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Datum:
Lesedauer:
24 MIN

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Sprecher: Taktischer Offizier/Fregattenkapitän Etienne (E), Kommodore vom Marinefliegergeschwader 3/Kapitän zur See Oliver Ottmüller (OO),  Redakteurin Barbara Gantenbein (BGBrigadegeneral)

Delta to all. Radiocheck. Over.
Hier ist Bravo. Kommen.
This is Tango. Over.
Funkkreis – Podcast der Bundeswehr

Atmo:
Ladder is up, the doors are closed and secured ... Precheck okay

BGBrigadegeneral
Herzlich willkommen zum Funkkreis.
Hier ist Barbara Gantenbein, heute an Bord einer P-3C Orion, also einem Flugzeug, das zurzeit noch in Nordholz auf der Runway ist. Wir bewegen uns jetzt Richtung Start und werden gleich über die Ostsee fliegen und dort gemeinsam mit anderen Einheiten die U-Boot-Jagd üben.

Atmo:
Five knots ... runway 26, cleared for take-off ... guten Flug.

BGBrigadegeneral:
So, wir sind jetzt in der Luft, Nordholz wird immer kleiner unter uns, und wir schauen uns jetzt mal die unterschiedlichen Stationen an, die es hier an Bord gibt. Bei mir ist Etienne. Er ist taktischer Offizier auf diesem Flugzeug. Und er erklärt uns jetzt, was die P-3C so alles leisten kann.

E:
Die P-3C Orion ist ein klassischer Seefernaufklärer. Und Seefernaufklärer sind dadurch charakterisiert, dass sie eine große Anzahl an Überwassersensorik haben, aber auch Unterwassersensorik. Das heißt also, ein Zusammenspiel von Radargerät, Kamera, aber auch von der ISM-Anlage, also das Aufzeichnen von Radarstrahlung bis hin zu Sonarbojen, die wir im Wasser Verbringen können, um ein Über- und Unterwasserlagebild aufzubauen, um dort Erkenntnisse zu sammeln, was auf und über dem Wasser so zu finden ist.

BGBrigadegeneral:
Heute haben wir diese besondere Situation, dass wir zusammen üben mit der Fregatte Schleswig-Holstein und mehreren Hubschraubern und auf U-Boot-Jagd gehen. Was genau erwartet uns da für ein Szenario?

E:
Wir wollen heute trainieren, dass wir mit der Fregatte Schleswig-Holstein und mit dem Aufklärungboot Oste zusammen ein U-Boot finden und verfolgen wollen. Das ist unser Ziel, und wir werden dafür verschiedene Sensorik ins Wasser bringen, also verschiedene Bojen. Wir werden mit dem Schiff zusammenarbeiten, die ein half mounted sonar haben. Und damit wollen wir versuchen, das U-Boot a) aufzuspüren, b) zu verfolgen und wenn es die Situation hergibt, natürlich simuliert zu bekämpfen. Das Zusammenspiel ist immer wichtig, dass wir das trainieren, dass wir innerhalb der Besatzung, egal ob zur See oder hier in der Luft, dass wir unsere Verfahren trainieren, dass wir verschiedene Taktiken ausprobieren und auch verifizieren und validieren können. Dass das, was wir tun, immer noch state of the art ist, das wollen wir immer wieder testen. Und dann müssen wir auch mit den Besatzungen ständig üben.

BGBrigadegeneral:
Was ist denn heute die besondere Herausforderung bei diesem Nachtflug?

E:
Man muss sich mit der Situation vertraut machen und die Sensorik entsprechend anpassen. Wir sehen nicht mehr ganz so viel, ganz besonders im Bereich der elektrooptischen Kamera, da sind wir ein bisschen eingeschränkter und das müssen wir alles mit aufnehmen, so dass wir trotzdem unser Ziel erreichen, das U-Boot zu finden, zu verfolgen und auch gegebenenfalls bekämpfen zu können.

BGBrigadegeneral:
Wir nähern uns jetzt so langsam dem Übungsgebiet. Wie genau wird das jetzt losgehen, die Übung? Wer nimmt Kontakt auf? Wird die Schleswig-Holstein uns anfunken?

