Funkkreis
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- 19 MIN
A: Barbara Gantenbein
B: Thomas Schlosser
C: Barbara Wießalla
A: Herzlich willkommen zu unserem heutigen Podcast mit dem Thema Klima und Naturschutz in der Bundeswehr. Und falls Sie jetzt denken: Umweltschutz und Bundeswehr? Das passt doch überhaupt nicht zusammen. Doch, passt! Tatsächlich gibt es nämlich in der Bundeswehr seit 50 Jahren Umweltschutzbeauftragte. Ich bin Barbara Gantenbein aus der Redaktion der Bundeswehr in Berlin und ich habe heute wieder zwei Gesprächspartner. Zum einen Barbara Wießalla, das ist die Leiterin der Abteilung Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen, kurz IUDInfrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen. Sie wird uns sagen, was im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht steht. Der erscheint alle zwei Jahre und da findet man ganz interessante Informationen zum Beispiel zum Thema Grundwasser oder auch zur CO2Kohlendioxid-Reduzierung. Zunächst aber spreche ich mit Thomas Schlosser. Er ist der Leiter der Geländebetreuung des BwDLZBundeswehr-Dienstleistungszentrum Idar-Oberstein und damit auch verantwortlich für den Truppenübungsplatz Baumholder und dessen Flora und Fauna. Guten Tag, Herr Schlosser!
B: Hallo, schönen guten Tag, Frau Gantenbein.
A: Finde ich klasse, dass Sie für uns Zeit haben heute. Der Truppenübungsplatz Baumholder, für den Sie ja unter anderem zuständig sind, wie groß ist denn dieser und welche Arten von Schutzgebieten haben Sie dort?
B: Der Truppenübungsplatz Baumholder beinhaltet knapp 12.000 Hektar, sprich 120 Quadratkilometer Fläche, und aufgrund einer EUEuropäische Union-weiten Verordnung haben wir hier ein Natura-2000-Gebiet, und wir sind hier fast mit 90 Prozent der Fläche des Truppenübungsplatzes, also sprich, mit gut 1.560 Hektar mit diesem FFH-Gebiet hier belegt.
A: Wow, das ist ja unheimlich. Das ist ja fast das ganze Gebiet, dieses FFH (Fauna-Flora-Habitat). Haben Sie denn ein paar Beispiele für mich, welche Tiere auf Ihrem Truppenübungsplatz so ganz besondere Rückzugsräume finden.
B: Ja natürlich, kann ich Ihnen gerne nennen. Da haben wir zum Beispiel die Heidelerche. Die Heidelerche ist bekannt als Bodenbrüter. Die sucht sich nämlich genau diese Flächen aus, wo militärische Übungen stattfinden, wo wir mit unseren Pflegegeräten die Wiesen kurzhalten. Genau das ist quasi der Rückzugsraum oder der Lebensraum der Heidelerche. Oder ich nenne Ihnen den Schwarzstorch, der sich in den naturnahen Wäldern des Übungsplatzes sehr wohlfühlt und da auch dann genug Nahrung findet in den naturnahen Bächen. Oder die Vögel: der Neuntöter, der Wiesenpieper zum Beispiel, die sehr gut mit unseren offenen, parkähnlichen Freiflächen zurechtkommen und genau hier ihre Ansitze haben und ihre Jungen großziehen können.
A: Das ist enorm. Und wenn dann geschossen oder geübt wird, was machen die dann? Dann gehen die mal kurz weg und kommen anschließend wieder oder wie muss man sich das vorstellen?
B: Ja, so ungefähr. Also die Tiere gewöhnen sich unheimlich an das Schießgeschehen und wissen genau, wo sie hinkönnen, wo sie in Sicherheit sind. Und es ist sehr interessant zu sehen, dass nach dem Schießen das Wild wieder aus den Wäldern kommt, auf die Freiflächen tritt oder halt die Vögel wieder anfangen zu singen. Wenn ich daran denke, der Neuntöter zum Beispiel, der geht dann halt eben in Nebenbereiche, wo weniger geschossen wird. Das Bachneunauge, der Fisch, kann nicht entweichen, aber kriegt von dem Schießgeschehen ja auch nichts mit in dem Bach.
A: Das stimmt. Das hat mehr Angst vor dem Schwarzstorch als vor dem Panzer.
B: Richtig, ganz genau.
