Transkription

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Lesedauer:
17 MIN

Sprecher: Barbara Gantenbein (BG), Hauptmann Janet Watson (JW), Tandemmaster Hauptfeldwebel Micha (M) und Tandemmaster Hauptfeldwebel Hector (H)

Intro

Delta to all. Radiocheck. Over.
Hier ist Bravo. Kommen.
This is Tango. Over.
Funkkreis – Podcast der Bundeswehr

JW: (Lacht) Ich lebe noch. (Lacht) Wie unmöglich war das bitte gerade? Sehr sehr geil.

BG: Herzlich willkommen zum Funkkreis. Was Sie eben gehört haben, das sind unsere Erfahrungen aus Barth an der Ostsee und zwar vom Ostsee-Flughafen. Wir, das sind Barbara Gantenbein und ...

JW: Hauptmann Janet Watson, hallo. 

BG: Und wir sind bei der taktischen Freifallweiterbildung. Hier üben Fallschirmspringer das, was sie nachher im Einsatz brauchen. Zum Beispiel sind hier Luftlandepioniere, Luftaufklärer, Fernspäher, Fallschirmjäger, Fallschirm-Spezialzug. Die machen hier nachts Sprünge, die machen Tandemsprünge, die machen Sprünge mit schwerem Gepäck, also all die Dinge, die sie im Einsatz brauchen. Und sorgen dafür, dass sie nachher combat ready sind, dass sie genügend Sprünge haben. Die müssen eine bestimmte Anzahl von Sprüngen im Jahr machen. Und ein ganz wichtiger Fakt ist tatsächlich auch der Tandemmaster, der übt. Und dazu kann Janet jetzt ein bisschen mehr sagen.

JW: Mit dem werd ich nämlich unterwegs sein. Weil die Tandemmaster springen ja tatsächlich nicht nur mit sogenannten Paxen, also Passagieren vorne dran, weil die da so viel Spaß daran haben, sondern das hat einen militärischen Hintergrund. Sie müssen unter Umständen in verschiedenen Einsatzszenarien oder generell in verschiedenen Auftragsszenarien in der Lage sein, auch ungeübtes Personal mitzunehmen. Da sprechen wir zum Beispiel von Geologen, Übersetzern oder Ärzten, für die das eben nicht Tagesgeschäft ist. Und genau das gucke ich mir heute mal an. Es ist das erste Mal für mich. Ich bin gespannt, ob ich heile wieder unten ankomme.

BG: Und ich habe auch das Vergnügen, ich darf auch gleich mit im Tandem springen. Für mich ist es nicht ganz so aufregend, weil ich schon gesprungen bin. Aber ich freue mich natürlich auch und deswegen gehen wir jetzt gleich rüber und schauen mal, was alles notwendig ist, bevor man überhaupt in das Flugzeug rein darf. Also, wie wird der Fallschirm gepackt? Was muss ich überhaupt anlegen an Gurtzeug? Wie läuft die ganze Vorbereitung ab? 

JW: Ja, gehen wir uns mal anziehen, würde ich sagen. 

BG: Ganz genau. Mein Tandemmaster heißt Hector und der macht mich jetzt sprungfertig.

H: Also für dich zur Info: Wir springen hier mit dem System, das ist ein 402 TB9. Bedeutet: die Kappe und die Reserve sind gleich groß, deswegen Twin-System mit 402 square feet, hält 260 Kilo. Das ist die maximale Traglast. Ich wiege jetzt ungefähr 90, 95. Du wirst auf jeden Fall leichter sein als ich. Dann bewegen wir uns irgendwo bei 170 oder sowas. Plus dem Schirm an sich mit ungefähr 20 Kilo. Dann sind wir mit unserer Kleidung bei maximal bei 200 Kilo. Da haben wir noch 60 Kilo Luft, das passt auf jeden Fall. Hier vorne dieser Haken plus dieser Ringen, wo du dann bei mir befestigt wirst am Fallschirm, halten auf jeden Fall über eine Tonne jeweils, wenn nicht sogar fast zwei. Also, da bist du auch sicher. Okay, dann mal mit dem Rücken zu mir. Genau, einmal hier so rein. Die Beingurte kann ich gleich noch lockern. Das ist wie ein Klettergurt. Da kannst du hier so einsteigen wie in einen Rucksack. Perfekt.

