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12 MIN

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Sprecher: Hauptmann Janet Watson (JW), Oberstabsfeldwebel Stefan S. (SS), Panzerschütze Win (W), Panzerschützin Selmina (S)

Delta to all. Radiocheck. Over.
Hier ist Bravo. Kommen.
This is Tango. Over.
Funkkreis – Podcast der Bundeswehr.

JW
Warum verpflichten sich Soldatinnen und Soldaten? Die Gründe sind so vielfältig wie die Kameradinnen und Kameraden selbst.

(Einige Stimmen aus der Truppe dazu)
Nachdem ich die Grundausbildung und die Spezialgrundausbildung durch hatte, habe ich mir gedacht: Hey, das gefällt mir.
Ich war fasziniert, wie viele Verwendungsmöglichkeiten es bei der Bundeswehr gibt.
Ich wollte der Gemeinschaft dienen.
Das ist einfach mal was komplett Anderes. Die neuen Herausforderungen.
Ja, es lag an der Familie.
Finanzielle Sicherheit.
Ich möchte dem deutschen Volk dienen.

JW
Ich selbst bin vor über zehn Jahren in die Bundeswehr eingetreten und damals war mir zumindest klar: Ich wollte Teil einer größeren Sache sein, etwas bewirken können. Ich bin Hauptmann Janet Watson und mir war damals aber auch klar, dass ich mich zu Zeiten eines Afghanistan Einsatzes verpflichtet hatte, der früher oder später auch auf mich zukommen könnte. Heutzutage müssen sich junge Soldatinnen und Soldaten nicht mehr fragen, ob sie nach Afghanistan gehen müssen. Aber heutzutage herrscht Krieg in Europa. Seit einem Jahr verteidigen die Ukrainer ihr Land gegen Russlands Vollinvasion. Würde sich der Krieg ausweiten, könnte dies zum Beispiel zu einem Bündnisfall führen, der auch die Bundeswehr betreffen würde. In dieser Funkkreisfolge habe ich mit Oberstabsfeldwebel Stefan gesprochen. Er ist schon seit Jahren in Grundausbildungseinheiten eingesetzt und begleitet die jungen Soldatinnen und Soldaten in den ersten Monaten. Zusammen wollen wir die Frage klären: Wir. Dienen Deutschland. – Aber warum?

SS
Es ist sehr unterschiedlich. Also wir haben von dem jungen freiwillig Wehrdienstleistenden bis über den jetzt wieder in der Truppe angekommenen Stabsunteroffizier im Einstellungsdienstgrad Soldat auf Zeit für zwölf Jahre sehr unterschiedliche Motivationen, in die Streitkräfte einzutreten. Zum einen gibt es viele junge Menschen, die ihre Zeit von der Schule bis zur Ausbildung oder bis zum Studium überbrücken wollen. Wir haben junge Menschen hier, die sich ausprobieren wollen, an ihre Grenzen gehen wollen. Und wir haben junge Leute, denen von vornherein schon aufgezeigt wird, welche Möglichkeiten sie bei der Bundeswehr haben. Die aus meiner Bewertung deutlich besser sind als im zivilen Bereich.

JW
Auch dem Land dienen zu wollen, ist für einige eine Motivation.

SS
Ja, mit Sicherheit. Ich habe mit den jungen Leuten im Vorklapp auf diesen Podcast gesprochen, um mir da auch ein Lagebild zu verschaffen. Also durch die Einsätze der letzten Jahre, durch die Unterstützung in der Pandemie ist den jungen Leuten schon sehr bewusst, dass sie hier etwas für ihr Land tun.

JW
Wirklich geändert hat sich in den letzten Jahren nichts an den Gründen der jungen Kameradinnen und Kameraden. Und nachdem sie sich verpflichtet haben, kommt für jeden erst mal die Grundausbildung.

SS
Wir beginnen in den ersten Wochen mit einem frühen Aufstehen. Eine Einkleidung von Soldaten, Unterrichte: Innere Führung, soldatische Ordnung, Wehrrecht. Haben dann gleich zum Anfang der Grundausbildung Sanitätsausbildung. Dann kommt ein großer Block Waffen- und Geräteausbildung und schlussendlich am heutigen Tag, wo wir den Podcast aufnehmen, ist der erste Tag, wo die jungen Kameraden zur Standortschießanlage marschiert sind, um dort das erste Mal nach der Ausbildung im Simulator den ersten scharfen Schuss abzugeben.