E:
Wir warten gar nicht erst, bis wir über der Schleswig-Holstein sind. Normalerweise fängt man da ganz viele Meilen vorher an, indem wir einfach mit ihnen Kontakt aufnehmen und dann erst mal das Luftlagebild klären. Und dann melden wir uns bei denen an, so dass die auch wissen, dass wir die sind, die wir sein sollen. Und dann bekommen wir die Freigabe von der Schleswig-Holstein, dass wir dann nähern dürfen. Und dann werden wir erst mal ein Überwasserlagebild aufbauen. Das heißt also, dass wir, je mehr das Radargerät nutzen, um die Überwasserlage zu klären, die Kontakte. Und die werden wir dann peu peu mit unseren anderen Sensoren, mit der Kamera, speziell nachts mit der IRInfrarot-Kamera, aufklären, um zu gucken, was haben wir dann eigentlich? Den ganzen Abgleich fahren mit AIS, also dem Automatic Identification System, um gegebenenfalls Handelsschiffe von militärischen Schiffen zu separieren.

BGBrigadegeneral:
Wie kann man das genau dann feststellen? Also klar, die, die eine normale Kennung haben, die sieht man im System. Dann sieht man dann, was das für ein Schiff ist. Aber wenn man einen Verdachtsmoment hat, dass jemand also entweder unter einer falschen Kennung fährt oder gar keine Kennung hat, wie kann man dann feststellen, was sich wirklich dahinter verbirgt?

E:
Dann bedeutet das, dass wir auch hinfliegen. Dann fliegen wir zu den Kontakten und schauen uns die im Detail an, und abhängig von der Tages- und Nachtzeit müssen wir dann entweder unsere Kamerasensorik nehmen oder auch gerade die Ausgucks, die achtern im Luftfahrzeug sitzen. Und wir schauen uns dann die Kontakte an. Wir haben normalerweise eine Handkamera auch mit, wo wir  dann Bilder von dem Schiff machen können, und dann werden wir das in der Nachauswertung oder gegebenenfalls im Fluge schon verifizieren, was das für ein Kontakt ist. Handelt es sich um ein Handelsschiff, ein militärisches Schiff und so weiter.

BGBrigadegeneral:
Wir können ja jetzt, weil ja Nacht ist, gar nichts sehen. Wir haben ein bisschen Wolkendecke, wir haben zwar fast noch Vollmond, das ist schon noch ein bisschen hell, aber die Kamera sieht ja auch nicht mehr viel jetzt. Das heißt Ausguck scheidet aus. Der Mensch als Sensor scheidet aus. Wie geht man dann vor?

E:
Dann nutzen wir primär die Infrarotkamera dafür. Die ist ja leistungsstark und da haben wir die Möglichkeiten, schon die Kontakte stark zu klassifizieren. Man erkennt an den Silhouetten sehr gut, ob sich das um ein Handelsschiff handelt oder ein militärisches Schiff allein aufgrund dessen Aufbauten und von der Formgebung. Das kann man sehr gut erkennen. 

BGBrigadegeneral:
Aha, okay, verstehe. Und in welcher Höhe sind wir denn normalerweise unterwegs?

E:
Das ist unterschiedlich. Also, man kann das aus mittleren Höhen machen von ein, zwei Kilometern. Man kann aber auch im Tiefflug U-Boot jagen. Heute werden wir das, auf Grund der gestaffelten Höhen mit Hubschraubern, werden wir so in 300 bis 500 Metern über der Wasseroberfläche fliegen.

BGBrigadegeneral:
Und wie hoch werden die Hubschrauber sein?

E:
Die werden zwischen 50 und 200 Meter sein.

BGBrigadegeneral:
Aha, okay. Und sucht man gemeinsam in einem Gebiet oder suchen die Hubschrauber in anderen Gebieten als wir?

E:
Es kommt immer ein bisschen auf die Lage drauf an, auf die taktische Situation, die wir vorfinden. Es geht ja heute primär darum, Verfahren zu üben und den Sensorverbund zu trainieren, so dass wir wissen, was für Aufklärungsergebnisse das U-Boot liefert, die Schiffe, aber auch die P-3 und die Hubschrauber. Also, dass wir diese ganzen Daten zusammenfügen können, um ein gemeinsames Lagebild zu erzeugen.

BGBrigadegeneral:
Wer hat den jetzt quasi den Hut auf bei der U-Boot Jagd? Wird das mehr gesteuert von hier, aus dem Flugzeug, oder unten von der Fregatte, oder wer sagt, wer verteilt quasi die Rollen, wer was machen soll?

E:
In dem heutigen Flug ist es ausgehend von der Fregatte Schleswig-Holstein. Das ist aber auch so geplant, dass die heute die Rollen verteilen und jeder seine Aufgaben zugewiesen bekommt. Das kann aber auch genauso die MPA durchführen. Das kann auch gegebenenfalls vom U-Boot kommen. Das kommt immer ein bisschen auf die taktische Situation an. Da wir uns heute in einer Übung befinden, ist alles vom Schiff koordiniert.

