Funkkreis
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Funkkreis – Podcast der Bundeswehr. (Funk- und Fluggeräusche)
Neun Weltcupsiege im Einzel, sieben im Team, dazu Olympia-Teamgold 2018 und WM-Teamgold 2019. Eine so beeindruckende Bilanz wie Hauptfeldwebel Fabian Rießle können nicht viele Sportler vorweisen. Gerade bereitet sich der Nordische Kombinierer auf die Weltmeisterschaften Ende Februar vor. Und trotzdem hat er jetzt Zeit für Sie und für mich und für unseren Podcast. Hier ist Barbara Gantenbein aus der Redaktion der Bundeswehr und ich freue mich jetzt auf einen der Großen in der Königsdisziplin des Nordischen Skisports. Hallo Fabian.
Fabian (F): Ja hallo. Schön. Freut mich.
Barbara (B): Mich erst. Mich freut es. Ganz toll, dass Du Zeit hast für uns. Ich muss sagen, ich bewundere euch Nordischen Kombiniere ja unheimlich. Einfach mir vorzustellen, was ihr da macht. Mit über oder um die 100 Stundenkilometern so eine Schanze runterzurasen. Ich habe mir das einmal live angeschaut in Innsbruck. Und es ist für mich absolut unvorstellbar. Was empfindest Du denn, wenn Du da runterdonnerst?
F: Ja. Also, ich kann das natürlich schon verstehen, dass man das als Außenstehender, der mit Skispringen nicht so viel am Hut hat, dass man das komisch findet. Aber man fängt da ja klein an. Ich hab mit neun Jahren angefangen mit Skispringen. Und da fängt man ja wirklich auf so ganz kleinen Schanzen an. Da springt man so höchstens zwei Meter, vier Meter. Und dann steigert man das einfach langsam, bis man dann wirklich von den großen Schanzen springen kann. Und ja, es macht halt einfach nur Spaß. Und eben, wenn man dann einen coolen Sprung hat und dann eben 130, 140 Meter weit springt, das ist dann wirklich schon ein ziemlich cooles Gefühl.
B: Ja, das kann ich mir vorstellen. Man sieht ja aber manchmal auch, wenn euch so eine Böe irgendwie erwischt, was da auch für Kräfte wirken. Wie fühlt sich denn das an, wenn Du im Sprung plötzlich so eine Böe mitkriegst?
F: Ja, also im Sprung geht das alles ziemlich schnell. Man kriegt das oft gar nicht so wirklich mit, wenn da der Ski mal so ein bisschen wegpendelt oder mal ein bisschen mehr zum Körper kommt, wenn mal doch der Wind ein bisschen stärker weht. Aber da muss man versuchen, dass feinfühlig aufzunehmen und sich die Waage zu halten. Wenn man zu viel Gas geben möchte, dann geht es meistens schief, dass der Ski dann eben wegklappt und man dann früher landet, weil dann der Druck irgendwie abreisst. Aber man muss versuchen, dass dann locker aufzunehmen und dann nicht gegen die Skier zu arbeiten. Das bringt meistens nicht so viel.
B: Klingt jetzt irgendwie so völlig entspannt. Aber klar, Du machst das ja auch jeden Tag. (Lacht) Du bist heute auch schon gesprungen, hast Du mir eben schon im Vorgespräch gesagt. Wie sah denn heute Morgen Dein Training aus, damit wir uns das so ein bisschen vorstellen können?
F: Genau. Also wir sind jetzt schon in Oberhof und bereiten uns auf die Weltmeisterschaft in Oberstdorf vor. Und wir haben heute Morgen schon an der Schanze trainiert und waren Springen hier. So eine Trainingseinheit dauert zwischen zwei und drei Stunden, sage ich jetzt einfach mal. Jetzt nutzen wir nochmal die letzte Zeit, um uns den letzten Schliff zu holen, dass wir dann auch bei unserer Heim-WM in Deutschland ordentlich fit sind.
B: Du hast eben schon erwähnt, Weltmeisterschaft in Oberstdorf. Jetzt in Klingenthal warst Du einmal Zweiter, einmal Fünfter. Wie fühlst Du Dich vorbereitet? Bist Du topfit?