JW
Und genau da habe ich den Panzerschützen Win getroffen. Er hat sich für einen freiwilligen Grundwehrdienst verpflichtet.

W
Ich bin Panzerschütze Win. Ich habe mich jetzt erst mal für zwölf Monate als FWDLer verpflichten lassen. Und ich habe das auch erst mal mit der Motivation gemacht, dass ich erst mal gucken möchte, erst mal in die Bundeswehr reinschnuppern möchte. Deswegen auch erst mal nur das FWDLFreiwilligen Wehrdienst Leistender und nicht den SAZ-Wunsch Und da war es für mich dann erst mal wichtig, dass ich dann erst mal die Grundlagen kennenlerne und dann eben erst mal sehe, was das Grundschema ist der Bundeswehr, bevor ich mich dann erst direkt dann für 13 Jahre verpflichte und dann später merke, dass es dann doch nichts für mich ist.

JW
Neben Panzerschütze Win treffen wir aber auch Panzerschützin Selmina. Sie wollte Teil einer größeren Sache sein.

S
Deswegen wollte ich erst mal was Besonderes machen, sag ich jetzt einfach mal, wollte unbedingt was im öffentlichen Dienst machen und mit Menschen zusammenarbeiten. In etwas arbeiten, was wichtig ist, was man auch später sagen kann: Ich habe für was Wichtiges gearbeitet, wo man stolz drauf sein kann.

JW
Während Panzerschütze Win erst zu Abizeiten drüber nachgedacht hat, zur Bundeswehr zu gehen, fing es für Panzerschützin Selmina viel, viel früher an.

S
Bei mir fing es an, als ich was kleiner war, dass ich immer was Besonderes machen wollte, und da war auch schon die Bundeswehr so im Vordergrund. Mein Vater war auch bei der Bundeswehr, dann war es schon so ein bisschen in unserer Familie drin.

JW
Der Ukrainekrieg hat die Entscheidung der beiden aber nicht beeinflusst.

W
Ich muss ehrlich sagen, dass es für mich natürlich klar war, dass jetzt auf europäischem Boden Krieg ist. Aber es war für mich nicht explizit ein Grund, mich verpflichten zu lassen, obwohl ich mir jetzt natürlich im Klaren sein muss, dass man jetzt als Soldat möglicherweise im Ernstfall dann auch dort einspringen müsste. Aber trotzdem war es bei mir nicht so, dass ich dann gesagt habe, Ukrainekrieg: Ich bin jetzt sofort bei der Bundeswehr.

S
Ich sehe das genau wie mein Kamerad. Also es war jetzt auch nicht wirklich der ausschlaggebende Punkt hinzugehen, sondern wenn man es machen möchte und klar, man hat es im Hinterkopf, man weiß auch, was auf einen zukommen würde, wenn es im Ernstfall dazu kommen könnte. Aber explizit jetzt der Grund, deswegen jetzt hier hinzugehen, nicht.

JW
Stattdessen sind es andere Gründe für die zwei.

W
Ich bin ein sehr sozialer Mensch und daher finde ich eben die Bundeswehr als Arbeitgeber sehr attraktiv, da man natürlich mit seinen Kameraden immer ein soziales Umfeld hat und ich auch generell diese Kameradschaft sehr pflege und es mir sehr viel Spaß macht, mit meinen Kameraden Sachen zu unternehmen und auch Menschen generell eher kennenzulernen. Und daher fand ich die Kameradschaft auch sehr wichtig und andererseits natürlich der Punkt, dass man als Bundeswehr auch eine große Vorbildfunktion hat für andere Menschen, ich mich da auch in der Pflicht sehe, nicht den Lifestyle, aber das Image eines Soldaten vorzuleben und dieses sind eben die Werte und generell das, was eben Deutschland auch ausmacht, wofür wir halt auch als Bundeswehr stehen, dass wir das präsentieren und darauf auch stolz sein können.

JW
Aber Oberst Stefan weiss, dass der Ukrainekrieg schon in den Köpfen der jungen Soldatinnen und Soldaten präsent ist.

