamen Stani und Andreas mit Spitznamen Rücki. Mein Name ist Amina Vieth aus der Redaktion der Bundeswehr und im Funkkreis heiße ich willkommen Stani und Rücki. Hallo! 

MS: Moin.

AR: Einen wunderschönen guten Morgen. 

AV: Schön, dass ihr da seid. Und ihr seht auch schon ein bisschen geschafft aus. Ihr seid ja jetzt nun schon einige Tage hier im Trainingslager und schwitzt ordentlich. Erzählt doch mal bitte, wer ihr seid und was ihr hier genau macht.

MS: Ja, ich fange mal an. Ich bin der Teamcaptain Marcin Staniszewski, Hauptmann. Und wir sind seit Montag hier im Trainingslager. Ich bin bei den Invictus Games für die Disziplin Radsport Time Trial und das Kriterium-Rennen angemeldet. Zusätzlich mache ich noch den 100- und 200-Meter-Sprint. Und wenn es körperlich passt, noch den Weitsprung. Und das versuche hier die Woche ein bisschen, ja, wieder in den Fokus zu rücken und das Training so zu gestalten, dass es dann am Ende passt.

AR: Ja, mein Name ist Andreas Rückewoldt. Ich bin 52 Jahre, nehme hier bei den Invictus Games und im Trainingslager teil im Bereich Bogenschießen sowie Radfahren. Die Abläufe brauche ich jetzt nicht nochmal erklären, weil das die gleichen Abläufe sind wie bei dem Kamerad Stani. Ja, die Woche war bis dato recht anstrengend. Wir waren jeden Tag gefordert in unseren Teilbereichen wie gesagt Bogenschießen, teilweise vier bis sechs Stunden am Tag. Und im Bereich Fahrrad waren wir dann, sage ich mal, immer so zwei bis drei Stunden am Tag sehr schön beschäftigt. 

AV: Da läuft mir alleine vom Zuhören nur schon der Schweiß. Und das den ganzen Tag zu machen... Wie lange läuft denn so ein Trainingslager hier? 

MS: Also grundsätzlich ist es so, dass die Trainingslager für zwei Wochen geplant sind. In den zwei Wochen hat jeder Athlet dann die Möglichkeit, in seiner Sportart das Training durchzuführen. Es sind dann verschiedene Gruppen. Wir bieten oder hier wird angeboten fürs Training Bogenschießen, Radfahren haben wir schon gesagt, Leichtathletik mit den Sprints zu Plänen, mit Diskuswerfen, mit Kugelstoßen. Dann haben wir noch die Schwimmer, dann haben wir noch die Indoor-Ruderer. Und das alles wird dann hier durchgeführt, durch die Trainer dann auch begleitet und dann auch die Leute ordentlich zum Schwitzen gebracht. Ja, und die zwei Wochen sind dann schon ordentlich anstrengend, gerade in der Wettkampfvorbereitung. In der zweiten Woche wird es dann auch noch mal einen Tick schärfer. 

AV: Das wievielte Training ist das denn jetzt? Also es ist ja so, dass die Spiele in Den Haag bevorstehen und das jetzt schon seit ein paar Jahren. Pandemiebedingt wurde ja verschoben und verschoben. Ihr wartet ja jetzt schon ein bisschen länger. Wie war das denn so? 

AR: Leider Gottes haben wir seit 2020 dieses Problem aufgrund der Pandemie. Ja, es war teilweise Trainingslager zwei bis dreimal im Jahr in einem Bereich zwischen zehn und 14 Tagen, die wir hier durchgeführt haben. Natürlich, nach dem ersten Mal Ausfall war es natürlich dann sehr schwer, sich wieder so zu motivieren, dass man weiter antreten kann.
Und ja, das war nicht ganz so leicht. Aber wir haben es geschafft. Ich glaube, das hat aber bis dato noch keiner so erlebt, wie wir es erlebt haben mit unserem Team. Aber wir arbeiten dran und freuen uns dann, dass es jetzt endlich dann im April stattfindet und wir dann wirklich dann dort vor Ort sein können. 

MS: Ja, es war glaube ich, nicht nur für uns nicht einfach, sondern man kann es ja vergleichen, mit den Spitzensportlern bei Olympia zum Beispiel. Die hatten ja im Prinzip dasselbe Problem, auch wenn sie sportlich da vielleicht ein bisschen anders aufgestellt sind, also nicht ganz so stark wie wir sind. Aber es ist auch kein Problem, da sind sie ja auch durchgekommen. Ja, das ist natürlich für jeden schwierig. Man muss eine gewisse mentale Stärke aufbauen. Da werden wir aber auch unterstützt durch die Truppenpsychologie in Warendorf unter anderem und auch an den Standorten. Und jeder muss halt irgendwo seinen Weg finden oder hat auch seinen Weg gefunden, wie er halt durch das Ganze durchkommt. Also spurlos an jedem vorbeigegangen ist es natürlich nicht. Wir freuen uns auch alle tierisch, dass es jetzt losgeht. War aber schon eine schwere Zeit. 