A: Aber es ist schon sehr spannend. Sie haben ja auch besondere Pflanzen. Haben Sie da auch noch ein Beispiel für uns?
B: Ja, natürlich. Wir haben verschiedene Orchideen entweder als Einzelstandorte oder als Orchideenwiesen, zum Beispiel Knabenkräuter verschiedenster Art oder schwertblättriges Waldvögelein. Das sind ja bekannte Arten, die aber auch mittlerweile europaweit auf den Gefährdungslisten stehen. Und da können wir halt noch wuchern mit dem Pfund, dass wir so viele Freiflächen haben, wo die sich wohlfühlen. Gerade aufgrund der sauberen Bodenbeschaffenheit, die wir hier haben. Eine weitere Pflanze, die ich Ihnen nennen möchte und ans Herz legen möchte, ist der Diptam - auch brennender Busch genannt.
A: Was ist das Besondere an dieser Pflanze?
B: Ja, der Diptam ist etwas Besonderes. Er steht seit 1936 schon hier in Mitteleuropa unter Naturschutz, bildet schon seitdem eine Seltenheit. Der ist hier auf dem Übungsplatz vertreten und der Diptam hat die Eigenschaft, er hat ätherische Öle und leicht verfügbare Aerosole, die er ausscheidet. Und diese können entweder durch Tau in den Morgenstunden oder in den Abendstunden in Brand gesetzt werden. Und dann bildet der kleine Flammen, die er auswirft.
A: Also deswegen auch brennender Busch. Das ist ja echt spannend.
B: Deswegen brennender Busch, genau.
A: Ja verrückt. Wie kommt es denn, dass diese militärische Nutzung und Naturschutz sich da so gut ergänzen?
B: Wir haben halt viele Bereiche, auf denen nicht scharf geschossen wird. Das sind die ganzen Nebenbereiche, auf denen – wir sagen immer – trocken geübt und nicht geschossen wird. Es findet natürlich kein Tourismus statt. Es fahren weniger Fahrzeuge als in der öffentlichen Landschaft. Wir wenden keine Herbizide an und das sind alles die großen Vorteile, die außerhalb des militärischen Übungsgeländes sich so nicht finden. In der ausgeräumten landwirtschaftlichen Fläche finden Sie so etwas natürlich nicht.
A: Nein. Ja, gut, dass es das gibt. Herr Schlosser, ganz herzlichen Dank für diesen Einblick. Ich finde das wirklich sehr beeindruckend. Ich finde es auch ganz großartig, was da für Arten vorkommen.
B: Wir freuen uns auch jeden Tag, dass wir hier arbeiten dürfen in dieser schönen Umgebung.
A: Ja, das glaube ich. Herzlichen Dank.
B: Ja gerne, Frau Gantenbein. Dankeschön.
A: Dass die Bundeswehr große Fortschritte gemacht hat beim Klima- und Naturschutz, das stellt man natürlich auch fest, wenn man jetzt in den neuen Nachhaltigkeitsbericht reinliest. Der ist nämlich gerade frisch erschienen. Und dazu begrüße ich jetzt Barbara Wießalla, die Leiterin der Abteilung IUDInfrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen. Guten Tag, Frau Wießalla.
C: Guten Morgen, Frau Gantenbein!
A: Frau Wießalla, danke, dass Sie sich heute die Zeit nehmen für uns. Der neue Nachhaltigkeitsbericht ist ja gerade herausgekommen. Wo hat denn da die Bundeswehr die größten Erfolge erzielt?
C: Ja, das ist ja ein sehr umfassendes Thema. Ich freue mich sehr, dass ich die Gelegenheit habe, heute auch ein paar Schwerpunkte vorzustellen aus unserem Nachhaltigkeitsbericht. Die Bundeswehr unternimmt auf allen Gebieten sehr große Anstrengungen, die nachhaltige Entwicklung zu fördern. Damit leistet die Bundeswehr auch einen ganz besonderen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in Deutschland, weil die Bundeswehr ja ein sehr großer Arbeitgeber ist und über einen großen Fundus an Liegenschaften verfügt. In unserer Nutzung befinden sich 1.500 Liegenschaften und damit sind wir nicht nur einer der größten Arbeitgeber in Deutschland, sondern auch einer der größten Nutzer bundeseigener Liegenschaften. Wir, das BMVgBundesministerium der Verteidigung und der gesamte Geschäftsbereich, sehen uns ja uneingeschränkt den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen verpflichtet und die sind ja sehr umfassend, wie Sie wissen. Da geht es nicht nur um Umweltschutz und Klimaschutz, die klassischen Themen, die man mit der Nachhaltigkeit verbinden würde. Es geht auch um Bildung und Gleichstellung. Allerdings in meinem Verantwortungsbereich ist natürlich alles, was mit Umweltschutz und Liegenschaftsbetrieb zu tun hat, im Vordergrund. Ich bin ja die Abteilungsleiterin Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen. Und ich denke, dass wir da auch sehr gute Ergebnisse in den letzten Jahren erzielt haben.
