Funkkreis

Funkkreis

Datum:
Lesedauer:
10 MIN

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Delta to all, radio check. Over.
Hier ist Bravo. Kommen.
This is Tango. Over.
Funkkreis – Podcast der Bundeswehr.

Seit zwanzig Jahren dürfen Frauen in allen Truppengattungen des Heeres Dienst an der Waffe leisten. Und in Lüneburg, beim Aufklärungsbataillon 3, ist eine Frau zuständig für alle Waffen: Frau Hauptfeldwebel Mandy Wegener. Mit ihr spreche ich gleich darüber, was alles zu ihren Aufgaben gehört. Hier ist Barbara Gantenbein (G) aus der Redaktion der Bundeswehr und ich freue mich, dass Sie heute wieder unseren Podcast hören. Und ich begrüße jetzt ganz herzlich Mandy Wegener (zweite Stimme = W). Hallo, Frau Wegener.

(W): Halli, hallo, hallöle.

(G): Ich freue mich, dass Sie Zeit haben für uns, Frau Wegener. Sie sind sozusagen die Herrin über die Waffenkammer. Was haben Sie denn da alles für Waffen?

(W): Oh, Herrin der Waffenkammer klingt sehr gut. Also, wir fangen mal an mit der Signalpistole. Dann haben wir P8, G36 und auch noch das gute alte G3, das vielleicht noch den älteren Zuhörern ein Begriff ist. Dann haben wir Granatpistolen, MP2 und MP7. Die Maschinenpistole 2 ist auch ein älteres Modell. Die zerlegst du in drei Teile und bist fertig. Dann gibt es die MP7, die ist ein bisschen moderner. Dann haben wir das Maschinengewehr 3 und das MG5. Das MG5 ist eine ganz neue, moderne Waffe in der Bundeswehr. Was haben wir noch alles Schönes? Da muss ich erst einmal überlegen. Es ist doch ein wenig mehr als gedacht. Dann haben wir natürlich noch Nachtsichtgeräte wie die Lucie und das NV33. Das NV33 ist das aktuellste Modell, das wir gerade in der Waffenkammer haben. Mit ihr kann man auch 3D sehen. Dann haben wir G28-Präzisionsgewehre und DF – also ganz normale Fernrohre oder Ferngläser in dem Sinne. Ja, das war es eigentlich so im Großen und Ganzen, was wir dahaben.

(G): Das ist ja auch schon ein ganz schön großes Arsenal. Kennen Sie denn alle Waffen in- und auswendig und haben Sie auch alle schon mal geschossen?

(W): Nein, das leider noch nicht. Man kommt leider nicht oft in den Genuss, alles zu schießen. Also, ich habe noch nicht das Glück gehabt, G28 oder MG5 zu schießen. Das sind leider noch, wie sagt man, die Sonderlinge in der Waffenkammer. Dafür brauchst du geschultes Personal, das an den Waffen ausgebildet ist, damit es dich auch selber ausbilden darf. Also in den Genuss bin ich leider noch nicht gekommen. Aber ansonsten, im Großen und Ganzen, habe ich alles soweit schon geschossen und bin darauf auch eingewiesen.

(G): Und haben Sie eine Lieblingswaffe?

(W): Ich, eine Lieblingswaffe? Ja, die P8. Das ist für die Versorger, darf ich mal so sagen, die angenehmste Waffe. Die sitzt am Gürtel, die stört nicht großartig und man kann angenehm damit arbeiten – wenn man es mal auf den Einsatz hin bezieht.

(G): Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Klar, natürlich. Können Sie denn die ganzen Waffen, wie man es so aus dem Film kennt, blind auseinander- und wieder zusammenbauen?

(W): Blind nicht, dass würde bei manchen vielleicht etwas hakeln. Aber doch, im Großen und Ganzen kriege ich sie doch alle schon ganz gut zerlegt.

(G): Ja, toll. Und vor allem wieder zusammen.