AV: Als Teamkapitän kommt dir da, glaube ich, auch noch eine besondere Rolle zu,
weil du auch ein bisschen für das Teamgefüge verantwortlich bist, könnte ich mir jetzt vorstellen. Wie ist das denn? Ihr seid ja nicht alle an einem Standort sonst. Ihr seid ja sonst über ganz Deutschland verteilt und kommt für die Trainingslager zusammen. Hält man trotzdem Kontakt und motiviert sich gegenseitig?

MS: Ja, definitiv hält man Kontakt. Man versucht sich auch zu motivieren gegenseitig. Manchmal gelingt das, manchmal nicht. Jeder hat ja irgendwo sein Päckchen zu tragen und das Training ist dann ja auch sehr individuell gestaltet zu Hause. Nichtsdestotrotz haben wir natürlich versucht, über Whatsapp-Gruppen, über Sport-Apps wie Swift beim Radfahren da Kontakt zu halten und dann gemeinsam zu trainieren. Es war natürlich aber schon eine sehr, sehr lange Zeit, wo wir halt nicht zusammen trainieren konnten. Das ist schwierig, ist machbar, aber nicht immer machbar. 

AV: Beim Bogenschießen stelle ich mir so ein virtuelles Training auch eher ein bisschen schwierig vor. Oder gibt es das schon auf irgendeiner Konsole? 

AR: Also ganz schwierig. Also wie gesagt, wir arbeiten und trainieren im eigenen Rahmen. Wir haben unsere Trainingspläne genau wie beim Radfahren oder beim Bogenschießen. Viele Kameraden haben sich dann auch im Sportverein angemeldet und trainieren dann vor Ort. Also bei mir, ich sage mal so ein Wochen Ablauf, ich sage mal viermal die Woche, dann bei zweimal im Bereich Sportverein und dann zweimal in der Kaserne, wo ich vor Ort trainiere. Wo ich dann die die Rückendeckung von meinem Bataillonskommandeur vor Ort habe, dass ich die Sportmöglichkeiten habe, ab 15 Uhr dann zu trainieren. Aber wie gesagt, ich muss da am Ball bleiben. Wie gesagt, die mentale Geschichte, dass zwei Jahre lang zu überbrücken, ist nicht einfach, wie der Teamcaptain es gerade schon angesprochen hat. Wir sind da sehr gut verbunden über Whatsapp und bauen uns auch gegenseitig auf. Und bis dato läuft das. 

AV: Und das ist ja jetzt das letzte Trainingslager. Ich hatte ihn schon mal gefragt: Wie viele Trainingslager gab es jetzt durch die Pandemie? Durch die Verzögerung waren es ein paar mehr als nur zwei.

MS: Ja, wir haben definitiv mehr Trainingslager gehabt als die Teams davor. Aber wie viele das jetzt am Ende waren, kann ich gar nicht sagen. Drei oder vier insgesamt? Ja, es ist natürlich immer wieder schön für uns, weil wir das auch gebraucht haben. Wenn die Motivation dann oder die Möglichkeit, den Sport zu machen, dann vielleicht am Standort fehlt oder zu Hause fehlt, ist das natürlich die optimale Möglichkeit, hier in Warendorf mit der Gruppe Sporttherapie wieder einen ordentlichen Schub zu kriegen, das Team wieder zusammen zu haben. Und sich gegenseitig dann wieder hoch zu pushen und dann wieder vernünftig ins Training einzusteigen. 

AR: Ja, da hat er ein gutes Team angesprochen. Das Problem ist halt, dass nicht jeder Disziplinarvorgesetzte einem die Möglichkeit gibt so zu trainieren, wie es hier vor Ort ist. Und hier haben sie natürlich die besten Möglichkeiten, und ja, besser geht's eigentlich gar nicht. Also wie gesagt, dreimal pro Jahr jetzt Trainingslager, das ist schon eine Ansage und da werden sie in den 14 Tagen dann auch hier so trainiert, dass sie dann auch teilweise an ihre Leistungsgrenze kommen.

AV: Stelle ich mir wirklich anstrengend vor. Aber am Ende steht ja ein ganz großes Ereignis, die Invictus Games. Da fahrt ihr jetzt nicht zum Ersten Mal beide hin. Wo wart ihr denn überall schon?

MS: Ich war bereits 2017 in Toronto dabei und kann da auch nur Positives drüber berichten, diesen Invictus Spirit, die man da aufgesogen hat. Also ich persönlich hatte den aufgesogen. 

AV: Kannst du den einmal kurz in deinen eigenen Worten beschreiben? 

MS: Ich kann sagen, was der Spirit für mich ist, für mich bedeutet, das ist ja das Zusammentreffen von verschiedenen Charakteren verschiedener Nationalitäten, die was Ähnliches erlebt haben. Und dann da vor Ort, egal welche Nation das ist, ob das jetzt die Deutschen sind, die Amerikaner, Iraker, Afghanen, egal, die dann zusammen Sport machen. Und zwar nicht so, dass man sagt, okay, der Wettkampf ist der absolute Fokus und absolut im Vordergrund, sondern das zusammen Sport machen im Prinzip, dass man zusammen da auf einen Nenner auf Augenhöhe, Sport macht. Ich glaube, das ist ganz wichtig, dass man sich auch austauscht neben dem Sport sozusagen. Ja, was soll ich da noch sagen…

AV: Ergänzungen?