A: Ja, das ist toll! Ich war auch ganz verblüfft, als ich mich eingelesen habe in das Thema, festzustellen, wie lange die Bundeswehr das schon betreibt. Das ist ja schon seit 50 Jahren bei der Bundeswehr Thema und deswegen interessiert mich auch, wie ist denn das zum Beispiel bei der CO2Kohlendioxid-Reduzierung. Wie gelingt es denn zum Beispiel gerade bei der Planung von Liegenschaften, klimafreundlicher zu werden? Und wie sieht es aus bei selbst erzeugten Energien?
C: Ja, das ist richtig. Wir sind also schon seit vielen Jahren, geradezu Jahrzehnte engagiert. Das hat sich aber ja auch politisch sehr stark weiterentwickelt in den zurückliegenden Jahren. CO2Kohlendioxid-Reduzierung ist ein Kernthema, ganz klar, auch schon seit vielen Jahren bei uns in der Bundeswehr. Ich sag mal, vor 20 Jahren lag der Schwerpunkt eher darauf, Energie einzusparen, was ja mittelbar dann zur CO2Kohlendioxid-Reduktion führt. Inzwischen ist aber der Ansatzpunkt, gezielt auf die CO2Kohlendioxid-Reduktion einzuwirken, natürlich in den Vordergrund gerückt, um eben die Beeinträchtigung des Klimas möglichst zu reduzieren. Sie sagen zu Recht, man muss bereits bei der Planung ansetzen. Das ist auch so. Das tun wir auch seit vielen Jahren. Wenn wir also Liegenschaften komplett neu überplanen oder eben auch in die Sanierungsplanung einsteigen, dann beachten wir dabei sehr wohl ganz gezielt, wie können wir dann bei der Herstellung des Zielbetriebes den CO2Kohlendioxid-Footprint deutlich verringern? Und das machen wir auch so. Dafür muss man aber den aktuellen Stand auch genau kennen. Das heißt, Überwachungs- und Messsysteme in den eigenen Liegenschaften sind von ganz zentraler Bedeutung: Damit wir überhaupt erst wissen, wo ist denn der Ausgangspunkt, um dann auch messbare Größen entwickelt zu können, wenn sie sich steigern und verbessern wollen, wo wollen wir uns denn hin entwickeln? Wir haben also einen sehr guten Überblick über die Energieversorgung in unseren Liegenschaften. Wir steuern ganz gezielt über den zentralen Einkauf von leitungsgebundenen Medien wie Strom und Gas. Das wird ja über das Bundesamt, was in meinen Zuständigkeitsbereich ist, dem Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen, also dem BAIUDBwBundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, zentral beschafft. Und auch darüber kann man natürlich auch über den Einkauf von regenerativ erzeugten Energie auch schon sehr stark steuern. Sie haben auch angesprochen, wie kann man jetzt wirksam aktiv reduzieren, denn das ist ja immer das Ziel, dass wir möglichst wenig produzieren. Ein Schwerpunkt ist natürlich die energetische Sanierung unserer Gebäude, die wir haben. Wir haben ja einen gewaltigen Gebäudebestand. Und auch dort sind wir seit vielen Jahren dabei, dass wir durch gezielte Konzepte, durch bessere Dämmung, durch sparsameren Umgang mit Energie, den Energieverbrauch drastisch reduzieren. Und wir stellen auch sukzessive um. Sie haben es schon angesprochen. Wir stellen die Energieversorgung möglichst auf erneuerbare CO2Kohlendioxid-neutrale Energien um. Wir haben also die Anzahl der erneuerbaren Energieversorgung an der Stromversorgung bereits auf 65 Prozent steigern können.