(W): Ja, genau. Dass das am Ende wieder herauskommt, was man vorher zerlegt hat. Das ist ganz wichtig.

(G): Sie haben eben schon den Einsatz angesprochen. Sie waren zweimal im Einsatz, in Mali und in Afghanistan.

(W): Genau.

(G): Ich habe das Vergnügen gehabt, in Mali zu sehen, wie eine Kameradin von Ihnen den malischen Soldaten erklärt hat, dass es sinnvoll und nützlich ist, die Waffen nach dem Schießen auch zu reinigen. Dass war denen irgendwie wohl nicht so ganz klar, dass das Sinn macht. Haben Sie so ähnliche Sachen auch erlebt in Ihren Einsätzen?

(W): Oh, das in dem Sinne leider nicht. Ich hatte halt mehr mit unseren Jungs zu tun. Aber Reinigungszustände sind sowieso wichtig. Es ist das A und O, die Lebensversicherung des Einzelnen, dass die Waffe in einer Situation auch funktioniert, wenn es mal halt auch zu einer kritischen Situation kommt. Mit den afghanischen Einwohnern habe ich leider so keinen Kontakt gehabt.

(G): Und in Mali, mit den malischen Soldaten, auch nicht?

(W): Nein, da leider auch nicht. Da haben wir nur die Jungs und Einheimischen gesehen, die im Camp mitgeholfen haben. Die Wasser gebracht haben, die in der Küche ausgeholfen haben oder so. Aber ansonsten hatten wir, spezifisch ich, keinen Kontakt.

(G): Verstehe. Und hat sich Ihre Aufgabe im Einsatz ganz stark unterschieden von den Aufgaben in der Waffenkammer zu Hause?

(W): Na ja, im Einsatz ist es ja so, du gibst die Waffen einmal aus. Die Jungs haben ihre Waffen immer am Mann. Zu Hause hast du halt die Rücknahme, indem du die Waffen einlagerst und verschließt. Das ist halt so der große Unterschied. Aber im Großen und Ganzen ist der Versorgerbereich sowohl im Einsatz als auch zu Hause das Gleiche. Es ist im Einsatz etwas einfacher und unbürokratischer als zu Hause. Man hat halt viel mehr Möglichkeiten. Man kann für die Jungs auch andere Dinge bestellen und anfordern. Das ist halt im Einsatz einfacher.

(G): Verstehe ich. Ja, klar. Natürlich, da braucht man ja auch andere Dinge als zu Hause.

(W): Richtig, genau.

(G): Jetzt sind Sie ja Materialbewirtschaftungsfeldwebel. Da haben Sie ja auch eine Menge weiterer Aufgaben, abgesehen von der Waffenkammer. Können Sie mir bitte mal erzählen, was da alles dazugehört?

(W): Oh, da kann ich anfangen bei der Einkleidung von Soldaten, Auskleidung von Soldaten, Möbelbeschaffung, Transport und Bewirtschaftung von Munition. Wir fordern Schuhcreme an. Wir sind sozusagen die kleinen Helferlein der Soldaten, damit sie alles ein bisschen haben – von Schnürsenkeln bis zu Dienstgradklappen. Ach Gott, was fällt mir da noch alles ein? Ja, allgemein die Materialbewirtschaftung. Damit die Jungs was in den Lageräumen liegen haben und sie wissen, wie man das richtig bewirtschaftet. Absteuerung von Material. Empfang von Material. Ja, das war es eigentlich so im Großen und Ganzen.

(G): Aber ziemlich komplex. Sie hatten mir auch erzählt, bei der VJTFVery High Readiness Joint Task Force (Very High Readiness Joint Task Force, schnelle Eingreiftruppe der NATONorth Atlantic Treaty Organization) haben Sie auch ganz viel Material rausgegeben und wahrscheinlich auch inzwischen wieder angenommen. War das anderes Material?