BGBrigadegeneral:
Sie hatten ja vorhin schon ungefähr beschrieben, was es alles an Mitteln gibt, die man einsetzen kann. Können Sie mir das noch mal so ein bisschen vertiefen mit den Bojen? Weil das fand ich sehr spannend, was es da für Möglichkeiten gibt, die abzusetzen und auch, was machen die dann eigentlich auf welche Tiefe gehen die und was tun die so?

E:
Also von Bord der P-3 können wir zwei verschiedene Bojentypen mitnehmen. Das sind aktive Bojen, das muss man sich so vorstellen, dass die ins Wasser verbracht werden, und die haben einen Ping-Sender dran. Und so, wie man das aus dem klassischen Film vom Roten Oktober kennt, hört man  dann dieses Peng unter Wasser. Man wartet auf das Echo, und diese ganze Zeitmessung wird dann hier an Bord ausgewertet. Und damit erhält man Distanzen und Ziellösungen. Und die anderen Bojentypen, das sind passive Bojen, die werden ins Wasser verbracht in verschiedenen Mustern, in verschiedenen Abständen, und dann werden einfach verschiedene Frequenzen, die unter Wasser auftauchen, werden aufgezeichnet. Und anhand dieser Frequenzlinien kann man gegebenenfalls U-Boot-Positionen ausmachen. Das heißt also, die Operateure brauchen ein extrem hohes Wissen an Frequenzen und an Umweltgeräuschen, um das alles diskriminieren zu können, und da werden dann bestimmte Linien rausgenommen und damit kann man U-Boot-Positionen bestimmen. Jetzt ist erst mal wichtig, am Anfang der Mission nochmal die Wasserbedingungen zu prüfen. Das werden wir gleich noch mal machen mit einer sogenannten Basi-Boje. Die nimmt die verschiedenen Temperaturen auf. Das ist die Temperaturmessung dran und das Hydrofon geht in die Tiefe, und die Temperaturmessung. Und damit können wir erst mal messen, wie kalt ist das Wasser überhaupt, und wo sind verschiedene Schallkanäle? Das ist erst mal ganz wichtig, um die Umweltbedingungen festzustellen. Und mit den Umweltbedingungen kann ich dann meine taktische Suchanlage festlegen.

BGBrigadegeneral:
Welchen Einfluss hat die Wassertemperatur auf die Suche?

E:
Es entstehen sogenannte Schallkanäle. Und wenn sich das U-Boot verstecken will, dann sucht es sich eben nicht unbedingt Schallkanäle aus, um nicht detektiert zu werden.

BGBrigadegeneral:
Das heißt, muss ich mir das so ähnlich vorstellen wie eine Sprungschicht?

E:
Genau, das ist wie eine Sprungschicht. Da sind verschiedene Temperaturschichtungen, und damit einhergehend kann es natürlich sein, dass die Salzschichtung eine andere ist und so weiter, und diese ganzen Bedingungen fließen dann zusammen mit einer bestimmten Auffassreichweite, und die wollen wir jetzt erst mal erfassen und berechnen. Und damit können wir dann in die Suchanlage gehen.

BGBrigadegeneral:
Das heißt, wenn wir wissen, wie der Salzgehalt und die Temperatur ist, dann wissen wir, dass da andereParameter eingestellt werden müssen.

E:
Gegebenenfalls. Das ist ein relativ komplexes Thema, Unterwasserschallausbreitung, und damit müssen wir uns kontinuierlich beschäftigen, und das unterliegt ständigen Veränderungen. Bei jedem Seegebiet ist das ein wenig anders, und damit müssen wir uns auseinandersetzen. Und daraufhin müssen wir die Sensorik optimieren und dann die Bojen mit den richtigen Tiefen und mit den richtigen Kanälen ins Wasser bringen, so dass wir dann auch eine hohe Auffasswahrscheinlichkeit von einem U-Boot haben. Jetzt sind die ersten beiden Bojen gefallen. Wir werden jetzt erst mal die  Temperatur im Wasser messen und dann die Schallausbreitung berechnen und genauso auch eine MG noise-Boje, so nennt man die, die nimmt einfach die Geräuschkulisse auf, die Umweltgeräusche, wie laut ist es eigentlich im Wasser? Und das alles braucht man, um dann zu schauen, wie bringe ich meine eigenen Bojen ins Wasser, um so gut wie möglich das U-Boot zu detektieren? Und das riecht jetzt auch leicht nach Schwefel hier in dem Luftfahrzeug, weil die mit so kleinen Ausstoßkartuschen
verschossen werden, die Bojen. Und deswegen riecht das gerade so ein bisschen streng hier.

BGBrigadegeneral:
Ja, so ein bisschen nach Feuerwerk halt.