A: Das ist toll!
C: Das ist schon ein relativ hoher Anteil. Das heißt, klassisch erzeugten Strom verbrauchen wir nur noch zu einem geringeren Anteil und das Ziel ist natürlich, diesen Anteil der erneuerbaren Energien noch weiter zu steigern. Die CO2Kohlendioxid-Emission und Planung und Betrieb, das berücksichtigen wir auch, wenn wir also die Sanierung neu betrachten. Das ist allerdings relativ hochkomplex, auch, weil Sie da mit ganz anderen Heizsystemen, Dämmsystemen und dergleichen arbeiten müssen. Und von 1990 an ist uns bereits eine Reduktion der CO2Kohlendioxid-Emission von circa 80 Prozent gelungen, etwas mehr sogar. Das ist auch das Jahrzehnt oder das Jahr, wo wir jetzt mit den europäischen und nationalen Klimaschutzzielen ansetzen wollen. Und das wollen wir natürlich noch weiter steigern. Was haben wir dabei aber auch gemacht? Da muss man jetzt auch ehrlich sein. Es werden auch oder sind in der Vergangenheit eine Menge Liegenschaften aus der Nutzung genommen worden, die auch nicht mehr energetisch zu sanieren waren, die wir aber auch nicht mehr brauchten seitens der Bundeswehr. Also das, was sich nicht lohnt zu sanieren, davon muss man sich unter Umständen trennen – entweder, indem man die Liegenschaft abgibt, oder eben mal ein Gebäude abreißt und dann neu baut. Wir haben im vergangenen Jahr den Ausbau von erneuerbaren Energien im Eigenbetrieb. Das haben Sie auch gerade schon angesprochen. Das wollen wir auch noch weiter steigern, da sind wir auch schon auf einem ganz guten Weg. Ich habe im vergangenen Monat mal einen Grundsatzerlass auch schon herausgegeben, um die ersten Schritte zu ebnen und diesen Anteil von erneuerbaren Energien im Eigenbetrieb in den Liegenschaften weiter zu steigern. Damit wollen wir eben auch versuchen zu erreichen, die Ziele der Europäischen Union und der Bundesregierung zur Klimaneutralität bis 2050 möglichst zu schaffen. Das ist alles allerdings herausfordernd, weil wir natürlich ein bisschen besondere Liegenschaften in der Nutzung haben. Das wird sehr sportlich werden, aber deswegen bedeutet es eben, dass wir jetzt sofort alle Anstrengung unternehmen müssen um das möglichst zu erreichen.
A: Und 80 Prozent seit 1990 ist ja schon mal eine sehr gute Vorlage, muss man auch sagen. Das unsere Panzer jetzt nicht plötzlich mit Sonnenenergie fahren können, das kann man sich vorstellen, aber wie sieht es denn im Einsatz aus? Haben Sie da vielleicht auch ein Beispiel für mich?
C: Ja, da haben wir auch sehr gute Beispiele. Sie haben jetzt auch schon ein bisschen übergeleitet auf die mobilen Systeme, also auf unsere Waffensysteme. Panzer oder auch fliegende, schwimmende Systeme, die wir haben. Das ist natürlich auch wieder ein hochkomplexes Thema für sich selber. Die Zukunft wird aber auch da natürlich sein müssen, auch dort in die Zukunft zu investieren und da auch auf neue Trends zu setzen, weil fossile Brennstoffe ja auch nur endlich verfügbar sind. Das haben wir eben mit im Blick. Jetzt fange ich aber erst einmal mit dem Einsatzliegenschaftsbetrieb an. Wir haben jetzt den afrikanischen Kontinent, da sind wir ja sehr stark engagiert, das wird zukünftig ja wohl auch noch eine ganze Zeit so sein. Dort kann man aber natürlich wegen der geografischen Gegebenheiten prima mit Solarenergie arbeiten. Also, insofern versuchen wir, auch da gleich bei der Planung und Errichtung von Einsatzliegenschaften und beim Betrieb Sorge zu tragen, dass sie jetzt dort auch mit dem Ziel der CO2Kohlendioxid- Reduktion, aber auch mit dem Ziel der möglichst starken Autarkie den Energieverbrauch durch eigenerzeugte Energie stark senken und Solarenergie eben möglichst viel an eigenem Material produzieren. In der Zukunft wird es in der Tat darauf hinauslaufen, wenn ich jetzt mal an die Waffensysteme denke, dass sehr stark auf synthetische Kraftstoffe zu setzen sein wird. Also das heißt im Grunde genommen, mit dem CO2Kohlendioxid aus der Luft, dass mit viel erneuerbarer Energie und erzeugtem synthetischen Kraftstoff gearbeitet werden muss. Die Technik dazu existiert schon. Das gibt es schon. Es ist noch nicht richtig wirtschaftlich, aber das wird natürlich definitiv die Zukunft sein. Ganz besonders eben in den Einsatzliegenschaften, wo es auch darum geht, dass jeder Tanktransporter, den Sie nicht durch ein hochriskantes Gebiet fahren lassen müssen, natürlich auch zur Sicherung der Kräfte beiträgt, die dort vor Ort im Einsatz sind. Natürlich dient das Ganze dann wiederum auch dem Klimaschutz beziehungsweise der CO2Kohlendioxid-Reduzierung.