BG: So, neben uns machen sich jetzt auch Janet und ihr Tandemmaster Micha fertig. Sag mal, Micha, packt ihr Tandemmaster eure Schirme eigentlich grundsätzlich selbst?

M: Der Schirm wird grundsätzlich selber gepackt. Es gibt natürlich auch Fremdpacker, die das dürfen, aber die müssen extra einen Lehrgang dafür haben und dann dürfen die das machen. Ansonsten packen wir grundsätzlich selber. Außer die Reserve, die wird durch autorisiertes Packpersonal gepackt.

JW: Worauf musst du jetzt achten?

M: Beim Schirmpacken?

JW: So generell beim Schirmpacken, beim Vorbereiten.

M: Beim Schirmpacken auf jeden Fall, dass die Leinen dort sind, wo sie hingehören. Das ist ganz wichtig, weil die Leinen können die meisten Probleme bereiten. Der Schirm ist grundsätzlich mit einer Zwangsöffnung, also der möchte aufgehen. Die Leinen könnten uns dabei einschränken, wenn die irgendwo drüber laufen, dass die entweder Verbrennung am Schirm machen, denn wir öffnen bei 200 Stundenkilometern, etwa 50 Metern pro Sekunde. Und wenn die Leinen dann irgendwo über den Stoff drüber reiben, dann verbrennt der Stoff. Oder ich habe einen Fangleinen-Überwurf, was natürlich die Tragfähigkeit des Schirms einschränkt. Und wenn ich den nicht gelöst kriege, muss ich die Hauptkappe abtrennen und die Reserve dazu holen.

BG: Was habt ihr denn an Ausrüstung alles dabei als Tandemmaster? Und was habt ihr normalerweise an Ausrüstung dabei? Was unterscheidet sich da?

M: Also als Tandemmaster, wenn man ohne irgendwas springt, also einen ganz normalen Tandem nur macht zum Training macht, hat man nichts weiter dabei außer das Tandem-Gurtzeug, seinen Schirm natürlich, Helm, Handschuhe, Höhenmesser. Ganz wichtig. Und ein Höhenwarngerät, ein akustisches Höhenwarngerät. Und wenn wir taktisch springen, dann haben wir natürlich vorne an dem Tandempassagier noch ein Gepäck dran. Das ist das Gepäck vom Tandemmaster. Dann die Waffen für den Tandempassagier und für den Tandemmaster. Und natürlich einen Navigationsträger, damit man sich auch in der Luft zurechtfindet – bei Tag und bei Nacht.

BG: Wenn ihr jetzt im Einsatz seid und Tandem verspringt, dann habt ihr ja einen Auftrag. Was sind das für Leute, die ihr dann ins Gebiet mitnehmt?

M: Das sind Spezialisten, die selber nicht sprungbefähigt sind, die irgendwo irgendwie brauchen. Sei es ein Arzt oder sei es ein Sprachmittler oder irgendwas, was man wirklich dringendst braucht und die nicht selbst sprungbefähigt sind, dann nehmen wir die mit. Man muss parallel dazu rechnen, wenn man jetzt einen Tandem machen muss, auch noch einen Schwerlastspringer mitnehmen, damit wir das ganze Material von zwoten Mann noch mitkriegen.

BG: Alles klar. Und das ist natürlich auch wichtig, dass man das beübt.

M: Genau, das muss doll beübt werden. Man muss ja nachts dann auch, wenn man nachts reingeht, auch die engen Plätze treffen. Und wenn man im Sechser-, Achter- oder Zehnertrupp fliegt, wird’s schon ganz schön breit.

BG: Das kann ich mir gut vorstellen. Das klingt sehr abenteuerlich.

M: Das ist auch abenteuerlich. Manchmal.

BG: Wenn du noch in der Luft bist, wie lenkst du während des Sprunges, also sobald der Schirm offen ist? Was genau tust du? Du nutzt ja auch den Wind in den unterschiedlichen Höhen usw. Was genau geht da oben vor sich?

M: Naja, von der Sache her, wenn man am geöffneten Schirm hängt, wenn man’s taktisch macht, hat man natürlich seinen Track, also wo man dann in die befohlene Richtung gemäß Kompass fliegt und gemäß GPSGlobal Positioning System. Und dann plant man seinen Anflug von der Sache her. Man hat einen Rückenwindteil, hat einen Basisteil und hat einen Endanflug. Der Endanflug ist immer gegen den Wind, so denn es möglich ist. Manchmal ist das nicht möglich. Und das Ganze machen wir mit den Steuer-Toggles. Und zum Landen dazu kommen die Zusatz-Flare-Toggles, damit ich ein bisschen mehr Bremsdruck habe zum Landen.

