Transkription Funkkreis – Podcast der Bundeswehr #80
Transkription Funkkreis – Podcast der Bundeswehr #80
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Funkkreis – Podcast der Bundeswehr
Amina Vieth: Abheben mit den VIPsVery Important Person – das macht Hauptfeldwebel Julia Ellert regelmäßig. Denn sie ist Lufttransportbegleiterin bei der Flugbereitschaft der Bundeswehr. Wen sie dabei alles an Bord hat, was sie darüber erzählen darf und was sie vielleicht auch schon leicht Dramatisches erlebt hat, das erzählt sie heute bei uns im Funkkreis. Mein Name ist Amina Vieth aus der Redaktion der Bundeswehr. Und ich heiße willkommen Hauptfeldwebel Julia Ellert. Hallo.
Julia Ellert: Ja, hallo. Vielen Dank für die Einladung.
AV: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Ich kann mir vorstellen, dass Sie als Lufttransportbegleiterin ziemlich gut ausgebucht und immer mehrere Tage unterwegs sind.
JE: Ja, das ist richtig. Das ist eigentlich so der Alltag. Genau.
AV: Wo ging die letzte Reise hin?
JE: Meine letzte Reise, das war eigentlich etwas relativ Unspektakuläres. Das waren eigentlich nur Trips nach Berlin.
AV: Wahrscheinlich bedingt durch Corona jetzt eher etwas weniger international.
JE: Genau, etwas weniger international. Schon ein gutes Jahr leider. Aber es geht langsam wieder los.
AV: Was genau bedeutet Flugbereitschaft denn eigentlich?
JE: Die Flugbereitschaft, also wir, sind ein Lufttransportverband der deutschen Luftwaffe. Das heißt, wir sind alles Luftwaffenangehörige. Und wir machen den weltweiten Transport von Material und Soldaten. Wir bringen unter anderem Soldaten in die Einsätze, aber auch Frachtgut. Wir machen aber andererseits auch den Transport des politisch-parlamentarischen Führungspersonals. Also Politiker, die man aus dem Fernsehen kennt. Unter anderem kennt man vielleicht auch unsere Flugzeuge aus dem Fernsehen. Vielleicht hat man sie mal in der Tagesschau gesehen. Große, weiße Flieger mit der schwarz-rot-goldfarbenen Flagge einmal rundherum und das sieht man dann meistens in den 20-Uhr-Nachrichten, wenn die Bundeskanzlerin oder der Bundespräsident irgendwo gelandet sind zum Staatsbesuch. Das einmal so ganz kurz und knapp erklärt.
AV: Dann haben Sie also einige VIPsVery Important Person an Bord. Mit wem fliegen Sie unter anderem?
JE: Wir von der Flugbereitschaft sind unter anderem für den politisch-parlamentarischen Flugdienst zuständig. Da ist es so, dass wir unter anderem mit der Bundeskanzlerin fliegen, mit dem Bundespräsidenten, mit Ministern, die von A nach B müssen.
AV: Also wirklich große Prominenz, zumindest aus der politischen Branche gesehen.
JE: Genau, so ist es.
AV: Sind Sie da immer fest zugeteilt als Team oder variiert das?
JE: Das ist immer abhängig davon, auf welchem Flugmuster man unterwegs ist. Auf welchem Flugmuster wir als Flugbegleiter geschult sind. Und dann ist der Dienstplan auch davon abhängig, ob man vielleicht noch auf Lehrgänge muss, Urlaub hat, eine Crew-Rest hat – die freie Zeit nach einem längeren Flug – und somit ist man nie in der gleichen Crew unterwegs. Weil sich das bei jedem anders gestaltet.
AV: Was bedeutet denn Flugmuster?
JE: Wir haben verschiedene Luftfahrzeugmuster bei uns hier stehen in Köln/Bonn. Dazu zählen – ja, die meisten sind Langstreckenflugzeuge, also der 340, der 350, aber auch die Global. Eigentlich ein sehr kleines Flugzeug, aber das ist auch für die Langstrecke gedacht. Wir haben noch den 321, den 319 – wir haben schon eine umfangreiche Flotte stehen.