(W): Wenn du in dieser einsatzgleichen Verpflichtung bist oder in der Vorbereitung für Einsätze, hast du immer anderes Material oder mehr von dem Material auf dem Hof, als wenn du in der ganz normalen Konstellation des, ich will nicht sagen, Wald- und Wiesenbataillons bist. Aber du hast natürlich mehr Möglichkeiten. Du hast mehr Autos und Waffen auf dem Hof. Ja, das ist der große und ganze Unterschied, wenn VJTFVery High Readiness Joint Task Force ist anstatt der normale Dienstalltag.

(G): Und die Autos gehören auch noch zu Ihnen in den Fuhrpark?

(W): Noch schon. Aber wir sind jetzt gerade dabei, langsam alles abzusteuern für das nächste Bataillon, das in die nächste VJTFVery High Readiness Joint Task Force -Verpflichtung geht sozusagen.

(G): Gibt es denn auch manchmal Probleme? Weil Sie sagen, auch Kleidung gehört zu Ihnen. Wenn Sie jetzt einen Soldaten haben, der besonders groß ist, oder vielleicht auch eine Soldatin, die besonders zierlich ist, bekommen Sie überhaupt Sachen, die dann auch passen? Ich denke, bei normalen Uniformteilen wird es gut gehen, aber speziell bei beispielsweise Schutzwesten oder so etwas?

(W): Nein, da gibt es ja dann auch Sonderanfertigungen. Bei Stiefeln ist es ja genauso. Ich habe ja selber einen Soldaten bei mir in der Teileinheit, der ist sehr groß, und der hat, glaube ich, Schuhgröße 47/48. Da gibt es dann schon mal Sonderanfertigungen. Das ist genauso wie bei ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzmasken. Wenn die normale ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzmaske nicht passt, wird eine Sonderanfertigung gemacht. Also das ist schon möglich in vielen Punkten.

(G): Ach, das ist ja toll. Und haben Sie nun auch mit den Sachen zu tun, die coronabedingt extra ausgegeben werden müssen? Also ich denke da an die FFP2-Masken und so etwas. Geht das auch durch Ihr Lager?

(W): Ja, wir müssen das immer für die Kompanie empfangen. Also die S4-Abteilung beschafft das Ganze. Denn das gibt es ja nicht auf dem zentralen Weg, sondern wird größtenteils alles dezentral gekauft. Wir haben die, wie sagt man salopp, Spuckschutzwände, aber Hygieneschutzwände nennen sie sich ja, organisiert und aufgestellt. Wie gesagt, wir haben medizinische Masken besorgt, Desinfektionsmittelspender aufgestellt. Also, überall sieht man an allen Ecken, dass Corona vorherrscht. In dem Sinne.

(G): Ja, das kann ich mir vorstellen. Das ist schon heftig. Sie sind ja ursprünglich gelernte Einzelhandelskauffrau.

(W): Genau.

(G): Was hat Sie denn dazu bewogen, sich als Zeitsoldatin und dann gleich für 25 Jahre bei der Bundeswehr zu verpflichten?

(W): Oh, das war damals schon. 2001 ging es ja los mit den Frauen auch in den Streitkräften. Vorher war ja immer nur der Sanitätsbereich betroffen. Und da wollte ich schon, aber irgendwie private Gründe haben immer wieder dagegengesprochen und dann habe ich irgendwann 2004 zu mir gesagt: Mandy, was willst du eigentlich hier in dem kleinen Nest Schwerin? Du willst was Anderes machen. Du hast den Traum immer gehabt. Ich probiere es einfach mal. Bin damals noch zum Kreiswehrersatzamt gegangen, habe mich dort vorgestellt, die haben mir die Möglichkeiten aufgewiesen und ja, dann nahm 2005 die Reise ihren Anfang sozusagen.

(G): Und war Ihnen so von vorneherein klar, dass Sie auch bleiben wollen?