BG: Wenn du nachts landest, wie präzise kannst denn du den Abstand zum Boden einschätzen, wenn du keine Befeuerung hast?

M: Die Nachtsichtgeräte geben das mittlerweile her. Wir springen hier mit dem, was bei der Fallschirmjägertruppe seit neuestem ausgegeben ist. Und die sind ganz hervorragend, weil man damit ein dreidimensionales Sehen hat. Vorher hatten wir die LUCIE, das war ein zweidimensionales Sehen. Da sind wir auch damit gesprungen, haben die aber vor dem Landeanflug hochgeklappt, haben zur Seite geguckt, um einen Referenzpunkt am Horizont zu haben und dass man die Höhe einschätzen kann.

BG: Okay, also ein Gebäude, ein Baum irgendsowas.

M: Irgendwas am Horizont, wo ich mich an der Höhe irgendwie festmachen kann, um dann den Flare-Punkt zu finden. Nachts springt man natürlich mit Gepäck und dann hat man das Gepäck unter sich hängen und wenn das Gepäck einschlägt, macht man zu. Und dann hat man eigentlich den richtigen Flare-Punkt getroffen, wenn die Länge von der Gepäckleine langt.

BG: Als du deinen allerersten Sprung gemacht hast, selbst solo, was ist dir da durch den Kopf gegangen? Wie war das für dich?

M: Bei meinem allerersten Sprung? Automatik oder Freifall?

BG: Beim allerersten Sprung überhaupt.

M: Mein allererster Sprung, generell? Beim ersten gar nichts. Gar nichts. Da ging die grüne Lampe vorn an, dann ging die Hupe an und dann sind alle aus dieser Maschine raus gerannt. Und ich hab auch über den ersten Sprung gar nicht nachgedacht, weil man so viel Selbstvertrauen hatte durch das Drilltraining, dass es funktioniert hat. Beim zweiten Sprung dann hat man nachgedacht, weil man dann realisiert hat, was man tut.

BG: Und wie war es? Was hast du gedacht?

M: Was mache ich hier? (beide lachen)

BG: Sehr schön. Und dein erster Solo-Freifall?

M: Da hatte ich eine Reserve.

BG: Okay, spannend.

M: Steuerleinen-Überwurf mit Fangleinen-Verdrehung bis in den Nacken. Also, wir haben ja früher keine AFFAufklärungs-, Führungs- und Feuerleitfahrzeug-Ausbildung gemacht, wir haben eine konventionelle Ausbildung gemacht. Da war Auftrag: fünf Sekunden und egal in welcher Lage, dann wird gezogen. Ja, dann war Exit. Grün, blau, grün, blau, grün, blau. Dann waren die fünf Sekunden um und war der Schirm so mehr so minder offen. Ich hatte mich auf die Fangleinen-Verdrehung konzentriert, aber mein Sprunglehrer unten am Boden, der Andi, hat dann schon über Funk gesagt: „Micha, da kannst du nichts mehr machen, trenn ab, ach schmeiß doch das Ding weg.“ Und dann habe hochgeguckt und gedacht, was will er von mir? Und dann habe ich erst den Steuerleinen-Überwurf gesehen. Dann habe ich abgetrennt, die Reserve kam ganz sauber und damit war die Sache erledigt.

BG: Und dann war alles gut?

M: Dann war alles gut. Das war allerdings an einem Freitag und am Montag war ich der erste Springer.

BG: Okay.

M: Dann war nicht mehr alles gut. (beide lachen)

BG: Und warst du dann darauf gefasst? Also dann an diesem Montag, als du rausgegangen bist, hast du da gedacht, oh scheiße, wird mir das jetzt wieder passieren, oder?

M: Nee, so war das nicht. Aber dann ist ja auch so ein klein bisschen Sarkasmus in der Fallschirmjägertruppe. Und dann stand der Stony in der Tür bei ner C208, guckt mich an und macht (zeigt eine Geste) und lacht dabei.

BG: Eine Geste. Genau, hinaus, hinaus, ja ...