A: Ja, absolut. Es gibt ja aber auch aus dem Internet ganz interessante Beispiele, an die man so auf dem ersten Blick gar nicht denkt. Haben Sie da noch etwas Plakatives für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer? Also vielleicht zum Thema Textilien oder so etwas.
C: Da sind wir dann auch im Bereich der Beschaffung. Wir hatten es ja auch vorhin schon kurz angesprochen. Beschaffung, es geht nicht nur um den Liegenschaftsbetrieb. Sie sprechen jetzt hier an: Beschaffung, da geht es auch um Nachhaltigkeitsstandards im Bereich der Beschaffung. Da ist der Bereich Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen ja auch in vielen Bereichen tätig. Da ist aber jetzt unbenommen auch der Bereich Rüstungs- und Beschaffungsbereich AINAusrüstung, Informationstechnik und Nutzung. Der trägt hier natürlich auch maßgeblich dazu bei. Ich nehme jetzt aber mal ein Beispiel aus meinem eigenen Zuständigkeitsbereich, weil wir zuständig sind für die Beschaffung zum Beispiel von Unterkunftstextilien, also Bettwäsche. In den Liegenschaften ist das auch ein relativ großer Brocken wiederum. Also die Volumina sind immer relativ hoch und es lohnt sich auch da, genauer reinzugucken. Es gibt ja diverse Ökosiegel, so will ich das jetzt mal nennen. Es gibt den Öko-Tex-Standard 100 und es gibt das Umweltzeichen Blauer Engel, das ist relativ bekannt, denke ich. Es gibt aber darüber auch noch andere, also globale organische Standards, die haben wir alle mit im Blick. Und in der Tat haben wir in 2019 ein Pilotverfahren durchgeführt, um mal auszuprobieren, wie das läuft mit der Beschaffung. Auch was die Qualität hinterher angeht, wenn wir eben festlegen, dass die Anbieter künftig eben nachweisen müssen, die Produkte nach diesen Zertifizierungen auch herzustellen und dann diese Standards bei der Lieferung auch zu erfüllen. Das hat ganz gut funktioniert und diese Global Organic Textile Standards zum Beispiel, festgelegte Standards, werden jetzt durchweg von allen erfüllt. So schreiben wir jetzt durchgängig aus. Und das definiert eben nicht nur, ich sag mal, dass es umweltschonend produziert worden ist, sondern dass weitere Sozialkriterien wie das Vermeiden von Kinderarbeit und Ähnlichem eben mit eingehalten wird. Damit arbeiten wir jetzt seit 2019 auch durchgängig. Das ist, glaube ich, auch ein sehr guter Beitrag, den wir eben liefern können zu einem der Ziele, die eben auch Mitbestandteil sind unseres Nachhaltigkeitsberichts beziehungsweise den Vorgaben der Vereinten Nationen.
A: Ja, auf jeden Fall. Ich finde das auch unheimlich spannend, wie sich das eben von ganz großen Liegenschaften zu ganz kleinen, der Bettwäsche, durchzieht. Es ist wie so ein roter Faden. Also es ist wirklich eine extrem spannende Sache und es geht ja dann bei Bettwäsche, komme ich jetzt drauf, es geht ja bis zum Grundwasser. Ich habe gelesen, in manchen Liegenschaften gibt es dann ein besonders innovatives Sanierungsprogramm. Können Sie mir das bitte auch noch erklären?