F: Ja. Es fühlt sich momentan eigentlich alles richtig gut an. Also ich bin mit meinem aktuellen Stand eigentlich ziemlich zufrieden. Klar gibt es schon noch ein paar Stellschrauben, wo ich noch weiter ein bisschen dran drehen möchte. Eben gerade auf der Schanze liegt noch einiges drin. Läuferisch hat es jetzt bei den letzten Wochenenden eigentlich gut funktioniert. Jetzt heißt es eben nochmal gescheit trainieren, dass man dann fit ist Richtung WM.
B: Hast Du Dir ein Ziel gesetzt? Eine Marke, die Du unbedingt erreichen willst?
F: Ja, also Ziele hat man natürlich immer. Mein Ziel ist, auf jeden Fall mit einer Medaille aus Oberstdorf heimzufahren. Aber es gibt halt auch noch einen ganzen Haufen anderer richtig starker Jungs, die sich natürlich auch das gleiche Ziel vorgenommen haben. Aber wenn ich mit einer Medaille heimkommen würde, wäre natürlich schon riesig.
B: Also wir hier drücken auf alle Fälle alle Daumen. (Beide lachen.) Du bist ja aktuell der zweitbeste Deutsche und im Weltcup bist Du auf Platz vier. Ich finde das ganz spannend. In den letzten Jahren wart ihr deutschen Kombinierer ja manchmal komplett unter euch auf dem Podium. Da hatte man das Gefühl, überall ist immer Deutsche Meisterschaft. (Beide lachen.) Jetzt sieht man ab und zu auch mal eine andere Nation. Woran liegt denn das? Ist die Konkurrenz, trainieren die anders? Sind die so deutlich stärker geworden?
F: Ja, das stimmt. Wir waren in den letzten Jahren ziemlich dominant, muss man schon so sagen. Also gerade mit dem Eric Frenzel, Johannes Rydzek und mit mir, waren wir wirklich ziemlich oft ganz vorne mit dabei und haben den Gesamtweltcup oft gewonnen, von Deutschland. Und dann war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis da andere jüngere Athleten kommen, die das vielleicht auf ein neues Level hochgehoben haben. Das war jetzt bei uns auch der Fall, dass die Norweger auf einmal aufgekommen sind. Die haben sich vielleicht so ein bisschen in unserem Windschatten ziemlich gut entwickelt. Das hat man gar nicht so auf dem Schirm gehabt. Das ist, glaube ich, das Schöne an so einer Sportart, dass es eben nie endet mit irgendwelchen Personen oder so etwas. Sondern es wird immer weiterentwickelt. Es kommen immer neue Sportler dazu. Und da muss man natürlich immer schauen, ob man vielleicht selber die letzten Jahre etwas stehengeblieben ist oder ob sich die Technik weiterentwickelt hat. Das war bei uns jetzt, glaube ich, so der Fall. Dass man eben im Skisprungbereich deutlich besser springen muss. Mittlerweile können alle ziemlich gut laufen und schnell laufen. Und wenn man dann am Langlaufstart schon über eine Minute Rückstand hat, dann hat man halt einfach keine Chance mehr, um den Sieg mitzukämpfen. Und da haben uns die Norweger in der letzten Saison speziell ein bisschen überrollt. Weil sie halt mannschaftlich konstant extrem gut Ski gesprungen sind. Da konnten wir nicht ganz Schritt halten, aber diese Saison sah es ja schon bisschen besser aus.
B: Apropos, Saison. Das ist ja nun auch arg coronabelastet, diese Saison. Wie wirkt sich das denn für euch aus? Vermisst ihr das Publikum? Das ist ja schon ein arger Faktor. Das reisst einen ja sicherlich auch mit und motiviert einen ungeheuer, oder?