(Alle lachen)

AR: Er hat ja schon fast alles genommen. Also die Invictus-Games-Geschichte ist eigentlich… die wird irgendwann mal zur Lebenseinstellung. Gehen wir mal jetzt zu meiner Person ich war noch nicht als Teilnehmer vor Ort. Ich war aber 2017 und 2018 ebenfalls vor Ort als sogenannter Edelfan. Ich bin auf eigene Kosten hinterher geflogen, habe dann die Kameraden dann da vor Ort 2017 das erste Mal überrascht, weil ich mir das Bild erst mal von hinten aufgezogen habe. Aber ich wollte erst mal sehen, was erwartet mich da, was kommt da auf mich zu? Aufgrund meiner Einsatzschädigung habe ich mir gedacht, ich muss das jetzt mal von hinten an das Ganze. Bin dann sehr kurzfristig habe zwei Kameraden zum Flughafen gebracht und 2017 habt ihr da vor Ort abgesetzt. 

AV: Wo waren die Spiele 2010? 

MS: Die waren in Toronot, wo der Kamerad Stani dann auch vor Ort war. Und habe die dann am Flughafen abgesetzt, habe sie dann verabschiedet. Und auf der Rückfahrt habe ich mich dann meine Freundin angerufen und gesagt, du musst zwei Flüge bestellen für mich. Dann sagt sie, was für Flüge. Ich sag, ja, ich brauche zwei Flüge. Nach Toronto. Sagt sie, hör mal, was ist mir denn nicht richtig. Ich sagte, ja, das machen wir jetzt aber. Dann haben wir ganz schnell die Flüge bestellt und dann saß ich dann drei Tage später dann im Flieger und habe mir das Ganze angeschaut. Und ich muss dabei sagen, das war eine Kehrtwendung in meiner Genesungsgeschichte, weil ich endlich mal gesehen habe, man soll, ich soll sich nicht mit anderen vergleichen. Aber ich habe mal gesehen, dass es da viel schlimmere Sachen gibt. Und diese Kameradschaft, dieses Auftreten vor Ort, dieses Miteinander, das war wie eine riesengroße Familie und es ist auch eine riesengroße Familie geworden in meinen Augen. Ja, und so fing das Ganze mit mir an, 2017 und so, und als wir dann die Abschlussveranstaltung hatten, saß mein Sohn so neben mir. Und da hab ich dann gesagt, dass der Prinz Harry dann sagte, nächstes Jahr ist das in Australien, hab ich dann gesagt, ja, dann fliegen wir dann nächstes Jahr dann auch hin. Und so war das Ganze dann also. Wie gesagt, es ist eine Lebenseinstellung. Man sitzt da auf einmal neben Kameraden, wo man viele Jahre vorher im Gefecht sich gegenübergestanden hat und alleine diese Verbindung schon, das war eine ganz andere Geschichte. Man hat sich nicht mehr als Feind angesehen, sondern einfach als Kameraden, die dasselbe Leid erfahren haben, ob körperlich oder seelisch. Und ja, es mit mir nicht, man könnte so viele Einzelschicksale da erzählen, was man da erlebt hat. Meine Familie ist dann, meine Freundin, ist dann auch 2018 mit nach Australien geflogen und die, die waren so fasziniert von der ganzen Geschichte. Ich glaube, die ist eine Woche lang immer mit tränenden Augen rumgerannt. Ja, weil wenn man das sieht, was da für Leistungen stattfinden, was diese Soldaten oder die Familien leisten. Wir machen es ja im Endeffekt nicht nur für uns, sondern ich habe es heute auch schon mal gesagt, 30 Prozent der Leistung, die ich da bringe, sind für mich und 70 Prozent sind für meine Familie, weil was die all die Jahre mit mir mitgemacht haben, das soll einfach nur der Dank sein, dass sie immer hinter mir gestanden haben. Und ich glaube, das ist bei jedem anderen Kameraden genau das Gleiche. 

AV: Darf ich da kurz fragen? Das ist die Invictus Games, der deutsche Gedanke dahinter ist ja auch, dass es um Rehabilitation geht. Und da geht es, wie du auch gerade sagtest, da geht es auch ganz viel um Familie, enge Angehörige, Freunde, Kameraden und die sind ja auch ein Teil der Vorbereitung, auf jeden Fall, dass die da zu Besuch kommen können. Und ihr könnt ja auch wen mitnehmen zu den Spielen. Und ich möchte jetzt schon ein bisschen frech fragen: Möchtet ihr verraten, wen ihr mitnehmt dieses Jahr? 

MS: Nein. (lacht) 

AV: Es ist kein Muss, es ist freiwillig. 