M: Und dann war wieder grün, blau, grün, blau, grün, blau. Aber dann konnte ich stabilisieren.

BG: Sehr gut. (beide lachen) Grün, blau, grün, blau für die Zuhörerinnen und Zuhörer bedeutet?

M: Man dreht um alle Achsen. Dreidimensional.

BG: Himmel: blau, Erde: grün. 

M: Genau. 

BG: Genau. Und das wechselt sich ab. Genau, genau, genau. Und wir müssen vielleicht auch noch erklären, was AFFAufklärungs-, Führungs- und Feuerleitfahrzeug ist. Advanced Free Fall. 

M: Genau.

BG: Das ist eine besondere Art, Freifaller auszubilden. Da fliegen Instruktoren mit und wenn man da oben was vermasselt, dann greifen die ein. Machen den Schirm auf.

M: Genau. Bis zum Level drei sind zwei mit dabei. Und ab Level vier ist nur noch ein Lehrer mit dabei. Bis man dann free solo hat. Nach sieben Leveln ist man free solo, wenn man nicht ein Level wiederholen muss.

BG: Genau. Also bei euch war’s halt noch anders, da musste man dann gleich alleine. Und das ist natürlich dann ein bisschen verantwortungsvoller für einen, also beim ersten Mal ...

M: Also, ich sehe das nicht so, weil wir wurden ins kalte Wasser geworfen und mussten mit uns selber und auch mit unserem Kopf zurechtkommen.

BG: Ja, das stimmt.

M: Weil sich viele dann drauf verlassen, neben mir ist ein Lehrer.

BG: Ja, der einen ja auch anguckt, der einem auch Zeichen gibt und so weiter ...

M: Natürlich es geht schneller, da brauchen wir nicht drüber zu reden. Aber das, was sie mit uns gemacht haben, fand ich für den Kopf her besser.

BG: Wahrscheinlich.

JW: Jetzt bin ich ja nachher mit dir unterwegs. Was würdest du mir so für die letzten ängstlichen Momente mitgeben?

M: Spaß haben.

JW: Weil unten an kommen wir sowieso, ne?

M: Unten an kommen wir sowieso. Also, mach das, was dir der Tandemmaster vorher gesagt hat im Briefing. Wichtig ist bei der Landung, die Füße hochnehmen. Sonst tun wir uns gegenseitig weh und das wollen wir verhindern. Alles in der Luft oben, Luft tut nicht weh.

H: Also wir sind jetzt nur drei Tandems, richtig? Micha geht als erster rein. Danach wir. Und danach der ... Keule hier rechts von uns.

BG: Und dann geht es endlich los. In wenigen Minuten steigt das Flugzeug auf unsere Absprunghöhe von 3.600 Metern und wir warten gespannt, dass die Klappe aufgeht und wir rausspringen können. 

H: (Ruft) Fertig? Ready, set, go! 

BG: (Windrauschen) Freifall-Premiere für Janet. Mit Micha ist sie jetzt unterwegs beim ersten Fallschirmsprung ihres Lebens. Und was das für Emotionen in ihr auslöst, das merkt man, sobald der Schirm sich öffnet.

JW: (Schreit) 

M: Und? Ist das geil? 

JW: (Lacht) Ich lebe noch. Wie unwirklich war das bitte gerade?

M: Guck, da vor uns ist Barth mit dem Hafen. Und jetzt guckst du einmal komplett über die gesamte Darß.

JW: Ach scheiße, wie geil ist das bitte?

M: So treib einmal rechts, einmal links hier rein.

JW: Ja, ok.

M: Jetzt bist du der Pilot.

JW: Oh Gott.

M: Und der Micha hat nichts zu tun.

JW: Oh Gott.

M: Wie fühlst du dich?

JW: Mega geil. Es fühlt sich so unwirklich an.

M: (Lacht) Deswegen habe ich den geilsten Job der Welt.

JW: Das glaube ich. Wie bisten du darauf gekommen, genau das machen zu wollen?

M: Ja, ich bin im Spezialzug gelandet. Irgendwann mal. Und dort ist eine der Voraussetzungen vertikale Verbringung. Und dann habe ich mich langsam hochgearbeitet, wie das halt so ist, Teil eins, Teil zwei, dann habe ich Schwerlast-Lehrgang gemacht und Tandem, Truppführer, Sauerstoff-Sicherheitswart. Also, ich habe so ziemlich jeden Schein, den man so außerhalb haben kann. Ja und so bin ich eigentlich dazu gekommen, weil das unsere Verbringungsart ist.