AV: Also Sie reden wahrscheinlich bei 321 und so vom Airbus, davon gehe ich jetzt mal aus.
JE: Ja, genau. Das sind alles Airbusse. Das ist für mich alles schon so selbstverständlich (lacht). Außer der Global, die ist von Bombardier.
AV: Und wo fliegen Sie mit?
JE: Ich bin auf der Global geschult und dem A320. Also der Airbus A320 ist bei uns eine Family. Das heißt, ich bin auf dem 320 geschult und darf somit den 321 fliegen und den 319.
AV: Wen haben Sie denn häufiger mal als Gast dabei?
JE: Ich für mich muss sagen, dass ich am häufigsten mit dem Bundespräsidenten fliege. Das hat jetzt keinen speziellen Hintergrund. Das passt anscheinend oft von meinem Dienstplan her (lacht). Und ansonsten kann ich das jetzt so speziell gar nicht sagen. Es gibt auch wirklich viele Politiker, mit denen ich noch nie unterwegs war. Es gibt immer ein erstes Mal.
AV: Frank-Walter Steinmeier – können Sie uns erzählen, wie das mit dem ist? Ist er eher ein bisschen gesprächig, ist der introvertiert?
JE: Nee. Er kommt an Bord ist und da eigentlich ein richtiger Sonnenschein. Man fliegt sehr, sehr gern mit ihm. Er ist sehr nett und höflich. Er begrüßt – insofern es die Zeit zulässt – alle Flugbegleiter persönlich. Das sind Flüge, da freut man sich richtig, mit ihm unterwegs zu sein. Wenn er einen sieht – klar, wir haben auch Namensschilder natürlich –, aber er hat auch sehr gutes Gedächtnis. Und das ist das schon ziemlich normal, dass er sagt: Ach, hallo, Frau Ellert. Schön, mit Ihnen wieder zu fliegen. Wie geht´s Ihnen denn? Also es schon recht persönlich mit ihm.
AV: Das heißt, man hält durchaus mal einen kleinen Plausch.
JE: Genau.
AV: Oder spricht über Sachen, die vielleicht gerade aktuell sind…
JE: Das eher nicht. Dafür ist die Zeit meist auch zu kurz. Die VIPsVery Important Person kommen an Bord und gehen meist direkt der Arbeit nach. Das normale Standard-Boarding, wie man es aus der zivilen Fliegerei kennt, das ist bei uns genau so lange, mit weniger Passagieren. Dennoch setzt er sich dann relativ schnell hin und geht Dingen nach, die er dann noch zu erledigen hat. Also über das Wetter zu sprechen, das wäre zu viel gesagt.
AV: Auf jeden Fall klingt das sehr sympathisch, so einen netten Gast zu haben, so einen netten VIPvery important person vor allem an Bord zu haben. Und was wird denn serviert?
JE: Es wird vorher angefragt aus Berlin, wenn der Flug hier in der Flugbereitschaft reinkommt, dann geht natürlich auch eine Bestellung ins Catering-Büro hier vor Ort. Das kann eine Auswahl getroffen werden, es gibt Vorschläge, was serviert werden kann. Das ist auch immer ganz davon abhängig, wie lange der VIPvery important person wohin fliegt, möchte er vielleicht schon etwas Landestypisches auf dem Hinflug haben, was man mit dem Land eventuell verbindet, ist überhaupt ein Catering möglich? Auf dem Weg von hier nach Brüssel ist es beispielsweise schwierig, für zwölf Leute ein warmes Mittagessen zu servieren. Da muss dann ganz speziell geschaut werden. Je nach Fluglänge gibt es manchmal auch drei oder vier Mahlzeiten. Es ist aber schon so, dass man gucken kann: Was mag derjenige denn besonders gerne? Und dass man darauf dann schaut. Dass man dann auch dem Gast ein sehr guter Gastgeber ist und sich darauf ein bisschen fokussiert, dass man dem Gast etwas Gutes kredenzt, worüber er sich dann auch freuen würde.
AV: Da Sie ja nun häufiger mit dem Bundespräsidenten fliegen, können Sie uns vielleicht verraten, was dieser besonders gern mag?