AR: Gut, dann fangen wir an. Ich nehme meine Partnerin mit, die seit zehn Jahren mich ertragen muss. Und meinen Sohn. Die waren ja beide vor Ort. Und als Dank nehme ich die beiden mit und die dürfen dann das noch mal genießen, wenn der Göttergatte, wollte ich jetzt gerade sagen, da vorne seine nicht gerade profihaften Leistungen vollzieht die nämlich beide mit ja und wie gesagt nochmal zurückzukommen. Uns geht es da nicht um Spitzenleistung. Uns geht es in erster Linie darum, was wiederzugeben, was zu erleben. Und ja, da gibt es ja dieses Sprichwort, der olympische Gedanke, sage ich jetzt mal.

MS: Der Invictus-Gedanke. 

AR: Der Invictus-Gedanke. So sehe ich das. Also mir geht es nicht um eine Medaille, mir geht es einfach nur dabei zu sein, vor Ort zu sein und vielleicht für mich das Beste zu erreichen. Und dann reicht mir das vollkommen.

MS: Ich hätte gerne meine Frau mitgenommen. Aber sie kann leider nicht, aber das ist ein schöner Grund. Ich bin vor kurzem Papa geworden

AV: Glückwunsch.

MS: Dankeschön. Deshalb ist das ein bisschen schwierig mit dem Kleinen. Ich nehme aber zwei sehr gute Kameraden mit, die ich zufällig auch bei der Sporttherapie kennengelernt habe. Und die waren auch beide mit mir in Toronto. Die beiden kommen mit. Das vielleicht ist ja ein Abrunden die Geschichte. Das ist halt diese, nennen wir es Invictus-Familie, die wir so ein bisschen aufgebaut haben. Die Leute, die bei den Invictus Games waren, die bleiben eigentlich für immer im Kontakt. Wie es auch immer ist, egal wo wer ist. Der eine Kamerad ist bereits a. D.außer Dienst, ist nicht mehr im Dienst, ist jetzt zivil tätig, der andere ist noch im Dienst und da bleibt man halt in Kontakt. Und dadurch, dass man so viel miteinander erlebt hat und so viele coole Sachen miteinander gemacht hat, auch privat, danach, freue ich mich, dass die beiden gesagt haben: Ja klar, wir begleiten, wenn ich das und unterstützen wir dich. Das ist super. 

AV: Ich finde es auch vor allem super, dass es die Möglichkeit gibt, dass ihr jemanden mitnehmen könnt. Familie, Freunde, enge Angehörige. Jetzt ist es ja gar nicht mehr so weit hin. Es sind nur noch ein paar Wochen bis zum April, Mitte April in Den Haag. Der Startschuss fällt, sage ich jetzt mal, mit welchen Gefühlen oder Erwartungen und Hoffnungen fahrt ihr denn dahin?

MS: Ich glaube, ein bisschen aufgeregt ist man immer vor solchen Events. Ist ja auch schon was Besonderes. Welche Erwartungen hat man dadurch, dass es wirklich jetzt lange, lange, lange, lange gedauert hat, bis es endlich losgeht. Ja, es ist viel Hoffnung dabei, dass alles so klappt, wie man sich das vorgestellt hat. Das alles mit dem Team passt, dass das Team Spaß an der ganzen Geschichte hat, dass die Sportarten passen, dass wir unsere persönlichen Ziele, die wir uns gesetzt haben, auch erreichen können oder an dieses persönliche Ziel herankommen können, egal welches es ist. Also es ist nicht nur sportlich, sondern auch im Reha-Gedanken, wie gehe ich vielleicht mit so einer großen Masse an Zuschauern um? Wie gehe ich mit fremden Personen um, wie gehe ich mit dem ganzen Trubel um? Das ist natürlich auch ein Ziel, das bei den Invictus Games vielleicht für den einen oder anderen auch im Fokus steht. Aber das ist ganz, ganz viel Vorfreude dabei.

AR: Ja, also viele Dinge haben hat er mir jetzt schon wieder abgenommen. Deswegen lasse ich ihn am besten sofort reden. Ja, natürlich, das ist eine sehr große Anspannung, aufgrund der letzten zwei Jahre. Da kommt einiges auf einen zu. Er hat es ja als Sportler schon erlebt. Ich durfte als Gast bis dato erleben. Ich hatte dann immer die Möglichkeit, wenn es mir zu viel geworden ist, dann halt einfach zu gehen. Diese Möglichkeit ist natürlich jetzt nicht gegeben. Jetzt heißt es, als Sportler vor Ort zu sein und dann natürlich, ich sage mal so einen Tagesablauf, der morgens um 5.15 Uhr beginnt, dann was, was ich in zehn Meetings stattfindet, dann an die Sportstätten. Das wird natürlich irgendwann nach außen. Aber vor 23 Uhr abends werden sie dann nicht wieder vor Ort sein. Und das ist dann eine körperlich, mentale Extremsituation. Da werden wir gucken, ob ich die meistern kann, sage ich jetzt mal ganz einfach. Ja, was ist in den letzten Wochen? Ich sage ganz einfach hoffen, sich nicht zu verletzen, nicht an Corona zu erkranken.