C: Ja, das erkläre ich Ihnen gerne. Da bin ich jetzt gar nicht so sicher, ob das in unserem Nachhaltigkeitsbericht auch auftaucht, aber das ist schon auch ein herausragendes Beispiel. Das gehört mehr in den Kontext „Das Altlasten-Programm der Bundeswehr“. Von den Liegenschaften der Bundeswehr geht ja durchaus, durch den besonderen Betrieb und auch die Nutzung besonderer Gerätschaften, schon mal vielleicht auch eine erhöhte Umweltgefährdung aus. Wir sehen uns eben sehr wohl verpflichtet. Insbesondere sind in der Vergangenheit zum Teil Schädigungen entstanden. Inzwischen sind die Standards natürlich viel höher und viel schärfer. Aber wir sehen uns eben verpflichtet, im Rahmen dieses Altlasten-Programms die Schädigungen, die die Bundeswehr verursacht hat, möglichst aufzufangen und auszugleichen, sie erst auch einmal systematisch zu erfassen und uns dann auch der Verpflichtung zu stellen, diese gegebenenfalls zu beheben. Das Beispiel, welches Sie jetzt gerade genannt haben, ist der Bundeswehr-Flugplatz in Ingolstadt-Manching. Das ist wie bei jedem anderen Bundeswehr Flugplatz so, dass wir dort auch eine Bundeswehr-Feuerwehr betreiben. Und bei allen Feuerwehren, nicht nur bei unseren, ist in der Vergangenheit mit Löschschäumen gearbeitet worden, die diese, abgekürzt PFC-Stoffe, verwendet haben. Das sind per- und polyfluorierte Chemikalien, langkettig, die eben auch Treibstoffbrände und dergleichen eindämmen können. Früher sah man das als die einzige Alternative, wie man diese wirksam löschen könnte. Inzwischen hat man auch umweltschonendere Varianten entwickelt und diese sind im Einsatz. Jetzt ist durch diese PFC-haltigen Stoffe, die verwendet worden sind in den Löschräumen, in der Tat auch etwas ins Grundwasser eingesickert – in und um den Flugplatz Ingolstadt-Manching eben insbesondere. Dort sind wir mit einem sehr modernen Verfahren jetzt zur Bereinigung des Grundwassers angetreten. Es ist das sogenannte Pump-and-treat-Verfahren. Also das heißt, wir pumpen Grundwasser ab, reinigen dieses und leiten es dann gereinigt, also schadstofffrei, wieder in das Grundwasser ein. Damit wollen wir verhindern, dass weiter kontaminiertes Grundwasser, was sich ja auch unterirdisch bewegt, aus dem Liegenschaftsreich, möglicherweise in die angrenzenden zivilen Grundstücke hinein bewegt. Dass das eben dort aussickert, wenn man so will.
A: Es ist wirklich sehr spannend. Ich bleibe nochmal ganz kurz beim Umweltschutz. Wir haben von Herrn Schlosser, vom Truppenübungsplatz Baumholder, schon einiges gehört. Können Sie uns noch sagen, wie das bundesweit aussieht mit den Flora- und Fauna-Schutzgebieten, also Biosphärenreservaten, und vielleicht auch, wie viele Arten von der Roten Liste denn auf unseren Übungsplätzen so leben?