SS
Den Soldaten ist bewusst, dass wir seit dem 24.02. letzten Jahres Krieg in Europa haben. Durch das junge Alter der Soldaten ist ihnen noch nicht bewusst in den ersten Monaten, was so ein Krieg für Auswirkungen auf Soldaten haben kann. Durch meine Ausbilder, und da spreche ich über die Lebensälteren, also meinen Kompanietruppführer und auch meine Zugführer, die in Zügen in dem Szenario LV/BVLandes- und Bündnisverteidigung ausgebildet wurden, kann das vermittelt werden. Aber die allgemeine Grundausbildung schafft ja genau den Abholpunkt. Der Einzelschütze mit dem Gewehr in der äußersten Konsequenz und aus meiner persönlichen Bewertung und das sind auch meine eigenen Erfahrungen, die ich im Einsatz gemacht habe, wenn der erste Schuss bricht, ob in Afghanistan oder wo auch immer, verfällt man in das gleiche Muster, was wir hier den Soldaten vermitteln: Selbst- und Kameradenhilfe, Überblick behalten, das Chaos beherrschen und gegebenenfalls zurückzuschießen.

JW
LV/BVLandes- und Bündnisverteidigung heißt ausgesprochen Landes- und Bündnisverteidigung und bedeutet, dass Deutschland zum Schutz seiner NATONorth Atlantic Treaty Organization Bündnispartner beziehungsweise zum Schutz des eigenen Landes seine Grenzen verteidigen darf. Unterschiedliche Gründe haben alle Soldatinnen und Soldaten, wenn sie sich verpflichten. Manchmal decken sich die Erwartungen aber nicht mit der Realität. Die jungen Kameradinnen und Kameraden entscheiden sich dann auch schon mal dazu, die Grundausbildung abzubrechen. Aber welche Gründe stecken eigentlich dahinter?

SS
Es wird oft auf die persönliche Situation Bezug genommen und wenige Soldaten sind ganz ehrlich und sagen, dass sie einfach aufgeben und diese Herausforderung zu groß für sie ist. Ungewohnte Umgebung sind häufig die Themen, Leistungsdruck, vielleicht auch das erste Mal im Leben. Dass einer meiner Ausbilder eine ganz konkrete Forderung an die jungen Leute stellt, mit einer Zeitachse untermauert, wann dieser Auftrag auszuführen ist, wird oft im zivilen Bereich nicht mehr ganz so viel Wertigkeit geschenkt. Und der junge Mensch ist überrascht, dass jemand vor ihm steht und sagt, so, Sie machen jetzt das.

JW
Für die Panzerschützen Win und Selmina kommt ein Abbruch natürlich nicht in Frage. Minuten vor ihrem ersten scharfen Schuss am G36 auf der Schießbahn erzählen die beiden mir erst mal, was Familie und Freunde zu ihrem Wunsch gesagt haben, dass sie zur Bundeswehr gehen wollen.

W
Also bei mir war mein Vater natürlich auch die Person, die es vorgeschlagen hat, dann doch eher einer der großen Befürworter und der Rest meiner Familie sich dann dagegengestellt hat. Da quasi auch die Familie meines Vaters inklusive Mutter, Schwester, Bruder, dass die da alle dagegen waren, dass die das ja quasi schon einmal durchgemacht haben. Vor allem bei meiner Oma war es so, habe ich über Erzählungen gehört, dann eben weinend am Fenster quasi verabschiedet hat, als er dann seinen Dienst angetreten ist, weiß ich nicht genau, wie es bei meiner Mutter war, weil ich dann ja auch schon unterwegs war, aber dass sie dann eben auch eher andere Dinge in Raum gestellt hat und andere Möglichkeiten. Meine Oma meinte, ich sollte die ganze Zeit eine Ausbildung machen, zum Beispiel im Zivilen und bei meinen Freunden war es so, dass auch viele andere meiner Freunde sich auch für einen FWDLFreiwilligen Wehrdienst Leistender beziehungsweise den SAZ entschieden haben, ein anderer Freund macht einen FWDLFreiwilligen Wehrdienst Leistender beim Heimatschutz. Also bin ich doch schon, muss ich sagen, eher in so einer Freundesgruppe, die sich dann doch auch ähnlich wie ich dann eben verpflichtet hat und ähnlich denkt wie ich. Und ja, es war jetzt nicht so, dass die meisten dann auch gesagt haben: Was machst du, was das für eine Entscheidung? Das ist so komplett banal, so in dem Sinne, sondern die fanden es dann auch gut und haben mich dann unterstützt.

JW
Auch bei Panzerschützin Selmina gab es Unterstützung.

S
Also bei meinen Eltern war es so, meine Mutter war sehr davon überzeugt, dass ich es unbedingt machen soll, weil sie immer schon gesagt hat: So was ist genau dein Ding. Sie hat auch gesagt: Im Ernstfall jetzt auch in der Ukraine weißt du, was auf dich zukommt. Und ich weiß, dass du das trotzdem schaffst. Und auch immer weiter gesagt hat: Das wird gut.