AV: Da drücken wir alle ganz fest die Daumen. 

AR. Das ist unser, glaube ich, größter Gedanke, den wir in den nächsten 14 Tagen haben, oder in den nächsten anderthalb Monaten. Das ist jetzt erst mal, worüber ich mir Gedanken mache. Also das ist ja so das Ding. 

AV: Herzlichen Dank für eure Einblicke und dass ihr uns daran teilhaben lasst, wie es euch damit geht, wie ihr euch vorbereitet und was eure Gedanken zu den Invictus Games sind. Ich wünsche euch noch alles Gute auf dem weiteren Weg für die Vorbereitung und wir hören und sehen uns dann in Den Haag wieder. Warum das deutsche Team einen anderen Weg geht als viele andere Nationen, die an den Invictus Games teilnehmen. Warum es um den Reha-Gedanken, um den Genesung Gedanken und nicht nur um Medaillen gewinnen geht. Das erklärt gleich Regierungsdirektor Katja Schadow. Sie begleitet das Team als Truppenpsychologin und spricht jetzt mit Oberleutnant Lara Weyland darüber, was alles dahintersteckt. 

Sprecher: Oberleutnant Lara Weyland (LR), Truppenpsychologin Katja Schadow (KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR))

LR: Ja, vielen Dank, Amina. Ich übernehme dann hier. Mein Name ist Oberleutnant Lara Weyland, ebenfalls aus der Redaktion der Bundeswehr und zu Gast, wie gesagt, Regierungsdirektorin Katja Schadow. Besser bekannt als die Truppenpsychologin der Invictus Games. Wir haben uns im Vorfeld darauf geeinigt, uns zu duzen, weil das macht man so im Kontext ihrer Arbeit und im Kontext der Sportkameraden.

LR: Hey Katja! 

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Hallo Lara!

LR: Kannst du uns erzählen, wer du bist und was deine aktuelle Tätigkeit ist? 

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Ja, gern. Also mein Name ist Katja Schadow. Ich habe Psychologie studiert und habe vor 15 Jahren als Psychologin bei der Bundeswehr begonnen, war in verschiedenen Verwendungen eingesetzt und in den letzten zwei Jahren habe ich als Truppenpsychologin an der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf mit einsatzgeschädigten Soldaten und Soldatinnen gearbeitet.

LR: Hochinteressant. Und kannst du uns erklären, warum eigentlich die psychologische Betreuung so ein wichtiger Faktor ist - während den Invictus Games, bei den Wettkampfvorbereitungen und auch Nachbereitungen und auch währenddessen natürlich? 

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Also grundsätzlich ist es so, dass der Sport eine ganz wichtige Ressource zur Bewältigung von Lebenskrisen ist. Und die Sporttherapie findet den Zugang über den Körper, über Bewegung und über Sport. Bei Soldaten ist es ja so, dass die Leistungsfähigkeit, vor allem die körperliche Leistungsfähigkeit, eine ganz, ganz große Rolle spielt. Und diesen Schlüssel nutzt die Sporttherapie, in dem sie alle Erfahrungen, die die Soldaten und Soldatinnen mit dem Sport machen, auch auf alle anderen Lebensbereiche überträgt. 

LR: Das Mantra der Invictus Games ist ja auch „Durch den Sport zurück ins Leben“. Es wird ja in verschiedene Abschnitte gegliedert. Also es gibt einerseits die Wettkampfvorbereitungen, dann die Invictus Games und die Wettkampfnachbereitung. Kannst du vielleicht diese einzelnen Unterscheidungen ein bisschen herausstellen, wie die psychologische Betreuung tatsächlich aussieht? 

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Okay, also konkret gesehen auf die Wettkampfvorbereitungen kann man sagen, dass wir die Athleten sportpsychologisch genauso auf die Wettkämpfe vorbereiten wie Spitzensportler oder andere Leistungssportler auf Wettkämpfe vorbereitet werden. Aber wir bereiten sie natürlich auch auf die besonderen Herausforderungen vor, die sich vielleicht oder besonders krankheitsbedingt bei ihnen ergeben. Die Wettkampfnachbereitung sieht im Prinzip so aus, dass wir genau besprechen und betrachten, wie es nach den Spielen weitergehen wird für Sie. Wie Sie vermeiden können, in ein Loch zu fallen, nachdem Sie lange, lange auf etwas hintrainiert haben, was dann auch stattgefunden hat. Welches Ihr nächstes Ziel gerade im Rahmen des Rehabilitationverlaufes sein könnte. Vor allem aber auch, wie Sie das Erlebte und das Erfahrene und die ganzen Fähigkeiten und Kompetenzen, die Sie im Laufe der Zeit erworben haben, auch mitnehmen können, in Ihren Alltag und in Ihren Dienst und in die nächste Zeit. 

LR: Wie sieht die psychologische Betreuung während der Invictus Games genau aus? 