E:
Genau.

BGBrigadegeneral:
Was genau sehen wir jetzt auf dem Monitor?

E:
Also bei dem Überwasser-Operator, dem Sensor Drei, da sehen wir jetzt in der Mitte, im Zentrum, sehen wir jetzt das Radarbild. Das ist ganz klassisch Radarbild, wie man das so aus den Filmen auch kennt. Da gibt es verschiedene Blips, da sind die weißen kleinen Pünktchen, und die werden jetzt mit einzelnen Radarkontakten belegt. Da sieht man die ganzen kleinen Nummern, und das muss der Operator jetzt machen. Um jetzt einfach die Kommunikation zu vereinfachen, haben die jetzt alle eine bestimmte Nummer. Und jetzt werden wir versuchen, die einzelnen Kontakte werden jetzt mit verschiedenen Farben belegt, um zu zeigen, dass sind Handelsschiffe, das sind Fischer, militärische Fahrzeuge und so weiter. Daher haben wir jetzt ein relativ buntes Bild, um genau das zu zeigen. Man kann erkennen an den Linien, wo diese Kontakte hinfahren, welche Kurs- und Fahrtinformationen die haben, all das erkennen wir. Parallel da drüber der große Bildschirm, da sieht man jetzt das Bild der Kamera. Da wir nachts unterwegs sind nur das IRInfrarot-Bild, weil mit der TV Kamera sehen wir jetzt nicht allzu viel. Da können wir uns den Mond anschauen, aber das bringt uns nichts, obwohl der heute sehr schön ist als Vollmond. Aber das hilft uns heute nicht. Also gleichen wir jetzt die Kontakte, die hier zur See fahren, nochmal mit dem IRInfrarot-Bild ab. Jetzt kann man das nochmal so schön sehen, die Silhouette.

BGBrigadegeneral:
Ist das die Fregatte?

E:
Das ist die Fregatte Schleswig-Holstein mit der spielen wir jetzt zusammen, und die konnten wir jetzt wunderbar auf den Distanzen ja auch klassifizieren. Jetzt sind wir im vorderen Teil der taktischen Röhre, also eigentlich direkt hinter dem Cockpit, und direkt hinter dem Cockpit haben wir nochmal zwei Stationen. Auf der rechten Seite im Luftfahrzeug haben wir den Navcom, der Navigator und Funker in einer Person. Der ist dafür zuständig, dass wir im Einsatzgebiet die taktische Navigation durchführen. Aber er ist doch primär wichtig dafür, dass die ganzen Funkgeräte richtig eingestellt werden. Die richtigen Frequenzen, die Kryptogeräte, die Verschlüsselungsgeräte, und das alles so zusammenspielt, dass wir nicht nur Funk haben, sondern auch Datenaustausch, taktische Datennetze. Dass das alles funktioniert, und das geht von der HF Kommunikation bis hin zu Satcom, das ist ja alles möglich. Das ist auf der rechten Seite. Auf der linken Seite hinterm Cockpit haben wir den taktischen Koordinator, auch Taco genannt. Der ist dafür zuständig, das taktische Lagebild zusammenzuführen. Und da ist er gerade dabei, aus seinem taktischen Bildschirm die Informationen aus dem Unterwasserbereich, wo wir gerade gewesen sind, aber auch aus dem Überwasserbereich zusammenzuführen, so, dass er ein Lagebild hat. Und mit diesem Lagebild entscheidet er jetzt: Wo kommen die Bojen ins Wasser, die nächsten? Wo stehen die anderen militärischen Einheiten, mit denen wir zusammenspielen, um jetzt genau mit diesen zusammen verbunden die Sensorik so ins Wasser zu bringen, dass wir einen Sensorverbund haben. Und das Ganze führt dazu, dass wir mit den anderen Einheiten, also unserem Flottendienstboot, der Schleswig-Holstein und allen, die dazu gehören, heute Abend nicht nur den Sensorverbund üben, sondern auch den Aufklärungsverbund und bis hin zu einem Wirkverbund. Der Taco spricht sich auch mit den Piloten ab, nicht nur mit den anderen Einheiten, sondern auch an Bord.

BGBrigadegeneral:
Ist derjenige, der das alles koordiniert?

E:
Genau. Der koordiniert das alles. Die Unterstützung bekommt er natürlich vom Navcom, der ihm dabei hilft, im Gebiet zu bleiben. Aber normalerweise ist eine eingespielte Besatzung so aufgestellt, dass der Taco da die Unterstützung von denen bekommt und genauso aus dem Cockpit, und da muss man nur auf minimale Änderungen vielleicht eingehen, und die werden dann hier im Flugzeug wahrgenommen.