JE: Er isst sehr, sehr gerne Sushi. Das ist auf jeden Fall eine große Vorliebe von ihm. Und somit hat man dann auch sehr oft Sushi mit an Bord. Ich würde jetzt nicht sagen, dass das ein Standard ist. Aber es kommt schon häufig vor.
AV: Das ist wirklich ein toller Service, da würde ich auch gerne mal mitfliegen. (Beide lachen)
JE: Ja, das glaube ich. Jedenfalls ist das etwas anderes als ein Sandwich.
AV: Wobei man das auf vielen Standardflügen heute ja auch extra kaufen muss und das gar nicht mehr mit drin ist. Wie bei den Billigfliegern.
JE: Ja, genau.
AV: Und wie ist das für die Crew? Essen Sie auch Sushi mit oder gibt es gesondert etwas?
JE: Die Crew bekommt Essen auf Tabletts, wie man es vielleicht eher aus der zivilen Fliegerei bekommt. Das sind ganz normale Trinkpäckchen mit einem eingeschweißten Sandwich, wie man es mehr oder weniger kennt. Das ist jetzt nicht so, dass wir das gleiche Essen bekommen. Das ist ein First-Class-Service für den VIPvery important person. Das ist auf speziellen Tabletts, das wird dem VIPvery important person an den Tisch gebracht und serviert. Er kann sich dann speziell aussuchen. Jedes einzelne Teil wird dann auf seinem Teller angerichtet – vor seinen Augen.
AV: Also richtig wie im Restaurant…
JE: Genau.
AV: Wow.
JE: Richtig wie in einem Restaurant. Mit einem gedeckten Tisch, vorher wird eingedeckt. Es gibt eine Vorspeise, eine Nachspeise. Und das ist bei uns Flugbegleitern absolut nicht möglich. Es ist so, dass wir zwischen dem Service essen und uns dann irgendwo in eine Ecke verkrümeln und unsere Tabletts herausholen. Das lässt sich leider nicht darstellen, dass wir das auch essen, was der VIPvery important person bekommt.
AV: Aber so ein Restaurant über den Wolken klingt auf jeden Fall sehr verlockend. Wenn man die Chance hat, sollte man das vielleicht einfach mal machen – oder nutzen, sagen wir es besser mal so.
JE: Ja (lacht).
AV: Wie sind Sie denn überhaupt zu diesem Job gekommen?
JE: Ich bin zu dem Job über zwei, drei Umwege gekommen. Ich habe ganz normal eine Berufsausbildung gemacht. Danach bin ich bei Air Berlin angefangen. Von 2011 bis 2013 bin ich zivil geflogen. Die haben damals ganz aktiv gesucht. Und für mich war, Flugbegleiterin zu sein, schon immer der Traum gewesen. Ich hatte mich dann dort beworben. Das ging alles sehr, sehr schnell. Ich hatte dann dort einen Zwei-Jahres-Vertrag. In der zivilen Fliegerei war es damals schon so, dass man sich über einen Zwei-Jahres-Vertrag sehr freuen konnte. Ich wäre nach meiner Zeit bei Air Berlin immer nur von Jahresvertrag zu Jahresvertrag gehüpft. Mein Papa ist Hauptmann d. R.der Reserve bei der Bundeswehr. Und er sagte dann: Warum gehst du denn nicht zur Bundeswehr. Ich fand das erst einmal sehr abwegig. Der Beruf einer Flugbegleiterin ist doch schon etwas sehr Weibliches. Und man hat andere Vorstellungen von der Bundeswehr. Und ich dachte, dass passe absolut nicht zu mir. Dann habe ich mich aber beworben. Ich war beim Karrierecenter, habe die Einstellungstests absolviert, habe die Flugbereitschaft einmal besucht, mir hier alles angeschaut – und war absolut begeistert. Von den Fliegern, von den Menschen, die hier arbeiten. Es war einfach alles superinteressant. Und dann ging das Ganze seinen Lauf. Jetzt bin ich mittlerweile schon sieben Jahre hier. Das ist verrückt, wie die Zeit vergeht. Aber es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung.