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): In den Haag werden wir tatsächlich rund um die Uhr bei den Athleten sein. Das beginnt morgens im Hotel mit den täglichen Teammeetings. Wir begleiten sie auf den Wegen zu den Sportstätten, während der Trainings und der Wettkämpfe natürlich auch und ganz wichtig, auch während der Opening- und Closing-Zeremonien. Wir weichen quasi nicht von Ihrer Seite, was nicht nur notwendig ist, sondern den Athleten auch ganz viel Sicherheit gibt, in einer Zeit und an einem Ort voller unbekannter Faktoren und Herausforderungen. 

LR: Verstehe. Es ist praktisch 24/7-Betreuung und ihr kommt sozusagen niemals zum Schlafen. Wenn ein Notfall ist, müsst ihr wahrscheinlich direkt einspringen. Und da die persönliche Beziehungspflege dann auch wahrnehmen. Kurz zur Erklärung: dieses Jahr finden die Invictus Games in Den Haag statt. 2023 dann in Düsseldorf. Deswegen finden sie immer an unterschiedlichen Orten statt. Jetzt möchte ich aber ganz gerne nochmal darauf eingehen - der Weg zum Trainingslager beziehungsweise dort erst mal hin zu kommen, ist geprägt davon, dass man Lehrgänge absolvieren muss. Richtig?

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Das ist richtig. Genau. sporttherapeutische Lehrgänge werden durchgeführt. Im Kontext des Rehabilitationsweges besuchen uns Soldatinnen und Soldaten in der Regel mehrfach, in einem Abstand von einigen Monaten, oder auch mal einem Jahr und absolvieren zwei- oder dreiwöchige therapeutische Lehrgänge.

LR: Und nach welchen Kriterien werden die Sportlerinnen und Sportler eigentlich für die Teilnahme ausgewählt? Also wie sieht der Weg ins Programm tatsächlich aus? 

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Also wichtig ist, dass wir die Athleten schon in mehreren Lehrgängen begleitet haben und die Athleten sehr gut einschätzen können, aber auch sich eine vertrauensvolle Beziehung zu uns aufgebaut hat. Zwischen den Lehrgängen verfolgen unsere Athleten Ziele, die wir am Ende eines jeden Lehrgangs mit ihnen erarbeiten. Das können sportliche Ziele sein, zum Beispiel Trainings, Umfänge. Das können aber auch psychologische Ziele sein, die Regeneration oder etwas Soziales, etwas Dienstliches. Ein Athlet vereinbart mit uns das Ziel, sich in einem Sportverein anzumelden, um sozial wieder besser integriert zu sein oder ein klärendes Konfliktgespräch im Dienst zu führen oder mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen, mit den Kindern wieder auf den Weihnachtsmarkt zu gehen, an einem Elternabend teilzunehmen oder auch einkaufen zu gehen. Also das kann ganz, ganz vielfältig sein. Und wer mit sehr hoher Motivation an seinen Zielen arbeitet und über ein Mindestmaß an Stabilität und sozialer Kompetenz verfügt, der kommt in Frage. 

LR: Verstehe. Okay. Aber es ist auch so, dass nicht nur einsatzgeschädigte Soldatinnen und Soldaten ins Programm können, sondern eben auch diese, die im Dienst eine Verwundung beziehungsweise in irgendeiner Form eine Beschädigung erlitten haben, oder?

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Ja, das ist richtig. Es geht um körperliche Erkrankungen, seelische Erkrankungen oder eben auch beides. Und prinzipiell kann das eine Einsatzschädigung sein, ein Unfall oder auch eine Erkrankung, beispielsweise eine Krebserkrankung während der Dienstzeit.

LR: Und wie genau geht ihr dann auf die jeweiligen Athletinnen und Athleten ein? Ich glaube, du hattest vorher schon mal erwähnt, dass ihr primär Einzeltherapie betreibt. Das muss ich mir dann so vorstellen, dass ihr zu zweit dann unter einem vier-Augen-Gespräch zahlreiche einzelne Thematiken abarbeitet miteinander? 

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Nein, also zu einer klassischen Therapie kann man nicht sprechen, wie man sie so landläufig kennt. Wir begleiten die Soldaten im Training und können dabei ihre Stärken und Schwierigkeiten beobachten und sie vor allem auch bei der Reflexion dieser unterstützen. Und sie beraten, wie sie diese Erfahrungen auf andere Lebensbereiche übertragen können. Wir beraten bei akuten Herausforderungen, die Sie mitbringen oder die sich vor Ort ergeben. Wir unterstützen Sie bei Krisen und erklären psychologische Zusammenhänge. Das Ganze geschieht in Einzelgesprächen, aber auch im Unterrichten. Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt ist das Training sozialer Kompetenzen, was auch in einer Form eines Trainings oder eines Seminars stattfindet oder auch Unterrichte zum Aufbau von Ressourcen- oder Stressbewältigungstechniken. Das sind ganz, ganz verschiedene Elemente, die sich dann über die Wochen der Lehrgänge und auch über das Trainingslager verteilen. Und wie so ein roter Faden durch die Sporttherapie ziehen. 