BGBrigadegeneral:
Wie lange können wir denn eigentlich in der Luft bleiben mit der Maschine?

E: 
Das ist recht unterschiedlich. Normalerweise ist der Seefernaufklärer hier für Missionen von 8 bis 11 Stunden, ist überhaupt kein Problem. Das kann er ganz locker bewerkstelligen. Es gibt natürlich auch Ausnahmesituationen, wie zum Beispiel den Such- und Rettungsdienst. Da kann man auch mal auf 12 bis 13 Stunden hochgehen.

BGBrigadegeneral
Aber heute ist geplant, dass wir acht Stunden in der Luft bleiben, richtig?

E:
Heute wollen wir acht Stunden fliegen, und das werden wir auch so durchführen.

BGBrigadegeneral
Wie kommunizieren wir jetzt gerade mit der Fregatte? Also, die suchen ja auch. Was sehen wir denn, was die nicht sehen und umgekehrt?

E:
Na ja, wir haben auf jeden Fall den Reichweitenvorteil, da das Radargerät einer Fregatte relativ nahe der Wasseroberfläche ist, haben die natürlich nicht so einen großen Radarhorizont wie wir den haben. Hingegen hat natürlich ein Schiff deutlich besseres Luftlagebild, weil die einfach bessere Radartechnik an Bord haben, oder dafür optimierte Radartechnik, die wir nicht haben. Und ähnlich geht es natürlich auch mit Bildern. Auch eine Fregatte hat eine Kamera an Bord und die haben wir auch. Aber durch unsere Höhe haben wir doch deutlich einen deutlichen Reichweitenvorteil. Und da können wir gegebenenfalls Kontakte, die wir dann übermitteln, können wir dann schon frühzeitig klassifizieren und auch an die Fregatte weitergeben, sodass die auch ein größeres Lagebild haben, als das, was sie selber aufzeichnen können.

BGBrigadegeneral
Und wann kommen dann die Hubschrauber ins Spiel?

E:
Das kommt ganz auf die taktische Situation an. Normalerweise wird ja eine Fregatte, wenn sie zwei Bordhubschrauber an Bord hat, unterschiedlich genutzt. Der eine trägt einen Sonardom, das ist quasi eine Riesenboje, eine aktive Boje. Die wird dann ins Wasser gelassen, und damit werden Unterwasserschallausbreitungen wahrgenommen und durchgeführt, und der andere Hubschrauber kann gegebenenfalls für den Waffeneinsatz benutzt werden, und die werden sich dann gegenseitig ergänzen.

BGBrigadegeneral
Aber die kommen erst ins Spiel, wenn wir eine ungefähre Vorstellung haben, wo das U-Boot sich verstecken könnte?

E:
Das kann sein, das kann ich gar nicht sagen, weil der, der für die taktischen Lage heute verantwortlich ist, sitzt an Bord der Fregatte Schleswig-Holstein. Somit kann ich gar nicht sagen, wann er denkt, den Hubschrauber einzusetzen. Das ist immer ein bisschen Lageabhängig, aber prinzipiell, da die Reichweite, die Ausdauer ja nicht allzu groß ist, wird es hier erst eingesetzt, wenn wir eine grobe Area of Probability haben, sodass er dann dies verifizieren kann.

 BGBrigadegeneral
Ja, alles klar. Und die können ungefähr zwei Stunden in der Luft bleiben?

E:
Ja, zwei, zweieinhalb Stunden ist eine ganz gute Größe. Es kommt ja auch noch ein bisschen drauf an, wie schwer sind die Hubschrauber, wieviel Kraftstoff können die mitnehmen, und wie sind die Wetterbedingungen?

BGBrigadegeneral:
Ja, alles klar. Wie sind die Wetterbedingungen?

E:
Och, die sind heute ganz gut. Wir haben ja relativ gute Sicht, eine leichte Bewölkung, Vollmond und relativ ruhiges Wasser, also eigentlich sind die Bedingungen sehr gut zum Trainieren. Jetzt müssen wir mal gucken, wie der Erfolg ist.

BGBrigadegeneral
So, jetzt ist ordentlich Bewegung im Flugzeug und man spürt, dass wir jetzt taktisch fliegen. Zu sehen ist nicht viel, aber wir haben das U-Boot entdeckt, und wir fliegen jetzt gerade einen Übungsangriff. Was genau passiert bei diesem Übungsangriff?