AV: Sie klingen auf jeden Fall sehr begeistert und freudig über diese Entscheidung und noch immer glücklich in Ihrem Job. Wenn Sie einmal kurz erklären könnten, wenn sich jemand dafür interessiert, was muss man für Voraussetzungen mitbringen, über welche Einstellungstests und über was für Laufbahnen reden wir hier eigentlich?
JE: Es gibt die Laufbahn der Unteroffiziere und der Feldwebel. Das entscheidet dann der Einstellungstest. Am besten bewirbt man sich bei einem Karrierecenter. Eine abgeschlossene Schulausbildung ist auf jeden Fall Voraussetzung. Danach wird dann auch entschieden, in welche Laufbahn man geht. Für mich war das sehr attraktiv. Ich hatte damals die Feldwebellaufbahn angeboten bekommen. Das heißt, ich konnte mich direkt für zwölf Jahre verpflichten. Was sehr attraktiv. Und ich wusste: Wow, ich kann mindestens noch zwölf Jahre meinen Traumjob machen. Und ich habe dann auch noch die Aussicht, Berufssoldatin werden zu können.
AV: Das sind ja echt gute Voraussetzungen.
JE: Ja, absolut. Was man mitbringen muss, ist auf jeden Fall sehr viel Flexibilität. Nicht umsonst heißt es Flugbereitschaft. Es ist auch der Fall, dass Flüge sehr spontan kommen. Groß das übernächste Wochenende planen, wenn man sich da nicht Urlaub genommen hat, ist wirklich schwer. Also das ist auch etwas, das das Umfeld noch verstehen muss oder relativ lange dafür braucht. Aber das ist definitiv Fakt. Das ist die Voraussetzung überhaupt. Das wird anfangs erst einmal ein bisschen belächelt, wenn ich das neuen Kameraden hier erzähle. Aber man kommt da relativ schnell dahinter, dass da was dahintersteckt, die Spontanität und die Flexibilität zu wahren.
AV: Von wie spontan reden wir?
JE: Ja, es ist schon oft so, dass ich nachmittags um 16 Uhr in meinen Dienstplan schaue und für den nächsten Tag noch nichts drinsteht. Es kann dann sein, dass ich um 17 Uhr wieder schaue und es geht um vier oder fünf Uhr morgens los. Kann aber auch sein, dass ich dann ein Off in den Dienstplan eingetragen bekomme und ich habe dann spontan einen freien Tag. Das ist aber ein Tag, an dem ich dann nicht mehr großartig was planen kann so kurz vorher. Da brauche ich dann auch keinen Termin mehr beim Steuerberater machen. So viel zu Flexibilität.
AV: Definitiv. Und dazu gehört, glaube ich, auch eine gewisse Leidenschaft für den Job, um das auch so hinzunehmen.
JE: Ja, doch.
AV: Sie sagten jetzt schon, dass Sie aktuell viele Trips nach Berlin haben. Aber Sie haben bestimmt auch schon viele Langstreckenflüge begleitet. Was war das Weiteste oder Schönste vielleicht auch?
JE: Mmh. Die sind von der Strecke relativ gleich weit entfernt. Einmal San Francisco, also ziemlich weit im Westen. Und das Östlichste, was ich bis jetzt hatte, war Tokio. Das waren beides sehr, sehr schöne Flüge. Allerdings muss ich sagen, dass mein schönster Flug – es muss Februar 2019 gewesen sein – Südamerika war. Auch mit dem Bundespräsidenten. Mit dem A340 damals. Das war wirklich ein sehr, sehr schöner Flug. Generell von der Flugzeit, man hat so viel Zeit an Bord. Auch mit den Passagieren. Man kann wirklich einen superschönen Service machen. Und auch vor Ort hatten wir zwei Stehtage, meine ich. Wir waren unter anderem auch in Quito (Anm.d.Red.: Hauptstadt von Ecuador). Vielleicht sagt das einigen etwas. Das ist die höchste Hauptstadt der Welt. Dort kann man direkt auf dem Äquator entlang balancieren. Das war wirklich ein sehr schönes Erlebnis. Definitiv, ja.
AV: So klingt es auf jeden Fall.