(W): Ja, definitiv. Also mit den Jahren. Klar, man hat auch überall mal reingeschnuppert. Ich war mal im ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrbataillon. Das war ja nicht so meins, muss ich sagen. Dann war ich im Feldjäger-Bataillon, dort habe ich meine ganze Ausbildung durchlaufen. Also meine ganzen Lehrgänge. Da hat es echt Spaß gemacht. Das war schon so ein bisschen Reinschnuppern in die Truppe, auch schon in den Versorgungsbereich. Dann bin ich weitergegangen ins Fernmeldebataillon 801, das es mittlerweile auch nicht mehr gibt. Habe dort so ein bisschen die Vorschriftenstelle gemacht und in der Mat-Gruppe gearbeitet. Und das hat sich bei mir immer mehr so festgesetzt, das ist das, was ich machen möchte. Und seit 2010 bin ich direkt als Materialbewirtschaftungsfeldwebel tätig. Jetzt in meinem elften Dienstjahr. Und ich möchte nichts Anderes machen. Ich liebe es, für die Jungs da zu sein, den Jungs ihre Wünsche zu erfüllen, soweit wie es möglich ist. Und ja, man ist so, wie sagt man, der Dienstleister der Kompanie. Dass man sagt: Die brauchen das, wir holen das.

(G): Ja, toll. Das klingt wirklich so. Man hört Ihnen an, dass es Ihnen Spaß macht. Das ist super. Jetzt sind Sie ja auch Mutter und Sie hatten mir gesagt, Ihre Tochter ist zwei Jahre alt und Ihr Mann ist ebenfalls Soldat. Wie klappt das denn so mit Job und Familie?

(W): Also das kriegen wir echt gut hin, muss ich sagen. Die kleine Maus ist da auch echt umgänglich, was das betrifft. Wir haben auch einen guten Rückhalt in der Familie. Omas und Opas sind immer da, wenn irgendwann mal Not am Mann ist. Aber soweit kriegen wir das echt gut hin. Und der Dienstherr arbeitet in dem Sinne für uns, dass wir das alles so möglich machen können. Wenn es mal Probleme gibt, geht er auf uns ein. Dass man mal sagen kann: Man kann halt nicht mit, weil der Partner gerade los ist irgendwo auf Übung und wir unterschiedliche Bereiche machen. Damit sind wir echt glücklich und zufrieden, muss ich wirklich sagen.

(G): Ja, das ist doch toll. Was macht Ihnen denn von allen Dingen am meisten Spaß? Wahrscheinlich das, was Sie eben schon gesagt haben. Einfach da sein und das besorgen, was die Truppe braucht, oder?

(W): Ja, erst einmal das Dienstleistergeschehen an sich selbst. Dann natürlich die Kameradschaft. Ich muss echt sagen, dass Gefüge in einer Kompanie, der Zusammenhalt, auf Übungsplätzen zusammen sein, auch die Einsätze haben unter diesen Umständen wirklich Spaß gemacht. Weil du wirklich das machen konntest, wofür du da bist und die Jungs eben auch das machen können, wofür sie da sind. Im Großen und Ganzen das Gesamtpaket. Ich bin unheimlich gerne Soldat. Das ist meine Lebenseinstellung. Ja, ich möchte nichts Anderes mehr machen.

(G): Das klingt richtig, richtig toll. Vielen Dank, dass Sie uns das erzählt haben. Und danke, dass Sie uns mitgenommen haben in die Waffenkammer und dieses wirklich beeindruckende Arsenal gezeigt haben. Frau Wegener, ich bedanke mich nach Lüneburg und wünsche Ihnen noch einen ganz wunderbaren Tag.

(W): Das wünsche ich Ihnen auch und ich hoffe, wir hören uns bald mal wieder.

(G): Ja, das hoffe ich auch. Danke Ihnen.

(W): Alles Gute.

(G): Tschüs.

(W): Tschüs.

(G): Mehr über den Soldatenberuf und über die unglaublich vielen unterschiedlichen Berufsfelder finden Sie zum Beispiel auf bundeswehr.de. Und den nächsten Podcast, den hören Sie am kommenden Donnerstag. Bis dahin, machen Sie es gut. Ich melde mich ab aus dem Funkkreis.

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