LR: Beleuchten wir doch mal die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der diesjährigen Invictus Games. Wie sieht denn da so die Altersspanne aus? 

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Das ist ja wirklich auch eine spannende Frage. Also wir haben vom jungen 20-jährigen Hauptgefreiten bis zum Brigadegeneral, der am Ende seiner Dienstzeit steht, wirklich eine ganze Bandbreite.

LR: Das ist sehr interessant. Das folgt auch diesen Maximen, dass Sport irgendwie eine Art Augenhöhe herstellt und dass dann Dienstgrade überhaupt keine Rolle mehr spielen. Man sollte ja meinen, dass dann der Hauptgefreiter, sage ich mal, ein bisschen Berührungsängste eventuell mit dem Brigadegeneral hat. Aber wenn du berichtest, dass das in dem Moment egal ist, ist das ja irgendwie eine schöne Erkenntnis.

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Ja, also ganz zu Anfang sind natürlich diese Berührungsängste da, aber die verlieren sich quasi auch schon in der ersten Woche dadurch, dass alle sich gegenseitig unterstützen, füreinander da sind, alle das gleiche Thema haben oder ein ähnliches Thema. Und das wird ganz, ganz schnell spürbar. 

LR: Stellen eigentlich einige Sportlerinnen und Sportler erst im Trainingslager fest, dass das Ganze irgendwie zu viel Druck und Stress für sie ist und steigen dann doch noch nachträglich aus dem Programm aus? Kommt das öfter vor?

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Das habe ich tatsächlich so noch nicht erlebt. Aber es gibt ja auch nichts, was es nicht gibt. Gründe, die zu einem Aufstieg führen können, sind häufig aber auch eher dienstliche oder familiäre Veränderungen, zum Beispiel ein weiterer geplanter Auslandseinsatz oder die Geburt eines Kindes oder eben auch die Verschlimmerung der Erkrankung. 

LR: Was glaubst du denn eigentlich, wie viele wirklich psychisch oder physisch geschädigt aus dem Auslandseinsatz zurückkommen?

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Das kann ich so gar nicht mit Zahlen belegen, weil es ganz, ganz unterschiedliche Untersuchungen und Zahlen gibt. Tatsache ist aber, die hohe Dunkelziffer, denn vor allem psychische Erkrankungen bleiben häufig jahrelang unentdeckt. Soldaten sind hoch funktional ausgebildet und Schwäche passt überhaupt nicht in ihr Selbstbild. Gerade aus Scham oder vermeintlicher Stärke wird eine seelische Verletzung erst einmal und manchmal eben auch über Jahre, vor sich selbst und anderen versteckt. Die Betroffenen entwickeln dann Strategien, um zu vertuschen und zu funktionieren und überfordern sich natürlich über die Zeit systematisch. Und dann fällt es Angehörigen oder engen Kameraden auf und so läuft es eben eine ganze Zeit lang bis das Kartenhaus zusammenbricht. 

LR: Kannst du dich als Truppenpsychologin eigentlich gut abgrenzen von all den schwierigen Geschichten, die du vermutlich während deines Dienstalltags erfährst? Oder nimmst du da schon einiges mit nach Hause?

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Ja, auf jeden Fall nehme ich da eine ganze Menge mit nach Hause. Verständnis und Mitgefühl sind eben auch ganz wichtige Elemente unserer Arbeit und das macht sie authentischer und vertrauensvoller. Und diese Brücke hilft sehr, sehr stark an der Arbeit mit den Betroffenen. Wichtig ist, dass man seine professionelle Sichtweise behält.

LR: Glaubst du denn, dass es mehr oder weniger geeignete Veranlagungen in der Psyche eines Menschen für den Soldatenberuf gibt, weil du hast da eben schon so ein bisschen angemerkt, Schwäche passt überhaupt nicht zum Selbstverständnis eines Soldaten? Denkst du, da gibt es geeignete Veranlagungen oder eher weniger geeignetere? 

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Ja, also auf jeden Fall würde ich hier das Stichwort Resilienz anführen. Also wichtig sind Strategien im Umgang mit Stresssituationen zu beherrschen und schon Lebenskrisen bewältigt zu haben – erfolgreich. Wichtig ist, über Ressourcen zu verfügen, diese zu kennen und zu nutzen. Selbstvertrauen, soziale Kompetenzen, ein stabiles soziales Netzwerk und irgendwie auch so eine Fähigkeit, bei Herausforderungen lösungsorientiert zu handeln.

LR: Ich frage mich immer, man sagt ja, ab einem gewissen Alter ist der menschliche Körper erst ausgereift. Gibt es so was wohl auch für die Psyche, dass man sagt, ab dem Alter ist überhaupt ein Mensch in der Lage, beispielsweise so ein Erfordernis wie ein Auslandseinsatz, verarbeiten zu können?