C: Also das mit unseren Truppenübungsplätzen ist natürlich eine ganz tolle Erfolgsgeschichte. Das muss ich mal in aller Deutlichkeit sagen. Und mit der, sag wir mal, naturnahen Regeneration der Truppenübungsplätze haben wir auch schon vor vielen, vielen Jahren angefangen. Das sind so die ersten großen Erfolgsprojekte, die wir schon vor Jahren und Jahrzehnten eingeleitet haben, und die Früchte ernten wir tatsächlich jetzt. Es sind ja riesige Flächen, in der Tat, die wir zusammenhängend in diesen Standort- und Truppenübungsplätzen in der Nutzung haben. Das sind 228.000 Hektar bundesweit und das ist schon eine Riesenzahl, das ist wirklich schon beeindruckend. Das ist aber auch die Chance an der ganzen Geschichte. Und bei mehr als der Hälfte, also bei über 135.000 Hektar in diesen Übungsplatzflächen, ist es uns gelungen, diese als spezielle Schutzgebiete auszuweisen: also als Fauna-Flora-Habitat-Gebiete, abgekürzt heißt das FFH-Gebiete, sowie Vogelschutzgebiete und da gibt es noch die UNESCO-Biosphärenreservate. Also unter einer dieser Kategorie ist also über die Hälfte, mindestens, dieser Flächen, die wir da nutzen, zugeordnet. Wenn ich jetzt mal auf das Schutzgebietsnetz Natura 2000 zu sprechen komme, dann gehören unsere Flächen zu den wertvollsten Gebieten dieses europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000, weil wir große zusammenhängende Fläche haben, die nicht intensiv landwirtschaftlich benutzt werden. Wir machen nur Pflegemaßnahmen, maßvolle Pflege und Instandsetzungsmaßnahmen, dass also Bebuschung kurzgehalten wird. Und das meistens auch gar nicht durch große maschinelle Pflege, sondern dadurch, dass wir auch Schäfer bitten, mit ihren Schafherden diese Fläche moderat zu beweiden, um die dann eben auch als offene Kulturlandschaft zu erhalten. Und dadurch, dass es ja auch auf unseren Übungsplätzen nur eine ganz begrenzte Zahl von Straßen gibt, die aber ja auch nicht normal verkehrsstraßenmäßig genutzt werden, das heißt, die Strecken werden nicht durchschnitten, wie wir es ja häufig haben, dass dann Autobahnen Naturschutzgebiete durchtrennen und Ähnliches. Es sind eben große zusammenhängende Flächen. Und dann haben sich dort auch wieder, haben Sie ja in der Presse sicher auch alle schon gelesen, scheue Großtiere wie der Wolf dann auch wieder angesiedelt. Wir haben den nicht angelockt, um das noch einmal zu sagen. Der findet das aber natürlich selber heraus, dass das wunderbare Rückzugsorte sind, in denen er sich verbreiten kann. Wir haben aber auch Seeadlerbestände, Schwarzstörche und andere. Wir haben ganz seltene, manchmal sind das ja auch die kleinen Tiere, die auf der Roten Liste stehen, Sie wissen das. Es gibt eine ganz seltene Heuschreckenart, die Heideschrecke, Gelbbauchunken und andere. Manchmal sind das ganz unscheinbare Tierchen. Es gibt zum Beispiel auch den bedrohten Brachpieper. Der ist also wirklich vom Aussterben bedroht. Und zwar 20 Prozent des gesamtdeutschen Vorkommens dieses seltenen Vogels, also des Brachpiepers, befinden sich bei uns auf den Liegenschaften der Bundeswehr.
Das kann man schon mal zeigen anhand eines konkreten Beispiels, wie wir da durchaus einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten. Sie haben gefragt: Wir haben auf unseren Übungsplätzen von den Arten, die auf der Roten Liste verzeichnet sind, 480 Arten. Davon sind 177 Tierarten und 303 Pflanzenarten bisher nachgewiesen. Wahrscheinlich sind es noch mehr, aber dazu braucht man dann auch wieder Ökologen und Forscher oder Wissenschaftler, die dann auch Zugang bekommen zu unseren Geländen, damit die dort auch ihre Forschungen und Untersuchungen weiter vortragen können. Aber das ist bis dahin ja schon mal ein sehr guter Stand, den wir da erreicht haben.
A: Auf jeden Fall, das ist wirklich eine ganz tolle Erfolgsgeschichte und ich finde, das ist auch etwas, womit man sich schmücken kann. Frau Wießalla, ich bedanke mich ganz herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
C: Vielen Dank für das Interview. Auf Wiederhören, Frau Gantenbein.
A: Wiederhören! Ich hoffe, dass ganz viele Leute diesen Nachhaltigkeitsbericht auch wirklich lesen. Das ist nämlich wirklich extrem spannend, was die Bundeswehr da alles macht im Bereich Natur- und Umweltschutz. Und wenn Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, den Bericht lesen möchten, dann finden Sie den auf unseren Webseiten zum Beispiel auf BMVgBundesministerium der Verteidigung.de. Da können Sie dann gerne nachschauen. Und den nächsten Podcast, den gibt es wie gewohnt am kommenden Donnerstag auf Youtube, Spotify oder Deezer zum Beispiel. Ich wünsche Ihnen noch eine schöne Woche und melde mich ab aus dem Funkkreis. Tschüss.