JE: Aber auch Tokio. Dort auf dieser riesigen Kreuzung zu stehen, zwischen Millionen Menschen. Was man vielleicht auch aus dem Fernsehen kennt. Das sind natürlich auch Erlebnisse, die man nicht so schnell vergisst. Und wo man vielleicht privat auch nicht unbedingt hinreisen würde.
AV: Oder vielleicht auch gar nicht immer die Kapazitäten hat dafür. Hinter Urlauben mit solchen Langstreckenflügen steckt ja meist viel Planung. Aber dann kommen Sie ja richtig rum auf jeden Fall.
JE: Ja (lacht).
AV: Und Sie sagten gerade Stehzeit. Das bedeutet, dass es nicht so ist: Sie kommen an, einmal kurz raus aus dem Flugzeug, alle wieder rein ins Flugzeug und zurück. Sondern Sie bleiben dort durchaus auch mal länger.
JE: Genau. Das müssen wir auch. Das ist ähnlich wie bei Lkw- oder Busfahrern. Besonders wichtig ist das natürlich auch für das Cockpit. Aber auch für uns. Wir sind für die Sicherheit an Bord zuständig und müssen jederzeit hundertprozentig in unseren Abläufen sicher sein. Das können wir natürlich nicht, wenn wir schon 24 Stunden auf den Beinen sind. Das ist auch so, dass wir, wenn wir beispielsweise 18 Stunden am Stück fliegen, dass wir auch 18 Stunden vor Ort die sogenannte Crew-Rest brauchen. Um sich frisch zu machen, um den Schlaf nachzuholen. Auch die Wetterumstände sind nicht zu unterschätzen. Manchmal fliegt man hier bei minus zwölf Grad los und landet dann 14 Stunden später wo, wo es 35 Grad sind. Man hat mehrere Zeitzonen durchflogen und ist eventuell dann doch schon mehr als 20 Stunden wach. Das ist dann der Punkt, an dem man sagt: Ich brauche jetzt meinen Schlaf. Ich würde mir hier gerne etwas anschauen. Aber ich muss jetzt erst einmal zur Ruhe kommen.
AV: Das klingt auf jeden Fall sinnvoll. Und es natürlich auch ein Sicherheitsaspekt, dass auch Sie ausgeruht sind und nicht nur der Pilot.
JE: Genau.
AV: Aber Wetter ist vielleicht auch ein guter Hinweis. Da kann ich mir vorstellen, gerade wenn man so viel unterwegs ist, dass man auch durch das eine oder andere Unwetter kommt oder Komplikationen hat – Turbulenzen heißt es, glaube ich, richtig, gar nicht Komplikationen.
JE: Genau, ja.
AV: Hatten Sie da schon mal einen Moment, in dem Sie dachten: Ohwei, jetzt habe selbst ich Schiss, obwohl ich so erfahren bin?
JE: Ich persönlich hatte so etwas bisher noch nicht. Zumindest bei uns in der Flugbereitschaft hatte ich das zum Glück bisher noch nicht. Allerdings hatte ich das mal auf einem privaten Flug. Das war im asiatischen Raum. Da war ich auch schon Flugbegleiterin. Und spätestens, wenn die Flugbegleiter anfangen, durchs Flugzeug zu rennen und nicht mehr ganz so entspannt auszusehen, dann werde auch ich relativ unentspannt. Aber bei uns hatte ich den Fall zum Glück noch nie.
AV: Also gab es da bisher noch gar keine großartig schlimmen Vorkommnisse oder ähnliches?