JW: Was hebt dich genau daran?

M: Punkt eins: Jetzt, wenn es entspannt ist und nicht taktisch, ist es einfach die Ruhe hier oben jetzt am Schirm. Es ist total entspannt, auch vor allem die Hektik, die sonst immer am Boden ist. Die hast du hier nicht. Hier gibt es keine Hektik. Hier oben ist Ruhe. Du bist deines eigenen Glückes Schmied. Du hast eine super geile Aussicht. Und dienstlich ist es halt, es ist eine Verbringungsart. Das ist quasi unser Taxi in den Einsatz. Aktuelle Höhe: 850. Ich übernehme. Kannst loslassen. 

JW: Ok.

M: So, jetzt nimmste mal. Wir üben mal das Landen. Nimm mal deine Hände. Greif mal in die Kniekehlen rein. In die Kniekehlen reingreifen. Richtig hoch zur Brust ziehen. Genau, und hoch die Beine und genauso landen wir. Kannst dich wieder entspannen. So, jetzt machen wir die Arme breit wie ein Vogel. Und jetzt bist du ein Vogel. 

JW: (Schreit) Nein, nein, nein, um Gottes Willen, nein, nein, bitte hör auf ... scheiße (lacht). Oh Gohott (lacht). Du hast grade mehr Spaß als ich, oder?

M: (lacht)

BG: Und der Spaß, der geht für Hector und mich jetzt auch gleich los, denn wir springen ganz kurz nach Janet und Micha.

H: (Ruft) Absprungposition. Knie zusammen. Kopf hinter, ok. (Windrauschen) ... Sauber.

BG: Sehr, sehr geil. Danke, Hector. Super. Wow, I love it. Das war gut.

H: Sehr gut.

BG: Dein wie vielter Tandemsprung bin ich?

H: Tatsächlich glaube ich, mein 70ster.

BG: Wow. Ein Jubiläum. 

H: So ein kleines Jubiläum, ne?

BG: Hat Spaß gemacht. Mega. Hast du schon mal erlebt, dass ein Passagier Angst bekommen hat und Unsinn gemacht hat?

H: Ja, tatsächlich heute (lacht).

BG: (Lacht) Ach Quatsch, ey. Wer war’s?

H: Aber alles gut. Es war ein Pilot quasi. Ja, und der hatte seinen Körper, sag ich mal, bisschen weniger unter Kontrolle. Hat mir das Leben ein bisschen schwer gemacht. Aber war alles gut. Alles im grünen Bereich.

BG: Was machst du, wenn einer in Panik gerät wie der Pilot vorhin?

H: Also der hatte keine Panik, aber da hatte halt, der hat halt quasi nicht das gemacht, was ich ihm gesagt hab. Der hat halt seine Körperhaltung aufgegeben. Ja, das hast du jetzt grade zum Beispiel besser gemacht. Und ja, und da musste ich halt quasi die ganze Zeit im freien Fall gegenlenken.

BG: Aha, verstehe. Wir sind jetzt aus 3.600 Metern gesprungen und du hast den Schirm ungefähr geöffnet bei welcher Höhe?

H: Bei 1.600 Metern, war grade vorgegeben. 

BG: Alles klar. 

H: Mindestens muss ich aber bei 1.500 öffnen.

BG: Okay. Was war dein bisher schönster Sprung? Also von allen?

H: Boah, das ist eine gute Frage. Aber ich denke, das war einer der Sprünge in Altenstadt. Da, wo auch die Freifallschule ist. Im Gebirge halt. Das ist dann schon was Besonderes gewesen. Aber auch in den USA oder in Portugal gibt es schöne Aussichten. Aber ebenso auch hier in Barth am Meer. Ebenfalls ein schöner Sprung. Ich kann es dir, ehrlich gesagt, nicht sagen, welcher der schönste war.

BG: Ja, also ich muss sagen, ich finde hier den Blick auch super super schön. 

H: Deswegen. 

BG: Genau. Wie viele Sprünge brauchst du pro Jahr, um die Lizenz als Tandemmaster zu erhalten?