E:
Dafür sind wir jetzt im Tiefflug, sind jetzt knapp 100 Meter über der Wasseroberfläche. Die Bombe ist geöffnet und die Waffe ist jetzt vorgewählt. Das ist natürlich alles simuliert. Wir haben keine Waffe mit, aber nichtsdestotrotz wird das ganze Verfahren durchgeübt. An der Station beim Taco wird die Waffe vorprogrammiert. Und jetzt sitzen wir hier oder stehen über der Bombe. Die ist geöffnet. Wir hören das Rauschen des Windes und warten jetzt auf den Moment, dass wir über der Angriffsposition sind. Dann wird vom Taco der rote Button gedrückt, und dann fällt die Waffe ins Wasser. Dann hören wir gleich einen Klick, und dann ist die Waffe weg.

BGBrigadegeneral
Und das, was wir da jetzt beleuchtet sehen?

E:
Wir sehen jetzt die offene Bombe, da können wir maximal acht Torpedos mitnehmen. Und jetzt wurde vorher angesagt, von welcher Waffenstation der Torpedo fällt. Jetzt gibt es hier so einen Bombenobserver, der schaut in die Bombe rein. Die ist jetzt beleuchtet, um zu sehen, ob die Waffe wirklich aus der Halterung rausfällt.

BGBrigadegeneral
Könnte jetzt, wenn das ein feindliches U-Boot wäre, könnten die uns hören und sehen?

E:
Ja, theoretisch könnte man uns sehen. Im U-Boot hören können die uns auch. Also, die wissen schon, dass wir da sind, die hören auch das Eintauchen der Bojen. Und. die wissen ja auch, sowie wir aktiv gehen, wissen ja auch, dass wir da sind, dass sie verfolgt werden, das kriegen die genauso mit. Aber es ist ein Katz und Maus Spiel. Wer findet die bessere Tiefe und wer kann sich besser verschleiern?

BGBrigadegeneral:
Nachdem ich gestern das Vergnügen hatte mitzufliegen bei der U-Boot-Jagd in der P-3C, sitze ich jetzt hier mit dem Chef von't Janze, dem Kapitän zur See Oliver Ottmüller. Er ist der Kommodore vom Marinefliegergeschwader 3, und ihm sind nicht nur alle P-3C Orions unterstellt, sondern auch die Do 228. Ganz herzlichen Dank, dass ich hier sein darf und dass Sie sich Zeit für mich nehmen.

OO:
Immer gerne.

BGBrigadegeneral:
Ich fand das super, super interessant, diesen Flug heute Nacht, und ich frage mich, wie wichtig gerade solche Übungen, also U-Boot-Jagd zusammen mit einer Fregatte und mit den Hubschraubern und so weiter, sind, vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Situation also Thema Landes- und Bündnisverteidigung.

OO:
Ja, mit der P-3C haben wir ein Luftfahrzeug, das wir im Kern für die U-Boot-Jagd besitzen. Das heißt, das ist das Geschäft, was wir täglich üben wollen. Wenn wir dann die Möglichkeit haben, wie Sie heute Nacht, mit der P-3 und einer Fregatte dann zusammenzuarbeiten, dann ist das schon die hohe Schule. Wenn man dann noch ein Ziel hat, sprich ein U-Boot, dann sind die Trainings und die Trainingswelt natürlich hervorragend hergestellt. Das funktioniert aber nicht immer. Aber die Zusammenarbeit, die Kooperation mit den Fregatten, mit den Überwassereinheiten, muss regelmäßig trainiert werden, um in der Kommunikation richtig zu agieren, in der Crew richtig zu agieren, die Abläufe zu verinnerlichen, und von daher sind das sehr, sehr wichtige Trainingsflüge für uns.

BGBrigadegeneral
Und wurde das jetzt intensiviert aufgrund der politischen Situation?

OO:
Wir haben das regelmäßig in unserem Trainingsprogramm. Wir nehmen auch an großen NATO-Manövern teil, bei denen wir die U-Jagd im Speziellen trainieren. Wir haben in diesem Jahr, seit Februar diesen Jahres, unsere Aktivitäten zum Beispiel in der Ostsee intensiviert mit Trainingsflügen, aber auch mit Überwachungsflügen. Also, von daher sind wir regelmäßig in dem Seegebiet, um unsere Präsenz zu zeigen. 

BGBrigadegeneral
Wie funktioniert denn generell die Zusammenarbeit mit großen Verbänden und mit Fregatten? Also, ich habe das ja gestern erlebt, wie es geübt wird, aber als Laie erschließt sich mir ja nicht genau, was da die Herausforderung ist.