F: Ja, ganz klar. Auf der einen Seite sind wir natürlich ganz froh, dass wir unser Training und unsere Wettkämpfe eigentlich relativ normal durchführen können. Klar muss man da mit den Hygienevorschriften immer schauen, dass das alles passt. Aber sonst finden ja bei uns fast alle Wettkämpfe ziemlich regulär statt. Klar ist das schade, wenn das alles ohne Zuschauer stattfindet. Das reisst einen schon einmal mit, und puscht einen ein bisschen mehr. Gerade im Hinblick auf die Weltmeisterschaft in Oberstdorf wäre in unserem Land gewesen. Und ich glaube, dass der Zuschauerstrom dort riesig gewesen wäre. Das wäre bestimmt eine richtig coole Sache geworden. Da müssen wir nun leider vor leeren Rängen starten. Aber ich sag ganz klar: lieber ohne Zuschauer wie gar keine WM oder gar keine Weltcups.
B: Auf jeden Fall. Das sehe ich ganz genauso. Und immerhin habt ihr da nicht den Reisestress mit Pandemiebedingungen. Das ist ja auch schön. Und das ist ein toller Winter. Also so ein bisschen was, was es aufwertet, gibt es auch. Aber ist halt trotzdem wahnsinnig schade. Du hast eben Training schon angesprochen. Wie viel musst Du denn trainieren? Trainierst Du jeden Tag oder kannst Du an den Wochenenden – also wenn kein Wettkampf ist – auch mal eine Pause einlegen?
F: (Lacht) Also das kommt immer ein bisschen auf die aktuelle Trainingsphase an. Also jetzt, während meiner Wintersaison, ist das Training sicherlich ein bisschen weniger, weil zwischen den Wettkämpfen schaut man eigentlich eher, dass man ein bisschen regenerieren kann und dem Körper etwas Ruhe gönnt. Da steht meistens nur einmal am Tag Training auf dem Programm. Aber jetzt gerade so im Frühjahr. Man sagt ja, Wintersportler werden im Sommer gemacht, da steht eigentlich schon jeden Tag zweimal Training auf dem Programm. Und eben so kann man im Schnitt so rechnen pro Tag so zwischen vier, und wenn es mal ganz lange Tage sind, können aus auch mal sechs Stunden Training sein. Aber jetzt gerade im Winter ist es sicherlich ein bisschen weniger durch die Wettkämpfe.
B: Und wie trainierst Du im Sommer? Also gerade so etwas wie Springen. Ich weiß, es gibt auch solche Sommerschanzen. Aber es fühlt sich ja bestimmt ganz anders an, oder?
F: Ja. Im Sommer springen wir eben auf Mattenschanzen. Der Anlauf ist eigentlich ähnlich wie im Winter. Das sind so Porzellanspuren, muss man sich vorstellen. Da wird dann im Winter einfach eine Kühlung eingeschaltet und dann zieht sich da eine Eisschicht darüber und da fährt man dann auf Eis an. Und im Sommer ist das einfach eine Porzellanspur, wo dann Wasser hinunterfließt. Und dann fühlt es sich schon etwas anders an als Eis, aber kommt dem schon relativ nahe. Und der Aufsprunghang, das sind so Kunststoffmatten, die werden dann auch bewässert, und da kann man dann auch relativ ähnlich wie im Winter landen. Und das ganze Ausdauertraining machen wir sehr viel mit Ski-Rollern. Das ist wie so ein kürzerer Langlaufski, der vorn und hinten Rollen hat. Also wie so ein bisschen längerer Inliner, sag ich jetzt einfach mal. Da darauf legen wir ziemlich viel von unseren Grundlagenkilometern um und halt Joggen, Radfahren und natürlich Krafttraining gehören zu unserem normalen Trainingsprogramm.
B: Ja, Ja. Aber es sind da ja schon lange Tage, wenn man das Stundenpensum sich vorstellt. Das ist schon krass. Ich freue mich immer ganz doll, wenn ein Sportsoldat, also einer von uns, von der Bundeswehr gewinnt. Und ich finde es immer so ein bisschen schade, dass ganz vielen Fans nicht bewusst ist, wie viele von den Top-Wintersportlern eigentlich Soldaten sind. Seit wann bist Du denn bei der Bundeswehr, also Sportsoldat, und was bedeutet das für Dich?