JE: Also Turbulenzen sind mir jetzt nicht im Gedächtnis. Zumindest nicht in der Flugbereitschaft. Allerdings hatte ich meinen ersten Flug in der Flugbereitschaft, das war ein mehr oder weniger Einführungsflug zu Beginn der Ausbildung, da hatten wir tatsächlich einen Blitzeinschlag an Bord. Das war damals mit dem A310. Das war schon so ein Erlebnis, wo man dann dachte: Hui! Das hat dann einmal wirklich richtig laut geknallt. Dann musste erst einmal geschaut werden: Was ist hier jetzt gerade passiert? Ich war zusammen auf diesem Schnupperflug mit einer Kameradin, die auch vorher schon jahrelang zivil geflogen ist. Und das war für uns auch so, wo wir dachten: Okay, wir haben eigentlich alles erlebt in der zivilen Fliegerei, und wirklich einiges. Aber das war für uns dann doch auch ein einschneidendes Erlebnis. Wir haben uns zu jeder Zeit absolut sicher gefühlt. Gar keine Frage. Aber es war dann auch wirklich so, dass die Flugbegleiterin vorne gesagt hat: Ich habe den Blitz hier wirklich durch die Galley gehen sehen. Galley ist die Bordküche. Sie sagte, das sei wirklich der Wahnsinn gewesen. Und im Nachhinein war es dann so, dass wir ausgestiegen sind in Köln und man wirklich diese schwarzen Punkte an der Flugzeughülle auch gesehen hat. Generell gibt es da keine Beeinträchtigung auf dem Flugzeug oder so. Aber das war schon so etwas, wo man dachte: Wow, das habe ich dann jetzt auch mal erlebt. Haken dran (lacht).
AV: Also ich bin tatsächlich gerade etwas schockiert, weil ich so denke: Oh mein Gott, da muss man richtig hart die Ruhe bewahren. Nur mal fürs Verständnis. Sie waren schon in der Luft, dann hat der Blitz eingeschlagen.
JE: Genau.
AV: Und dann mussten Sie notlanden oder war das noch in Ordnung?
JE: Nee. Es hört sich viel, viel schlimmer an, als es war. Wir waren auch alle superentspannt. Wir sind dann ganz normal in Köln gelandet. Es war alles gut. Das Cockpit hat dann natürlich auch Abläufe, wo dann die Instrumente geprüft werden. Es war alles absolut im Lot. Das Flugzeug ist für solche Eventualitäten ja auch ausgerüstet, sage ich mal. Das ist jetzt nichts, weswegen man notlanden müsste. Es war nie in dem Rahmen, dass es für irgendjemanden gefährlich war.
AV: Das ist sehr beruhigend zu wissen. Auch für alle künftigen Flüge, auch außerhalb der Flugbereitschaft. Also, liebe Hörerinnen und Hörer, jederzeit sicher fühlen, die Flugzeuge können das ab. Das ist auch für mich sehr beruhigend. Ich fliege sehr gern, wenn es denn dann wieder möglich ist. Von der Flugbereitschaft war es mir lange nicht bekannt, dass es dort auch Flugbegleitung gibt. Ich kenne das natürlich auch nur aus dem Zivilen. Und frage mich natürlich, da man ein gewisses Bild vor Augen hat, wenn man an Flugbegleiter denkt, und Sie sagten vorhin auch, dass das sehr weiblich ist, wie stellt sich das denn dann bei der Bundeswehr dar? Gerade in puncto Uniform. Tragen Sie Flecktarn? Oder was ist da vorgeschrieben?
JE: Im normalen Tagesdienst, wenn wir hier im Büro tätig sind oder generell hier Aufgaben zu erledigen haben im sogenannten Stabsgebäude der Flugbereitschaft, dann tragen wir entweder Flecktarn, wir können aber auch die Fliegerkombi tragen. Die haben wir auch alle bei uns Kleiderschrank. Oder Blau – Blau lang, Blau kurz. Das ist uns eigentlich relativ freigestellt, was wir gern tragen möchten. Also im Sommer tragen wir eigentlich alle Blau, weil Blau mit kurzem Hemd relativ luftig ist. Ansonsten wird sehr gern die Fliegerkombi getragen von uns. An Bord ist es so, dass wir immer Blau tragen auf den VIPvery important person-Flügen. Allerdings, vielleicht ist das blaue Hemd geläufig, das ändern wir. Da ziehen wir uns um vor dem Start, wenn der VIPvery important person kommt und tragen dann ein weißes, langes Hemd. Das ist auch immer lang beim Service. Das sieht einfach schöner aus mit der Krawatte. Wir haben auch Krawattennadeln von der Flugbereitschaft. Das macht einfach viel mehr her als das blaue Hemd, das wir immer tragen. Es soll dann wirklich schon etwas Besonderes sein an Bord.