W
Und ich habe auch ein paar Freunde meines Freundeskreises, die jetzt auch bald zum Bund gehen, und denen kann ich ja auch so ein bisschen etwas erzählen, was auf sie zukommt. Damit sie jetzt schon ein bisschen Bescheid wissen.

JW
Soldat oder Soldatin bei der Bundeswehr zu sein, heißt im Ernstfall, auch zur Waffe zu greifen und in einem Krieg kämpfen zu müssen. Den Panzerschützen Win und Selmina ist die Konsequenz durchaus bewusst. Der nationale Warntag letztes Jahr hat bei beiden schon mal gemischte Gefühle ausgelöst.

W
Und plötzlich aufgeschreckt, weil dann dieser Alarm auf meinem Handy war und ich konnte das überhaupt nicht einordnen. Und dann habe ich aber, ich muss sagen, ich habe dann wirklich an den Ernstfall. Ich dachte, jetzt ist irgendwas passiert, also irgendwas, was dann eben uns auch alle betrifft. Und dann habe ich auch erst mal daran gedacht, oh, ich mache jetzt meinen FWDLFreiwilligen Wehrdienst Leistender, was heißt das jetzt für mich? Also da muss ich sagen, dass dieser Handyalarm, der ja quasi eine Testung war, dass das mich dann auch so ein bisschen wachgerüttelt hat und mich dann noch mal mehr ins Grübeln gebracht hat. Okay, wir in Deutschland merken nichts, aber gar nicht weit entfernt sterben halt auch wirklich Menschen.

JW
Und in solchen Momenten denkt man darüber nach, was es eigentlich heißt, Soldat zu sein, und findet Antworten für Freunde und Familienmitglieder, die sagen: Ich habe Angst, dass du dich in einer solchen Zeit verpflichtet hast.

S
Wir sind ja dafür da, um den Leuten zu helfen. Meine Mutter hat es auch schon gesagt, dass sie bisschen Angst hat, aber dafür sind wir ja da. Wenn es uns nicht gäbe, dann wäre es noch schlimmer. Es ist wichtig, dass es solche Leute gibt.

JW
Am Ende, und da sind sich die Panzerschützen beide einig, muss man wissen, worauf man sich einlässt.

S
Also man sollte sich schon damit beschäftigen, dass man Durchhaltevermögen hat. Definitiv. Dass man nicht nach dem einen Wehwehchen sagt, ja, ich kann nicht mehr, sondern wirklich anfängt zu beißen und es wirklich durchzieht, auch wenn es schwer ist. Aber es wird leichter. Das sollte man im Hinterkopf behalten.

W
Jeder soll seine eigene Scheiße aufsammeln und man kann sich eben nicht darauf ausruhen, dass es jemand anderes macht, sondern man muss es eben selber machen. Und das, finde ich, ist auch sehr wichtig, dass das eben jeder hier macht. Und da kommt dann wieder Kameradschaft, dass das alles so quasi Hand in Hand geht.

JW
Wobei Stabsfeldwebel Stefan dazu ermutigt, sich schon vor einer Verpflichtung Gedanken zu machen und sich einige Fragen zu stellen.

SS
Die Hauptfrage, die sich jeder junge Mensch beantworten sollte, ob er zu uns kommt, ist nicht das, was er vom Staat bekommt, sondern eher dem Staat geben kann. Es muss ihm bewusst sein, Härten und Entbehrungen zu erleben, zu teilen. Und was aus meiner Bewertung besonders wichtig ist, nicht nur Social Media, sondern die vielfältigen Möglichkeiten von Praktika zu nutzen. 

JW
Wer die Uniform anzieht, muss sich im Klaren darüber sein, was es am Ende bedeutet. Nicht wenige von ihnen werden vereidigt und werden der Bundeswehr für einige Jahre als Zeitsoldaten dienen. Der Schwur, den sie leisten.

Impressionen
Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.

JW
Er bedeutet einstehen, nicht wegsehen. Mut und Charakter zu beweisen, auch wenn es schwerfällt. Und damit endet unsere heutige Funkkreisfolge. Vielen Dank fürs Zuhören. Wenn Sie noch mehr Informationen zur Grundausbildung beim Heer bekommen möchten, schauen Sie einfach mal auf Bundeswehr.de vorbei. In diesem Sinne ich melde mich ab aus dem Funkkreis.

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