F: Genau, also ich bin schon seit 2010 bei der Bundeswehr. Also echt schon ganz schön lange. Nach der Schule habe ich mich für die Feldwebellaufbahn bei der Bundeswehr entschieden. Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Ich finde es auch ziemlich schade, dass es viele gar nicht wissen, dass in Deutschland extrem viele Spitzensportler, die das wirklich auf Profilevel betreiben, bei der Bundeswehr angestellt sind. Da können wir uns in Deutschland glücklich schätzen. Das ist in vielen anderen Ländern nicht der Fall. Wo die Sportler wirklich von Jahr für Jahr schauen müssen, wie sie sich finanzieren. Und wenn dann so ein Jahr kommt, wie es jetzt ist durch die Corona-Pandemie, dass da Sponsorengelder ausbleiben, das ist dann für viele ziemlich schwierig. Das haben wir in Deutschland nicht, weil wir über die Bundeswehr wirklich top abgesichert sind. Das ist einfach eine runde Sache. Die Bundeswehr hat sich in den letzten Jahren wirklich sehr sehr geöffnet. Es ist ja sogar möglich, dass man während des Sports sogar noch ein duales Studium oder sowas absolvieren kann. Das ist für uns Profisportler wirklich ein super Arbeitgeber, muss man einfach so sagen.
B: Ja, das ist schön. Nimmst Du das wahr? Machst Du nebenher ein duales Studium?
F: Ich hab es mal eine Zeitlang probiert, hab es aber zeitlich nicht geschafft. Ich habe es mit meinem Training einfach nicht zusammen gebracht und hab das Studium dann wieder abgebrochen. Aber viele von meinen Sportkollegen studieren wirklich noch nebenher.
B: Du bist jetzt 30. Was hast Du denn für Pläne für die Zeit nach dem Spitzensport? Gibt es da schon Pläne?
F: Es gibt schon den ein oder anderen Plan, aber noch nichts Handfestes, was ich dann wirklich machen will. Aber ich hoffe, dass ich noch das eine oder andere Jährchen im Spitzensport bleiben kann, und dann schauen wir mal, wo es mich nach meiner sportlichen Karriere hin verschlägt.
B: Ja, also wir hoffen natürlich auch, dass Du uns noch eine Weile erhalten bleibst und in dieser tollen Form und so weiter. (Beide lachen.) Letzte Frage, private Frage. Was macht ein Fabian Rießle in seiner wenigen Freizeit?
B: (Lacht) Also seit Oktober bin ich Papa. Wir haben jetzt eine kleine Tochter zu Hause. Ich glaube, jeder, der frisch gebackener Papa ist, weiß dann, dass nicht mehr so viel Zeit bleibt. Dass man da wirklich viel mit der Family macht. Ich genieße jetzt die Zeit, wenn ich zu Hause bin mit meiner kleinen Tochter. Und sonst natürlich als sportliche Person geht man natürlich gerne raus, geht Skifahren, geht Langlaufen. Das sind so meine Hobbys. Es ist ja nicht so, dass ich in meiner Freizeit gern faul auf dem Sofa rumliege, sondern bin einfach gerne draußen und verbringe Zeit mit meiner Family.
B: Dann wird da bestimmt später eine sehr sportliche Tochter. Kann ich mir vorstellen. (Beide lachen.)
F: Schauen wir mal.
B: Genieß die Zeit. Es ist so wunderschön, gerade, wenn die so ganz klein sind. Das ist schon etwas ganz Besonderes. Ja toll. Jetzt habe ich Dich aber lang genug von der Mittagspause abgehalten. Vielen Dank, dass Du Dir Zeit genommen hast und toi toi toi für die WM.
F: Vielen Dank.
B: Und jetzt noch ein paar gute Trainingstage bis dahin.
F: Super. Dankeschön. Ciao.
B: Ciao. Danke. Also ich wird auf alle Fälle am Wochenende vor dem Fernseher sitzen und mitfiebern, was Fabian in Oberstdorf schafft und natürlich seine ganzen Teamkameraden. Und den nächsten Podcast, den hören Sie dann am kommenden Donnerstag wie gewohnt. Ich melde mich ab aus dem Funkkreis. Machen Sie es gut. Tschüss.