AV: Und die Schuhe. Da muss ich mal ganz kurz nachfragen. Da gab es ja ab und an mal Diskussionen für Flugbegleiterinnen. Wie viel Make-up nötig ist, wie hoch müssen die Schuhe sein. Wie verhält sich das denn bei Ihnen im Dienst?
JE: Das ist eine gute Frage (lacht). Wir haben ja die dienstlich gelieferten Schuhe. Das sind die sogenannten Schnürer, die auch etwas erhöht sind.
AV: Aber nicht so richtig schlimm hohe Hacken?
JE: Genau. Die meisten kaufen sich ihre Schuhe aber selbst. Das sind einfach ganz normale Pumps. Da gibt es im Endeffekt keine speziellen Vorgaben. Das ist jetzt aber so, dass wir alle so lange unterwegs sind, dass da jetzt keiner mit allzu hohen Absätzen an Bord geht. Das kann man schon so sagen. Viele, dazu gehöre ich unter anderem auch, das hat sich so langsam ein ganz bisschen durchgesetzt, einfach ganz flache Schnürer zu tragen. Dadurch, dass man den Körper durch die Fliegerei schon so sehr belastet, möchte man zumindest seine Füße ein bisschen schonen. Beim Make-up ist es so, dass Schminken generell kein Muss ist. Wer das machen möchte, kann das natürlich dezent machen. Es ist allerdings etwas anders als im Zivilen. Ich kenne das bei Air Berlin so, dass man mehr oder weniger dazu verpflichtet war, einen knallroten Lippenstift zu tragen. Das ist bei uns natürlich nicht gern gesehen. Da ist schon darauf zu achten, dass, wenn man es macht, dass es dezent ist.
AV: Das klingt auf jeden Fall sehr gut. Und ich denke auch, in der heutigen Zeit etwas angemessener als immer dieses sehr Übertriebene. Wenn ich das jetzt mal aus meiner ganz persönlichen Sicht so sagen darf. Und wie Sie vorhin schon sagten und es auch einfach bei Ihnen im Gespräch rüberkommt, dass Sie einfach zufrieden sind in dem Job. Das freut mich auch sehr.
JE: Ja. Danke. Mich freut es auch.
AV: Vielleicht noch einen Rat an jemanden, der sich darüber Gedanken macht, vielleicht zur Flugbereitschaft zu gehen als Lufttransportbegleitung?
JE: Generell findet man über die Flugbereitschaft relativ viel im Internet, denke ich. Und ansonsten kann man hier gerne den Spieß anrufen der 2. Lufttransportstaffel. Es kommt immer wieder vor, dass sich Leute einfach mal die Flugbereitschaft anschauen möchten, gern mal die Flieger vor Ort sehen und dann vielleicht auch wirklich für sich sagen können: Das kann ich mir wirklich gut für mich und meine Zukunft vorstellen. Oder: Nee, das ist dann doch nichts für mich. Hier gibt es dann ein relativ ausführliches Gespräch mit einem anderen Flugbegleiter, der dann eine Präsentation auch vorstellt von der Flugbereitschaft, eventuell kann ein Lfz gezeigt werden vor Ort, wenn genügend auf dem Hof sind. Da gewinnt man schon einen sehr guten Einblick in die Flugbereitschaft und in den Beruf als Flugbegleiter.
AV: Wenn Sie jetzt Lfz noch einmal kurz erklären?
JE: Luftfahrzeug. Entschuldigung. (lacht)
AV: (lacht) Alles super. Es kommt ja nicht jeder aus der Luftwaffe oder aus dem fliegerischen Bereich oder überhaupt aus der Bundeswehr von unseren Hörerinnen und Hörern. Prima. Dann bedanke ich mich ganz herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen haben und wünsche Ihnen noch viel Erfolg und dass es bald wieder richtig losgeht und sie wieder ein bisschen mehr um die Welt fliegen können.
JE: Ja, vielen lieben Dank.
AV: Den nächsten Podcast gibt es wie gewohnt in einer Woche. Mein Name ist Amina Vieth. Ich melde mich ab aus dem Funkkreis.