H: Die reine Tandemmaster-Lizenz benötigt 20 Sprünge im Jahr. Ist aber sehr wenig. Man sollte anstreben auf jeden Fall, mehr als 20 zu machen.

BG: Okay, und wenn du die erhältst, erhältst du ja automatisch auch deine normale Lizenz, richtig?

H: Nee, nicht. Da muss ich auch noch normale Gepäcksprünge machen. Ich bin auch Truppführer, also muss ich auch Truppfahrtsprünge machen und diese führen ... So, warte mal, wir kommen jetzt zur Landung ...

BG: Und auch Micha und Janet nähern sich dem Erdboden.

M: So, 230 Meter noch.

JW: Das geht tatsächlich irre schnell. Hätte ich nicht gedacht.

M: 170 Meter noch.

JW: Wenn sich jemand für die Fallschirmjägerei interessiert oder für irgendnen Job, der damit zu tun hat. Was würdest du dem raten?

M: Ja, als erstes steht der Schweiß vor allem. Das ist hochspezialisiert, was wir hier machen. So, greif mal in deine Kniekehlen rein, wir müssen gleich landen. Das ist hochspezialisiert, was wir hier machen. Und damit ist es natürlich eine Menge Training auch. Und das ist halt wichtig. Und hoch die Beine, hoch, hoch, hoch. Juchu!

JW: (Lacht) Krasser Scheiß.

M: Herzlichen Glückwunsch zu deinem ersten Tandemsprung. Ich hoffe, es hat Spaß gemacht.

JW: Das war mega. (beide lachen) 

BG: Janet und ich stehen jetzt hier neben der Packmatte und hier wird gerade schon wieder für den nächsten Sprung gepackt. Was wir heute hier gelernt haben, und zwar über alle Fallschirmspringer der Bundeswehr, ist, dass die ein unglaubliches Fachwissen haben, eine unglaubliche Expertise, dass die wahnsinnig viele Lehrgänge gemacht haben, um sich und auch ihre Passagiere sicher auf den Boden zu bringen. Und auch, dass sie mit sehr viel Hingabe, mit sehr viel Leidenschaft diesen Job machen. Ich weiß nicht, Janet, wie es dir gegangen ist, aber irgendwie weitet es doch noch mal den Blick auf das große Ganze, oder?

JW: Ja, auf jeden Fall. Und gerade was du eben angesprochen hast, die Fachexpertise und vor allem die Hingabe, finde ich, haben einfach dafür gesorgt, dass man den Jungs hier anmerkt, dass sie das, also warum sie das machen und wie viel dahinter steckt, um wirklich dafür zu sorgen, dass Menschen wie ich, also so ein Pax, der dann vielleicht wirklich mal verbracht werden muss, sich sicher fühlt, obwohl mir wirklich klar war, von wegen: Ey, ich vertraue gerade eigentlich einem wildfremden Menschen mein Leben an. Ich habe mich trotzdem zu jeder Zeit super sicher gefühlt und das hat bei mir vor allem dafür gesorgt, dass mein Respekt noch mal um ein ganzes Stück gewachsen ist. Weil ich halt einfach gemerkt habe, die Jungs und Mädels, die tatsächlich in der militärischen Fallschirmspringerei tätig sind, was sie draufhaben müssen, wie das alles laufen muss, sodass Menschen wie ich mich wohlfühlen, die aber auch einfach ihren Auftrag erfüllen können. Von daher also mega, mega Respekt.

BG: Absolut. Das sehe ich ganz genauso. Wirklich. Wir vertrauen absolut unseren Kameraden da im freien Fall am Schirm und nachher am Boden. Das war eine ganz interessante Erfahrung hier. Und es geht ja weit über das Tandemspringen hinaus. Es geht ja auch um all die anderen speziellen Sprünge, die die hier machen, in der Nacht, mit unglaublich viel Gepäck. Das ist wirklich schön zu sehen. Das läuft wie am Schnürchen, wenn auch wenn man an den Himmel schaut, wenn man die einfliegen sieht in ihrer taktischen Formation. Das ist unglaublich präzise. Alles ganz große Hochachtung, einfach für alle. Ich hoffe, für Sie als Zuhörerinnen und Zuhörer war es auch ein bisschen interessant, diesen Einblick zu gewinnen. Wir melden uns jetzt erst mal ab aus dem Funkkreis. Machen Sie es gut. Tschüss.

JW: Tschüss.