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Das würde ich gar nicht am Alter festmachen. Hier spielen Persönlichkeitsreife eine viel größere Rolle als eine bestimmte Altersgrenze. Auch hier spielt Resilienz, ein gefestigtes Wertesystem neben psychische Belastbarkeit und persönliche Erfahrungen, eine viel größere Rolle. Und das kann bei einem 18-Jährigen deutlich ausgeprägter sein, als bei einem 30- oder 40-Jährigen. Ich denke, das spielt auch in der Personalgewinnung beziehungsweise bei der Personalauswahl schon eine besondere Beachtung. Und es werden auch nur Soldaten und Soldatinnen eingestellt, die eben ein Mindestmaß an diesen Aspekten auch mitbringen. Wichtig finde ich aber an der Stelle auch, dass durch eine fundierte, soldatische Ausbildung und Einsatzvorbereitung die Soldaten lernen, ihre Fähigkeiten und ihre Kompetenzen automatisiert abrufen zu können. Da unterstützt auch noch mal einer Prävention durch psychologische Unterrichte der Einsatzvorbereitung.

LR: Gibt es denn ein Schicksal einer Soldatin oder eines Soldaten, das dir nachhaltig im Gedächtnis geblieben ist als Truppenpsychologen? 

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Ja, mehrere bis alle. Aber um mal vielleicht ein oder zwei Beispiele zu nennen, um ein bisschen anschaulicher zu machen, kann ich mich sehr gut an Robert erinnern, der nach einem Auslandseinsatz eine Krebserkrankung diagnostiziert bekam, die sich möglicherweise auch in dieser Zeit des Einsatzes entwickelt hat. Er hatte unzählige Metastasen und wollte aber auf gar keinen Fall der Prognose, die ja bekommen hatte. Das war eine sehr schlechte Prognose, Glauben schenken. Und er hat sich durch mentale Stärke, gute medizinische Versorgung und vor allem durch den Sport zurück ins Leben gekämpft. Vielleicht noch mal ein anderes Beispiel: Achim ist erkrankt an einer posttraumatischen Belastungsstörung und auch er hat ausdauernd und motiviert gearbeitet, um mit dieser Erkrankung leben zu können. Und dann kam im letzten Sommer die Flut im Ahrtal, ein weiterer existenzieller Schicksalsschlag, der ihn zu gerissen und die bereits erkämpfte Stabilität doch deutlich ins Wanken gebracht hat. Achim ist jetzt Teilnehmer der Invictus Games in Den Haag, was ja auch noch mal seine Ausdauer und seinen starken Willen unterstreicht. 

LR: Wahnsinn! Liebe Grüße an dieser Stelle an Robert und Achim, meine vollste Anerkennung und meine Wertschätzung für diesen Lebensmut. Dann kommen wir auch schon zur letzten Frage. Und zwar: Hast du ein paar Tipps im Umgang mit seelisch oder auch körperlich verwundeten Kameradinnen und Kameraden. Denn oft haben viele Berührungsängste. So würde ich das mal so pauschal formulieren. Ich glaube, es würde helfen, wenn du ein bisschen zusammenfassen könntest, wie man sich da diesen Menschen gegenüber verhält.

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Klar Lara, das ist eine super Frage. Man kann eigentlich gar nicht viel falsch machen im Umgang mit verletzten, einsatzgeschädigten, erkrankten Soldaten. Wichtig ist, dass man Interesse zeigt und dass man ins Gespräch kommt und vor allem auch im Gespräch bleibt. Und dass man sich bemüht, hinter die Fassade zu schauen. Und Fassade meine ich so Schutzmechanismen, wie Rückzug oder auch sogar ablehnendes Verhalten. Jede Selbstverständlichkeit für uns gesunde Menschen kann eine Herausforderung für einen psychisch erkrankten Menschen sein. Beispielsweise Schlafen, also überhaupt mal wieder zwei bis drei Stunden nachts zu schlafen, Einkaufen gehen, soziale Kontakte Pflegen und Aufrechterhalten, der Besuch eines Elternabends oder des Weihnachtsmarktes, vertrauensvolle Beziehungen zu führen, eine gesunde Partnerschaft zu haben, andere um Hilfe zu bitten und überhaupt, sich auf andere Menschen zu verlassen. Was den Betroffenen wirklich hilft, ist echtes Interesse und ist Wertschätzung und Anerkennung für ihren Einsatz und für ihren Willen und die Disziplin auf ihrem Weg zurück ins Leben.

LR: Ja, Katja, vielen lieben Dank, dass Du das so gut zusammengefasst hast. Ich denke, die Zuhörerinnen und Zuhörer haben einiges aus diesem Podcast mit rausnehmen können. Ich hoffe, du hattest auch ein bisschen Spaß während des Gesprächs. 

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Auf jeden Fall! Vielen Dank!

LR: Und Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, Sie hören uns wieder in zwei Wochen, wenn Sie mögen. Somit melden wir uns gemeinsam aus dem Funkkreis ab. Mein Name ist Oberleutnant Lara Weyland und zu Gast war hier Regierungsdirektorin Katja Schadow.

KSKatholische Soldatenseelsorge - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR): Tschüss!