OO:
Im Flug ist nach meinem Empfinden immer die wirklich große Herausforderung, im Rahmen der vorgegebenen Regeln tatsächlich miteinander zu operieren. Das heißt, Sie können ja unterschiedliche Situationen haben, wie Sie an so einen Auftrag herangehen. Entweder können Sie noch mit offener Kommunikation arbeiten oder eben mit verschlüsselter Kommunikation. Sie müssen die richtigen Verfahren anwenden. Und das ist etwas, was in der heutigen Zeit für sowohl die fliegende Besatzung als auch die Besatzung an Bord eine der Herausforderungen ist. Besonders ist natürlich auch, und deswegen ist dieses Training extrem wichtig, dass ein Flugzeug eine recht hohe Geschwindigkeit hat, also für das Schiff bedeutet das, schnell zu reagieren und einschätzen zu können, wenn ein Flugzeug, sage ich mal, noch 50 Meilen entfernt ist, wie schnell ist es dann eigentlich bei mir oder im ielgebiet? Also, das sind so die die großen Herausforderungen, sich tatsächlich im Flug abzustimmen, auf den richtigen Weg, mit dem richtigen Verfahren, um dann gemeinsam erfolgreich den Auftrag auszuführen.

BGBrigadegeneral:
Jetzt waren ja in der vergangenen Nacht auch noch zwei Hubschrauber in der Luft, und ich habe dann auch mitgekriegt, dass die dann eben mit unterschiedlichen Flughöhen operieren und so weiter. Das stelle ich mir dann noch mal herausfordernder vor, weil man ja dann auch darauf achten muss, dass man gegenseitig sich nicht gefährdet, also nicht im Weg ist. Und so weiter. Wird das auch regelmäßig geübt oder ist das dann schon eher der Ausnahmefall, dass man wirklich so ein komplexes Szenario darstellt?

OO:
Die komplexen Szenarien sind natürlich die Szenarien, die wir in der Regel in Übungen, Manövern durchfliegen. Das heißt, da haben wir dann zusammengezogen verschiedene Einheiten über Wasser, gegebenenfalls auch unter Wasser, kleine Schiffe, Boote. Wir haben aber auch dann eben MPAs vor Ort, also Maritime Patrol Aircaft, die mit hoher Geschwindigkeit durch das Seegebiet fliegen und eben auf den seegehenden Einheiten neuerdings eben auch Drohnen. Und da muss schon eine genaue Koordination erfolgen, die im Planungsprozess erfolgt. So, dass jeder weiß, wo er sich bewegen darf. Und das ist natürlich in so einem Flug, den Sie jetzt mitgemacht haben, in der Nacht, noch mal eine doppelte Herausforderung. Das heißt, man muss sich darauf verlassen, dass der andere da ist, wo er sein soll. Und man kann Flugzeuge ja auch über die internen Systeme auffassen, aber man will natürlich gerne auch den anderen dann sehen, wenn die Entfernung und das Wetter das zulassen. Also, das ist schon ein wirklich spannender Flug in der Nacht U-Jagd mit einer Seegehenden Einheit und dann noch Hubschraubern, das ist schon fast nicht mehr zu steigern.

BGBrigadegeneral:
Ich fand es auch wirklich faszinierend. Wir konnten die Hubschrauber ja auch sehen, also die Positionslichter, und was ich eben auch ganz spannend fand, die unterschiedlichen Stärken der einzelnen Komponenten. Wie spricht man sich da im Ernstfall ab? Also, wer trifft dann wann wo die Entscheidung? Auch wenn dann das Ziel bekämpft werden soll, wer dann eben bekämpft, weil können tun's ja alle drei.

OO:
Genau. Aber es bedarf eben der expliziten Absprache, wie Sie das schon sagen. Und da müssen Sie, da gibt es ja Verantwortlichkeiten, die zugeordnet werden. Also in einem Flugzeug gibt es ja auch jemanden, der für die Mission verantwortlich ist, genauso wie es in dem Gesamtszenar jemanden gibt, der zuständig ist, die Luftfahrzeuge zu führen und der gegebenenfalls am Ende dann auch die Entscheidung trifft, wird jetzt ein U-Boot angegriffen oder wird eine Überwassereinheit angegriffen? Also, die Zuständigkeiten werden in der Planung festgelegt, und da hat sich dann auch jeder dran zu halten, sodass ja unter den befreundeten Einheiten eben klar ist, wer welche Befehle geben kann oder Anweisungen.

BGBrigadegeneral:
Gestern waren ja nun wirklich alle quasi beteiligt, wie steht's denn um unsere Einsatzbereitschaft?  Also, jetzt im Speziellen von Ihrem Geschwader? Wie gut sind wir da aktuell aufgestellt und wie groß sind die Erwartungen an die Poseidon, wenn sie dann im nächsten Jahr kommt?

OO:
Also, wir sind im Moment in einem sehr hohen Einsatzbereitschaftszustand gewesen. Wir befinden uns allerdings aktuell in einer Phase, und Sie haben es gerade schon angedeutet, wir bekommen ein neues Luftfahrzeug, die P-8A Poseidon. Da ist der Plan, dass das erste Luftfahrzeug im Oktober 2024 zuläuft. Da können Sie sich vorstellen, dass sowohl personell als auch materiell natürlich einiges geplant und auch umgesetzt werden muss, damit wir zeitgerecht in der Lage sind, die Luftfahrzeuge selber bewegen zu können. Und das bedeutet für uns den Spagat zwischen dem Flugbetrieb und der Einsatzbereitschaft auf P-3 und auf der anderen Seite natürlich der Umschulung der Vorbereitung P-8A Poseidon. Also die Marineführung ist darüber informiert, dass wir im Einsatzbereitschaftsstatus natürlich abnehmend Richtung Ende der Lebenszeit P-3C Orion zum Dezember 2025 sind, dass wir aber gleichzeitig aufbauen die Einsatzbereitschaft für P-8A Poseidon und immer mit dem Ziel, einen bruchfreien Übergang zu gestalten. Und nach meiner jetzigen Bewertung ist das auch möglich, so dass wir also im Januar 2026 mit der P-8A Poseidon den ersten Einsatzflug machen können. Das heißt, in der Phase von Ende 24 bis Anfang 26 werden wir das Luftfahrzeug einführen, die Besatzungen entsprechend aufbauen, um dann einsatzbereit zu sein.

BGBrigadegeneral:
Und wo werden die dann geschult? Werden die hier am Standort geschult?

OO:
Wir gucken ja in der Regel immer gerne auf das fliegende Personal. Es gilt natürlich auch, das technische Personal und auch das unterstützende Personal zu schulen. Wir sind da in enger Kooperation mit der amerikanischen Marine und wir gehen davon aus, dass die Schulung in großen Teilen in Amerika stattfindet. 

BGBrigadegeneral:
Und was kann die Poseidon dann, was die P-3C nicht kann?

BGBrigadegeneral:
Wir werden mit dem System eine Fähigkeit abbilden, die die P-3 auch abbildet, aber in Teilen eben auch besser sein. Also, wir werden im Radargerät, in den Infrarot Sensoren und so weiter Geräte haben, mit denen wir das Spektrum abbilden können, was wir bisher hatten, und auch mehr, aber noch zuverlässiger.

BGBrigadegeneral
Und so von den von den Daten wie die Länge, die sie in der Luft bleiben kann, die Reichweite und so weiter, da sind die relativ vergleichbar, oder?

OO:
Nein, da wird es tatsächlich so sein, dass wir mit der P-8A Poseidon deutlich schneller im Einsatzgebiet sind, auch im Einsatzgebiet länger stehen können und dann natürlich auch schneller wieder zurück sind. Wir werden von den Sensoren sicher auch noch eine Menge mehr Daten aufzeichnen können. Wir werden das Luftfahrzeug auch Luft-zu-Luft betanken können, also die Stehzeit auch noch mal verlängern können. Also, von daher werden wir da schon eine ordentliche Steigerung erfahren.

BGBrigadegeneral
Sehr schön. Letzte Frage: Was begeistert Sie an Ihrem Beruf am meisten?

OO:
Da gibt es ganz viele Punkte, weil ich aktuell den schönsten Beruf der Welt habe. Beruf beziehungsweise auch den schönsten Dienstposten. Das, was die Fliegerei ausmacht, begeistert mich. Das heißt, die Vielfalt, sei es in den Menschen, mit denen man zusammenarbeitet, sei es auch in den Aufträgen, die man hat, sei es auch in der räumlichen Ausdehnung, sprich, in Norwegen mal ein Kontingent zu besuchen, in der Ostsee selber zu fliegen oder eben im Mittelmeer einen Auftrag zu unterstützen. Also, diese gesamte Vielfalt: Arbeiten mit dem Personal für das Personal, und eben auch einen wichtigen Auftrag zu erfüllen. Das ist das, was meinen Beruf seit über 36 Jahren auszeichnet und der mir seit über 36 Jahren extrem viel Spaß macht.

BGBrigadegeneral:
Wunderbar. Ganz herzlichen Dank. Ich danke Ihnen für Ihre Zeit. Das war's für heute mit dem Funkkreis. Ich hoffe, Sie hatten genauso viel Spaß wie ich und haben ein paar interessante neue Sachen erfahren, und ich melde mich jetzt erst mal ab bis zum nächsten Mal. Machen Sie es gut. Tschüss. 

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.